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Raimund Schelcher wurde am 27. März 1910 als Sohn eines
Eisenbahn-Ingenieurs, der die "Deutsch-Ostafrikanische
Zeitung" leitete, und einer Violinistin im damals Deutsch-Ostafrikanischen1)
Daressalam1)
(heute: Tansania) geboren. Im Alter von 14 Jahren kehrte er mit seinen
Eltern nach Deutschland zurück, besuchte zwischen 1924 und 1928 die Oberrealschule in
Köln-Kalk1) und verbrachte in Köln die kommenden Jahre.
Nach der so genannten "Mittleren Reife" und einer abgebrochenen kaufmännischen Lehre bei einer Automobil-Firma,
entschied er sich für den Beruf des Schauspielers
und ließ sich ab 1928 an der "Städtischen Schauspielschule"
zwei Jahre entsprechend ausbilden. Ein erstes Engagement erhielt
Schelcher 1930 am "Stadttheater
Gießen"1) und gab sein
Bühnendebüt als Ferdinand in dem Schiller-Drama "Kabale und Liebe"1).
Weitere Theaterstationen wurden unter anderem das "Neue
Theater"1) in Frankfurt am Main (1933) hier brillierte
er mit der Titelrolle des Kaspar Hauser1) in dem
gleichnamigen Drama von Karl P. Wellstein , das "Deutsche Schauspielhaus"1) in
Hamburg (1934/35), das Theater in Leipzig (19351938), wo er als Shakespeare'scher
"Hamlet"1)
den legendären Heinrich George (1893 1946)
auf sich aufmerksam machte, der ihn schließlich 1938 an das
Berliner "Schillertheater"1)
holte, wo George unter dem Pseudonym "Heinrich Schmitz" die
Intendanz inne hatte.
Foto: Raimund Schelcher (29.09.1951; Illus-DEFA)
Quelle: Deutsches
Bundesarchiv, Digitale Bilddatenbank, Bild 183-12033-012;
Fotograf: Wunsch / Datierung: 29.09.1951 / Lizenz CC-BY-SA
3.0
Genehmigung des Bundesarchivs zur Veröffentlichung innerhalb dieser Webpräsenz
wurde am 11.10.2010 erteilt.
Originalfoto und Beschreibung:
Deutsches Bundesarchiv Bild 183-12033-012
bzw. Wikimedia Commons
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In Berlin kam Schelcher durch seinen Förderer Heinrich George
mit dem Film in Berührung und sammelte in Veit Harlans1)
Biopic "Das
unsterbliche Herz"1) (1939) mit der Figur des
jungen Assistenten Konrad Windhalm, der sich in die Ehefrau (Kristina Söderbaum)
des Kunstschlossers und Erfinders der Taschenuhr
Peter Henlein1) (George) verliebt, erste Erfahrungen vor der
Kamera. Schelchers zweiter Film, die Filmbiografie "Robert Koch, der Bekämpfer des Todes"1) (1939), sollte
für das nachfolgende Jahrzehnt zunächst seine letzte Arbeit
für das Kino bleiben. Hier spielte Schelcher neben Emil Jannings in der
Titelrolle des berühmten Arztes Dr. Robert Koch1) dessen Assistenten Dr. Fritz von Hartwig.
Im August 1939, kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges, wird Raimund Schelcher aufgrund
seiner freimütigen Äußerungen über die Verhältnisse in Nazideutschland
von der Gestapo1)
verhaftet. In einem Strafbataillon wird er an die Ostfront geschickt.
Mehrfach wird er verwundet, gelangt schließlich in sowjetische Kriegsgefangenschaft.
Hier engagiert er sich in der Kulturarbeit, spielt auch Theater. 1949 wird er entlassen
und geht zunächst nach Bremen ans dortige Stadttheater1). Ab 1950 wohnt und lebt der Schauspieler
in Berlin, gehört zum Ensemble des
"Deutschen Theaters"1), spielt zudem als Gast an der Berliner
"Volksbühne"1). 1954 holt ihn
Bertolt Brecht1) ans "Berliner
Ensemble"1), hier spielt er unter anderem den Simon Chachava in
"Der kaukasische Kreidekreis"1), brilliert in "Winterschlacht" nach
Johannes R. Becher1).
Für seine darstellerischen Leistungen als Fritz Weiler in
"Frau Flinz" nach Helmut Baierl1)
erhält er gemeinsam mit seiner Partnerin Helene Weigel den "Nationalpreis"1).2)
Am "Berliner Ensemble" sah man ihn unter anderem als
(Quelle: "Raimund-Schelcher-Archiv"
bei der Berliner "Akademie der Künste"1); Fremde Links: Wikipedia; R = Regie, P =
Premiere, UA = Uraufführung)
Ende der 1940er Jahre nahm Schelcher seine Tätigkeit für den Film
wieder auf, sein erster Nachkriegsfilm hieß "0 Uhr 15, Zimmer 9"1) (1950),
ein von Arthur Maria Rabenalt1) in Westdeutschland gedrehter Krimi, in
dem er als junger Hotelier Leutner in dunkle Machenschaften einer Devisenfälscherbande
verwickelt wurde. Zum Leinwandstar avancierte der Mann mit den markanten
Gesichtszügen nicht zuletzt wegen seines intensiv-realistischen Spiels
zunächst mit
prägnanten Nebenrollen in etlichen
Produktionen der DEFA1). So zeigte er sich neben
Eduard von Winterstein und
Maly Delschaft
als antifaschistischer Dozent bzw. KZ-Flüchtling Joachim Peters in dem Drama "Die Sonnenbrucks"1) (1951),
spielte in Falk Harnacks1) Arnold Zweig-Adaption "Das
Beil von Wandsbek"1) (1951, mit
Erwin Geschonneck) den Karl Prestow.
In Wolfgang Staudtes1) Heinrich Mann-Verfilmung
"Der
Untertan"1) (1951) überzeugte er als Gegenpol
des Protagonisten Diederich Heßling (Werner Peters), der liberal gesinnte
Schulkamerad Dr. Wolfgang Buck. In dem Politthriller
"Geheimakten Solvay"1) (1952) sowie
in den beiden von Kurt Maetzig1) inszenierten Historienfilmen
"Ernst Thälmann Sohn seiner Klasse"1) (1954)
und "Ernst Thälmann Führer seiner Klasse"1) (1955) mit
Günther Simon als KPD-Politiker Ernst Thälmann1) (1886 1944) gab er jeweils
klassenbewusste Arbeiter. Der Theaterkritiker Herbert Ihering1)
(1888 1977) meinte einmal:
"Wenn Schelcher im Film Arbeiter gibt, glaubt man ihm alles: ihren
Platz in der Fabrik, ihre Handhabungen, ihr Zuhause, ihr Zuhören und ihr
Reden in den Versammlungen."4)
Ab Mitte der 1950er Jahre waren es dann die tragenden Rollen, mit denen
Schelcher betraut wurde. Als die wohl beste Interpretation und "Rolle
seines Lebens" gilt die des ausgebeuteten Landarbeiters und ehemaligen Knechts
Anton Zuck, genannt "Krummer Anton", in Kurt Maetzigs
zweiteiligem Film "Schlösser
und Katen1) (1956/57), in Szene gesetzt nach dem gleichnamigen Roman und Filmszenarium
von Kurt Barthel1)
(1914 1967) über die Veränderungen bzw. Probleme
der Landreform in einem
mecklenburgischen Dorf zwischen 1945 und 1956. Raimund Schelcher beeindruckt
in dieser Glanzrolle des Geschunden, gibt ihn naturalistisch und kann so das ganze Leid
und den Schmerz der Figur, seinen schweren Weg in die neue Ordnung für den Zuschauer sichtbar machen.2)
Eine weitere Zusammenarbeit mit Kurt Maetzig ergab sich bei "Das
Lied der Matrosen"1) (1958), mit
dem der Kieler Matrosenaufstand1) im November 1918 thematisiert wurde. Hier konnte Schelcher neben Günther Simon (Maschinist Erich Steigert),
Ulrich Thein
(Maschinist Henne Lobke) und Horst Kube1) (Heizer Jens Kasten) als der
erfahrene Oberheizer August Lenz erneut beweisen, welch großartiger Charakterschauspieler
er war. Mit der Titelrolle des verdienten Baggerführers Erich Kubak in
dem gleichnamigem
Arbeiterstreifen5) (1959) machte er ebenso auf sich
aufmerksam, wie als spanischer König Philipp II.1) in
der aufwendigen Historien-Verfilmung "Die
schwarze Galeere"1) (1962) nach der
gleichnamigen
Novelle1)
von Wilhelm Raabe1). Anfang der 1960er Jahre folgten unter anderem noch die
DEFA-Produktionen "Die
Jagd nach dem Stiefel"1) (1962) und "An französischen Kaminen"3) (1962),
danach wurde es stiller um den Schauspieler. Lediglich 1972 ließ er
sich in Günter Reischs1) Biopic "Trotz
alledem!"1) über den Marxisten
Karl Liebknecht1) (1871 1919) noch
einmal blicken und spielte den winzigen Part eines alten Soldaten neben dem
Liebknecht verkörpernden Horst Schulze
→ Übersicht Kinofilme.
Mitte der 1960er Jahre hatte sich Raimund Schelcher wegen seines
angegriffenen Gesundheitszustandes er litt an Alkoholproblemen mehr und
mehr zurückgezogen, trat nur noch sporadisch vor die Kamera, wie für
einige Fernsehproduktionen. Seine letzte Hauptrolle spielte er als Farmer
Jim in dem TV-Drama "Steinreich"6) (1970) aus der Reihe
"Erlesenes" nach einer Vorlage des US-amerikanischen
Schriftstellers Theodore Dreiser1)
(1871 1945).
Zudem stand der Schauspieler sporadisch im Hörspielstudio, eine Auswahl der
bei der ARD Hörspieldatenbank
gelisteten Produktionen findet man hier.
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Der mehrfach ausgezeichnete Raimund Schelcher starb am 27. März 1972 am Tage seines 62. Geburtstages in Berlin. 1960 hatte er die "Verdienstmedaille der Nationalen Volksarmee1) in Silber" für
seine Darstellung des linientreuen Kommunisten und Drehers Rochlitz in dem
Kinofilm "Schritt für Schritt"5) (1960) erhalten,
ein Jahr später
den "Nationalpreis der DDR"1) (gemeinsam mit
Helene Weigel) für seine
Gestaltung des Schlossers bzw. gutwilligen Funktionärs Fritz Weiler in der Komödie
"Frau Flinz" von Helmut Baierl1) (1926 2005)
am "Berliner Ensemble" → DER SPIEGEL (22/1961).
In erster Ehe war Raimund Schelcher zeitweise mit der Staatsschauspielerin
Lore Hansen7) verheiratet gewesen, mit der unter anderem am 15. Mai 1938 am Leipziger
Schauspielhaus1) die Abschiedsvorstellung von Schillers
"Kabale und Liebe" gestaltete Schelcher gab den Ferdinand, Lore Hansen die Luise.
Eine weitere Ehe ging er mit Annelies Wanckel ein. Sein Nachlass
wie Werk-, Szenen- und Rollenfotos, biografische Unterlagen und Privatfotos,
wird von der Berliner "Akademie der Künste"1) verwaltet → Raimund-Schelcher-Archiv.
"Raimund Schelcher war ein schwieriger, auch gefährdeter Schauspieler.
Der rebellische und anarchische Impetus irrlichterte faszinierend in seinen
Figuren, wie die Zerstörungsdrohung. Das Kunstleben im Deutschland des
Kalten Krieges hatte wenig Raum und Begreifen dafür. (
) Raimund Schelcher verstarb 1972,
zweiundsechzigjährig, ungenügend genutzt,
unerfüllt. Wer ihn gesehen hat, vergisst nicht die großen Momente dieses
Schauspielers und Zeitgenossen, auf der Bühne, auf der Leinwand."
schreibt Klaus Wischnewski in "Vor der Kamera Fünfzig Schauspieler
in Babelsberg".8)
Raimund Schelcher als Diego in dem Drama "Der große
Verrat"
von Ernst Fischer1), 1950 am Berliner "Deutschen Theater"
Regie: Wolfgang Langhoff1)
Quelle: Deutsche
Fotothek, (file: df_pk_0000876_004)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek
Urheber: Abraham
Pisarek1) (19011983); Datierung: 17.07.1950
Quelle: www.deutschefotothek.de;
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017
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Filme
Kinofilme / Fernsehen
Filmografie: Internet Movie Database
sowie
filmportal.de
(Fremde Links: Wikipedia, defa-stiftung.de, filmportal.de, fernsehenderddr.de)
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Kinofilme
- 1939: Das
unsterbliche Herz (über Peter
Henlein, dargestellt von Heinrich
George; als Assistent Konrad Windhalm)
→ filmportal.de
- 1939: Robert
Koch, der Bekämpfer des Todes (als Dr. Fritz
von Hartwig, Assistent von Dr. Robert
Koch, dargestellt von
Emil
Jannings) → filmportal.de
- 1950: 0 Uhr 15, Zimmer 9 (als Martin Leutner)
- DEFA-Produktionen
(wenn nicht anders vermerkt)
- 1951: Die Sonnenbrucks
(nach dem Schauspiel von Leon
Kruczkowski; als antifaschistischer Dozent
bzw. KZ-Flüchtling Joachim Peters) → filmportal.de,
defa-stiftung.de
- 1951: Das
Beil von Wandsbek (nach dem gleichnamigen
Roman
von Arnold Zweig; als Karl Prestow)
→ filmportal.de,
defa-stiftung.de
- 1951: Der
Untertan (nach dem gleichnamigen
Roman
von Heinrich Mann; als Dr. Wolfgang Buck)
→ filmportal.de,
defa-stiftung.de
- 1952: Geheimakten Solvay
(nach dem Hörspiel "Das Hauptbuch der Solvays" von Richard Groschopp;
als Mertens)
→ defa-stiftung.de
- 1954: Der Fall Dr. Wagner
(als Erich Rückert) → filmportal.de,
defa-stiftung.de
- 1954: Leuchtfeuer
(Produktion DEFA/Schweden; als betrunkener Matrose)
→ filmportal.de,
defa-stiftung.de
- 1954/55: Filme über Ernst
Thälmann, dargestellt von Günther Simon
(als Arbeiter Krischan Daik
- 1955: Der Ochse von Kulm
(nach dem Roman von Walter
Karl Schweickert; als Heckenberger)
→ filmportal.de,
defa-stiftung.de
- 1955: Wer seine Frau lieb hat
(nach dem Lustspiel von Jacob Jostau = Josef Stauder; als Jochen
Schall) → defa-stiftung
- 1956: Der
Richter von Zalamea (nach dem gleichnamigen
Theaterstück von Calderón de la Barca; als Sergeant)
→ filmportal.de,
defa-stiftung.de
- 1956/57: Schlösser
und Katen (nach dem Roman von Kurt
Barthel alias Kuba;
als Knecht
Anton Zuck, genannt "Krummer Anton") → filmportal.de,
defa-stiftung.de
- 19561957: Das Stacheltier
(Kurz-Spielfilme)
- 1957: Lissy
(nach dem Roman "Lissy oder Die Versuchung" von Franz
Carl Weiskopf; als Max Franke)
→ filmportal.de,
defa-stiftung.de
- 1957: Wo Du hingehst
(nach dem Roman "Grüne Oliven und nackte Berge" von Eduard Claudius;
als Albert) → defa-stiftung.de
- 1957: Berlin Ecke Schönhauser
(als Kommissar der Volkspolizei) → filmportal.de,
defa-stiftung.de
- 1957: Spur
in die Nacht (als Mann mit Lederjacke) → filmportal.de,
defa-stiftung.de
- 1957: Gejagt bis zum Morgen
(nach dem autobiographischen Roman "Ein Prolet erzählt"
von Ludwig
Turek;
als Karl Baumann) → filmportal.de,
defa-stiftung.de
- 1957: Jahrgang 21
/ Rocník 21 (Produktion DEFA/ Tschechoslowakei nach dem Roman von Karel Ptácník;
als Weiß)
→ defa-stiftung.de
- 1958: Der Prozess wird vertagt
(nach der Novelle "Michaels Rückkehr" von Leonhard
Frank;
als jüdische Emigrant Michael Vierkant) → filmportal.de,
defa-stiftung.de
- 1958: Das
Lied der Matrosen (über den Kieler
Matrosenaufstand; als Oberheizer August Lenz)
→ filmportal.de,
defa-stiftung.de
- 1959: Erich Kubak
(als Baggerführer Erich Kubak)
- 1959: Das Leben beginnt
(als Direktor Gruber) → filmportal.de,
defa-stiftung.de
- 1960: Fünf Tage Fünf Nächte
/ Пять
дней, пять
ночей (Produktion DEFA/UdSSR;
als Bauer) → defa-stiftung.de
- 1960: Schritt für Schritt
(nach der Erzählung "Hanne, die Jawa und ich" von
Karl Heinz Räppel; als Dreher Rochlitz)
- 1961: Der Arzt von Bothenow
(als Parteisekretär Karl Lange)
- 1962: Die
schwarze Galeere (nach der gleichnamigen
Novelle von Wilhelm
Raabe; als spanische König Philipp
II.)
→ filmportal.de,
defa-stiftung.de
- 1962: Die Entdeckungen des Julian Böll
(als Julian Böll)
- 1962: Die
Jagd nach dem Stiefel (nach dem Jugendbuch von Max
Zimmering; als Julius Gemse) → filmportal.de,
defa-stiftung.de
- 1963: An französischen Kaminen
(als Ludovic) → defa-stiftung.de
- 1966: Geschichten jener Nacht
(Vierteiliger Episodenfilm; als Maler in in Episode 1: Phönix)
→ filmportal.de,
defa-stiftung.de
- 1972: Trotz
alledem! (über Karl Liebknecht,
dargestellt von Horst
Schulze; als Soldat) → defa-stiftung.de
Fernsehen (DFF-Produktionen,
wenn nicht anders vermerkt)
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