Die Tänzerin Cléo de Mérode wurde am 27. September 1875 als
Diane-Cléopatre de Mérode und Tochter österreichischer Eltern in
Paris1) geboren. Laut Wikipedia*) war sie
"die uneheliche
Tochter der österreichischen Baronin Vincentia de Mérode (1850 1899), die österreichischer
und belgischer Abstammung war,
und des österreichischen Richters, Anwalts und Pioniers des Tourismus, Theodor Christomannos1), der
griechische, deutsche und französische Wurzeln hatte. Ihre Eltern waren entfremdet, aber ihr Vater unterstützte ihre Mutter
weiterhin finanziell.
Sie wurde katholisch erzogen." Anderen Quellen zufolge, unter anderem nach Angaben des Biologen und Tiergeografen Vincenz Brehm1) (1879 1971), der ihr 1903 am
Achensee1) begegnete,
war sie die Tochter des renommierten österreichischen Landschaftsmalers
Carl Freiherr von Mérode1)
(1853 1909), der damals in Mödling1) bei Wien wohnte; Carl Freiherr von Mérode war der Spross
einer berühmten, weitverzweigten belgischen
Adelsfamilie.
Bereits mit sieben Jahren erhielt Cléo Ballettunterricht an der "Pariser Oper"1) bei
Mademoiselle Théodore, mit elf Jahren trat
sie erstmals professionell auf. 1888 erregte die damals Dreizehnjährige an
der "Pariser Oper" als Tänzerin Aufsehen, avancierte rasch zur
Primaballerina und bald lag ihr ganz Paris zu Füßen.
Cléo de Mérode 1902, fotografiert
von Charles Ogerau
(1868 1908)
Quelle: Wikimedia
Commons Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)
siehe hier
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Nicht nur
wegen ihres tänzerischen Talents wurde sie berühmt, sondern auch wegen ihrer
außergewöhnlichen Schönheit und Ausstrahlung, Tourneen führten sie im Laufe der Jahre in
viele europäische Städte und auch in Amerika war das Publikum von ihr
verzaubert. Als "Königin der Tänzerinnen" kam sie von einem
Gastspiel in New York1)
zurück, alle großen Weltzeitungen brachten seitdem regelmäßig Berichte von
dieser "schönsten Frau", ihre Kleidung wurde tonangebend und
vielfach kopiert. Die von ihr eingeführte
"Cléo-de-Mérode-Frisur", wo das Haar mit einem Stirnband
zusammengehalten wurde, machte Mode → Foto
bei Wikimedia Commons.
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Auch der belgische König Leopold II.1)
(1835 1909) war ein großer Verehrer von
Cléo de Mérode, Gerüchten zufolge soll die Tänzerin seine Geliebte
gewesen sein und ihretwegen wurde der Monarch in Witzblättern als "Cléopold"
verrissen. Doch Leopold II. dementierte aus diplomatischen Gründen nie diese
Gerüchte: Im Jahre 1890 standen die europäischen Kabinette vor der Besorgnis,
dass England die Niederschlagung des Mahdi-Aufstandes1) im
Sudan1) zu einer bedeutenden
Machterhöhung benutzen würde, indem es den Sudan in Besitz nahm, Ägypten in völlige Abhängigkeit brachte und
die Verbindung quer durch Afrika nach der Kapkolonie1) herstellte. Besonders beunruhigt waren die Regierungen Frankreichs und
Belgiens, und daher suchte
Leopold II. nach einer "harmlosen" Ablenkung des öffentlichen Interesses für seine häufigen Pariser Besuche.
Er ließ sich vom Direktor der
"Großen Oper" die Tänzerin vorstellen, verbrachte den Abend mit ihr und benutzte seitdem des
Öfteren den Bühneneingang zur Oper statt das Hauptportal, wenn er in Paris weilte.
Während der Aufführung aber verließ er durch einen Nebenausgang ungesehen das
Theatergebäude und traf im Arbeitszimmer des französischen Außenministers
Gabriel Hanotaux1) (1853 1944) mit diesem
zu wichtigen, außenpolitischen Besprechungen zusammen.
Cléo de Mérode 1895, fotografiert
von Charles Ogerau (1868 1908)
Quelle: Wikimedia
Commons
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe
hier
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Die angebliche Liaison mit dem belgischen König machte
Cléo de Mérode noch populärer, als sie es ohnehin schon war; sie selbst
hatte immer gegen diese Unterstellung protestiert, doch sie sollte dieses
Gerücht ihr Leben lang nicht mehr loswerden. 1950 verklagte sie die
Schriftstellerin Simone de Beauvoir1) (1908 1956), die in ihrem Buch "Das
andere Geschlecht"1)
("Le deuxième sexe") schrieb, die Tänzerin sei die Geliebte Leopolds
und eine "Halbweltdame" (Kurtisane1))
gewesen. Simone de Beauvoir
musste die Behauptung zurücknehmen,
Cléo de Mérode bekräftigte glaubhaft, sie habe von Leopold nach einer
Aufführung lediglich einmal einen Strauß roter Rosen erhalten.
Für einige Zeit verließ
Cléo de Mérode Paris, um dem Klatsch zu entfliehen, gab Gastspiele in
Hamburg1),
St. Petersburg1), Budapest1) und erneut in New York. Auch in Berlin machte die
Tänzerin von sich reden, im Sommer 1898 unterschrieb sie einen Vertrag mit
der Direktion des Varieté-Theaters "Wintergarten"1), wo sie ab November 30 Vorstellungen lang das
Publikum begeisterte. Für ihre Auftritte soll sie die für damalige Verhältnisse
horrende Summe von 45.000 Francs erhalten haben.
1900 schuf sie ihren berühmten Tanz "La Cambodgienne", den sie zur
Pariser Weltausstellung1) im
"Théâtre Indochinois" präsentierte. 1901 trat sie zum ersten Mal in den
"Folies Bergère"1) auf. Zahlreiche Gastspielreisen führten sie durch ganz Europa. Während ihres Aufenthalts in München stand sie zwischen 1903 und 1904 den Malern
Friedrich August von Kaulbach1) und
Franz von Lenbach1) Modell. 1908 tanzte sie für
Kaiser Wilhelm II.1) und
die Kaiserliche Familie in Berlin und im selben Jahr interpretierte sie die Rolle der
"Phoébe"1) in "Endymion et Phoébe"1) von Henri Cain1) in der "Opéra Comique"1) an der Seite
der ersten Tänzerin der "Opéra
national de Bordeau"1), Régina Badet
(1876 1949). Cléo de Mérode war in ihren großen Jahren
eine der am häufigsten abgebildeten Frauen der Welt (nach eigener Aussage: die meistfotografierte). Ihre Tourneen
wurden vom Ausbruch des Ersten Weltkriegs unterbrochen, aber ab 1920 unternahm sie weitere Gastspielreisen in
Frankreich. Ihr Geburtsdatum wurde da oft mit "1885"angegeben.*)
Cléo de Mérode 1901 an den "Folies Bergère"
in der Ballett-Pantomime "Lorenza",
fotografiert
von Léopold-Émile
Reutlinger1) (1863 1937)
Quelle: Wikimedia
Commons
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe
hier
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1912 wurde sie zur "schönsten Frau der Welt" gekürt, durch die Leser des
"Illustrator", der damaligen französischen Zeitung, zur "Schönheitskönigin" von Paris gewählt,
ab 1915 tanzte
Cléo de Mérode dann ausschließlich an der "Pariser
Oper". In den folgenden
Jahren zog sie sich mehr und mehr vom aktiven Tanz zurück und spielte fast
nur noch Theater. Nach ihrem Auftritt 1934 in der "Revue 1900" im
Pariser Café-concert1)
"Alcazar" beendete sie ihre Bühnenlaufbahn.
1950 veröffentlichte
sie ihre Erinnerungen unter dem Titel "Das Ballett meines
Lebens" ("Ballet de ma vie").
Auch nach dem 2. Weltkrieg soll sie noch an der Mode ihrer Glanzzeiten
festgehalten haben und war als "Madame la Baronne" in ihrem
Pariser Stadtviertel schon zu Lebzeiten eine Legende.
Seit der Jahrhundertwende lebte die Künstlerin, die als eine der besten Ballerinen der Vorkriegszeit
galt, in einer großzügigen Villa in Paris1), wo sie am 17. Oktober 1966 im
Alter von 91 Jahren starb. In ihren letzten Lebensjahren soll sie an
Arteriosklerose gelitten haben, was auch als Todesursache angegeben wurde. Die
letzte Ruhe fand die legendäre Tänzerin auf dem Pariser Friedhof
"Père Lachaise"1) (Abt. 90)
→ Foto der Grabstelle bei Wikimedia Commons
sowie Knerger.de.
Der Maler Toulouse-Lautrec1) (1864 1901) hielt sie ca. 1895 auf einer seiner Lithografien für die
Nachwelt fest Wikimedia Commons. In dem Stummfilm "Frauen der Leidenschaft"1) (1926) widmete
ihr der österreichische Regisseur Rolf Randolf1) (1878 1941) die
Episode "Die Tänzerin seiner Majestät"1),
Fern Andra (1893 1974) verkörperte die legendäre Tänzerin;
der Streifen wurde mit "Jugendverbot" belegt → Zensurentscheidung.
Cléo de Mérode fotografiert von
Léopold-Émile
Reutlinger1) (1863 1937)
Quelle: Wikimedia
Commons;
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe
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