Ihr erster sprechender Part war die der Lucie, Gattin des von Fritz Kortner dargestellten Hauptmann Alfred Dreyfus1), in dem Drama "Dreyfus"1) (1930), von Regisseur Richard Oswald1) über die Dreyfus-Affäre1) nach dem Sachbuch "L'Affaire Dreyfus" ("Der Prozeß des Hauptmanns Dreyfus") des Juristen und Schriftstellers Bruno Weil (1883 1961). Es folgte die Rolle der Eva, Tochter von Direktor Bergemann (Eduard von Winterstein) und dessen Frau (Lotte Spira1)), in "Arme, kleine Eva" (1931) nach dem Roman von Paul Langenscheidt1), die der Stenotypistin Susi Sachs in "Arm wie eine Kirchenmaus"1) (1931) nach dem gleichnamigen Lustspiel3) von Ladislas Fodor1) und die der Tochter des von Werner Krauß verkörperten preußischen Generals Ludwig Yorck von Wartenburg1) in dem dem Historienspielfilm "Yorck"1) (1931). Ihre letzte filmische Arbeit in Deutschland war der am 3. Februar 1933 uraufgeführte und von Georg Jacoby1) gedrehte Sittenfilm "Moral und Liebe", der kurz nach seinem Erscheinen von den Nazis verboten wurde. Grete Mosheim verließ wenig später Berlin, "da sie als "Halbjüdin" diffamiert, Verfolgung fürchten musste."*) Zunächst ging sie nach Österreich (Klagenfurt1)), um dann 1934 nach Großbritannien bzw. London zu emigrieren. Ihre erste, am 28. Juni 1928 geschlossene Ehe mit dem Schauspieler Oskar Homolka (1898 1978) wurde 1933 geschieden. Nach anfänglichen Sprachschwierigkeiten bzw. intensivem Englischstudium stand sie dort bald wieder erfolgreich auf der Bühne und drehte zudem die musikalische Komödie "Car of Dreams" (1935) mit John Mills1) als Sohn eines Multimillionärs, der sich in sie verliebt und sie mit einem Luxusauto für sich gewinnen will. Doch diese britische Produktion sollte für Jahrzehnte die letzte Arbeit vor der Kamera bleiben: Während der Aufführung des Stückes "Two Share A Dwelling" von Alice Campbell (1887 1955) im Herbst 1935 am Londoner "St. James Theatre" lernte sie den Industriellen und Kunstmäzen Howard Gould (1871 1959) kennen, den sie 1937 heiratete. Das Paar ließ sich ein Jahr später in New York nieder, auf Wunsch ihres Ehemannes hängte Grete Mosheim zunächst die Schauspielerei an den Nagel. Erst im Dezember 1941 übernahm sie wieder Aufgaben beim Theater und trat am Broadway1) in der pazifistischen Komödie "Letters to Lucerne" des ebenfalls emigrierten Autors Fritz Rotter1) (gemeinsam mit Allen Vincent1)) auf, gehörte 1941 neben Gert von Gontards1), Hans Jaray1) und anderen zu den Mitbegründern der deutschen Emigranten-Ensemble "The Players from Abroad"1). Erst Anfang der 1950er Jahre kehrte Grete Mosheim nach Deutschland zurück. Inzwischen war ihre Ehe mit Howard Gould gescheitert, um 1947 ließ sich das Paar scheiden. Rasch konnte sie an ihre früheren Theatererfolge anknüpfen, unter der Regie von Franz Reichert1) trat sie 1952 bei Boleslaw Barlog1) am Berliner "Schlosspark Theater"1) in dem Stück "Ich bin eine Kamera" ("I Am a Camera") von John Van Druten1),auf, das auf den autobiographischen Romanen "Mr. Norris steigt um"1) und "Leb wohl, Berlin"1) von Christopher Isherwood1) basierte und später als Musical-Version unter dem Titel "Cabaret"1) Furore machen sollte. Die Kritiken für Grete Mosheim waren durchaus positiv, von dem berühmter Friedrich Luft1) war unter anderem im RIAS1) zu hören "Grete Mosheim schaltete die Figur des Flappers Sally Bowles so sicher von Verderbtheit zu Naivität, von Laszivität zu seelischer Reinlichkeit, von Albernheit zu Herz, von moralischer Schlampigkeit zu heimlicher Strenge der Gefühle, dass das Publikum sie sofort liebte, wie sie da nach fast zwanzig Jahren wieder auf einer Berliner Bühne stand und genau die Vielfalt der besten Sinnes volkstümlichen Töne hören ließ, die diese Stadt immer an ihr bewunderte." In den kommenden Jahren gab Grete Mosheim Gastspiele an verschiedenen deutschsprachigen Bühnen, glänzte vor allem in Stücken englischsprachiger Dramatiker: So beispielsweise seit der Premiere am 30. Juni 1955 im Berliner "Theater am Kurfürstendamm"1) (Spielstätte der "Freien Volksbühne"1)) als Dolly Levi in der später auch als Musical ("Hello, Dolly!"1)) entstandenen Farce "Die Heiratsvermittlerin" von Thornton Wilder1), einer modernisierten Adaption der Posse "Einen Jux will er sich machen"1) von Johan Nestroy1), mit unter anderem Paul Esser, Jane Tilden, Agnes Windeck und Helmuth Lohner.
Als Regisseurin konnte sie sich ebenfalls beweisen, erfolgreich inszenierte sie am Berliner "Renaissance-Theater" die Komödie "Notizen über eine Liebesgeschichte" ("Notes on a Love Affair") von Frank Marcus1) (Premiere: 10.11.1972) → rowohlt-theaterverlag.de. Von wenigen TV-Auftritten (→ siehe hier) abgesehen, unter anderem ihrer Mitwirkung in der Dokumentation "Underground and Emigrants"4) (1976) von Rosa von Praunheim1), stand sie nur noch ein Mal für einen Kinofilm vor der Kamera: In dem von Hark Bohm realisierten Jugendfilm "Moritz, lieber Moritz"1) (1978) zeigte sie sich als die alte Großmutter des 15-jährigen Moritz (Michael Kebschull), den sie um Sterbehilfe bittet → Übersicht Tonfilme. Mit ihrer Rolle der titelgebenden Figur Dolly Levi in dem Thornton Wilder-Schauspiel "Die Heiratsvermittlerin" konnte man Grete Mosheim auch im Radio hören, am 26. Juli 1955 sendete "RIAS Berlin" den Mitschnitt der Inszenierung von Rudolf Steinboeck1) im "Theater am Kurfürstendamm" in einer Bearbeitung von Friedrich Luft1) → ARD Hörspieldatenbank. Weiterhin war die Schauspielerin als Elfi an dem Hörspiel "Das Labyrinth"5) von Siegfried Lenz1) beteiligt (EA: 05.04.1967; Regie: Fritz Schröder-Jahn1)), in "Die Schwestern Jouet"5) von Ilse Aichinger"1) bildete sie als Rosalie gemeinsam mit Blandine Ebinger (Anna) und Elisabeth Flickenschildt (Josepha) die Schwestern Jouet (EA: 18.07.1969; Regie: Ludwig Cremer1)). Zuletzt wirkte sie als die alte Frau Drobná unter der Regie des Autors selbst in dem Stück "Anamnese"5) (EA: 24,11,1969) von Ludvík Aškenazy1) mit, Herbert Mensching1) sprach den Psychiater. 1971 erhielt Grete Mosheim den "Deutschen Filmpreis"1) für "langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film", drei Jahre später wurde sie mit dem "Bundesverdienstkreuz"1) (1974) geehrt. Die Künstlerin, in dritter Ehe mit dem Journalisten und "The Times"1)-Korrespondenten Robert Cooper verheiratet, lebte zuletzt wieder in den USA; dort erlag sie am 12. Dezember 1986 im Alter von 81 Jahren in New York City1) einem Krebsleiden. "Ihr Tod in New York bedeutete für das deutschsprachige Schauspiel gleichwohl den Abschied von einem Schauspielertypus. Mosheim war (vergleichbar Elisabeth Bergner) die Vertreterin eines "kulturellen Großbürgertums" (Joachim Kaiser). In ihrem Spiel, das sie in Gestus und Ton zu einem Mosheim-Stil vervollkommnete, mischte sich jüdisches Selbstbewusstsein mit einer berückenden, sehr kindlichen Naivität und einer durchaus erdverbundenen, aber doch immer ironisch gebrochenen Realitätsnahe. Dabei kam es in den letzten Auftritten gewiss zu Manierismen; allein Mosheim bewies immer, dass sie mit großer Ernsthaftigkeit daran arbeitete, Literatur mit allen verfügbaren Mitteln, mit analytischem Verstand, mit Worten, Mimik und Gestik lebendig zu machen." wird von C. Bernd Sucher1) bei deutsche-biographie.de*) ausgeführt. Und der einflussreiche Literatur- und Theaterkritiker seiner Zeit Joachim Kaiser1) schrieb in seinem Nachruf in der "Süddeutschen Zeitung"1) (31.12.1986) unter anderem: "In New York starb nicht nur eine 81-jährige jüdische Schauspielerin, die uns gezeigt hat, wie herrlich Theater sein kann. Allmählich stirbt ein ganz spezifischer Frauen-Typus aus, der nirgendwo nachwachsen kann, und doch für uns, unsere Welt so wichtig, so erlebens- und liebenswert war. Denken wir, beispielsweise, an Katja Mann1), die Grete Mosheim, die Elisabeth Bergner, ja an manche älteren Damen, an alle diese körperlich kleinen Vertreterinnen einer Art kulturellen Großbürgertums, in dessen Daseins-Stil unauffälliges jüdisches Selbstbewusstsein, Potsdam, sowie eine merkwürdige Melange aus Naivität und Realismus sich mischten!"*) Seit 24.November 2004 erinnert im Münchener Stadtteil Maxvorstadt1) die "Grete-Mosheim-Straße" an eine "Schauspielerin höchsten Ranges", wie der "Kölner Stadtanzeiger" sie am 30.12.1986 anlässlich des Todes bezeichnete. Grete Mosheims jüngere Schwester Lore Anne Mosheim1) (1914 1964) war ebenfalls Theater- und Filmschauspielerin. |
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Siehe auch www.cyranos.ch,
Wikipedia,
deutsche-biographie.de*) sowie den Artikel/Interview (1975) bei "Deutsche Welle" Fotos bei virtual-history.com |
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*) C. Bernd Sucher:
"Mosheim, Grete" in "Neue Deutsche Biographie 18" (1997, S. 209210) → online-Version
bzw. "Henschel Theaterlexikon" (Hrsg. Curt Bernd Sucher ("Henschel Verlag", 2010, S. 604/605) Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) filmportal,de, 3) theatertexte.de, 4) filmdienst.de, 5) ARD Hörspieldatenbank Lizenz Fotos Grete Mosheim (Urheber Alexander Binder/ Gregory Harlip) : Die Schutzdauer (von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers) für das von dieser Datei gezeigte Werk ist nach den Maßstäben des deutschen, des österreichischen und des schweizerischen Urheberrechts abgelaufen. Es ist daher gemeinfrei. |
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