Hugo Lindinger wurde am 1. September 1911 im oberösterreichischen Marktgemeinde Raab1) geboren. Gleich nach Abschluss der Schulzeit nahm er Gesangsunterricht und arbeitete eine Zeitlang als Opernsänger, trat zunächst als Bass-Buffo am Stadttheater von Gera1) und am "Salzburger Landestheater"1) auf. Später wechselte er in das darstellende Fach, nach seinem Debüt 1937 in Tilsit1) (heute: Sowetsk, Russische Föderation1)) folgten Verpflichtungen an zahlreichen deutschsprachigen Bühnen. Zu seinen Stationen zählten unter anderem das "Deutsche Theater"1) in Göttingen, das "Düsseldorfer Schauspielhaus"1), das "Bayerische Staatsschauspiel"1) sowie verschiedene andere Theater in München ("Kammerspiele"1), "Volkstheater"1), "Kleine Komödie am Max II"1)). In den 1980er Jahren wirkte Lindinger zudem am Berliner "Schlosspark Theater"1).
Außerdem gehörte er eine Zeit lang zum Ensemble des renommierten Wiener "Burgtheaters"1) und trat bei den "Salzburger Festspielen"1) auf, gestaltete 1952 erstmals den "Dicken Vetter" in der "Jedermann"1)-Aufführung von Ernst Lothar1) mit Will Quadflieg als "Jedermann". 1960 stellte er diese Figur für Regisseur William Dieterle dar, Walther Reyer verkörperte diesmal den Protagonisten. Bereits 1934 bis 1937 war Lindinger als ein Tischgesell neben Protagonist Paul Hartmann (1934, 1935) bzw. Attila Hörbiger (1936, 1937) in Max Reinhardts1) Inszenierungen aufgetreten sowie 1946 an der Seite von Ewald Balser (Regie: Heinz Hilpert1)) und 1949 erneut neben Attila Hörbiger (Regie: Helene Thimig). Dazwischen sah ihn das Salzburger Festspielpublikum 1937 als ersten Sklaven in der Mozart-Oper "Die Zauberflöte"1) (Dirigent: Arturo Toscanini1)) und 1938 als Wirt in dem Goethe-Trauerspiel "Egmont"1) mit Ewald Balser als Titelheld (Regie: Heinz Hilpert). Nach Kriegsende gab er Florindos launigen Diener Brighella in der Komödie "Der Lügner" von Carlo Goldoni1) (1952, Regie: Oskar Wälterlin1)) und trat erneut 1956 in "Egmont" in Erscheinung, diesmal als Brüsseler Bürger Soest – Will Quadflieg interpretierte den Graf Egmont, Ewald Balser den Wilhelm von Oranien1) Walter Franck den Herzog von Alba1) und Elisabeth Flickenschildt die Margarete von Parma1) (Regie: Ernst Lothar). In Oscar Fritz Schuhs1) Inszenierung des Eugene O'Neill1)-Stücks "Fast ein Poet" (1957) erlebte man ihn als Dan Roche zusammen mit Attila Hörbiger (Cornelius Melody) und Adrienne Gessner (Nora Melody), in der geistlichen Oper "Il Sant'Alessio"1) (1978, deutsch: "Der heilige Alexius"1)) mit der Musik von Stefano Landi1) und dem Libretto von Giulio Rospigliosi1), dem späteren Papst Clemens IX., trat Lindinger als Ferruccio Soleri in Erscheinung (Regie: August Everding1)). 1980 und 1981 trug das Shakespeare-Stück "Wie es euch gefällt"1) die Handschrift von Otto Schenk, hier spielte Lindinger den Schäfer Corinus, unter anderem war Romuald Pekny der Herzog in der Verbannung, Kurt Heintel der Herzog Friedrich und Helmuth Lohner der Edelmann Jacques. In Claus Peymanns1) Inszenierung bzw. Uraufführung (17.08.1985) des Schauspiels "Der Theatermacher"1) von Thomas Bernhard1) mit Traugott Buhre in der Titelrolle des "Theatermachers" Bruscon glänzte er als der Wirt, letztmalig sah man Lindinger 1987 bei den "Salzburger Festspielen" als Nigowitz, dienstbarer Geist des Hasses (Christoph Bantzer1)), in dem von Jürgen Flimm1) in Szene gesetzten Zaubermärchen "Der Bauer als Millionär"1) von Ferdinand Raimund1) mit Otto Schenk als Fortunatus Wurzel.

 
Hugo Lindinger bei den Salzburger Festspielen 1980 als Corinus in in "Shakespeares "Wie es euch gefällt"; Copyright Virginia Shue
Hugo Lindinger 1980 bei den "Salzburger Festspielen"
als Schäfer Corinus in "Wie es euch gefällt"
→ www.salzburgerfestspiele.at
Das Foto wurde mir freundlicherweise von der
Fotografin Virginia Shue (Hamburg) zur Verfügung gestellt.
©Virginia Shue.

Meist waren es prägnante, für ein Schauspiel unverzichtbare Randfiguren, die der Schauspieler auf der Bühne darstellte, neben klassischen Figuren wie beispielsweise dem Klosterbruder in dem Lessing-Drama "Nathan der Weise" trat Lindinger vor allem in Stücken von Johann Nestroy1) und Ferdinand Raimund in Erscheinung und bewies immer wieder sein komödiantisches Talent. So unter anderem als der zu Grunde gegangene Rentier Herr von Brauchengeld in Nestroys Posse "Die beiden Nachtwandler"1) ("Münchner Kammerspiele", 1973/74) oder als hartherziger wohlhabender Bierversilberer Spund in "Der Talisman"1) ("Schlosspark Theater", 1985/86). In Raimunds romantisch-komischem Zaubermärchen "Der Alpenkönig und der Menschenfeind"1) brillierte der Schauspieler mit der unverwechselbar-massigen Gestalt 1976/77 an den "Münchner Kammerspielen" als Bedienter des Herrn von Rappelkopf Habakuk, weitere schöne Rollen waren beispielsweise der souverän lavierende Monsignore Rosentreter in Rolf Hochhuths1) satirischen Komödie "Die Hebamme" oder der Baron Barrenkrona in dem Lustspiel "Kolportage" von Georg Kaiser1) – um nur einige der vielen Stücke zu nennen, in denen Lindinger seine schauspielerische Vielseitigkeit unter Beweis stellte. Eine seiner letzen Bühnenrollen war, wie erwähnt, der Wirt in der Uraufführung von Thomas Bernhards "Der Theatermacher" in einer Inszenierung von Claus Peymann 1985 bei den "Salzburger Festspielen". "Seine Nebenrollen arbeitete er zu Glanzrollen, ja zu Hauptfiguren aus. Diese Arbeit schien ihm nicht die geringste Mühe zu machen: er gehörte zu jenen Schauspielern, die nur dazusein brauchen, um zu wirken. Gewiss halfen ihm dabei seine unübersehbare Figur und sein massiges Doppelkinn, doch war er nicht das, was man abschätzig einen "Bauchschauspieler" nennt. Seine Korpulenz war nur eine Zugabe zu seiner Seelenzartheit, mit der er seine Zuschauer rührte und zugleich lachen ließ. Hugo Lindinger war ein Volksschauspieler, wenn man unter "Volk" das Publikum Shakespeares, Raimunds und Nestroys versteht. Thomas Bernhardt schrieb ihm den Wirt in seinem "Theatermacher" auf den massigen und beseelten Leib" war in der FAZ am 12.01.1988 in einem Nachruf anlässlich des Todes von Hugo Lindinger am 10. Januar 1988 zu lesen. Und DIE ZEIT (15.01.1988) notierte unter anderem: "Der Körper: kurz, aber kolossal. Der Kopf: kugelrund, zur selben Zeit komisch zerfurcht und philosophisch zerklüftet. Der ganze Mann eine gelungene Verbindung von Zwerg und Riese, kurzum: eine märchenhafte Erscheinung. Wenn Hugo Lindinger auftrat (ob auf der Bühne oder bloß im Leben), war alles in einer einzigen Sekunde anders – der Zuschauer mußte lächeln, und das Schauspiel (und der Abend) waren gerettet. (…) Die gößte seiner großen Rollen war vielleicht der Utzbacher, Wirt in Thomas Bernhards "Der Theatermacher": Ihn spielte Lindinger als ein graziöses Ungeheuer, immer staunend, von den Wundern der Welt und des Theaters selig durchdrungen (und auf die unschuldigste Weise hinterhältig). So bewies Lindinger überwältigend, daß bei Thomas Bernhard (der so viele grandiose Reden, Arien, Litaneien für Schauspieler geschrieben hat) die schönsten Rollen doch die beinahe stummen sind → www.zeit.de.
  
Auch im Film und im Fernsehen waren es hauptsächlich die prägnanten Nebenfiguren, mit denen Lindinger in nachhaltiger Erinnerung geblieben ist. Erste Erfahrungen vor der Kamera hatte er Ende der 1940er Jahre in den Produktionen "Maresi"2) (1948) und "Die Liebesprobe"2) (1949) gesammelt, in den 1950er Jahren folgten Kinostreife wie "Hochzeit im Heu"2) (1951), "Hokuspokus"1) (1953), "Vater, unser bestes Stück" (1957), "Der Graf von Luxemburg"2) (1957), "Der Stern von Santa Clara"1) (1958) oder "Melodie und Rhythmus"1) (1959), in denen Lindinger mit leicht lispelnder, wienerisch gefärbter Sprache Bauern, Bürgermeister, Kutscher, Gerichtsvollzieher oder sonstige skurrile Personen mimte. In dem Peter Alexander Klamauk "Münchhausen in Afrika"1) (1957) präsentierte er sich beispielsweise als dickbauchiger Herr Leiser, als Schatzgräber tauchte er in der Operettenverfilmung "Der Zigeunerbaron"1) (1962) auf oder war als Förster in dem Pennäler-Streifen "Morgen fällt die Schule aus"1) (1971) aus der Reihe "Die Lümmel von der ersten Bank"1) zu sehen. Weitere Arbeiten für das Kino waren unter anderem das Lustspiel "Die Pfarrhauskomödie"1) (1972) nach dem gleichnamigen Bühnenstück von Heinrich Lautensack1) mit der Figur des Hochwürden Achaz, der unter Verdacht steht, er habe es mit dem Zölibat nicht ernst genommen – eine Rolle, die Lindinger auch auf der Bühne verkörpert hatte. Zuletzt erlebte man ihn als Butler Jakob, der in  "Meister Eder und sein Pumuckl"
1) sowohl in drei Folgen der Serie als auch in dem gleichnamigen Kinofilm1) (1982) im Auftrag seiner gräflichen Herrin (Gisela Uhlen) mehrfach die Schreinerwerkstatt von Franz Eder (Gustl Bayrhammer) aufsucht und sich in nicht grade netter Form über Kobolde äußert – was ihm Pumuckl bald heimzahlt → Übersicht Kinofilme.
Auf dem Bildschirm zeigte sich der markant-gewichtige Mime eher sporadisch, neben Theateraufzeichnungen waren es unter anderem Operettenverfilmungen wie "Der fidele Bauer" (1962) nach dem gleichnamigen Werk1) mit der Musik von Leo Fall1) und
mit Hermann Thimig als Protagonist, Fernsehspiele wie "Am Herzen kann man sich nicht kratzen"3) (1963) oder Literatur-Adaptionen wie die Mantel- und Degenkomödie "Der Ritter vom Mirakel"3) (1966) von Lope de Vega1) mit Michael Degen. In der Geschichte "Die Überführung"4) (1976), welche Autor Georg Lohmeier1) als "Die feuchte Ballade einer Freundschaft aus den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg" bezeichnete, mimte er einen Sanitätsrat, nach der Rolle des Pfarrers Kneipp in zwei Episoden der 13-teiligen "Kneippiaden" von Georg Lohmeier mit dem Titel "Heiße Wickel – kalte Güsse"5) (1984) tauchte Lindinger zuletzt mit einem kleinen Part in der "Tatort"-Folge "Wir werden ihn Mischa nennen"1) (1986) auf dem Bildschirm auf.

Hugo Lindinger, der sich vor allem als liebenswerter Komiker einen Namen machte, starb am 10. Januar 1988 im Alter von 76 Jahren in Wien; die letzte Ruhe fand er auf dem Friedhof des Salzburger Stadtteils Maxglan1) → Foto der Grabstelle bei knerger.de.
Der Künstler, der München zu seiner Wahlheimat gemacht hatte, war mit Ehefrau Margarete (1923 – 2001) verheiratet, die später an der Seite ihres Gatten beigesetzt wurde, ebenso wie Sohn Florian (1951 – 1993). Überdies war Lindinger der Onkel des bekannten Schauspielers Tobias Moretti1).

Siehe auch Wikipedia
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Filme
Kinofilme / Fernsehen
Filmografie bei der Internet Movie Database, filmportal.de
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Kinofilme Fernsehen (Auszug)
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