Filmografie / Hörspiel
Raimund Schelcher (29.09.1951; Illus-DEFA); Quelle: Deutsches Bundesarchiv, Digitale Bilddatenbank, Bild 183-12033-012; Fotograf: Wunsch / Datierung: 29.09.1951 / Lizenz CC-BY-SA 3.0.; Originalfoto und Beschreibung: Deutsches Bundesarchiv Bild 183-12033-012 bzw. Wikimedia Commons Raimund Schelcher wurde am 27. März 1910 als Sohn eines Eisenbahn-Ingenieurs, der die "Deutsch-Ostafrikanische Zeitung" leitete, und einer Violinistin im damals Deutsch-Ostafrikanischen1) Daressalam1) (heute: Tansania) geboren. Im Alter von 14 Jahren kehrte er mit seinen Eltern nach Deutschland zurück, besuchte zwischen 1924 und 1928 die Oberrealschule in Köln-Kalk1) und verbrachte in Köln die kommenden Jahre. Nach der so genannten "Mittleren Reife" und einer abgebrochenen kaufmännischen Lehre bei einer Automobil-Firma, entschied er sich für den Beruf des Schauspielers und ließ sich ab 1928 an der "Städtischen Schauspielschule" zwei Jahre entsprechend ausbilden. Ein erstes Engagement erhielt Schelcher 1930 am "Stadttheater Gießen"1) und gab sein Bühnendebüt als Ferdinand in dem Schiller-Drama "Kabale und Liebe"1). Weitere Theaterstationen wurden unter anderem das "Neue Theater"1) in Frankfurt am Main (1933) – hier brillierte er mit der Titelrolle des Kaspar Hauser1) in dem gleichnamigen Drama von Karl P. Wellstein –, das "Deutsche Schauspielhaus"1) in Hamburg (1934/35), das Theater in Leipzig (1935–1938), wo er als Shakespeare'scher "Hamlet"1) den legendären Heinrich George (1893 – 1946) auf sich aufmerksam machte, der ihn schließlich 1938 an das Berliner "Schillertheater"1) holte, wo George unter dem Pseudonym "Heinrich Schmitz" die Intendanz inne hatte.

  
Foto: Raimund Schelcher (29.09.1951; Illus-DEFA)
Quelle: Deutsches Bundesarchiv, Digitale Bilddatenbank, Bild 183-12033-012;
Fotograf: Wunsch / Datierung: 29.09.1951 / Lizenz CC-BY-SA 3.0
Genehmigung des Bundesarchivs zur Veröffentlichung innerhalb dieser Webpräsenz wurde am 11.10.2010 erteilt.
Originalfoto und Beschreibung: Deutsches Bundesarchiv Bild 183-12033-012 bzw. Wikimedia Commons
In Berlin kam Schelcher durch seinen Förderer Heinrich George mit dem Film in Berührung und sammelte in Veit Harlans1) Biopic "Das unsterbliche Herz"1) (1939) mit der Figur des jungen Assistenten Konrad Windhalm, der sich in die Ehefrau (Kristina Söderbaum) des Kunstschlossers und Erfinders der Taschenuhr Peter Henlein1) (George) verliebt, erste Erfahrungen vor der Kamera. Schelchers zweiter Film, die Filmbiografie "Robert Koch, der Bekämpfer des Todes"1) (1939), sollte für das nachfolgende Jahrzehnt zunächst seine letzte Arbeit für das Kino bleiben. Hier spielte Schelcher neben Emil Jannings in der Titelrolle des berühmten Arztes Dr. Robert Koch1) dessen Assistenten Dr. Fritz von Hartwig.
Im August 1939, kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges, wird Raimund Schelcher aufgrund seiner freimütigen Äußerungen über die Verhältnisse in Nazideutschland von der Gestapo1) verhaftet. In einem Strafbataillon wird er an die Ostfront geschickt. Mehrfach wird er verwundet, gelangt schließlich in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Hier engagiert er sich in der Kulturarbeit, spielt auch Theater. 1949 wird er entlassen und geht zunächst nach Bremen ans dortige Stadttheater1). Ab 1950 wohnt und lebt der Schauspieler in Berlin, gehört zum Ensemble des "Deutschen Theaters"1), spielt zudem als Gast an der Berliner "Volksbühne"1). 1954 holt ihn Bertolt Brecht1) ans "Berliner Ensemble"1), hier spielt er unter anderem den Simon Chachava in "Der kaukasische Kreidekreis"1), brilliert in "Winterschlacht" nach Johannes R. Becher1). Für seine darstellerischen Leistungen als Fritz Weiler in "Frau Flinz" nach Helmut Baierl1) erhält er gemeinsam mit seiner Partnerin Helene Weigel den "Nationalpreis"1).2)
Am "Berliner Ensemble" sah man ihn unter anderem als
(Quelle: "Raimund-Schelcher-Archiv"  bei der Berliner "Akademie der Künste"1); Fremde Links: Wikipedia; R = Regie, P = Premiere, UA = Uraufführung)
Ende der 1940er Jahre nahm Schelcher seine Tätigkeit für den Film wieder auf, sein erster Nachkriegsfilm hieß "0 Uhr 15, Zimmer 9"1) (1950), ein von Arthur Maria Rabenalt1) in Westdeutschland gedrehter Krimi, in dem er als junger Hotelier Leutner in dunkle Machenschaften einer Devisenfälscherbande verwickelt wurde. Zum Leinwandstar avancierte der Mann mit den markanten Gesichtszügen nicht zuletzt wegen seines intensiv-realistischen Spiels zunächst mit prägnanten Nebenrollen in etlichen Produktionen der DEFA1). So zeigte er sich neben Eduard von Winterstein und Maly Delschaft als antifaschistischer Dozent bzw. KZ-Flüchtling Joachim Peters in dem Drama "Die Sonnenbrucks"1) (1951), spielte in Falk Harnacks1) Arnold Zweig-Adaption "Das Beil von Wandsbek"1) (1951, mit Erwin Geschonneck) den Karl Prestow. In Wolfgang Staudtes1) Heinrich Mann-Verfilmung "Der Untertan"1) (1951) überzeugte er als Gegenpol des Protagonisten Diederich Heßling (Werner Peters), der liberal gesinnte Schulkamerad Dr. Wolfgang Buck. In dem Politthriller "Geheimakten Solvay"1) (1952) sowie in den beiden von Kurt Maetzig1) inszenierten Historienfilmen "Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse"1) (1954) und "Ernst Thälmann – Führer seiner Klasse"1) (1955) mit Günther Simon als KPD-Politiker Ernst Thälmann1) (1886 – 1944) gab er jeweils klassenbewusste Arbeiter. Der Theaterkritiker Herbert Ihering1) (1888 – 1977) meinte einmal: "Wenn Schelcher im Film Arbeiter gibt, glaubt man ihm alles: ihren Platz in der Fabrik, ihre Handhabungen, ihr Zuhause, ihr Zuhören und ihr Reden in den Versammlungen."4)
 
Ab Mitte der 1950er Jahre waren es dann die tragenden Rollen, mit denen Schelcher betraut wurde. Als die wohl beste Interpretation und "Rolle seines Lebens" gilt die des ausgebeuteten Landarbeiters und ehemaligen Knechts Anton Zuck, genannt "Krummer Anton", in Kurt Maetzigs zweiteiligem Film "Schlösser und Katen1) (1956/57), in Szene gesetzt nach dem gleichnamigen Roman und Filmszenarium von Kurt Barthel1) (1914 – 1967) über die Veränderungen bzw. Probleme der Landreform in einem mecklenburgischen Dorf zwischen 1945 und 1956. Raimund Schelcher beeindruckt in dieser Glanzrolle des Geschunden, gibt ihn naturalistisch und kann so das ganze Leid und den Schmerz der Figur, seinen schweren Weg in die neue Ordnung für den Zuschauer sichtbar machen.2)
Eine weitere Zusammenarbeit mit Kurt Maetzig ergab sich bei "Das Lied der Matrosen"1) (1958), mit dem der Kieler Matrosenaufstand1) im November 1918 thematisiert wurde. Hier konnte Schelcher neben Günther Simon (Maschinist Erich Steigert), Ulrich Thein (Maschinist Henne Lobke) und Horst Kube1) (Heizer Jens Kasten) als der erfahrene Oberheizer August Lenz erneut beweisen, welch großartiger Charakterschauspieler er war. Mit der Titelrolle des verdienten Baggerführers Erich Kubak in dem gleichnamigem Arbeiterstreifen5) (1959) machte er ebenso auf sich aufmerksam, wie als spanischer König Philipp II.1) in der aufwendigen Historien-Verfilmung "Die schwarze Galeere"1) (1962) nach der gleichnamigen Novelle1) von Wilhelm Raabe1). Anfang der 1960er Jahre folgten unter anderem noch die DEFA-Produktionen "Die Jagd nach dem Stiefel"1) (1962) und "An französischen Kaminen"3) (1962), danach wurde es stiller um den Schauspieler. Lediglich 1972 ließ er sich in Günter Reischs1) Biopic "Trotz alledem!"1) über den Marxisten Karl Liebknecht1) (1871 – 1919) noch einmal blicken und spielte den winzigen Part eines alten Soldaten neben dem Liebknecht verkörpernden Horst Schulze → Übersicht Kinofilme
Mitte der 1960er Jahre hatte sich Raimund Schelcher wegen seines angegriffenen Gesundheitszustandes – er litt an Alkoholproblemen – mehr und mehr zurückgezogen, trat nur noch sporadisch vor die Kamera, wie für einige Fernsehproduktionen. Seine letzte Hauptrolle spielte er als Farmer Jim in dem TV-Drama "Steinreich"6) (1970) aus der Reihe "Erlesenes" nach einer Vorlage des US-amerikanischen Schriftstellers Theodore Dreiser1) (1871 – 1945).
Zudem stand der Schauspieler sporadisch im Hörspielstudio, eine Auswahl der bei der ARD Hörspieldatenbank gelisteten Produktionen findet man hier.
Raimund Schelcher als Diego in dem Drama "Der große Verrat" von Ernst Fischer (in der 1. Besetzung), 1950 am Berliner "Deutschen Theater"; Regie: Wolfgang Langhoff; Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pk_0000876_004); Copyright SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek; Urheber: Abraham Pisarek (1901–1983); Datierung: 17.07.1950; Quelle: www.deutschefotothek.de Der mehrfach ausgezeichnete Raimund Schelcher starb am 27. März 1972 – am Tage seines 62. Geburtstages – in Berlin. 1960 hatte er die "Verdienstmedaille der Nationalen Volksarmee1) in Silber" für seine Darstellung des linientreuen Kommunisten und Drehers Rochlitz in dem Kinofilm "Schritt für Schritt"5) (1960) erhalten, ein Jahr später den "Nationalpreis der DDR"1) (gemeinsam mit Helene Weigel) für seine Gestaltung des Schlossers bzw. gutwilligen Funktionärs Fritz Weiler in der Komödie "Frau Flinz" von Helmut Baierl1) (1926 – 2005) am "Berliner Ensemble" → DER SPIEGEL (22/1961).
In erster Ehe war Raimund Schelcher zeitweise mit der Staatsschauspielerin Lore Hansen7) verheiratet gewesen, mit der unter anderem am 15. Mai 1938 am Leipziger Schauspielhaus1) die Abschiedsvorstellung von Schillers "Kabale und Liebe" gestaltete – Schelcher gab den Ferdinand, Lore Hansen die Luise. Eine weitere Ehe ging er mit Annelies Wanckel ein. Sein Nachlass wie Werk-, Szenen- und Rollenfotos, biografische Unterlagen und Privatfotos, wird von der Berliner "Akademie der Künste"1) verwaltet → Raimund-Schelcher-Archiv.
 
"Raimund Schelcher war ein schwieriger, auch gefährdeter Schauspieler. Der rebellische und anarchische Impetus irrlichterte faszinierend in seinen Figuren, wie die Zerstörungsdrohung. Das Kunstleben im Deutschland des Kalten Krieges hatte wenig Raum und Begreifen dafür. (…) Raimund Schelcher verstarb 1972, zweiundsechzigjährig, ungenügend genutzt, unerfüllt. Wer ihn gesehen hat, vergisst nicht die großen Momente dieses Schauspielers und Zeitgenossen, auf der Bühne, auf der Leinwand." schreibt Klaus Wischnewski in "Vor der Kamera – Fünfzig Schauspieler in Babelsberg".8) 

Raimund Schelcher als Diego in dem Drama "Der große Verrat"
von Ernst Fischer1), 1950 am Berliner "Deutschen Theater"
Regie: Wolfgang Langhoff1)
Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pk_0000876_004)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek
Urheber: Abraham Pisarek1) (1901–1983); Datierung: 17.07.1950
Quelle: www.deutschefotothek.de; Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017

Quellen: Wikipedia, defa-stiftung.de sowie
der Artikel bei der ehemaligen Website defa-sternstunden.de → Memento bei web.archive.org
Fremde Links: 1) Wikipedia, 3) filmportal.de, 5) defa-stiftung.de, 6) fernsehenmderddr.de, 7) cyranos.ch
Quelle:
2) defa-stiftung.de 
4) F.-B. Habel, Volker Wachter: "Lexikon der DDR-Stars",  Verlag "Schwarzkopf&Schwarzkopf", 1999, S. 291
8) Klaus Wischnewski in "Vor der Kamera – Fünfzig Schauspieler in Babelberg" (Henschel Verlag Berlin 1995, S. 205)
Filme
Kinofilme / Fernsehen
Filmografie: Internet Movie Database sowie filmportal.de
(Fremde Links: Wikipedia, defa-stiftung.de,  filmportal.de, fernsehenderddr.de)
Kinofilme Fernsehen (DFF-Produktionen, wenn nicht anders vermerkt)
Hörspielproduktionen (Auszug)
(Fremde Links: ARD-Hörspieldatenbank (mit Datum der Erstausstrahlung), Wikipedia)
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