Filmografie / Hörspiel
Henry Vahl wurde am 26. Oktober 1897 als ältestes von vier Kindern des Seemanns Franz Vahl, der sich 1901 als Fischer selbständig gemacht hatte, in Stralsund1) geboren. Sein älterer Bruder war der Schauspieler Bruno Vahl-Berg1) (1903 – 1984), seine Schwester Lissy die Mutter des Schauspielers Edgar Bessen (1933 – 2012). Nachdem 1905 der Kutter der Vahls durch eine Sturmflut zerstört worden war, zog die Familie 1906 nach Kiel1), wo der Vater eine Anstellung als Magazinverwalter auf der Kaiserlichen Werft gefunden hatte. Auf Wunsch der Eltern sollte auch Sohn Henry Werftarbeiter werden, 1911 begann er eine Lehre als Drucker an der Kieler Werft, die er jedoch bald wieder abbrach, um in einer Molkerei zu arbeiten. Bereits während dieser Zeit fand Henry Vahl Gefallen an der Schauspielerei und übernahm Statistenrollen an den "Städtischen Bühnen" in Kiel. Nach dem Tod des Vaters im Jahre 1914 arbeitete er als Fahrstuhlführer im Hamburger Hotel "Hansa", wo er Kontakt mit Karl Alving, dem damaligen Direktor (1912–1919) des Kieler Stadttheaters (heute "Opernhaus Kiel"1)), bekam. Alving gab Vahl eine kleine Rolle in Schillers "Don Karlos"1), 1915 erkrankte ein Operettenkomiker und Vahl erhielt die Chance, dessen Part zu übernehmen. Von da ab wurde er öfter besetzt, 1916 konnte er sich mit einer ersten Hauptrolle in dem Märchenstück "Peterchens Mondfahrt"1) beweisen. Weitere Engagements führten Vahl unter anderem Ende 1918 nach Lübeck an das "Hansa-Theater"1), wo er in Rollen des jugendlichen Liebhabers auftrat und auch seine spätere Ehefrau, die Ballett-Tänzerin Germaine Koch (1901 – 1975) kennen und lieben lernte. Nach der Verlobung zog er mit ihr 1920 nach Braunschweig1), am 31. Januar 1925 heiratete das Paar.
Eine weitere Station von Vahls früher Schauspielertätigkeit wurde nach einem kurzen Intermezzo in Bernburg an der Saale1) (1926–1929) die Metropole Berlin, wo er nach kleineren Rollen bei Max Reinhardt1) sowie Auftritten als Filmkomparse am "Deutschen Theater"1) unter Reinhardts Nachfolger Heinz Hilpert1) ein festes Engagement erhielt. Zwar stand er mit so berühmten Kollegen wie Paul Wegener oder Albert Bassermann auf der Bühne, doch in den kommenden Jahrzehnten seiner Schauspielerkarriere wurde Vahl lediglich mit kleineren Nebenrollen besetzt, der Durchbruch zum anerkannten Darsteller wollte ihm nicht so recht gelingen.
1940 wechselte er ins böhmische Karlsbad1) (heute Karlovy Vary, Tschechien), wo er ein Jahr später im November 1941 sein 25-jähriges Bühnenjubiläum feierte, etwa zeitgleich entzog man seiner Ehefrau als "Halbjüdin" die Arbeitserlaubnis. Um der Verfolgung der Nazischergen zu entgehen, musste sich Germaine Koch-Vahl mit Hilfe guter Freunde bis Kriegsende in einer Gartenlaube bei Ratzeburg1) verstecken. Vahl selbst wurde im Sommer 1943 zum Kriegsdienst eingezogen und im Rahmen eines Truppenbetreuungsprogramms an die Ostfront geschickt.

Das Kriegende erlebte Vahl in amerikanischer Gefangenschaft, nach seiner Entlassung lebte er mit seiner Frau zunächst eine Zeit lang in Berlin, um dann in Hamburg eine neue Heimat zu finden. Er nahm seine Arbeit als Schauspieler wieder auf, fand Engagements am "Floratheater"1), am "Theater im Zimmer"1) bei Herbert Gmelin1) (1891 – 1959) und am "Jungen Theater" (dem heutigen "Ernst Deutsch Theater"1)) bei Friedrich Schütter (1921 – 1995). Hier gab er unter anderem den alten Landarbeiter Candy in einer Bühnenfassung des Romans "Von Mäusen und Menschen"1) von John Steinbeck1).
Doch erst als er 1958 am Hamburger "Ohnsorg-Theater"1) anstelle des erkrankten Otto Lüthje in dem Schwank "Meister Anecker"2) unter der Regie von Walter Scherau an der Seite von Karl-Heinz Kreienbaum in der Rolle des Schuhmachermeisters Anecker dessen trinkfreudigen und sangesfrohen Altgesellen Matten spielte, gelang ihm der Durchbruch und rasch gehörte auch Henry Vahl zu den beliebtesten Darstellern bzw. "Zugpferden" der plattdeutschen Volksbühne. Einem breiterem Publikum wurde der inzwischen über 65-jährige Schauspieler, der sich selbst in einem Interview humorvoll als "Nachwuchsstar" bezeichnete, bekannt, als das Deutsche Fernsehen die Aufführungen aus dem "Ohnsorg-Theater" ausstrahlte – Henry Vahl avancierte neben Heidi Kabel zum absoluten Publikumsliebling. Er gab in über 100 Rollen überaus erfolgreich zumeist schrullige, alte Käuze, verkörperte seine Figuren mit trockenem Humor von der Waterkant und wurde als "Bundes-Opa" der Nation gefeiert. Henry Vahl begeisterte in den 1960er Jahren beispielsweise mit der titelgebenden Hauptrolle in dem Stück "Opa wird verkauft"3) (1961) nach der Volkskomödie "Der verkaufte Großvater"1) von Anton Hamik alias Franz Streicher4), als pensionierter Beamter Ewald Brummer in dem legendären Stück "Tratsch im Treppenhaus"1) (1962) nach dem gleichnamigen Schwank1) von Jens Exler1) u. a. mit Heidi Kabel als tratschsüchtige Nachbarin Meta Boldt und Edgar Bessen als Brummers Neffe Dieter oder als "Titelheld" in "Vater Philipp"3) (1963). Einmal mehr erfreute er ein Millionenpublikum  als Geselle Matten in "Meister Anecker
"3) (1965), diesmal mit Jochen Schenk als Schuhmachermeister Franz Anecker. Vahl glänzte sowohl 1962 als auch 1969 als Hannes in "Der Bürgermeisterstuhl"3) nach dem Lustspiel "De Börgermeisterstohl" von Adolf Woderich1), war der geizige, verwitwete Schneider Nörig in der gleichnamigen Komödie3) (1969) von Paul Schurek1) → Übersicht (Auzug) TV-Übertragungen mit Henry Vahl.
   

Tratsch im Treppenhaus: Abbildung des DVD-Covers mit freundlicher Genehmigung von "Studio Hamburg Enterprises GmbH"; www.ardvideo.de

Der Bürgermeisterstuhl: Abbildung des DVD-Covers mit freundlicher Genehmigung von "Studio Hamburg Enterprises GmbH"; www.ardvideo.de Meister Anecker: Abbildung des DVD-Covers mit freundlicher Genehmigung von "Studio Hamburg Enterprises GmbH"; www.ardvideo.de
Abbildungen DVD-Cover mit freundlicher Genehmigung von "Studio Hamburg Enterprises GmbH"

Nicht nur die Theater- und Fernsehzuschauer konnte Vahl begeistern, auch auf der Leinwand verkörperte er in verschiedenen Rollen schlagfertige und verschmitzte Typen, die ihm auf den Leib geschneidert zu sein schienen. Bereits 1959 beeindruckte er als der alte Pfandleiher Josua Webmann in der Literaturadaption "Der Engel, der seine Harfe versetzte"1), mimte beispielsweise den Opa Hansen in dem ganz auf Heinz Erhardt zugeschnittenen Lustspiel "Unser Willi ist der Beste"1) (1971). Einen Opa mimte spielte er ebenfalls in "Wir hau'n den Hauswirt in die Pfanne"1) (1971) sowie in dem musikalischen Heimatstreifen "Grün ist die Heide"1) (1972). In der Musikkomödie "Die lustigen Vier von der Tankstelle"1) (1972) zeigte er sich neben einem anderen nicht minder populären Volksschauspieler, nämlich Willy Millowitsch, letztmalig tauchte er 1974 als der alte Wedderkopp in "Frühling auf Immenhof"1) im Kino auf → Übersicht Kinofilme.
Neben seinen "Ohnsorg"-Auftritten erlebte man Vahl auf dem Bildschirm unter anderem als Schneidermeister Pietsch in der Serie "Am Abend ins Odeon"1) (1960–1962) oder als Rechtsmediziner Professor Bildt in der legendären "Stahlnetz"-Folge "Das Haus an der Stör"1) (1963) – eine eher untypischen Rolle für den Schauspieler. In den Geschichten um den "Landarzt Dr. Brock" (1867/68) mit Rudolf Prack trat er als Opa Stockmann in Erscheinung, war zwischen 1969 und 1971 mehrfach Gast in der NDR-Unterhaltungsshow "
Haifischbar"1) mit den Wirtsleuten Hilde Sicks und Ernst Grabbe → Übersicht TV-Produktionen.
Außerdem gab Henry Vahl zahlreiche Schallplatten mit plattdeutschen Liedern heraus – seine erste Platte erschien, da war Vahl bereits 66 Jahre alt –  und am bekanntesten dürfte seine LP "Im Leben geht alles vorüber" aus dem Jahre 1972 sein. Zudem stand der Mime wiederholt im Hörspielstudio, bereicherte vor allem niederdeutsche Mundarthörspiele; eine Auswahl der bei der ARD Hörspieldatenbank gelisteten Produktionen findet man hier.

Zur Spielzeit 1971/72 verließ Henry Vahl aufgrund von Differenzen mit der damaligen Intendanten Günther Siegmund das "Ohnsorg-Theater", offiziell wurden Altersgründe angegeben. Ein Jahr später übernahm er am "St.-Pauli-Theater" die Frauenrolle der "Zitronenjette"1), die er fast 200 Mal bis zu einem schweren Kreislaufzusammenbruch im Januar 1975 spielte. Im darauffolgenden Jahr erlitt Henry Vahl einen Schlaganfall, von dem er sich nicht mehr erholte. Im Alter von 79 Jahren erlag der Schauspieler am 21. Juli 1977 in einer Hamburger Klinik einem Kreislaufversagen bzw. den Folgen einer Lungenentzündung. Die letzte Ruhe fand Henry Vahl in einer Familien-Grabstätte (Nr. AD5/158–159) auf dem Hamburger Friedhof Ohlsdorf1), in der seine am 13. März 1975 verstorbene Ehefrau Germaine Koch-Vahl beigesetzt worden war. Neben dem Grab von Henry Vahl und seiner Frau befindet sich auch das Grab seines jüngerer Bruders, des Schauspielers Bruno Vahl-Berg1), der am 15. November 1984 im Alter von 81 Jahren in Hamburg starb; dessen Ehefrau Gretl (25.01.1920–14.02.2003), eine ehemaligen Tänzerin, wurde ebenfalls dort beigesetzt → Foto der Grabstellen bei Wikimedia Commons sowie knerger.de.
 
Seine Lebenserinnerungen veröffentlichte Henry Vahl, der sich als schrulliger liebenswerter Alte und "Opa der Nation" in die Herzen einer ganzen Generation spielte, noch kurz vor seinem Tod unter dem Titel "Wie das Leben so s-pielt – Deutschlands beliebtester Fernseh-Opa", aufgeschrieben von Rudolf Kinzel.
In der Nähe seiner einstigen Wohnung, im Hamburger Bezirk Eimsbüttel1), wurde eine Grünanlage nach Henry Vahl benannt, der "Henry-Vahl-Park". Seit 2014 erinnert im Kieler Stadtteil Gaarden1) der "Henry-Vahl-Platz" vor dem Haus Iltisstraße 49, in dem der Volksschauspieler von 1912 bis 1919 wohnte, an den legendären Künstler.

Siehe auch Wikipedia, fernsehmuseum-hamburg.de, www.ndr.de
Quellen (unter anderem): "Hamburgische Biografie. Personenlexikon" von Franklin Kopitzsch und Dirk Brietzke (Band 2, S.425)
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) Die Krimihomepage (Spezial), 3) fernsehserien.de, 4)
niederdeutschebuehne.de
  
Filme
Kinofilme / TV-Produktionen / Aufzeichnungen aus dem "Ohnsorg-Theater"
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de
(Fremde Links:  Wikipedia, Die Krimihomepage, fernsehserien.de, mahnke-verlag.de, niederdeutschebuehne.de)
Kinofilme Fernsehen (ohne Aufzeichnungen aus dem "Ohnsorg-Theater", Auszug) Fernsehen (Aufzeichnungen aus dem "Ohnsorg-Theater", Auszug)
Hörspielproduktionen (Auszug)
(Fremde Links: ARD-Hörspieldatenbank (mit Datum der Erstausstrahlung), Wikipedia, mahnke-verlag.de, niederdeutsche-literatur.de)
Mundarthörspiele (niederdeutsch) Sonstige Hörspiele
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