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Der spanische Clown Charlie Rivel wurde am 23. April 1896 als José Andreu i Lasserre in
der der katalonischen Gemeinde Cubellas1)
(Provinz
Barcelona1))
geboren. Seine Mutter war die französischen Artistin Marie-Louise Lasarre , sein Vater der
spanische Artist Pedro Andreu (auch bekannt als Pere Andreu Rivels), der seine Familie
mehr schlecht als recht mit einer kleinen Zirkustruppe über Wasser hielt.
Bereits mit drei Jahren stand der kleine José zusammen mit seinen vier
Brüdern Polo (1899 1977), Renato René (1903 1976), Marcel (1906 1970)
und Roger (1909 2001) in der Manege und lernte sein Handwerkzeug von der Pieke
auf; die 1897 geborene Schwester Maria Lluisa verstarb bereits 1916.*)
Es
war ein langer Weg, bis er zu einem der berühmtesten Clowns der Welt
avancierte.
Einen ersten Erfolg konnte er 1907 zusammen mit seinen Brüdern als "The
Rivels" in Paris beim "Zirkus Lambert" verbuchen,
Engagements in London, Berlin und in den USA sollten sich anschließen.
Das Foto wurde mir freundlicherweise von der
Fotografin Virginia Shue
(Hamburg) zur Verfügung gestellt.
Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
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Seinen Vornamen "Charlie" wählte er aus Verehrung zu Charlie Chaplin,
den er 1910 auf der Bühne erlebte, dessen Komik er in seine Trapeznummer einbaute
und bald sein wahres Talent als Clown entdeckte. Etwa 1919
schlüpfte er erstmals in ein langes Hemd, setzte seine berühmte rote Pappnase auf, schminkte sich die Backen
in grellen Farben rot und weiß, stülpte sich die Glatze mit dem fuchsroten Haarkranz auf den
Kopf und avancierte neben seinem Kollegen "Grock" zu einem der beliebtesten und begabtesten Clowns der
Welt. "Das rot-weiß geschminkte Gesicht mit der kantigen Clownnase, umgeben
von grellrotem Haarkranz, den kleinen, runden Körper im viel zu langen roten Hemd, in der
einen Hand eine Gitarre, in der anderen einen Stuhl, den er hinter sich her zerrte so kam Charlie Rivel mehr
als 50 Jahre lang auf die Bühne."
schrieb unter anderem DER SPIEGEL1) (31/1983) in einem kurzen Nachruf.
Charlie Rivel, 1953 fotografiert von Fritz
Eschen1) (19001964)
Quelle: Deutsche
Fotothek, (file: df_e_0055929)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Fritz Eschen
Urheber: Fritz Eschen; Datierung: 28.02.1953;
Quelle: www.deutschefotothek.de;
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017 |
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Vor allem im Berlin der 1920er und 1930er Jahre machte Rivel Furore, dort entstand 1931 auch seine
berühmteste Nummer "Akrobat schö-ö-ö-n", weiter der komische Trapez-Akt
"Chaplin am Trapez" sowie verschiedene andere seiner zugkräftigsten Einfälle,
mit denen Rivel legendär wurde. Bis 1934 arbeitete er mit seinen Brüdern
zusammen, danach ging er eigene Wege. Zu seiner Nummer "Akrobat schö-ö-ö-n"
wurde von Wolfgang Staudte1) auch ein Kinofilm unter diesem
Titel1) (1943) gedreht, in dem
Rivel selbst die Hauptrolle übernahm: Der stellenlose Artist Charlie gibt seine Hoffnung auf
einen großen Durchbruch nicht auf und trainiert wie besessen akrobatische Kunststücke
und Zaubertricks. Während seine Schülerin Monika eine Stellung im Varieté
"Tabarin" findet, kann Charlie dort lediglich eine Anstellung
als Bühnenarbeiter und schließlich als Wach- und Schließmann bekommen. Als
er eines Nachts heimlich auf der Varietébühne trainiert lernt er die ebenso
erfolglose Artistin Bibiana (Käthe Dyckhoff2))
kennen. Fortan üben die beiden
gemeinsam vor dem dunklen, leeren Zuschauersaal. Durch ein Missgeschick schaltet sich
die Lichtreklame des geschlossenen Theaters ein, was ausgerechnet der Direktor
(Hans
Junkermann) bemerkt. Empört kündigt er den beiden
"Hilfsarbeitern". Als sich ein Mitglied der berühmten "Drei
Martonis" die Hand verstaucht, erinnert sich der in Bedrängnis geratene Direktor
an die nächtliche Vorstellung Charlies und Bibiana
**) → siehe auch
filmportal.de
mit Fotogalerie
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Gegen Ende des 2. Weltkrieges sowie nach 1945 zog sich Charlie Rivel viele
Jahre lang ganz aus dem Showgeschäft zurück und lebte auf seiner Besitzung
nahe der französischen Gemeinde Chennevičres-sur-Marne1), zusammen mit seiner
Ehefrau Canmen, einer ehemaligen
Zirkusreiterin. Dort widmete er sich ganz seinen Liebhabereien,
nämlich dem Angelsport und der Blumen- und Geflügelzucht.
Erst sein berühmter Kollege "Grock" konnte ihn Anfang der 1950er Jahre überreden, wieder
aufzutreten. Rivel feierte erneut Triumphe während
einer Tournee durch Westdeutschland, zehn Jahre später feierte er in
Hamburg sein 60-jähriges Bühnenjubiläum und anlässlich seines 70. Geburtstages strahlte das ZDF 1966 den
Film "Der Clown" aus.
Charlie Rivel ganz privat (1982)
Das Foto wurde mir freundlicherweise von der
Fotografin Virginia Shue
(Hamburg) zur Verfügung gestellt.
Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
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Anfang 1981 unternahm der damals 85-jährige Charlie Rivel eine
Abschiedstournee durch Deutschland, bei der unter anderem in München auch sein Sohn
Juanito und Tochter Paulina in der Manege des "Cirkus Krone"1) auftraten.
Mit
Charlie Rivel starb am 26. Juli 1983 im Alter von 87 Jahren in der katalanischen Stadt
Sant Pere de Ribes1) in
der Provinz Barcelona1)
der neben "Grock" und dem Russen Oleg Popov1)
wohl berühmteste Clown des vergangenen Jahrhunderts; wenige Wochen vorher hatte er einen Schlaganfall erlitten, von dem er sich
nicht mehr erholte. Die letzte Ruhe fand der gefeierte Künstler auf dem Friedhof seiner
Geburtsgemeinde Cubellas1)
→ Foto der Grabstelle bei knerger.de.
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Noch im Juni 1982 hatte er zehn Jahre nach dem Tod seiner ersten
Frau Carmen in Barcelona die 28 Jahre jüngere Margarita Camas geheiratet.
Carmen († 1972), Tochter des Clowns Gregorio Busto, stammte ebenfalls
aus dem Zirkusmilieu.
Aus der am 15. Januar 1920 geschlossenen Ehe mit Carmen gingen die
gemeinsamen Söhne
Juanito (1922 2004), Charlie jun. (1925 2011) und Valentino (1927 2006)
sowie die 1921 geborene Tochter Paulina (verheiratete Schumann)
hervor, welche die Familientradition fortsetzten und ebenfalls artistische
Weltstars wurden.
→ circopedia.org/The_Charlivels
bzw
circopedia.org/Paulina_Schumann
(jeweils auf englisch).
Charlie Rivel mit Familie
Das Foto wurde mir freundlicherweise von der
Fotografin Virginia Shue
(Hamburg) zur Verfügung gestellt.
Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
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Charlie Rivel brachte Persönlichkeiten aus aller Welt ebenso wie das
einfache Publikum mit seiner Kunst zum Lachen, unzählige Auszeichnungen,
die er aus der Hand von Staatsgrößen erhielt, Widmungen, Briefe oder
Autogramme von Stars zeugen von der Beliebtheit des großen Clowns. In Barcelona, auf Ibizza und in
Cubellas wurden ihm zu Ehren Denkmäler erbaut. Auch in München
erinnert vor dem "Zirkus
Krone Bau" ein Denkmal an den legendären Künstler → Foto bei
Wikimedia
Commons.
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In den Medien wurde Charlie Rivel anlässlich seines Todes als "einer der letzten großen Clowns"
bezeichnet. In DIE ZEIT hieß es damals unter anderem: Kinder waren die Quelle seiner Heiterkeit
und seines Spiels. Noch als Greis sah er ihnen zu. Warum?
"Weil ein Clown nichts anderes ist als ein Kind, das versäumt hat, erwachsen zu
werden." Er glaubte deshalb, dass ein Clown nur dann gut sei, "wenn alle Kinder ihn
verstehen". Er hatte damit niemals Schwierigkeiten. "Ich denke an Kinder,
wenn ich mir ein neues Stück ausdenke. Kinder haben diese unfreiwillige Komik, die Erwachsene überhaupt nicht
kennen". Ihre Spiele im Sandkasten erlebte er als Komödien.
So wurde er, zugleich ein Schlauer und Naiver, zu einem Demonstranten
"einfacher Wahrheiten", und er pflegte sie bei seinen
Auftritten intensiv uneilig darzustellen: ein philosophierender Spaßvogel, der keine Umwege,
der nur die Wege lang, sehr lang machte, der kein Raffinement brauchte, obwohl es so schien, wenn er die
kleinen inszenierten Katastrophen wie Naturereignisse darbot, diese sichtbar gemachten Überlegungen,
etwa das unglaubliche Problem, wie mit einer Gitarre in der Hand auf einem Stuhl Platz zu nehmen sei.
Dann glaubte man, die Zahnräder seiner Denkmaschine im Kopf knarren zu hören, nein, zu sehen:
ein Optimist, dem die Abenteuer des Lebens am Ende gelingen oder auch nicht. (M. Sack)."
Charlie Rivel, 1953 fotografiert von Fritz
Eschen1) (19001964)
Quelle: Deutsche
Fotothek, (file: df_e_0055944)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Fritz Eschen
Urheber: Fritz Eschen; Datierung: 28.02.1953;
Quelle: www.deutschefotothek.de;
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017
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Die Lebenserinnerungen Charlie Rivels ("Poor
Clown") erschienen 1972 übersetzt unter dem deutschen Titel
"Akrobat schööön".
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