Filmografie / Hörspiel |
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Lutz Riemann wurde am 19. Dezember 1940 im westpommerschen Stettin1)
(heute Szczecin, Polen) geboren und wuchs nach der Flucht der Familie seit
Ende des Krieges in der Gemeinde Lubmin1)
nahe Greifswald1)
auf. Zunächst machte er bei der "Peene-Werft"1)
in Wolgast1)
eine Lehre zum Schiffbauer, betätigte sich schon während der Ausbildung
beim Laientheater seines Betriebes. Er fand Gefallen an der Schauspielerei
und absolvierte ein Studium an der "Hochschule für Film und
Fernsehen" in Potsdam (heute "Filmuniversität
Babelsberg Konrad Wolf"1)) sowie
bis 1964 an der "Staatliche Schauspielschule Berlin"
(heute "Hochschule für Schauspielkunst
Ernst Busch"1)). Nach
erfolgreichem Abschluss trat er in den 1960er Jahren ein erstes
Engagement am "Meininger
Theater"1) an und war dort unter
anderem als Ruprecht Tümpel in dem Kleist-Lustspiel "Der zerbrochne
Krug"1), als Tempelherr in dem
Lessing-Drama "Nathan der
Weise"1) und als Karl Moor
in Schillers "Die
Räuber"1) zu sehen; in
Meiningen lernte er auch seine spätere Frau Sibylle kennen. Eine weitere
Station wurde das "Deutsche
Nationaltheater"1)
in Weimar, mit der Übertragung einiger Stücke durch den "Deutschen
Fernsehfunk"1) (DFF) machte
sich Riemann den TV-Zuschauern bekannt – beispielsweise 1972 als
Henry Bolingbroke und späterer Heinrich IV.1)
in der von Fritz Bennewitz1)
inszenierten Shakespeare-Tragödie "König Richard II."1).
Nach einem schweren Autounfall im Jahre 1973 band sich der
Charaktermime nicht mehr fest an ein Haus und arbeitete als freiberuflicher
Schauspieler, Bühnengastspiele führten ihn unter anderem nach Neustrelitz,
erneut nach Meiningen oder in Berlin an das "Theater im
Palast"1) (TiP). Schon früh sammelte Riemann erste Erfahrungen vor der Kamera, so mit einer winzigen Nebenrolle in dem DEFA-Streifen "Wind von vorn"2) (1962), der jedoch wegen angeblicher künstlerischer Mängel nicht fertiggestellt wurde. Drei Jahre später folgte ein ebenfalls kleinerer Part in Günter Reischs1) Biopic über den von Horst Schulze dargerstellten Karl Liebknecht1) mit dem Titel "Solange Leben in mir ist"1) (1965), in "Die Mahnung"3) (1982), einer DEFA-Koproduktion mit Bulgarien und der UdSSR über den bulgarischen KPD-Politiker Georgi Dimitroff1), verkörperte er erneut Ernst Thälmann1) – bereits in dem Fernsehspiel "Das Ermittlungsverfahren"4) (1981) hatte er in der Rolle des KPD-Vorsitzenden überzeugt. Weitere Kinoproduktionen, in denen der für "proletarische Rollen prädestinierte"*) Schauspieler mitwirkte, waren die Romanverfilmung "Schnauzer"3) (1984), der systemkritische Film "Der Hut des Brigadiers"1) (1986) und "Die Alleinseglerin"1) (1987), gedreht nach dem Kurzroman von Christine Wolter1) → Übersicht Kinofilme. Die Aktivitäten für das Kino spielten eine eher untergeordnete Rolle in der filmischen Karriere von Lutz Riemann, vielmehr wurde er durch das Fernsehen populär und hier vor allem seit 1983 mit der Figur des bodenständigen Ermittlers Oberleutnant Lutz Zimmermann in dem Dauerbrenner "Polizeiruf 110"1); schon zuvor hatte der Mann mit kräftigen Statur in vier "Polizeiruf 110"-Krimis Episodenrollen übernommen. Insgesamt 25 Fälle löste er im Ermittlerteam um Hauptmann Peter Fuchs (Peter Borgelt), Oberleutnant Jürgen Hübner (Jürgen Frohriep) und Leutnant Thomas Grawe (Andreas Schmidt-Schaller), war aber wie in "Schnelles Geld" (1983) auch schon mal auf sich allein gestellt. Riemann bzw. Lutz Zimmermann ist "ein bewährter Kriminalist aus dem Norden, Mecklenburger, der nach Berlin versetzt worden war. Lutz Zimmermann ist die Ruhe in Person, ein zuverlässiger Bursche, der sich bis zur Selbstaufgabe in seine Arbeit stürzt …"**) schrieb 1996 Peter Hoff, Autor von "Polizeiruf 110. Filme, Fakten, Fälle". Doch Riemann war nicht nur der beliebte Kriminalist, konnte bei den Zuschauern auch in Lustspielen wie "Ein Hahn im Korb"4) (1978) oder "Ein Pfau wird gerupft"4) (1978) punkten. Beachtung fand er überdies mit der Rolle des Theologen Nikolaus von Amsdorf1) in dem Fünfteiler "Martin Luther"1) (1983) mit Ulrich Thein als Reformator Martin Luther1). Erwähnt werden muss, dass der Schauspieler auch als Sprecher arbeitete, wiederholt stand er im Synchron-Studio (→ synchronkartei.de) und war auch in verschiedenen Hörspielen mit dabei; eine Auswahl der in der ARD-Hörspieldatenbank aufgeführten Produktionen findet man hier am Ende des Artikels. Mit der so genannten "Wende" konnte Riemann wie etliche seiner Ost-Kollegen in der gesamtdeutschen TV-Szene als Schauspieler nicht Fuß fassen, stattdessen arbeitete er bis zu seiner Pensionierung als freier Autor und Moderator beim NDR Fernsehen1), fungierte unter anderem als Außenreporter bzw. "Verklarer" (für das NDR-Landesfunkhaus Mecklenburg-Vorpommern) in dem NDR-Klassiker bzw. der ersten und einzigen plattdeutschen TV-Talkshow "Talk op Platt"1) → www.presseportal.de. Für Aufsehen sorgte die NDR-Reportage bzw. das gut recherchierte Buch über den mysteriösen Untergang des Sassnitzer Fischkutters "SAS 104 Beluga", dass er 2001 zusammen mit dem Schweriner Journalisten bzw. NDR-Redakteur Michael Schmidt unter dem Titel "Der Fall Beluga – Ein Unglück auf der Ostsee und wie es vertuscht wurde" publizierte und welches in überarbeiteter Fassung 2014 erneut auf den Markt kam → www.taz.de, deutschlandfunkkultur.de. Mit Lesungen in niederdeutscher Lyrik sowie Prosa in Platt und Missingsch1) erfreute er auch in jüngerer Zeit das Publikum, unter anderem mit Texten von Fritz Reuter1). In dem Multimedia-Rock-Spektakel "Stephan Jantzen – Flut", das der Musiker Ola van Sander 2013 anlässlich des 100. Geburtstages des legendären Lotsenkommandeurs und Seenotretters Stephan Jantzen1) in Warnemünde inszenierte, trat er als Sprecher auf. 2022 erschien im "Eulenspiegel-Verlag"1) sein letztes Buch "Annäherung durch Wandel" mit dem Untertitel "Kalter Krieg und späte Freundschaft", die Erstveröffentlichung seines Schriftwechsels und persönlicher Fotos mit dem SPD-Politiker Egon Bahr1) (1922 2015). Dem späteren Architekten der SPD-Ostpolitik begegnete Riemann nach dem Fall der Mauer. Sie kommunizierten intensiv und segelten zusammen auf der Ostsee. Durch diesen intensiven Austausch entstand die gemeinsame Publikation → www.eulenspiegel.com. Im August 2013 ging der Name "Lutz Riemann" im Zuge der Auswertung der "Rosenholz-Dateien"1) durch die Medien bzw. als Peer Steinbrück1) seine Stasi-Akte im Internet veröffentlichte: Der Schauspieler habe seit den 1960er Jahren unter dem Decknamen "Richard König" als "Inoffizieller Mitarbeiter"1) (IM) für das "Ministeriums für Staatssicherheit"1) gearbeitet und sein Thüringer Umfeld bespitzelt. In diesem Zusammenhang soll er über den SPD-Politiker Peer Steinbrück berichtet haben, mit dessen Cousine Riemann verheiratet war. Der Schauspieler räumte ein, dass er von seinem Führungsoffizier auf Steinbrück angesetzt worden sei, die Bespitzelung jedoch in Absprache mit seiner Frau abgelehnt habe → www.welt.de. Seine Tochter Petra Riemann arbeitete diesen lange Zeit im Dunklen liegenden Teil der Familiengeschichte in dem 2019 erschienenen Buch "Die Stasi, der König und der Zimmermann. Eine Geschichte von Verrat" auf. Lutz Riemann starb am 23. Oktober 2023 im Alter von 82 Jahren in Greifswald1), wie der "Eulenspiegel-Verlag"1) dem NDR bestätigte → www.ndr.de |
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Quellen: (zum Teil) Volker Wachter*), "Lexikon der DDR-Stars"**), Wikipedia | ||
*) Artikel von Volker Wachter
bei der ehemaligen Webseite
defa-sternstunden.de → Memento bei web.archive.org **) "Lexikon der DDR-Stars" von F.-B. Habel und Volker Wachter (Ausgabe 1999, S. 281) Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) filmportal.de, 3) defa-stiftung.de, 4) fernsehenderddr.de |
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