Filmografie / Hörspiel
Erna Nitter – von Johannes Heesters abgesehen – eine der längsten Aktiven der deutschen Bühnen- und Filmgeschichte, wurde am 28. August 1888 in Berlin1) geboren. Entdeckt von dem Hofschauspieler Max Grube1) (1854 – 1934)*), stand sie bereits als 10-Jährige stand sie erstmals auf der Bühne, und spielte in dem Weihnachtsmärchen "Die kleine Elfe, die das Christkind sucht" eine kleine Elfe. Etwa in dieser Zeit soll sie auch vor den Kindern Kaiser Wilhelm II.1) aufgetreten sein, später, vermutlich um 1905 herum, war der Kaiser selbst zugegen, als Erna Nitter am "Königlichen Schauspielhaus"1) in der Rolle des Prinzen Arthur1) in einer Vorführung des Shakespeare-Dramas "König Johann"1) auftrat. Den Kinderrollen entwachsen, verkörperte sie bald sowohl in klassischen als auch Werken der Moderne an der Seite von Künstlern wie Käthe Dorsch, Henny Porten oder Hubert von Meyerrinck jugendliche Liebhaberinnen und Salondamen, behauptete sich zudem als Soubrette.*) 
Die Charakterdarstellerin machte sich unter anderem in Dresden1) und Hannover1) einen Namen, trat beispielsweise seit Ende Dezember 1907 bzw. zur Spielzeit 1907/08 in dem von Max Walden1) inszenierten Lustspiel "Seine Hoheit" von Freiherr von Schlicht1) (= Wolf Ernst Hugo Emil Graf von Baudissin) und Walter Turszinsky1) am "Deutschen Theater zu Hannover" auf → karlheinz-everts.de. Eine Tournee führte sie sogar in die USA, wo sie an der Seite von Otto Gebühr das Publikum am New Yorker "Irving Place Theatre"1) für sich einnehmen konnte.

Erna Nitter, fotografiert von
Wilhelm Willinger1) (1879 – 1943)
Quelle: cyranos.ch
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier

Erna Nitter, fotografiert von Wilhelm Willinger (1879–1943); Quelle: cyranos.ch; Lizenz: gemeinfrei
Bis Ende des 2. Weltkrieges fand Erna Nitter vornehmlich in Berlin ihre künstlerische Heimat, 1945 ließ sie sich in Hamburg1) nieder, wo sie bis Anfang der 1980er Jahre regelmäßig auf der Bühne stand. Ihr Rollenrepertoire war breit gefächert, in den 84 Jahren ihres Theaterwirkens hatte sie fast alles gespielt, von der jugendlichen Naiven über die Liebhaberin bis hin zur "Grande Dame" und komischen Alten. Zu ihren späten, herausragenden Interpretationen zählte beispielsweise die Titelfigur in der Satire "Die Irre von Chaillot"1) von Jean Giraudoux1), sie glänzte in der schwarzen Krimi-Groteske "Arsen und Spitzenhäubchen" von Joseph Kesselring1) (→ siehe auch Kinofilm 1944) ebenso wie in dem als "Komödie einer Tragödie in drei Akten" bezeichneten Stück "Jacobowsky und der Oberst"1) von Franz Werfel1) oder in der Tragikomödie "Der rote Hahn"1) von Gerhart Hauptmann1). Ihre letzte Rolle gestaltete die damals bereits 94-Jährige zur Spielzeit 1981/82 am Hamburger "Ernst Deutsch Theater"1) und war in dem von Harry Buckwitz1) inszenierten Schauspiel "Der kaukasische Kreidekreis"1) von Bertolt Brecht1) an der Seite von unter anderem Angélique Duvier1) (Magd Grusche) und Friedrich Schütter (Dorfschreiber Azdak) als alte Frau zu bewundern.
 
Erna Nitter als alte Frau in "Der kaukasische Kreidekreis" von Bertolt Brecht (17.03.1981); Copyright: Virginia Shue Erna Nitter als alte Frau in "Der kaukasische Kreidekreis" von Bertolt Brecht (17.03.1981); Copyright: Virginia Shue
Erna Nitter in einer ihren letzten Rollen – als alte Frau in dem Schauspiel
"Der kaukasische Kreidekreis" von Bertolt Brecht (Spielzeit 1981/82)
Die Fotos wurden mir freundlicherweise von der Fotografin Virginia Shue (Hamburg)
zur Verfügung gestellt. Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
   
Neben ihrer umfangreichen Arbeit für das Theater gehörte Erna Nitter zu den Pionieren der Leinwanddarsteller/-innen. Bereits Anfang der 1910er Jahre trat sie in verschiedenen stummen Produktionen auf und übernahm Rollen in Melodramen bei der von Jules Greenbaum1) gegründeten Berliner Filmgesellschaft "Vitascope GmbH". Sie trat in Stummfilmen wie "Die weiße Sklavin – 3. Teil"1) (1911) von (Regie) und mit Viggo Larsen auf, zeigte sich in Streifen wie "Die Braut des Freundes" (1911) und "Komtesse und Diener" (1911) mit Wanda Treumann als Komtesse, jeweils ein Szene gesetzt von Walter Schmidthässler1). Die Mimin gehörte zur Besetzung von Harry Piels Regiedebüt bzw. Abenteuer "Schwarzes Blut"1) (1912) mit Curt Goetz in der Rolle des Mörders, im selben Jahr heiratete die bildhübsche Erna Nitter den Regisseur, Bühnenautor und Schauspieler Curt Goetz (1888 – 1960), von dem sie sich fünf Jahre später 1917 wieder scheiden ließ. Nach ihrer Mitwirkung in in Harry Piels Drams "Erblich belastet?1) (1913) sah man sie in dem von Max Mack1) mit Hanni Weisse gedrehten, komödiantischen Detektivfilm "Hanni, kehre zurück! Alles vergeben!"1) (1914) als Stadtpark-Bekanntschaft von Hilfsdetektiv Oskar (Oscar Sabo), eine letzte Arbeit für den Stummfilm war unter der Regie von Georg Jacoby1) das Lustspiel "Der schwarze Moritz"1) (1915) mit Ernst Lubitsch1) als Moritz Apfelreis; danach trat sie für längere Zeit nicht mehr vor die Kamera.
Während des Nazi-Regimes trat Erna Nitter lediglich mit einem kleinen Part in Hans H. Zerletts1) Melodram "Die goldene Maske"1) (1939) in Erscheinung, erst ab Mitte der 1950er Jahre nahm sie wieder Filmangebote an. Sie spielte Nebenrollen in Literaturadaptionen, so in dem von Helmut Käutner1) nach dem gleichnamigen Theaterstück1) von Carl Zuckmayer1) mit Heinz Rühmann als Schuster Wilhelm Voigt1) realisierten Spielfilm "Der Hauptmann von Köpenick"1) (1956). Unter der Regie von Arthur Maria Rabenalt1) entatand das Melodram "Skandal um Dr. Vlimmen"1) (1956) nach dem Roman von Anton Roothaert mit Bernhard Wicki in der Titelrolle und ihrem Part der neuen Magd Jantje, basierend auf dem Bühnenstück "The Eleven Lives of Leo" von Herman Shiffrin drehte Vadislao Vajda1) mit Heinz Rühmann die Komödie "Der Lügner"1) (1961).  Nach einem Script von Wolfgang Menge1) setzte Jürgen Roland1) den semi-dokumentarischen Polizei-Film "Polizeirevier Davidswache"1) (1964) in Szene, in dem sie neben den Streifenpolizisten Hauptwachtmeister Glantz (Wolfgang Kieling) und Hauptwachtmeister Schriever (Günther Neutze) als Drogistin zur Besetzung gehörte. Nach langer Pause wirkte sie dann noch einmal in einer Kinoproduktion mit, zeigte sich als alte Dame im Stummfilm in dem Drama "Verlorenes Leben"1) (1975) von Regisseur Ottokar Runze1) mit Gerhard Olschewski und Marius Müller-Westernhagen1) in den Hauptrollen → Übersicht Kinofilme.
 
Seit Anfang der 1950er Jahre bzw. den Anfängen des neuen Mediums Fernsehen wirkte Erna Nitter in etlichen Produktionen mit, mimte beispielsweise eine ältere Dame in dem auf dem gleichnamigen Hörspiel von Wolfgang Hildesheimer1) basierenden, von Hans Lietzau1) inszenierten TV-Film "Begegnung im Balkan-Express"2) (1955) mit Heinz Drache als Kunstfälscher Robert Guiscard. 
Erna Nitter; Copyright Virgina Shue In "Die Heiratsvermittlerin"2) (1955) nach der Farce "The Matchmaker" von Thornton Wilder1), wiederum beruhend auf der Posse "Einen Jux will er sich machen"1) von Johann Nestroy1), präsentierte sie sich an der Seite von Inge Meysel in der Rolle der resolut-lebenslustigen Heiratsvermittlerin Mrs. Dolly Lewin und Eduard Marks als Geschäftsmann Horace Vandergelde als Miss Flora van Huysen, Freundin von Vandergeldes verstorbenen Frau. Den Part der Madame Verceil übernahm sie in der Verfilmung "Thérèse Raquin" (1955; Regie: Gustav Burmester1)) nach dem gleichnamigen Roman1) von Émile Zola1) mit Anneliese Römer1) als Thérèse Raquin, Cousine/Ehefrau des kränklichen Camille Raquin (Peter Lehmbrock1)) und Ida Ehre als Mutter Madame Raquin. Diese Figur sprach sie zudem in der Hörspiel-Version3) (EA: 30.06.1956; Regie: Ludwig Cremer1)) mit Rosl Schäfer1) (Thérèse Raquin), Joachim Teege (Camille) und Ida Ehre (Madame Raquin). 
   
Das Foto wurde mir freundlicherweise von der
Fotografin Virginia Shue (Hamburg) zur Verfügung gestellt.
Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
Rudolf Noelte1) führte Regie bei dem Fernsespiel  "Draußen vor der Tür"2) (1957) nach dem gleichnamigen Drama1) von Wolfgang Borchert1) mit Paul Edwin Roth als der deutsche Kriegsheimkehrer Beckmann und betraute Erna Nitter mit der Rolle des Frau des Oberst (Konrad Wagner1)). Bereits in der Hörspiel-Fassung3) (EA: 26.10.1952; Regie: Ludwig Cremer) mit Hans  Quest als Protagonist Beckmann hörte man Erna Nitter als Frau des Oberst, den Fritz Wagner1) sprach.
Ab den 1960ern sind kleinere Auftritte/Episodenrollen in populären Serien wie "Hafenpolizei", "Landarzt Dr. Brock" (mit Rudolf Prack), "Ein Fall für Titus Bunge"1) (mit Ralf Wolter), "Percy Stuart" (mit Claus Wilcke) oder "Polizeifunk ruft" zu nennen. Sie tauchte als Frau Gleiper in der Folge "Die Unverbesserlichen und ihre Sorgen"1) (1968) aus der legendären Reihe "Die Unverbesserlichen" (1965–1971) mit Inge Meysel und Joseph Offenbach als Ehepaar Scholz auf, mimte die freundliche alte Dame von der Arbeitsvermittlung in der kriminalistischen Vorabendserie "Miss Molly Mill"1) (1970) mit Inge Brück1) als Molly Mill. In der "Tatort"1)-Folge "Platzverweis für Trimmel"1) (1973) mit Walter Richter als Hauptkommissar Paul Trimmel1) trat sie als Agnes Treuleben in Erscheinung oder spielte die Oma Sorgenfrei in dem TV-Film "Bismarck von hinten oder Wir schließen nie"1) (1974), zu dem Helga Feddersen das Drehbuch schrieb und auch als Erzählerin fungierte. Die Geschichte handelte von den geschäftlichen Nöten und den privaten Sorgen zweier Familien im Hamburger Stadtteil St. Pauli1) unweit des berühmten "Bismarck-Denkmals"1) leben, unter anderem mit Hans Jürgen Diedrich und Christa Wehling als Ehepaar Knüppel. Letztmalig vor der Kamera stand sie für die Serie "St. Pauli Landungsbrücken"1) und stellte in der Episode "Papa’s Tochter"4) (EA: 18.01.1980) die Frau Voss dar → Übersicht TV-Produktionen.
Erna Nitter war darüber hinaus eine gefragte Sprecherin, die seit nach Ende des 2. Weltkriegs umfangreich für den Hörfunk arbeitete; eine Auswahl der bei der ARD-Hörspieldatenbank gelisteten Produktionen findet man hier. Zudem stand sie sporadisch im Synchron-Studio, lieh unter anderem Marjorie Fielding1) als Mrs. Chalk in Komödie "Das Glück kam über Nacht"1) (1951, "The Lavender Hill Mob") und Edie Martin als Lenchen, Freundin der von Katie Johnson1) gespielten Mrs. Wimmerforce, in dem Klassiker des schwarzen Humors "Ladykillers" (1955, "The Ladykillers") ihre Stimme – beides Filme mit Alec Guinness → mehr bei synchronkartei.de.
  
Die Theater- und Filmschauspielerin Erna Nitter, die nach einem Schlaganfall zuletzt in einem Altenheim lebte, starb am 17. Juni 1986 im hohen Alter von 97 Jahren in Hamburg1). Lange Jahre durfte sie sich als "dienstälteste Schauspielerin der Bundesrepublik Deutschland" bezeichnen lassen, anläslich ihres 70-jährigen Bühnenjubiläums wurde sie 1969 mit dem "Bundesverdienstkreuz" ausgezeichnet.*)
Kurzportrait nach Kay Weniger: "Das große Personenlexikon des Films" (Band 5. Berlin 2001)
sowie Wikipedia; siehe auch cyranos.ch
*) Quelle: Artikel in "Das Ostpreußenblatt" (17. 09.1983, S. 6) zum 95. Geburtstag von Erna Nitter → archiv.preussische-allgemeine.de
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) Die Krimihomepage, 3) ARD-Hörspieldatenbank, 4) fernsehserien.de
Lizenz Foto Erna Nitter ( Urheber: Wilhelm Willinger): Die Schutzdauer (von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers) für das von dieser Datei gezeigte Werk ist nach den Maßstäben des deutschen, des österreichischen und des schweizerischen Urheberrechts abgelaufen. Es ist daher gemeinfrei.
   
Filme
Kinofilme / Fernsehen
Filmografie bei der Internet Movie Database
(Fremde Links: Wikipedia, geschichtewiki.wien.gv.at, die Krimihomepage,
ARD-Hörspieldatenbank, fernsehserien.de; R = Regie)
Kinofilme Fernsehen
Hörspielproduktionen (Auszug)
(Fremde Links: ARD-Hörspieldatenbank (mit Datum der Erstausstrahlung),
Wikipedia, felix-bloch-erben.de; R = Regie)
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