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Albert Heine wurde am 16. November 1867 als Albert Willi Amandus Max Heine und Sohn eines
Schlossermeisters in Braunschweig1) geboren. Nach dem
Besuch des Gymnasiums "Martino-Katharineum"1)
in seiner Geburtsstadt, das er mit dem Abitur verließ, machte er auf
Wunsch des Vaters eine Kaufmannslehre. Doch sein Drang,
Schauspieler zu werden, war stärker, im April 1891 ging Heine als Volontär
an das "Königliche Schauspielhaus"1)
in Berlin. Dort erhielt er
von Heinrich Oberländer1)
(1834 1911) "dramatischen Unterricht", wurde
wenig später im September 1891 als Schauspieler an das "Königliche Schauspielhaus"
verpflichtet, dem er dann bis Ende August 1900 als
Ensemblemitglied angehörte. In dieser Zeit erarbeitete sich Heine ein
breit gefächertes Repertoire, überzeugte als Shylock in dem
Shakespeare-Stück
"Der
Kaufmann von Venedig"1) ebenso
wie mit der Titelrolle in dem Drama "Baumeister
Solneß"1) von Henrik Ibsen1).
Ludwig Eisenberg1)
(1858 – 1910) schreibt in seinem 1903 publizierten
Lexikon*):
"Heine trat immer mehr in den Vordergrund, und fesselte, wie Heinrich Hart1)
bemerkt, durch seine lebensvolle Charakteristik, deren kräftiger
Realismus an die niederländische Genremalerei erinnert, immer aufs
neue. Am 1. September 1900 wurde er Mitglied des "Hofburgtheaters"1),
woselbst er als "Wurm"2)
debütierte."
Albert Heine auf einer Fotografie
von Charles Scolik1) (1854 1928)
Quelle: cyranos.ch
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)
siehe hier
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Und führt weiter aus: "Trotz der Gefahr, welche in
vergleichenden Reminiszenzen lag, erzielte der Künstler einen redlichen
Erfolg. Seine selbständige, von konventionellen Auffassungen freie
Darstellung gewann ihm sofort das Interesse der Kunstverständigen.
Heine hat die in ihn gesetzten Erwartungen auch in den folgenden
Antrittsrollen "Vansen"3)
und "Spiegelberg"4)
gerechtfertigt. (
) Obzwar der Künstler,
dessen lebensvolle Charakteristik von kräftigem Realismus zu
unbedingter Anerkennung herausfordert, im Anfange nicht gerade in
großen, tragenden Rollen beschäftigt wurde, machten sich doch seine
geistvolle Darstellung, seine natürliche Sprechweise und sein einfaches
Spiel in kürzester Zeit angenehm bemerkbar und was die Kunst des
Rezitators, im Verein mit prächtigen Stimmmitteln zu erreichen vermag,
zeigt sein "Erdgeist" ("Faust"1)), mit welcher
Leistung der Künstler tiefen Eindruck hervorrief. Nicht nur als
darstellender Künstler hat er seit langem sein Können erwiesen, auch
als Regisseur und bühnenleitende Kraft erbrachte er wiederholt den
Befähigungsnachweis. So fungiert er seit 1895 als Leiter verschiedener
Ensembles (Gastspiele 1895 Leipzig1), 1895 bis 1900 Prag1), wohin er 1895
Halbes1) "Jugend"1) zum erstenmal nach Österreich brachte, 1899 Braunschweig,
1900 München1) etc.) Es verdient auch Erwähnung, daß er
1898 in München (literarische Gesellschaft) der erste Thersites1) in
"Troilus
und Cressida"1) auf deutscher Bühne war, sowie der
erste Goethische "Satyros"5) (Berlin November 1899). Diese Rolle
führte er auch als künstlerischer Leiter des akademischen Vereins für
Kunst und Literatur, der es sich zur Aufgabe gestellt, ältere,
vergessene Stücke, die in den großen Theatern nicht zur Aufführung
gebracht werden, zu geben, in Wien am 14. November 1901 vor, und
bewährte sich als intelligenter Darsteller und Regisseur bei dieser wie
bei den späteren Veranstaltungen dieses Vereins, wie Hermann Bahr1) treffend bemerkte
"Außerordentlich durch seine Schärfe, seinen
Geist und die ungemeine Kunst Stimmungen vorzubereiten anzuschlagen und
auszuhalten". So setzte er auch die allererste Aufführung in
deutscher Sprache von Ibsens "Peer Gynt"1) erfolgreich in Szene
(9. Mai 1902)."
Dem "Königlichen Schauspielhaus" in Berlin gehörte Heine 1905/06 als Charakterdarsteller, 1908 als Regisseur
an, das "Hoftheater" in München wurde zwischen 1906 und 1908 eine wichtige Station, ehe
er 1910 die Spielleitung am Wiener "k.k. Hofburgtheater"1) übernahm.6)
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Die Donau-Metropole wurde Heines künstlerische Heimat, nach dem Zusammenbruch der
Habsburgermonarchie1)
fungierte er zwischen 1918 und 1921 zudem als Direktor der berühmten Bühne, die nach Übernahme der
"k.k. Hoftheater" durch die Republik unter dem Namen "Burgtheater"1)
firmierte. "In dieser politisch unruhigen und von wirtschaftlicher Not geprägten Nachkriegszeit
bemühte sich Albert Heine, eine künstlerische Kontinuität zu bewahren. Er war es, der
Raoul Aslan an das "Burgtheater"
engagierte und der zeitgenössische Dramen von
Anton Wildgans1) (Uraufführung 08.02.1919 von
"Dies irae" (→ zeno.org),
Carl Sternheim1) und
Henrik Ibsen1) zur Aufführung brachte. Er war auch
ein Wegbereiter für das expressionistische Bühnenbild." (
)
Die Heine-Ära sorgte für eine gravierende Neuerung, nämlich die Einführung
von Programmheften. Am 28. November 1919 wandte sich die
Generalintendanz an das "Deutsch-Österreichische Staats-Notariat"
mit dem Antrag auf Einführung von Programmheften in den ehemaligen
Hoftheatern. Unklar ist allerdings, wann genau das erste
Burg-Programmheft erschienen ist, doch sie blieben fortan eine
permanente Einrichtung.
Albert Heine 1916 in Anzug
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen
Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora1),
18811963); Datierung: 05.06.1916
Quelle/© ÖNB/Wien, Bildarchiv; Inventarnummer 203865-D
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Noch eine andere Neuerung kam zustande: Am 5. Juni 1919
erschien
die erste Nummer der "Blätter des Burgtheaters".
In dieser von Heine herausgegebenen Theaterzeitung erschienen erstmals
auch Werbe-Inserate. Die "Blätter des Burgtheaters" erlebten
12 Nummern." notiert Wikipedia7).
Und bei deutsche-biographie.de7)
kann man lesen: "Heines Direktion ist mitten im politischen Umbruch eine der fruchtbarsten an der
"Burg" gewesen. Repertoire und Ensemble wurden mit fester Hand arrondiert;
Richard Beer-Hofmann1),
Hugo von Hofmannsthal1), Anton Wildgans
und Stefan Zweig1) kamen in
Uraufführungen zu Wort. Bedenken
Heines gegen den Fusionsplan mit den "Reinhardt-Bühnen"1) sowie
eine Geste zugunsten der Sozialisten führten 1921 zu seiner Demission. Anton Wildgans wurde sein
Nachfolger."
Heines Ruf als exzellenter Schauspieler fußten auch auf seinen Interpretationen
der klassischen Bühnenfiguren, zu seinen Glanzrollen zählten unter
anderem wie erwähnt der Shylock in "Der
Kaufmann von Venedig"1), der Mephisto in Goethes "Faust"1), der
Reichsvogt Gessler in Schillers "Wilhelm Tell" oder der
Titelpart in der Shakespeare-Tragödie "Richard III.",
Figuren denen er "neben glänzender Sprechtechnik und Spielintelligenz einen besonders
differenzierten Sinn für das Dämonische" verlieh.6)
An Inszenierungen, die seine Handschrift trugen, ist beispielsweise 1905 die legendäre Wiener Erstaufführung
des zensurierten Skandalstücks "Die
Büchse der Pandora"1)
von Frank Wedekind1) am 29. Mai 1905 in einer geschlossenen
Vorstellung im "Trianon-Theater"
hervorzuheben. In der maßgeblich von Karl Kraus1)
organisierten und unter Mitwirkung von Wedekind durchgeführten
Veranstaltung übernahm Tilly Newes1), die spätere
Ehefrau Wedekinds, die Titelrolle, Adele Sandrock gab die die Gräfin
Geschwitz → geschichtewiki.wien.gv.at. Am 15. Februar 1918 kam es am "Burgtheater" zur
Erstaufführung des Zaubermärchens "Der
Bauer als Millionär"1)
von Ferdinand Raimund1)
mit Theater-Star
Alexander Girardi als
Fortunatus Wurzel; diese Inszenierung wurde noch bis 29. Februar 1936
gezeigt, wobei Ferdinand Maierhofer1) nach
Girardis Tod († 1918) dessen Rolle übernahm.
Albert Heine 1916 in Anzug
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen
Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora1),
18811963); Datierung: 05.06.1916
Quelle/© ÖNB/Wien, Bildarchiv; Inventarnummer 203864-D
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Krönung von Heines Regie-Arbeit war die
Inszenierung von Goethes "Torquato Tasso"1) im Jahre 1932 mit
Raoul Aslan in der Titelrolle. Ein begeistert aufgenommenes Gastspiel
gab das "Burgtheater"-Ensemble am 22. März 1932 in
Weimar1), an
das sich Aufführungen in Klagenfurt1) (29. März),
Brünn1) (4. April),
Baden1) (19. April), Graz1) (30. Mai) und
Innsbruck1) (16. Juni) anschlossen.
Seine Kenntnisse als Regisseur setzte Albert Heine auch beim Film ein,
1922 inszenierte er den stummen Streifen "Der hinkende Teufel"
nach dem gleichnamigen, satirischen Roman ("Le diable boiteux") von
Alain René Le Sage1) (1668 1747).
Bei dem Streifen "Don Juan" (1922) mit dem Untertitel "Ein Spiel aus verklungenen Zeiten"
und Hans Adalbert Schlettow in der
Titelrolle zeichnete er zusammen mit Robert Land1) für die Regie
verantwortlich. Eine filmische letzte Regie-Arbeit lieferte er mit der stummen
Geschichte "Dämon Verführer" (1930) ab. Als
Darsteller zeigte er sich erstmals in der nach einem Drehbuch von Felix Salten1)
realisierten Produktion "Der Türmer von St. Stephen" (1923)
auf der Leinwand,
gehörte zur Besetzung des von Friedrich Fehér
inszenierten, ambivalent beurteilten Melodrams "Das
verbotene Land"1) (1924, auch "Die Liebe des Dalai Lama") oder mimte
unter der Regie von Robert Land in "Der
Fluch"1) (1925) den
im Gegensatz zu dem Pferdehändler Jehuda Nachmann (Oskar Beregi) tief in seinem jüdischen Glauben verwurzelten Händler Esra. Für
Max Neufeld1),
der auch den legendären "Wunderheiler" Rasputin1)
darstellte, verkörperte Heine den
russischen Politiker Wladimir Purischkewitsch1) in
dem Historiendrama "Die Brandstifter
Europas"1) (1926), Es
folgte das von Hans Otto Löwenstein1) gedrehte Kriminaldrama "Der
Monte Christo von Prag"1) (1929), in dem er als Vaters der weiblichen Protagonistin Mary Orell (Valerie Boothby) auftrat,
sein letzter Stummfilm war einmal mehr unter der Regie von Robert Lands
die Komödie "Spiel um den Mann"1) (1929) mit Leinwandstar
Liane Haid
als Komtesse Mizzi Prachs-Lehndorff, wo er als Vater von Dr. Paul Riedl
(Fred Louis Lerch)
auftauchte.
Im Tonfilm wirkte Heine nur noch in drei Produktionen mit, präsentierte
sich als General in
der von Karel Lamač1)
nach der komischen Oper "Die
Regimentstochter"1) von Gaetano Donizetti1) (Musik) mit Anny Ondra
und Werner Fuetterer
in Szene gesetzten Komödie "Die Tochter des Regiments" (1933), hatte einen kleineren Part in "Das
Fähnlein der sieben Aufrechten"8) (1934),
Frank Wisbars1)
freien Verfilmung der gleichnamigen
Novelle1) von Gottfried Keller1)
man sah Karin Hardt als Hermine,
Tochter des Zimmermanns Meister Frymann (Heinrich George), Paul Henckels
als Schneidermeister Hediger, Vater von Karl (Albert Lieven). "Der Film sollte "eine glanzvolle kulturelle
Gemeinschaftstat von Künstlern aus dem Reich und aus der
Eidgenossenschaft" werden, wurde aber in der Schweiz rasch als Mißbrauch
der Vorlage zur Vorbereitung des "Anschlusses"1) erkannt und
heftig abgelehnt." notiert filmdienst.de.
Einen letzten Auftritt vor der Kamera hatte Albert Heine als
Gefängnisdirektor in Werner Hochbaums1) kriminalistischem Melodram
"Schatten der Vergangenheit"1) (1936). "Ein eigenwillig und subtil inszeniertes
Melodram, dessen Doppelrolle Luise Ullrich virtuos variiert."
urteilt filmdienst.de
→ Übersicht Filmografie.
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Albert Heine, seit 1919 Ehrenbürger von Wien und seit 1936 Ehrenmitglied des "Burgtheaters",
lehrte zudem von 1914 bis 1937 an der "Akademie für Musik und darstellende Kunst" (heute
"Universität für Musik und darstellende
Kunst"1)) in Wien. So erwarben
sich unter anderem Gisa Wurm1)
(1885 1957), Alma Seidler1) (1899 1977),
Fritz Links1) (1896 1976)
und Erik Frey (1908 1988) ihr
schauspielerisches Rüstzeug bei Albert Heine.
Im selben Jahr seines Ausscheidens als Dozent zog sich der inzwischen 70-Jährige nach
Westerland1),
einem Ortsteil der Gemeinde Sylt1), zurück. Dort starb der Schauspieler, Regisseur und erste "Burgtheater"-Direktor der Republik Österreich
am 13. April 1949 im Alter von 81 Jahren er war vollkommen
verarmt, da ihm nach Kriegsende seine Pension nicht überwiesen wurde.
Albert Heine war mit der Schauspielerin Claire Rabitow († 1946)
verheiratet.6)
Albert Heine um 1917
Urheber: Atelier "Gebrüder Lützel", München
(Karl (18451918), Christian (* 1859) und Friedrich Lützel (* 1861))
→ fotografenwiki.greven-archiv-digital.de
Quelle: geschichtewiki.wien.gv.at
Lizenz: CC BY-NC-ND 4.0
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Im Wiener "Burgtheater" bzw. der "Burgtheatergalerie"9)
erinnert eine von dem österreichischen Bildhauer André Roder1)
(1900 1959) geschaffene Büste an den legendären,
heute weitgehend vergessenen Künstler.
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