Der Schauspieler, Rezitator, Sänger und Entertainer Michael Heltau
wurde am 5. Juli 1933 als Michael Heribert Huber und Sohn eines Baumeisters im oberbayerischen Ingolstadt
geboren. Schon als Kind kam er nach Österreich, als seine Familie bei Kriegsausbruch
ins Salzkammergut nach Seewalchen am Attersee1) übersiedelte.
Heltau besuchte das Gymnasium in Gmunden1), machte später in
Ingolstadt Abitur und ließ sich anschließend ab 1951 zwei Jahre lang in Wien
am renommierten "Max-Reinhardt-Seminar"1) zum Schauspieler ausbilden, wurde
unter anderem von Helene Thimig (1889 1974) unterrichtet. Sein
Bühnendebüt gab er 1953 in Würzburg, dann folgte er einem Ruf
Fritz Kortners
an das Münchner "Residenztheater"1).
Weitere Station seiner unvergleichlichen Theaterkarriere wurden unter anderem
in Wien das "Theater in der Josefstadt"1)
und das "Volkstheater"1), 1967 kam er an das "Burgtheater"1), dessen
Ensemble
er seit 1972 angehört. Bei Gastspielen in Berlin am "Schillertheater"1) und
"Theater am Kurfürstendamm"1),
in Hamburg am "Deutschen
Schauspielhaus"1) und "Thalia
Theater"1) sowie in München am "Bayerischen Staatsschauspiel"1)
zeigte Heltau immer wieder seine darstellerische Kraft, zwischen 1959 und 1961 gastierte
er bei den "Ruhrfestspielen"1)
in Recklinghausen, unter anderem 1960 in "Die
Ratten"1) von Gerhart Hauptmann
(Regie: Willi Schmidt1)).
Seit 1964 trat der Künstler regelmäßig bei den Salzburger Festspielen auf,
brillierte unter anderem 1964 bis 1968 als "guter Gesell" im
"Jedermann"1)
an der Seite von Walter Reyer.
Das Foto wurde mir freundlicherweise von der
Fotografin Virginia Shue (Hamburg)
zur Verfügung gestellt.
Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
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Vor allem die Zusammenarbeit mit dem berühmten italienischen Regisseur
Giorgio Strehler1) (1921 1997) prägten Heltaus Theaterschaffen; unvergessen
bleibt seine Darstellung als Heinrich VI. in Strehlers Salzburger
Shakespeare-Collage "Das Spiel der Mächtigen" (1973/74), ebenso wie 1986/87 sein Mackie Messer
in der legendären, französischsprachigen Inszenierung der "Dreigroschenoper"1) am Pariser
"Théâtre du Châtelet"1), an der Seite von
Milva (Seeräuber-Jenny),
Barbara Sukowa (Polly Peachum)
und Yves Robert1)
(Jonathan Peachum). Der Zauberer Cotrone in Pirandellos "Die Riesen vom
Berge"1) (1994/95), Strehlers
letzte "Burgtheater"-Inszenierung, gilt als einer der Höhepunkt
des Charakterdarstellers. Anlässlich der "Wiener Festwochen"1) im Jahre 2001 machte
Heltau die legendäre Strehler-Inszenierung von Mozarts "Le nozze di Figaro"1)
mit Riccardo Muti1) am
Dirigentenpult der "Wiener Philharmoniker"1) mit
neuen Sängern wieder lebendig, wurde für seine Inszenierung im
"Theater an
der Wien"1) umjubelt; weitere Regiearbeiten brachten ihn dann an die
berühmte Mailänder "Scala"1) und zu den Opernfestspielen von Ravenna.
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Zahlreiche klassische Figuren zeugen von Heltaus darstellerischer
Vielseitigkeit, vor allem in Wien feierte er mit seinen Interpretationen
Triumphe, so beispielsweise als Orlando in Shakespeares "Wie
es euch gefällt"1) oder als
Major Tellheim in Lessings "Minna
von Barnhelm"1). Er glänzte in verschiedenen Titelrollen, gab den
Shakespeare'schen "Romeo", "Hamlet", "Richard II." oder den Schiller'schen "Don Carlos"
und "Wallenstein" ebenso eindrucksvoll wie Schnitzlers
melancholischen "Anatol", Pinters düsteren "Lenny" in
"Heimkehr" oder den elegant-undurchsichtigen Baron Laborde in Hermann Brochs
"Aus der Luft gegriffen". Im "Burgtheater" war er als Pirandellos
"Heinrich IV."1) zu sehen, beeindruckte als weltfremder Privatgelehrter Protassow
in Gorkis "Kinder der Sonne"1)
(an der Seite von Erika Pluhar als Elena Nikolaevna) und überzeugte
mit der Titelrolle in Anton Tschechows
"Onkel
Wanja"1). Auch Peter Shaffers
Drama "Amadeus" brachte ihm mit
der Darstellung des Komponisten Mozart1) einen Erfolg ohnegleichen. Nach einem fulminanten Gastspielerfolg als Dr. Jura in
dem Lustspiel "Das Konzert"1) von Hermann Bahr am Wiener
"Volkstheater" der "Karl-Skraup-Preis"1)
für "Beste schauspielerische Leistung" war der Lohn spielte und sang er
seit der Uraufführung (28.10.1972) am "Theater an der Wien"1)
in dem Udo Jürgens-Musical "Helden, Helden" (nach
"Helden"1)
von George Bernard Shaw) den Hauptmann Bluntschli und erhielt 1974
für seine Leistung die begehrte "Kainz-Medaille"1)
.
Das Foto wurde mir freundlicherweise von der
Fotografin Virginia Shue (Hamburg)
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Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
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An der "Volksoper
Wien"1) konnte Michael Heltau
seit 1993 einen Sensationserfolg
bei Publikum und Presse als Professor Higgins in dem Musical "My Fair Lady"1)
verbuchen Julia Stemberger1)
gab anfangs die Eliza Doolittle , gastierte in dieser Rolle unter anderem auch im Berliner "Metropol-Theater"1).
Ebenfalls an der "Volksoper" wurde Heltau 1999 auch als der alternde Lebemann Honoré Lachaille in dem Musical
"Gigi"1)
gefeiert.
Mitte der 1960er Jahre begann mit dem Soloprogramm "Werthers Leiden",
das auch als Schallplatte erschien, Heltaus einzigartiger Aufstieg als
Rezitator, Sänger und Entertainer. Vor allem durch seine unverwechselbare,
kongeniale Interpretation der Chansons von Jacques Brel ("Heltau
singt Brel"), Charles Trenet1) oder
Jean Ferrat1) begeisterte er seit
Jahren, erreichte sowohl auf der Bühne mit Soloauftritten als auch im
Fernsehen ein Millionenpublikum. Die Brel-Lieder "Amsterdam"1) oder
"La valse à mille temps", ein Chanson, das er den deutschen Hörern
unter dem Titel "Karussell" bekannt machte, finden sich, wie viele
andere legendäre Chansons, auf seinen zahlreichen Plattenveröffentlichungen.
Von 1976 bis 1985 präsentierte Heltau die ZDF-Reihe "Liedercircus"1),
seine musikalisch-literarischen Solo-Programme wie "Noch einmal Herr
Direktor", "Auf d'Nacht Herr Direktor", "Meine
Leute", "Meine Zeit" oder "Im Rampenlicht",
mit denen er auf Tournee ging, waren stets ausverkauft. Auch mit Wiener Liedern, die er "statt zu singen" gesprochen präsentierte, fand er
ein begeistertes Publikum, als Sänger der "Ohrwürmer" von Franz Lehár1),
Emmerich Kálmán1),
Robert Stolz1)
und Ralph Benatzky1)
interpretierte er mit Charme und Zylinder viele unvergessliche
Operettenmelodien; sein Programm "Operette sich wer kann",
mit dem er Mitte August 2004 im "Theater an der Wien" Furore machte,
ist inzwischen auch auf CD bzw. DVD erhältlich.
In jüngerer Zeit
lag der
Schwerpunkt seiner Programme mehr und mehr im literarischen Bereich, wie mit
dem Programm "Wien im Gedicht", in dem er Lyrik unter anderem von Anton Wildgans1),
Hugo von Hofmannsthal1)
und Josef Weinheber1)
rezitierte.
Ab Frühjahr 2006 faszinierte Heltau das
Publikum mit seiner Konzerttournee "Best of Brel", Auftakt war
ein furioser Abend im ausverkauften "Wiener Konzerthaus", wo der Entertainer
gemeinsam mit den "Wiener Theatermusikern" unter der Leitung von Tscho Theissing1)
das Publikum in die Welt des belgischen Chansonniers Jacques Brel mit
deutschsprachigen Interpretationen entführte.
2007 kehrte Heltau mit der musikalischen Show "Statt zu spielen" an
das Wiener "Burgtheater" zurück, auch sein dort seit 2010 gezeigter
Solo-Abend "I brauch kan Pflanz" geriet zum umjubelten Erfolg.
Ab März 2012 präsentierte er sein 33. Programm bzw. seine "Burgtheater"-Produktion
"Es ist immer jetzt. Chansons von Jacques Brel und mehr" und erntete
wie immer grandiose Kritiken. Ein Live-Mitschnitt aus dem Wiener "Burgtheater"
ist als Doppel-CD (zusammen mit einem Fotobuch) im Handel erhältlich,
welche im Oktober 2013 im Rahmen der Festvorstellung anlässlich des 80. Geburtstages des "Burgtheater"-Doyens
entstand. Zuletzt brachte er zur Spielzeit 2017/2018 am
"Burgtheater" mit dem "Wiener
Theatermusikern" das Programm "Einen blauen Ballon möcht' ich
haben" zur Aufführung und verabschiedete sich schließlich im
Februar 2018 nach über 60 Jahren zugleich von der Bühne mit dem Zitat
"Versteht Er nicht, wenn eine Sach‘ ein End' hat?" aus der Oper "Der
Rosenkavalier" von Richard Strauss1), zu dem Hugo von Hofmannsthal
das Libretto schrieb. Ein Trost für alle Heltau-Fans auch sein
letztes Programm ist inzwischen auf CD und DVD im Handel erhältlich.
Das Foto wurde mir freundlicherweise von der Fotografin
Virginia Shue (Hamburg)
zur Verfügung gestellt.
Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
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Vereinzelt übernahm Michael Heltau Aufgaben für den Film. Man erlebte
ihn unter anderem in den 1950ern mit Rollen in Unterhaltungsstreifen wie "Dieses Lied bleibt bei Dir" (1954),
"Schloß Hubertus"1) (1954), "Der
letzte Mann"1) (1955),
"Verlobung am Wolfgangsee"1) (1956), "Lemkes sel. Witwe" (1957)
oder zuletzt "Verdammt
die jungen Sünder nicht"1) (1961). Im Fernsehen
zeigte er sich vor allem in Arthur Schnitzler-Verfilmungen, wie in "Professor Bernhardi" (1962),
"Liebelei" (1969) und "Das weite Land" (1970).
Mitunter trat er in Populären Krimiserien wie "Der Kommissar",
"Derrick" und "Der Alte" in Erscheinung → Übersicht
Filmografie. Darüber hinaus hat er verschiedene
Hörbücher eingelesen, unter anderem "Radetzkymarsch"1) von Joseph Roth,
"Das Stundenbuch" von Rainer Maria Rilke
oder "Florian, das Pferd des Kaisers" von Felix Salten1).
Während seiner langen Karriere kann der vielseitige Künstler auf zahlreiche
Auszeichnungen zurückblicken: Schon als junger Schauspieler erhielt er 1971
den "Karl Skraup-Preis"1), neben der erwähnten
"Kainz-Medaille" überreichte man ihm unter anderen 1985 die "Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold"1),
ein Jahr später verlieh man ihm den Titel "Kammerschauspieler".
1993 erhielt er den Ehrentitel "Doyen des Burgtheaters". Zu
seinen jüngeren Ehrungen zählt 2001 die Verleihung des "Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft
und Kunst I. Klasse"1) durch den österreichischen Bundespräsidenten sowie 2003
die Ehrenmitgliedschaft des Wiener "Burgtheaters" und 2004 der
Wiener "Volksoper". Ende Januar 2005 wurde
ihm gemeinsam mit Susi Nicoletti im Wiener Rathaus das
"Goldene Ehrenzeichen der Stadt Wien"1) verliehen, für die
Vermittlung der "Kultur des Wiener Theaters wie kaum andere", wie es
in der Laudatio hieß. Im gleichen Jahr würdigte man am 26. November 2005 sein Lebenswerk mit
dem "Nestroy-Theaterpreis"1), 2006 ehrte die Bundesrepublik
Deutschland Michael Heltau mit dem "Bundesverdienstkreuz 1. Klasse".
2008 konnte
Heltau 2008 den "Goldenen Mozart-Ring"1) der
"Mozartgemeinde Wien"1)
entgegennehmen, am 20. Oktober 2010 folgte der "Ehrenring des
Burgtheaters"1) → www.nachtkritik.de.
Am 23. Juni 2014 erhielt er vom "Burgtheater"- Ensemble den "Ehrenring der Kollegenschaft". Seit 2013 kann man ein Portrait Heltaus,
welches sein kongenialer Berufs- und Lebenspartner, der niederländische Schauspieler, Regisseur, Autor und Übersetzer
Loek Huisman (25.01.1926 29.12.2017) angefertigt hatte, in der Ehrengalerie des
"Burgtheaters" bewundern → Auszeichnungen bei Wikipedia.
Michael Heltau ist ein rastloser, ein stets suchender Künstler, ein faszinierender Menschendarsteller,
ein schillernder, zuweilen etwas eigenwilliger Interpret. Der "Meister
der schmerzlichen Zwischentöne", wie André Heller1) ihn einmal bezeichnete, steht auch im fortgeschrittenen Alter nach wie vor auf der Bühne.
"Wir brauchten viel Talent, um alt zu werden wie wir sind und dennoch Fragende zu
bleiben
" heißt es in einem seiner Soloprogramme, in einem Interview
meinte er: "Ich erfülle mir eine Sehnsucht. Das erste, was
ich von Theater sah und was meine Phantasie entzündete, war ein bunter Abend
mit Zauberern, Musicalclowns, Coupletsängern und dressierten Tauben und
Hunden. Der Rahmen dieser Vorstellung hätte armseliger und phantastischer
nicht sein können. Im Krieg ein Gasthaussaal, wo die Welt mit Brettern
vernagelt war; das Publikum war das abenteuerlichste Resultat einer
abenteuerlichen Situation Soldaten, englische und russische Gefangene und
Einheimische, also zehn Honoratioren und die Bauern aus der Umgebung. Ich war
sieben Jahre und hatte von meinen Eltern erreicht, mitgenommen zu werden. Das
muss meine erste große Liebe gewesen sein. Ich habe mein Gefühl für diese
kleine Form des Theaters nie vergessen und bin glücklich, sie für mich in
der großen Welt des Theaters immer wieder zu entdecken. Shakespeare,
Schubert, Mozart und Picasso und die Duse: die Größten wissen alles aus
dem Kleinen. Ich erfülle mir einen Kindheitstraum."2)
Der Österreicher mit bayerischen Wurzeln lebt am Fuße des Wienerwalds1) umgeben von Weinbergen, seinen großen
Garten hat er mit Skulpturen aus aller Welt ausgestattet.
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