Trude Possehl erblickte am 9. April 1900 in der Hansestadt Hamburg als
Tochter eines Kostümbildners, der am dortigen "Deutschen Schauspielhaus" unter der Direktion
von Alfred von Berger1) tätig
war, das Licht der
Welt. Auf Wunsch des Vaters hätte sie Lehrerin werden sollen, doch das
junge Mädchen entschied sich für die Schauspielerei und nahm privaten
Unterricht bei Franz Kreidemann1) (1871 1953). Um diese
Ausbildung finanzieren zu können, arbeitete Trude Possehl als Sekretärin im
Hamburger Rathaus.
Ihr Bühnendebüt gab sie in Gelsenkirchen mit der Titelrolle in dem
Ibsen-Drama "Hedda Gabler"1), später trat sie
in Revuen und an Wanderbühnen auf, war sowohl im klassisches
als auch expressionistisches Theater zu Hause; in den frühen 1930er Jahren
gehörte sie einem politischen Straßentheater an.
Hauptsächlich wirkte Trude Possehl in Hamburg, wo sie unter anderem am damaligen
"Schiller-Theater" und am "Operettenhaus" auftrat, bis sie schließlich 1953 zum
"St. Pauli Theater"1) kam, dem sie
ohne Unterbrechung bis 1976 als festes Ensemblemitglied angehörte. Hier begeisterte sie das
Hamburger Publikum in zahlreichen Lustspielen mit hanseatischem Lokalkolorit, häufig als Partnerin von
Christa Siems2) (1916 1990).
Mit ihr zusammen prägte sie maßgeblich die beliebte Hamburger Volksbühne.
Das Foto wurde mir freundlicherweise von der
Fotografin
Virginia Shue
(Hamburg) zur Verfügung gestellt.
Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
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So erlebte man die beiden Vollblutschauspielerinnen am "St. Pauli Theater" unter anderem auch 1970
an der Seite von
Freddy Quinn2)
in
dem "Volksstück mit Musik in 5 Bildern" von Franz W. Schilling
"Der Junge von St. Pauli",
Trude Possehl gab die Ehefrau
des von Bobby Burg gespielten Werftarbeiters August Schwerdtfeger, Christa Siems die Minna Drögemüller, Ehefrau
des Werftarbeiters Anton (Günter Lüdke2)).
Die Aufführung wurde vom 7. Januar bis 28. Februar 1971 auch am Wiener
"Renaissancetheater" präsentiert sowie als Aufzeichnung im Fernsehen
ausgestrahlt (10.01.1971) und stand 1976 erneut auf dem Spielplan des
"St. Pauli Theaters". In einem weiteren, ganz auf Freddy Quinn
zugeschnittenen musikalischen Stück gehörten Possehl/Siems zur Spielzeit 1973/74 ebenfalls zur Besetzung: In
dem "Volksstück mit Musik in vier Akten und einem Zwischenspiel" von Frank McDonald und
Karl Vibach1)
"Mensch Kuddel, wach auf!" mimte Trude Possehl die ehemalige
Buchhalterin Wilhelmine Weißbrot, Christa Siems die einstige
Zeitungsfrau Henriette Strohsack.
Einige beliebte Stücke des "St. Pauli Theaters"
wurden aufgezeichnet und im ZDF ausgestrahlt,
so der Schwank "Das Nachtjackenviertel"3) (1966) mit Trude Possehl
als Charlotte Knacksteert und Christa Siems als
Camilla, in der Posse "Jette
Knoop ehr Horoskop"3) (1967) von Hans Kirchhoff
mit Hedy Schlossarek (1906 1990) als Schustersfrau Jette Knoop sah man
Possehl mit der Rolle
der Marie Maiboom und in der Erfolgskomödie "Krach
im Hinterhaus"3) (1971) von Maximilian Böttcher1) trat sie
als Emma Krüger in Erscheinung.
Vor der Kamera arbeitete Trude Possehl eher selten, neben den erwähnten TV-Aufzeichnungen
sah man die Schauspielerin in der Episode "Ein Kurgast" (1973) aus
der heute weitgehend vergessenen Vorabend-Krimiserie "Polizeistation"4) auf dem Bildschirm, zusammen mit
Christa Siems in dem von
Horst Königstein1) und Heinrich Breloer1) in Szene gesetzten
TV-Drama "Das
Beil von Wandsbek"1) (1982) nach der Novelle von Arnold Zweig und in
der zweiteiligen Sendung "Haus Vaterland Eine sehr deutsche Revue" (1983),
bei der Horst Königstein Co-Regie führte. In Königsteins Klaus Mann-Adaption
"Treffpunkt im Unendlichen"5) (1984, → prisma.de)
zeigte sie sich als Gönnerin des gefeierten Tanzstars Gregor Gregori (Cas Enklaar), als Stadtstreicherin
tauchte sie in Hans-Christoph Blumenbergs
Kino-Thriller "Tausend Augen"5) (1984) auf.
In Königsteins preisgekrönten Künstlerbiografie "Besuch bei Joan"6) (1985)
mit dem holländischen Schauspieler Cas Enklaar als alterndem Hollywoodstar Joan Crawford2)
erlebt man Trude Possehl als Crawfords Haushälterin Mamacita. Zudem interviewte Königstein
Trude Possehl als Zeitzeugin in seiner 1989 entstandenen Dokumentation über vergessene Orte der Hansestadt
mit dem Titel "Die Hamburg-Rolle"; diese 120-minütige Montage-Revue mit Aufnahmen aus dem ehemaligen Archiv der
"Hamburger Landesbildstelle" ist in voller Länge auf YouTube zu sehen.
Von Horst Königstein stammt zudem der TV-Film "Trude und Christa Zwei Hamburger Volksschauspielerinnen
erzählen" aus dem Jahre 1980 → www.zeit.de.
Trude Possehl starb am 30. November 1994 im hohen Alter von 94 Jahren in ihrer Geburtstadt Hamburg und
fand ihre letzte Ruhe auf dem dortigen
Friedhof Ohlsdorf in einer Familiengrabstätte; die Grabstelle befindet sich bei Kapelle 9, Feld AC3636/37 → Foto bei
Wikimedia
Commons.
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