Der Schauspieler und Regisseur Willy A. Kleinau (Willy Adolf Kleinau) wurde am 12. November 1907
in Mülhausen im Elsass (heute
Mulhouse) als Sohn eines Beamten geboren. Seine Ausbildung machte er bis Anfang der 1930er Jahre bei keiner
Geringeren als der berühmten Louise Dumont1) (1862 1932) an der
Theaterakademie "Hochschule für Bühnenkunst" in Düsseldorf. Hier
versuchte er sich am "Städtischen Theater" erstmals als
Regisseur und Dramaturg, übernahm bereits kleinere Parts in
Theaterstücken. Nach Abschluss der Studien sammelte Kleinau weitere
Erfahrungen an diversen Bühnen, so zunächst 1932 in Meiningen,
es folgten Stationen unter anderem in Villingen, Bad Godesberg, München, Konstanz, Potsdam, Wuppertal
und Göttingen. Nach Ende des 2. Weltkrieges verschlug es ihn
zunächst nach Bremen, wo er in den Räumen des früheren Tanzsaales
der Gaststätte "Concordia" das "Bremer
Künstlertheater" gründete, die Spielstätte am 19. September 1945 mit Goethes "Stella"1)
und Ursula Burg in der
Titelrolle eröffnete → Wikipedia.
Bis August 1946 fungierte Kleinau als Leiter der Bühne, nahm dann ein
Engagement in Hamburg an, wo er mit der Figur des Puntila in
"Puntila und sein Knecht
Matti"1) die Aufmerksamkeit
des Autors Bertolt Brecht1) errang, der ihn 1949 nach
Berlin an sein "Berliner
Ensemble"1) holte. Nach
Differenzen mit Brecht wechselte Kleinau an das "Deutsche Theater"1),
feierte dort, aber auch an der "Volksbühne"1)
bis zu seinem frühen Tod mit kraftvollen Interpretationen
klassischer Bühnenrollen Erfolge.
Willy A. Kleinau 1948 als Puntila in "Puntila und sein Knecht
Matti"1)
von Bertolt Brecht ("Haus der Jugend", Hamburg-Altona),
fotografiert von Gerd Mingram1) (19102001), genannt Germin
Quelle: Deutsche
Fotothek, (file: df_ger-pos_0000824)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Germin; Datierung: 1948;
Quelle: www.deutschefotothek.de;
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017
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An der "Volksbühne" glänzte
er unter anderem in einer Inszenierung von Fritz Wisten1) mit der
Titelrolle in Goethes "Götz
von Berlichingen"1)
→ Szenenfotos
bei "Deutsche Fotothek".
Im folgenden eine kleine Auswahl der Rollen bzw. Theaterstücke, mit
denen Willy A. Kleinau am "Deutschen Theater" Erfolge
feierte:
(Quelle (unter anderem) und fremde Links: Wikipedia)
"Der Schauspieler Willy A. Kleinau besitzt eine immense Leinwandpräsenz. Mit seinem
schwergewichtigen Körper füllt er das Filmbild stets aus und gilt als barocker Darsteller in der Nachfolge von
Eugen Klöpfer,
Emil Jannings oder
Heinrich George. Wie sie kann er
in tragisch-dramatischen wie komödiantischen Rollen überzeugen, wie sie ist er ein Meister des Ambivalenten: Ernsthaftigkeit
steht neben bodenständigem Witz, trotz seiner körperlichen Gewichtigkeit besitzt er eine lebendige Leichtigkeit,
die jederzeit ins gefährlich Dämonische wechseln kann."
kann man auf der Seite der DEFA-Stiftung
lesen. Während seiner Leinwandkarriere war Kleinau "wohl der einzige wirkliche Star, der in der schlimmsten
Zeit des Kalten Krieges in beiden Teilen Deutschlands herausragende Filmrollen spielt."*)
Seinen Einstand bei der DEFA1)
gab er mit einer gewichtigen Rolle, hinterließ als August
der Starke1) in Wolfgang Schleifs Biopic
"Die
blauen Schwerter"1) (1949)
einen gewaltigen Eindruck. Erzählt wird die Geschichte des Alchimisten und
Chemikers Johann Friedrich Böttger1), der als
Miterfinder des Porzellans gilt und Gründungsadministrator der Porzellanmanufaktur
Meissen1) war. Es folgten weitere interessante
Aufgaben, mit denen Kleinau mit seinem facettenreichen Spiel auf der
Leinwand seine Wandlungsfähigkeit unter Beweis stellen konnte. So gab er
unter anderem den zynisch-despotischen Gauner Vautrin1),
der den mittellosen Landedelmann Rastignac (Joachim Hildebrandt) in "Karriere
in Paris"2) (1952)
in den Untergang treibt, gedreht nach dem Roman "Vater
Goriot"1) von Honoré de Balzac, Arthur Pohl besetzte
ihn als liebenswert-hilfsbereiten Oll Daniel, Verwalter des Barons,
in seiner hochgelobten Fritz Reuter1)-Adaption
"Kein
Hüsung"1) (1954).
Mit "Das
Fräulein von Scuderi "1) (1955) wurde von Eugen York eine weitere literarische
Vorlage verfilmt, diesmal nach der Novelle
von E. T. A. Hoffmann1),
in der er glänzend den mordenden Hofgoldschmied Cardillac mimte. Sein
komödiantisches Talent konnte Kleinau als ebenso standesbewusster wie eitler
Bürgermeister van Bett in der Operettenverfilmung "Zar
und Zimmermann"1) (1956) ausleben, dass er auch kleinere Zuschauer
zu beeindrucken wusste,
hatte er zuvor als brutal-geldgieriger Mühlenbesitzer in dem Märchenfilm
"Der
Teufel vom Mühlenberg"1) (1955) bewiesen, der wegen
seiner Hartherzigkeit zu Stein verwandelt wird.
In "Die
Schönste"1) (1957) war er
der reiche Unternehmer Alexander Berndorf, Ehemann der von Ursula Burg gespielten
"schönen" Yvonne ^50; mit ihr hatte er bereits
für "Karriere in Paris" und "Kein Hüsung" vor der Kamera gestanden. Die
gesellschaftskritische Produktion "Die Schönste" fiel der Zensur zum Opfer und wurde mit
Aufführungsverbot belegt, die Uraufführung der rekonstruierten Fassung
erfolgte erst am 24. Mai 2002. "Die Schönste" wurde teilweise in West-Berlin und mit einigen West-Schauspielern, z.B.
Siegfried Schürenberg, gedreht.
Entscheidend war aber vermutlich die dem Ministerium für Kultur unzureichende propagandistische Darstellung
der kapitalistischen Westfamilie und des heimischen Arbeiterhaushalts. Zahlreiche Kürzungen,
Szenenumstellungen, mit schlichterem Dekor nachgedrehte Szenen, Outtake-Einfügungen sowie eine Rahmenhandlung änderten 1959 nichts am
Aufführungsverbot. notiert Wikipedia; → siehe auch defa-stiftung.de.
Die Uraufführung (13.09.1957) des von Arthur Pohl nach dem Roman von Hans von Oettingen in Szene gesetzten
tendenziösen Streifens "Spielbank-Affäre"1)
erlebte Kleinau nicht mehr, hier war er als skrupelloser Martinez, Besitzer eines großen Casinos,
in Erscheinung getreten.
Willy A. Kleinau 1952
Quelle: Deutsche
Fotothek, (file: df_pk_0001965_014)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek
Urheber: Abraham
Pisarek1) (19011983); Datierung: 04.1952
Quelle: www.deutschefotothek.de
(Datensatz 88931472 →);
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An westdeutschen Produktionen sind insgesamt 10 Filme zu nennen, hier
arbeitete er unter anderem mit so legendären Filmemachern wie Wolfgang Staudte1) (1949, "Schicksal
aus zweiter Hand"1)), Wolfgang Liebeneiner1),
Helmut Käutner1)
und Falk Harnack1) zusammen.
Beispielsweise spielte er in der deutsch-österreichischen Co-Produktion "Das
Bad auf der Tenne"1) (1956) den ehrgeizigen Müllermeister Klas, der
in dieser heiteren Geschichte zu gerne Bürgermeister werden möchte. In Hans Deppes
Heimatfilm "Der
Bauer vom Brucknerhof"1) (1956) war er der gerade aus dem Zuchthaus
entlassene kernige Mathias Bruckner, ehemals Bauer vom Brucknerhof, in Wolfgang Liebeneiners Paul Keller Adaption "Waldwinter"1) (1956) der Verwalter Stengel.
Für Helmut Käutner spielte er den Unteroffizier Friedrich Hoprecht in dem
Kassenschlager "Der
Hauptmann von Köpenick"1) (1956), der in der Verfilmung
des gleichnamigen
Theaterstücks1) von Carl Zuckmayer
seinem Schwager, dem aus der Haft entlassenen Schuster Wilhelm Voigt (Heinz Rühmann), Unterschlupf gewährt.
Willy A. Kleinau 1954
Quelle: Deutsche
Fotothek, (file: df_pkm_0001148_212)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek
Urheber: Abraham
Pisarek1) (19011983); Datierung: 01.1954
Quelle: www.deutschefotothek.de
(Datensatz 90008862 →);
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017 |
Weitere prägnante Auftritt hatte er
als Förster Mahnke in Géza von Bolváry sentimentalen
Literaturadaption "Was
die Schwalbe sang"1) (1956) und als alternder Malerei-Professor Friedrich Eichler bzw.
Gatte der sensiblen Marianne (Lilli Palmer), die in Falk Harnacks Melodram
"Wie ein Sturmwind"3) (1957) seinem talentierten
Schüler Viktor Ledin (Ivan Desny) verfällt. Arthur Maria Rabenalts
Episodenfilm "Frühling
in Berlin"1) (1957) gelangte erst nach Kleinaus Tod in die
Lichtspielhäuser hier hatte
er den amüsanten Part eines dicken Griechen übernommen, der
sich "überaufgeregt um die Geburt seines ersten Kindes sorgt" → filmportal.de.
Das noch junge Medium Fernsehen spielte, im Gegensatz zu etlichen seiner Theater-Kollegen,
kaum eine Rolle für das Schwergewicht Kleinau. Da ließ er sich schon eher
vor das Mikrofon locken und bereicherte mitunter so manches
Hörspiel-Ensemble; eine Auswahl der in der ARD-Hörspieldatenbank
aufgeführten Stücke findet man hier am Ende des
Artikels.
Fred Gehler, der als kompetentester Filmkritiker der ehemaligen DDR
gilt, charakterisiere Kleinaus Spiel 1995 unter anderem mit den Worten:
"Kleinau machte die Abgrenzungen vage zwischen Außerordentlichem und der Banalität;
fast schockierend übergangslos brachen aus dem gleichen Gefäß Zärtlichkeit und Brutalität,
Sentimentalität und Zynismus hervor. Alltäglichkeit hauste unmittelbar neben der Dämonie.
Nicht als im Wechsel gebrauchte Masken, sondern
als das Janusköpfige des menschlichen Sinnens und Trachtens."*)
Kleinau stand auf dem Höhepunkt seiner Karriere, als ihn am 18. Oktober 1957
ein tragisches Schicksal ereilte er verstarb an
den Folgen eines Autounfalls, der ihn auf der Autobahn bei Merseburg
(Sachsen-Anhalt) ereilte. Die
letzte Ruhe fand der große Charakterschauspieler, der wenige Wochen später
seinen 50. Geburtstag hätte feiern können, auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof1) in
Berlin → Foto der Grabstelle bei Wikimedia
Commons und knerger.de.
Willy A. Kleinau 1950 als Staatsoberhaupt Pablo Malabranca
(steht für die reale Person Tito1))
in dem
politischen und
linientreuen Drama gegen den Titoismus1)
"Der große Verrat" von Ernst Fischer1)
Quelle: Deutsche
Fotothek, (file: df_pk_0000876_049)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek
Urheber: Abraham
Pisarek1) (19011983); Datierung: 17.07.1950
Quelle: www.deutschefotothek.de
(Datensatz 90008836 →)
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017
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Willy A. Kleinau lebte seit Anfang der 1950er Jahre mit der Schauspielerin Christa Gottschalk1)
zusammen, die bei dem Unfall mit ihm im Auto saß, jedoch mit schweren
Verletzungen davonkam → Porträt von Christa Gottschalk bei "Deutsche Fotothek".
Offiziell verheiratet war der Schauspieler laut Auskunft der Berliner
"Akademie der Künste" bis zu seinem Unfalltod mit der ehemaligen Tänzerin Tilla (Mathilde) Kleinau
(1909 2005), die nach dem Artikel im "Tagesspiegel"
gut und gerne als Berliner "Original" bezeichnet werden kann → www.tagesspiegel.de.
Am Rande sei erwähnt, dass er eine Zeit lang mit Ursula Burg liiert war,
mit der er auch am "Deutschen Theater" in einigen Stücken zu
sehen war und in drei Filmen ("Karriere
in Paris"/"Kein
Hüsung"/"Die Schönste") mit ihr spielte, in verschiedenen Hörspielen gehörten beide
ebenfalls zur Besetzung.
Sein schriftlicher Nachlass befindet sich im Archiv der Berliner
"Akademie der Künste"1)
→ Willy-A.-Kleinau-Archiv.
In Drewitz1),
einem Ortsteil von Potsdam, erinnert der "Willy-A.-Kleinau-Weg" an
den viel zu früh verstorbenen Mimen, der zwei Mal mit dem "Nationalpreis der DDR"1)
ausgezeichnet wurde: 1951 sowie 1953 ("Nationalpreis für Kunst und
Literatur II. Klasse") gemeinsam mit Regisseur Arthur Pohl1) und Schauspielerkollege
Karl Paryla
für seine Leistung in dem DEFA-Film "Die
Unbesiegbaren"1)
(1953) über die Geschichte der Arbeiterbewegung in Deutschland, wo er sich als bodenständiger und sympathischer Berliner
Lokomotiv-Schlosser Schulz präsentierte.
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