Bereits bei der der Uraufführung (07.10.1906) der burlesk-mythologischen Operette
"Phryne" (Musik: Edmund Eysler1))
anlässlich der Eröffnung von "Die Hölle" erregte er Aufmerksamkeit das Libretto
verfasste er gemeinsam mit Robert Bodanzky1). Seit 1903 arbeitete Grünbaum bereits als Revue-Autor und Librettist, insgesamt
stammen 40 Operetten-Librettos aus seiner Feder sowie (teils mit Co-Autoren), sieben
Theaterstücke, unter anderem das Lustspiel "Sturmidyll" (1914) oder
die Komödie "Dorine
und der Zufall" (gemeinsam mit Wilhelm Sterk1))
mit der Musik von Jean Gilbert1), das unter der Regie von Fritz Freisler1) mit dem gleichnamigen
Titel1) als erstmals am 12. Oktober 1928 als Stummfilm in die Lichtspielhäuser gelangte. Weitere von Fritz Grünbaum verfasste Operetten-Libretti (Auswahl):
(Fremde Links: Wikipedia, operetten-lexikon.info; UA = Uraufführung)
-
"Peter und Paul reisen ins Schlaraffenland", Operette für
Kinder von Franz Lehár,
UA: 01.12.1906 im Wiener Kabarett Die Hölle"
im "Theaters an
der Wien" (gemeinsam mit Robert Bodanzky)
-
"Mitislaw, der Moderne"
von Franz Lehár, UA: 07.01.1907 im Wiener Kabarett "Die Hölle"
im "Theater an
der Wien" (gemeinsam mit Robert Bodanzky)
- "Die Dollarprinzessin"
von Leo Fall, UA: 02.11.1907 im Wiener "Theater an der Wien"
(gemeinsam mit Alfred Maria Willner)
- "Der
Liebeswalzer" von Carl Michael Ziehrer,
UA: 24.10.1908 im Wiener "Raimundtheater"
(gemeinsam mit Robert Bodanzky)
- "Miß Dudelsack"
von Rudolf Nelson,
UA: 03.08.1909 am Berliner "Kleinen Schauspielhaus" (gemeinsam mit Hans Reichert)
- "Der
Zigeunerprimas" von Emmerich Kálmán,
UA: 11.10.1912 am Wiener "Johann Strauß-Theater"
(gemeinsam mit
Julius Wilhelm); verfilmt
von Carl Wilhelm
(Regie) → "Der
Zigeunerprimas" (1929)
- "Mein Annerl" von Georg Jarno,
UA: 1916 in Wien (gemeinsam mit Wilhelm Sterk)
- "Der Favorit" von Robert Stolz,
UA: 10.1916 in Berlin (gemeinsam mit Wilhelm Sterk),
-
"Ein modernes Mädel" von Leon Jessel,
UA: 28.06.1918 im "Münchner
Volkstheater" (gemeinsam mit Wilhelm Sterk)
- "Die Csikosbaroneß" von Georg Jarno, UA: 1919 in Hamburg;
verfilmt 1930 von
Jakob
Fleck und Luise Fleck
mit Gretl
Theimer als Terka von Marosicz, die Csikosbaroneß,
- "Des Königs Nachbarin", Singspiel von Leon
Jessel, UA: 15.04.1923 im Berliner
"Wallner-Theater"
(gemeinsam mit Wilhelm Sterk)
Das Duett "Du sollst der Kaiser meiner Seele sein" aus der Robert Stolz-Operette "Der Favorit"
(→ projekt-gutenberg.org)
geriet zum
Evergreen, der Gassenhauer "Ich hab das Fräul'n Helen baden seh'n" mit der flotten Foxtrott-Musik von
Fred Raymond1)
zählt bis heute zu den beliebten
Schlagern. Im Laufe der Jahrzehnte gehörte es zum Repertoire etlicher
Künstler, wurde unter anderem von dem legendären Berliner Vokal-Ensemble
"Comedian Harmonists"
und dem Tenor Max Kuttner1),
später von Chris Howland
oder Werner Böhm1) alias "Gottlieb Wendehals" dargeboten.
Ich hab das Fräul'n Helen baden seh'n
Text (gemeinfrei): Fritz Grünbaum (1880 1941)
Musik: Fred Raymond (1900 1954) |
Immer, wenn man sieht den guten Friedrich, jammert er: Das Leben ist so widrig!
Aber gestern Nacht hat er so gelacht,
als hätt' einen Treffer er gemacht! (gemacht, gemacht, gemacht).
Wie er ins Hotel nach Haus gekommen, hat er eine falsche Tür genommen,
wo das schöne Fräul'n Helene grad im Bade saß. Da rief er in heller
Eksta's:
Ich hab das Fräul'n Helen baden seh'n, das war schön.
Da kann man Waden seh'n, rund und schön im Wasser stehn.
Und wenn sie ungeschickt tief sich bückt so!
Da sieht man ganz genau bei der Frau Oh!
Ich hab das Fräul'n Helen baden seh'n, das war schön.
Da kann man Waden seh'n, rund und schön im Wasser steh'n.
Man fühlt erst dann sich recht als Mann, wenn man beim Baden gehn Waden sehen kann.
Wie verwandelt ist der Friedrich heute, freundlich grüßt er unbekannte Leute.
Auch beim Business ist er voll Nobless, will man ihn betrügen, sagt er: yes, (oh yes, oh yes, oh yes).
Er, der punkto Reinlichkeit ein Hasser, schwärmt begeistert plötzlich nur für Wasser.
Die Gemeinde seiner Freunde weiß nicht aus noch ein. Doch er lacht in sich nur hinein.
Refrain : Ich hab das Fräul'n Helen baden seh'n
Unser Freund, der nahm zur Frau Helene, doch die Waden, welche erst so schöne,
schlank und zart und süß, wurden später mies und so dick
wie vom Klavier die Füß! (Die Füß, Die Füß, Die Füß).
Geht die Gattin heut' ins Badezimmer, schaut der Mann sich nicht mehr an die Trümmer,
sondern weise schließt er leise hinter ihr die Tür und spielt am verstimmten
Klavier:
Refrain: Ich hab das Fräul'n Helen baden seh'n
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Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1915 meldete er sich als Freiwilliger
zum Kriegsdienst, kämpfte unter anderem an der italienischen Front und wurde
(desillusioniert von den Kriegsgreueln) im Rang eines
Oberleutnants entlassen reiste Grünbaum
immer wieder nach Berlin und trat unter anderem in dem berühmten,
literarisch-musikalischen Kabarett "Chat Noir" von Rudolf Nelson1) auf
oder wirkte als Conférencier an dessen Theatern. Grünbaum gehörte rasch zu den Lieblingen des Berliner
Publikums, so sagte Nelson einmal über Grünbaum: "
wenn er nicht redete, wirkte
er wie ein bemitleidenswertes Geschöpf, ein Nichts, zwischen den Kulissen wie
verloren. Aber wenn er den Mund auftat ein "Feuerwerk des Gehirns".
Schiesst pausenlos seine Witzraketen und Bonmots mit überdrehter Logik ins überraschte
Parkett. Famose Begabung! Viel zu schade für Wien
".2)
Der wortgewandte Künstler, von seiner kleinwüchsigen Erscheinung und
auffallenden Physiognomie her nicht unbedingt prädestiniert für einen
darstellenden Beruf, war bereits 1914 mit einem Gedichtprogramm in
dem legendären Wiener Kabarett "Simpl"1)
aufgetreten, und begeisterte durch sein Charisma bzw. seinen Witz. Nach Kriegsende übernahm er zum Jahreswechsel 1918/19 die
Conférence bei den dortigen Veranstaltungen.
In den anschließenden Jahren trat er
neben dem "Simpl" im "Ronacher"1) auf, pendelte
weiterhin zwischen Berlin und Wien. Legendär wurde ab 1922 seine sogenannte
"Doppelconférence" mit Karl Farkas1),
in denen beide in den Rollen des "Gscheiten" (Farkas) und des "Blöden"
(Grünbaum) auftraten: Farkas erklärt seinem Partner: "Das Wesen der Doppelconference besteht darin, dass man
einen äusserst intelligenten, gutaussehenden Mann nehme das bin ich und einen zweiten, also den Blöden,
dazustellt. Das bist, nach allen Regeln der menschlichen Physiognomie, natürlich du!".2)
1923 übernahm Grünbaum die Leitung des Kabaretts "Die Hölle", im
darauffolgenden Jahr berief man ihn zum künstlerischen Leiter des Wiener
Kabaretts "Pavillon". Ab 1926 trat er am Wiener "Bürgertheater"1)
gemeinsam mit Farkas in dem Programm "Journal der Liebe" auf, in 18 Bildern
zeigten zu der Musik von Egon Neumann1) auch
"schöne Girls" ihre Beine, die
Soubrette und Opernsängerin Rita Georg1)
wurde in einer Hosenrolle parodiert. Ähnlich liefen die Vorstellungen der
am 1. Oktober 1927 beginnenden Gastspiele der "Marischka-Revue"
ab, in 30 Bildern führten Grünbaum und Farkas (Musik: Ralph Benatzky1)) die vorjährige Schlagerrevue vor, die nichts an Popularität eingebüßt
hatte; dabei gab es nicht weniger als 120 Mitwirkende und 900 Kostüme.
Fritz Grünbaum in der Revue "Hallo, hier Grünbaum"
Urheber: "Atelier Willinger" bzw.
Wilhelm
Willinger1) (1879 1943)
Quelle: theatermuseum.at;
Inv. Nr.: FS_PE2912
© KHM-Museumsverband; Lizenz:
CC BY-NC-SA 4.0
→ siehe auch Theaterzettel bei theatermuseum.at
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Ende der 1920er Jahre interessierte sich auch Grünbaum für das
inzwischen populär gewordene Medium Film, beteiligte sich zunächst als Co-Autor
an Drehbüchern bzw. Texter. Für den ersten
Ufa-Tonfilm "Melodie
des Herzens"1) (UA: 16.12.1929) mit
Dita Parlo und Willy Fritsch lieferte er
mit anderen die Liedtexte ab, ebenso für die deutsch-britische Produktion
"Zwei
Welten"1) (1930) oder (mit Otto Julius Bierbaum1)) für die
Paul Czinner1) mit dessen Ehefrau Elisabeth Bergner in der
Titelrolle realisierte Verfilmung
"Ariane"1) (1931) nach dem gleichnamigen Roman von Claude Anet1). Bald spielte er
sich dann selbst als Leinwanddarsteller
in die Herzen des Publikums und gestaltete in seinem überschaubaren filmischen
Werk kleine Kabinettstückchen der Schauspielkunst. So notiert Kay Weniger1)*):
"Als Filmschauspieler reüssierte der eher unscheinbare, kleingewachsene,
mit Glatze, Nickelbrille und riesiger Nase behaftete Fritz Grünbaum mit
prägnanten Parts als klassischer Edelcharge der frühen 1930er-Jahre. Seine
Nebenrolle-Auftritte Diebe und Faktoten, Saufkumpane und kleine Angestellte,
aber auch verbeamtete Vorgesetzte und schlitzohrige Anwälte waren
interpretatorische Gemmen: er spielte sowohl in dramatischen als auch
komödiantischen Geschichten."
Fritz Grünbaum, fotografiert von
Yva1)
(Else Ernestine Neuländer-Simon) (1900 1942)
Quelle: www.virtual-history.com;
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)
siehe hier
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Erstmals trat er unter der Regie von Géza von Bolváry1) in der musikalischen Filmkomödie "Der
Raub der Mona Lisa"1) (1931) als angeblicher
Bilderdieb in Erscheinung - erzählt wurde die wahre Geschichte des von
Willi Forst
dargestellten italienischen Anstreichers und Dekorationsmalers
Vincenzo Peruggia1), der das
berühmte Gemälde "Mona Lisa"1) im Jahre 1911 aus
dem "Louvre"1) entwendete,
zwei Jahre in seiner Unterkunft versteckt hielt, ehe das Bild bei einem Verkaufsversuch
in Florenz1) wieder auftauchte und
zurückgebracht werden konnte. Es folgte die von Kurt Gerron
inszenierte, heitere Ehe-Geschichte "Meine
Frau, die Hochstaplerin"1) (1931) mit
Käthe von Nagy und
Heinz Rühmann,
in der Grünbaum als Agent Silbermann auftauchte. In Fritz Kortners Regiedebüt "Der brave Sünder"1) (1931),
gedreht nach dem Roman "Die Betrüger" von Walentin Petrowitsch Katajew1) bzw. dem darauf
basierenden Theaterstück "Die Defraudanten" von Alfred Polgar1),
mimte
er neben Protagonist Max Pallenberg den Bürodiener Klapka, den so
leicht nichts aus der Ruhe bringt, von Regisseur Richard Oswald1)
entstand die Komödie "Arm
wie eine Kirchenmaus"1) (1931)
nach dem ungarischen Bühnenstück "A templom egere" von
Ladislaus Fodor1) mit der Musik von
Ralph Benatzky1),
wo er als Oberbuchhalter Schünzl brillierte; zudem wurde der Filmvorspann von
Fritz Grünbaum und Paul Morgan, der den Bankdiener
Quapil spielte, als Sketch gesprochen. Max Nosseck1) besetzte Grünbaum in dem
musikalischen Lustspiel "Einmal
möcht' ich keine Sorgen haben"3) (1932) als Chef eines
Konfektionshauses an der Seite von Max Hansen und
Ursula Grabley,
einmal mehr für Géza von Bolváry spielte er
den Prokuristen Adolph Münzer in "Ein Lied, ein
Kuß, ein Mädel"4) (1932),
stand mit Gustav Fröhlich und
Martha Eggerth vor der Kamera und schrieb zudem das Drehbuch mit Friedrich Kohner1). Einen herrlich durchtriebenen Winkeladvokaten gab er in dem
mit Werner Krauß prominent besetzten Melodram "Mensch ohne Namen"1) (1932) ab,
meisterlich gedreht
von Gustav Ucicky1) frei nach dem Roman "Oberst Chabert"1) von
Honoré de Balzac1). Grünbaums vorletzte Rolle in einem
deutschen Kinofilm war der
Justizrat Feldacker in Kurt Gerrons
Streifen "Es
wird schon wieder besser"1) (1932) mit
Dolly Haas
und Heinz Rühmann, der gleichnamige, von Dolly Haas geträllerte Song
sollte das Publikum von den Sorgen der Wirtschaftskrise ablenken. Einen letzten
beachtenswerten Auftritt hatte er als Heiratsvermittler bzw. Hauswirt Sigurd Bernstein in der von
Wilhelm Thiele1) nach dem Bühnenstück von Stefan Zágon (1893 1975)
mit Renate Müller,
Hermann Thimig und
Wolf Albach-Retty in Szene gesetzten Komödie "Mädchen zum Heiraten"1) (1932). Seine Mitwirkung in der Emigranten-Produktion bzw.
Verwechslungskomödie "Peter, das Mädchen von der Tankstelle"1) (1934; Regie:
Hermann Kosterlitz1) = Henry Koster)
mit Franziska Gaal in der Titelrolle beschränkte sich auf einen
Sekunden-kurzen Mini-Auftritt als Clubgast, der einen Arzt (Hans Jaray1)) herbeiholt → Übersicht
Filmografie.
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Mit der so genannten "Machtergreifung"1) der Nationalsozialisten Ende Januar 1933
war Grünbaums Karriere in Deutschland beendet, die "Reichskulturkammer"1) (RKK) erließ für
alle jüdischen Künstler ein Auftrittsverbot.
"Von der optischen Erscheinung her der gängigen Klischeevorstellung eines
Juden entsprechend, geriet Grünbaum nach der Machtübernahme durch die Nazis
augenblicklich ins Kreuzfeuer des staatlich verordneten Antisemitismus"
schreibt Kay Weniger1)*).
Im Wiener Kabarett wurden Grünbaums Texte nun zunehmend politischer und das Nazi-Regime
attackierend.
Bei einem seiner letzten Auftritte im "Simpl"1) scherzte er bei einem
Stromausfall: "Ich sehe nichts, absolut gar nichts, da muss ich mich in die nationalsozialistische
Kultur verirrt haben.2) Am 10. März 1938 trat er mit
Karl Farkas1) ein letztes Mal im "Simpl"
mit dem Programm "Metro Grünbaum Farkas höhnende Wochenschau" auf. Am
11. März 1938, einen Tag
vor dem Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich (→ "Anschluss“ Österreichs"1)), versuchte Grünbaum gemeinsam mit seiner
dritten Ehefrau Lilly in die
Tschechoslowakei1) zu flüchten, kehrte an der Grenze abgewiesen zurück nach Wien.
Dort konnte sich das Paar eine Zeit lang versteckt halten, wurde dann jedoch denunziert.
Fritz Grünbaum, fotografiert von
Yva1)
(Else Ernestine Neuländer-Simon) (1900 1942)
Quelle: www.virtual-history.com;
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)
siehe hier
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Nach
der Inhaftierung Anfang Mai 1938 im Gestapo1)-Gefängnis "Karajanschule",
eingerichtet im Keller einer ehemaligen Volksschule (heute "Gedenkstätte Karajangasse"5)),
deportierten die Nazi-Schergen Grünbaum am 1. April 1938 mit dem ersten
Prominenten-Transport in das KZ Dachau1)
nordwestlich von München1). Anschließend verlegte man ihn im September 1938 in das KZ Buchenwald1)
auf dem Ettersberg1)
bei Weimar1), wo er gemeinsam mit Leidensgenossen wie Paul Morgan und
Hermann Leopoldi1)
Kabarett-Vorstellungen darbot. Im Oktober 1940 verbrachten die Nazi-Schergen den gesundheitlich schwer
angeschlagenen und geschwächten Mann erneut nach Dachau,
wo der 60-Jährige am 14. Januar 1941 an den Folgen einer Tuberkulose starb auf dem Totenschein
stand die lapidare Notiz "an Herzlähmung abgegangen". Noch am Silvesterabend 1940/41 war Grünbaum ein letztes Mal vor seinen Leidensgenossen aufgetreten,
hatte kurz darauf eine Selbsttötung versucht. Tatsächlich starb er entkräftet an der Tuberkulose, zermürbt von den Demütigungen
und gebrochen von den Misshandlungen; trotz der Misshandlungen und der Tuberkulose-Erkrankung
verstummte seine spitze Zunge bis zum Schluss nicht, und er versuchte, auf diese Weise seinen Mithäftlingen über
die schwere Zeit hinwegzuhelfen. Er trat den nationalsozialistischen Torturen mit seinen Mitteln
entgegen: Er conferierte zum Beispiel, wie er das
"Tausendjährige Reich"1) zu besiegen gedenkt oder dass der völlige Mangel und das systematische Hungern
das beste Mittel gegen die Zuckerkrankheit sei. Als ihm ein KZ-Aufseher ein Stück Seife verweigerte, kommentierte Grünbaum dies mit den Worten:
"Wer für Seife kein Geld hat, soll sich kein KZ halten".2)
Die Urne mit Fritz Grünbaums sterblichen Überresten wurde am 17. Februar 1941
auf dem Wiener "Zentralfriedhof"1) (Tor 1, alter israelitischer Teil, Gruppe 20, Reihe 23, Nr. 22)
beigesetzt, der Grabstein trägt einen Gedenk-Schriftzug an seine letzte Ehefrau
Lilly → Foto der Grabstätte bei Wikimedia Commons und knerger.de.
Fritz Grünbaum war drei Mal verheiratet, nach der ersten Ehe (1908 1914)
mit der Diseuse, Sängerin und Komikerin Carli Nagelmüller1)
ehelichte er 1916
seine Kollegin Mizzi Dressl. Bereits nach kurzer Zeit wieder von ihr geschieden, gab er dann 1919
der 18 Jahre jüngeren Elisabeth "Lilly" Herzl6) (geb. 28.04.1898), der Nichte des
Schriftstellers, Publizisten und Journalisten Theodor Herzl1), das Ja-Wort.
Lilly Grünbaum konnte
sich während des Nazi-Terrors eine Zeit lang in Wien bei einer Freundin versteckt halten, wurde dann am 5. Oktober 1942
gemeinsam mit ihrer Freundin
in das Vernichtungslager Maly Trostinez1) (Weißrussland)
verschleppt und starb dort vier Tage
später; ihr Leichnam gilt bis heute als vermisst.
Grünbaums umfangreiche Kunstsammlung, rund 450 Werke unter anderem von
Albrecht Dürer1),
Rembrandt van Rijn1),
Edgar Degas1),
Carl Spitzweg1),
Max Oppenheimer1),
Oskar Kokoschka1),
Käthe Kollwitz1) und
vor allem Egon Schiele1) (hier alleine 60 Exponate), sowie seine Bibliothek war 1938 nach der "Arisierung" seiner Wohnung
von den Nazis zwangsverkauft worden. Verkaufswege und Verbleib der Grünbaum-Sammlung konnten bis heute nicht
gänzlich aufgeklärt bzw. nur teilweise restituiert1) werden. Lediglich 25 Prozent
der Sammlung gelangte Anfang der 1950er Jahre über den Schweizer Kunsthändler
Eberhard W. Kornfeld1) auf den
Kunstmarkt → Abbildung von Teilen der Kunstsammlung bei Wikimedia Commons.
Wikipedia
(Stand: 29.11.2023) führt mit entsprechenden Quellenangaben) aus: "Grünbaums Erben kämpfen seit Jahren um die Restitution
ehemals in seiner Sammlung befindliche Werke; dabei sind sie jedoch oft zurückgeworfen worden.
Im Jahr 2005 wurde ein Antrag, Schieles
"Sitzende Frau mit gekrümmtem linken Bein" (Torso) zu restituieren, zurückgewiesen.
Das Gericht war der Ansicht, dass zu viel Zeit verstrichen war, bevor Grünbaums Erben Anspruch darauf erhoben
hätten.
Einen ersten Sieg errangen die Erben 2014, als das Auktionshaus "Christie's"1) das Schiele-Aquarell
"Stadt am blauen Fluss" mit dem Vermerk versteigerte, dass Grünbaum ein früherer Eigentümer war,
wobei ein Teil des Erlöses für die Erben reserviert war. Der jüngste Fall, der sich seit 2015 durch die Gerichte windet,
hat einen noch größeren Sieg gebracht. Im Jahr 2019 entschied ein New Yorker Gericht zu Gunsten
der Erben und gegen den Londoner Kunsthändler Richard Nagy, der den Besitz beansprucht hatte. Im Jahr 2022 bestätigte
das New Yorker Berufungsgericht die Entscheidung der unteren Instanz mit 5:0. Richter Anil Singh schrieb:
"Wir lehnen die Vorstellung ab, dass eine Person, die in einem Todeslager eine Vollmacht
unterschreibt, das Dokument freiwillig ausgestellt haben soll.
Jede spätere Übertragung
der Kunstwerke hat kein rechtliches Eigentum übertragen."
Die Erben fordern die Rückgabe mehrerer Schiele-Werke. Davon betroffen sind auch die
"Republik Österreich"1),
die "Albertina"1)
und das "Leopold Museum"1). Auch aus Amerika wird jetzt über die Beschlagnahme dreier Gemälde von Schiele aus dem Besitz Grünbaum berichtet."
In Wien-Süßenbrunn1)
im 22. Wiener Gemeindebezirk Donaustadt1) erinnert seit 1968 die "Grünbaumgasse",
seit 1989 der "Fritz-Grünbaum-Platz"
in Wien-Mariahilf1) an den legendären Künstler. Beim Kabarett "Simpl"
in der Wollzeile Nr. 26 hängt eine Gedenktafel mit dem Text: "Er war ein guter Österreicher und
hat für dieses Bekenntnis im Konzentrationslager den Tod gefunden. Er wollte in seiner
Menschenliebe nicht an das Grauen glauben, dem er dann selbst zum Opfer
fiel." → Foto bei Wikimedia Commons. Die von der "KZ-Gemeinschaft Dachau" und der "Lagergemeinschaft
Buchenwald" gestiftete Tafel (allerdings mit einem falschen Sterbe-Datum )
wurde am 19. April 1955 durch den Präsidenten der österreichischen Künstlergewerkschaft
Emmerich Arleth1) (1900 1965) enthüllt.
Seit dem 6. Oktober 2005 hat auch Fritz Grünbaum einen "Stern der Satire" auf dem
"Walk of Fame des Kabaretts"1)
in Mainz, gestiftet von der "Israelitischen Kultusgemeinde Wien".
Zwischen dem 17. Februar und 8. Mai 2005 fand anlässlich des 125. Geburtstag des Allroundtalents
und genialen Komikers im Wiener "Theatermuseum"1) eine umfangreiche "Fritz Grünbaum-Austellung"
statt, welche das Leben und Werk eines Mannes dokumentierte, der zu den größten komischen Talenten
seiner Zeit zählte. Die dazugehörige Biografie "Grüß mich Gott! Fritz Grünbaum. Eine Biografie 18801941"
von dem Dramaturgen bzw. Musikwissenschaftler Christoph Wagner-Trenkwitz1) und
der Historikerin Marie-Theres Arnbom1)
erschien zeitgleich; weitere
Literatur über Fritz Grünbaum bei Wikipedia.
Grünbaum selbst gab zwischen 1905 und 1915 eine Reihe seiner Texte in neun
Heften "Verlogene Wahrheiten" heraus, andere Veröffentlichungen
nannte er beispielsweise "Liebe? Mumpitz!" (Gedichte, 1908), "Vom seligen
Zensor" (1919) oder "Von an-, un- und ausgezogenen Damen" (1919). Zu seinen beliebten Sätzen gehörte: "Was nützt mir mein Geist,
wenn mein Name mich schädigt? Ein Dichter, der Grünbaum heißt, ist schon
erledigt!" "Die Stimme von Fritz Grünbaum ist durch sehr wenige
Schallplatten der Marken "Odeon" (Wien 1907), "Gramophone"
(Berlin 190809), "Parlophon" und "Columbia" (beide
Berlin 193132) erhalten geblieben." vermerkt Wikipedia.
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