Angelika Waller wurde am 26. Oktober 1944 im brandenburgischen Bärwalde geboren. Ihre Ausbildung zur Schauspielerin absolvierte sie zwischen 1963 und 1966 am Nachwuchsstudio des "Deutschen Fernsehfunks" in Berlin, anschließend erhielt sie ein Engagement bei dem von Bertolt Brecht gegründeten "Berliner Ensemble"1). Bis 1992 fand sie dort ihre künstlerische Heimat, war rasch zu einer bedeutenden Charakterdarstellerin avanciert und zeigte in vielen Stücken ihre darstellerische Dominanz. So interpretierte sie beispielsweise eindrucksvoll die Babette in Brechts "Die Tage der Commune" oder wurde als Polly in der Brecht/Weill'schen "Die Dreigroschenoper"1) gefeiert. Weitere wichtige Brecht-Figuren waren beispielsweise die Kati in "Schweyk im zweiten Weltkrieg"1), die Valeria in "Coriolan" (auch TV, 1978) oder die alte Ludowika in "Der kaukasische Kreidekreis"1). In Heiner Müllers "Zement"1) gestaltete sie die Motja, in Wedekinds "Frühlings Erwachen"1) die Frau Gabor – um nur Einiges zu nennen. Neben ihrer Arbeit am "Berliner Ensemble" gab Angelika Waller sporadisch auch Gastspiele an anderen Bühnen, so am "Staatstheater Schwerin", wo sie unter anderem 1978 mit der Titelrolle in der Bühnenfassung von Brigitte Reimanns unvollendetem Roman "Franziska Linkerhand"1) brillierte, und an der Berliner "Volksbühne", an der sie zum Beispiel 1984 als Don Juan in Christian Grabbes "Don Juan und Faust"1) glänzte. Ihre darstellerischen Leistungen würdigte man 1978 mit dem "Kunstpreis der DDR"1).

Bekannt und populär wurde die Charakterschauspielerin durch zahlreiche DEFA- und DFF-Produktionen: Zu einer ihrer ersten Auftritte zählt eine kleinere Rolle in Richard Groschopps Krimi "Die Glatzkopfbande"1) (1963), der große Durchbruch als anerkannte Filmschauspielerin sollte ihr wegen des Aufführungsverbots durch das DDR-Regime in Kurt Maetzigs gesellschaftskritischen Gegenwartsgeschichte "Das Kaninchen bin ich"1) (1965, nach einem Roman von Manfred Bieler1)) zunächst nicht gelingen; erst 1990 wurde der Film uraufgeführt. Angelika Waller konnte mit der Figur der Berliner Kellnerin Maria Morzeck in "Das Kaninchen bin ich" nur deshalb nicht zur Lieblingsheldin junger Frauen in Ostdeutschland werden, weil man ihn bis zum Untergang der DDR versteckte. Aber auch die Journalisten, die das Drehteam besuchten, hatten offenbar nicht erkannt, welchen ungeschliffenen Edelstein Kurt Maetzig für die Kamera zu entdecken im Begriffe war. Die wenigen überlieferten Vorberichte beginnen nämlich stereotyp mit folgenden Worten: "Ein Mädchen wie viele andere, jung, nett anzusehen, selbstbewusst, ein bißchen burschikos, gar nicht auffallend, das ist Angelika Waller…" Das ist Angelika Waller gerade nicht. Sie ist trotz ihrer Jugend eben kein Mädchen, sondern von Anbeginn eine Frau. Sie ist nicht "nett anzusehen", sondern schön und häßlich, begabt mit der Wandlungsfähigkeit des Naturtalents. Schlank und dennoch, in diesen frühen Jahren, rundlich wie die Dietrich im Blauen Engel, besitzt sie dieselbe brisante Mischung aus anziehender Körperlichkeit und herausfordernder Widersetzlichkeit, gewürzt von der berühmt-berüchtigten Berliner Schnauze. Als singuläre Erscheinung unterscheidet sie sich natürlich von der berühmten Vorgängerin, ist geerdeter, lebensvoller, weniger Puppe. Einerseits unbescholten und rein, kann sie andererseits berechnend und voll von gefährlichen Energien sein. Eine Provokateurin mit verwundbarer Seele. Eine junge Frau, die ihre Ziele durchsetzt. Eine Liebessucherin, die sich auch in verzweifelter Lage niemals selbst den Judaskuß gibt.2)
Mit einer weiteren Hauptrolle, der des Mädchens Martina Carvelli, wurde sie von Josef Mach in dem Zirkusfilm "Der Schwarze Panther"1) (1966) betraut, es folgten der Episodenfilm "Geschichten jener Nacht"1) (1967) sowie die Komödien "Wir lassen uns scheiden"1) (1968) und "Im Himmel ist doch Jahrmarkt"3) (1968; → Wikipedia), mit denen Angelika Wallers schauspielerische Möglichkeiten unterfordert blieben. Beachtung dagegen fand sie mit der Verkörperung der Hitler-Geliebten Eva Braun1) (1912 – 1945) in dem fünfteiligen russischen Epos "Befreiung"1) (1969). In den 1970ern agierte sie in Streifen wie "Hut ab, wenn du küsst!"1) (1971), "Euch werd ich's zeigen"1) (1972) oder die Fontane-Verfilmung "Unterm Birnbaum"1) (1973). Sporadisch übernahm sie Aufgaben in Fernsehproduktionen, zu denen neben Auftritten in der Krimireihe "Polizeiruf 110"1) (1972: Der Tote im Fließ1)/1978: Holzwege1)) auch die dreiteilige Chronik einer Bauernfamilie "Die Frauen der Wardins"4) (1974), das mehrteilige Gesellschaftsdrama "Daniel Druskat"4) (1976) und Hans-Joachim Kasprziks dreiteilige Literaturverfilmung "Abschied vom Frieden"4) (1976/77) zählen.
 

"Die Frauen der Wardins" ist seit Oktober 2013 auf DVD im Handel erhältlich.
Abbildung DVD-Cover  mit freundlicher Genehmigung von "Studio Hamburg Enterprises GmbH
Quelle: presse.studio-hamburg-enterprises.de

Die Frauen der Wardins: Abbildung DVD-Cover mit freundlicher Genehmigung von "Studio Hamburg Enterprises GmbH"; Quelle: presse.studio-hamburg-enterprises.de
Eine ihrer wenigen eindringlichen Leinwandrollen erhielt sie in Günther Scholz' Liebesfilm "Ein April hat 30 Tage" (1978), hier verkörperte sie eine Frau, die leidenschaftlich um einen Mann aus Uruguay kämpft, der für kurze Zeit in ihrer Heimatstadt Asyl sucht. Danach trat sie im Kino erst wieder mit der prägnanten Nebenrolle der Anita Graf in Frank Beyers ersten deutsch-deutschen Komödie "Der Bruch"1) (1989) in Erscheinung: An der Seite von Götz George, als betrogene Gattin des Schwerenöters, gibt sie ein vollbusiges, dummes, rassig-raffiniertes, heftig im Welken begriffenes früheres Matrosenliebchen, das in den neuen Aufzug als mondäne Dame nicht ganz paßt. Obgleich ihr nur wenige Szenen zur Verfügung stehen, läßt die Waller ihre Filmfigur in so zahlreichen Facetten leuchten, daß Fellini gewiß gejubelt hätte.2)
  
Bis Ende der 1980er Jahre erlebte man Angelika Waller in Fernsehspielen wie "Der ungebetene Gast" (1981), "Wilhelm Meisters theatralische Sendung" (1982), einer Adaption des klassischen Goethe-Romans, als Bachs erste Frau Barbara in dem TV-Mehrteiler "Johann Sebastian Bach"1) (1985) oder in der "Polizeiruf 110"-Folge "Zwei Schwestern"1) (1987). Wiederholt stand sie mit Hauptrollen für die Krimireihe "Der Staatsanwalt hat das Wort" vor der Kamera, nach der sogenannten "Wende" tauchte sie nur noch selten auf dem Bildschirm auf. Zur TV-Filmografie der 1990er Jahre gehören beispielsweise Peter Welz' Komödie "Babysitter" (1992), Lih Janowitz' Sozialdrama "Das schafft die nie" (1994) und Jürgen Goslars humorvolle Geschichte "Tote sterben niemals aus"4) (1996) mit Götz George. Eine schöne Rolle war auch die der Lena Simoneit in Roland Oehmes Leinwandkomödie "
Farßmann oder Zu Fuß in die Sackgasse"1) (1991) an der Seite von Michael Gwisdek und Peter Sodann, in jüngerer Zeit übernahm Angelika Waller eine kleinere Aufgabe in Thomas Imbachs "Happiness Is a Warm Gun"5) (2001), einem experimentellen Film, der die Charaktere der Politikerpersönlichkeiten Petra Kelly1) und Gert Bastian1) nachzuzeichnen versucht. Auf dem Bildschirm zeigte sie sich zuletzt mit dem kleinen Part der einstigen Tierbändigerin Sofia de la Piranelli in der ganz auf Horst Krause zugeschnittenen TV-Weihnachtskomödie "Krauses Fest"1) (2007), in dem Kinostreifen "Rückenwind von vorn3) (2018) übernahm sie dann nach längerer Pause die Rolle der Oma Lisbeth.

Angelika Waller, die seit 1993 als Professorin an der "Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" Berlin"1) unterrichtet, sieht in den letzten Jahren neben ihrer Dozententätigkeit ihre Hauptaufgabe beim Theater, wo sie vor allem erfolgreich als Regisseurin arbeitet. Zu ihren vielbeachteten Inszenierungen zählen am "Berliner Ensemble" Ferdinand Bruckners Theaterstück "Krankheit der Jugend"1) (2005), in Chemnitz brachte sie Frank Wedekinds Drama "Musik", in Potsdam am "Hans-Otto-Theater" Strindbergs Tragikomödie "Fräulein Julie"1) (1995) und am Berliner "Hebbel-Theater" Heiner Müllers Denkspiel "Anatomie Titus" (1994) auf die Bühne; Vor einiger Zeit setzte sie am Studiotheater der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" (bat-Studiotheater) das Schauspiel "Die Perser"1) von Aischylos in der Neuübertragung von Durs Grünbein1) in Szene,
2007 inszenierte sie am "Theater Magdeburg" Franz Molnárs "Liliom"1) (Premiere 5. Mai 2007). 
Darüber hinaus engagiert sich Angelika Waller für ambitionierte Audio-Produktionen, ist beispielsweise in der Hörbuchfassung von Christoph Heins Romans "Landnahme", der Geschichte über das Schicksal eines Umsiedlers in der DDR-Provinz, zu erleben. Eine Auswahl ihrer umfangreichen Mitwirkung in Hörspielen bietet Wikipedia. Auch für die Synchronisation war sie gelegentlich tätig, lieh unter anderem Genevičve Bujold1) in dem TV-Film "Caesar and Cleopatra"1) (1976; als Cleopatra) und Lesley-Anne Down1) in dem Mehrteiler "Die letzten Tage von Pompeji"1) (1984; als Chloe) ihre Stimme.

Angelika Wallers Tochter Susann Thiede (geb. 1968; → www.staatstheater-cottbus.de) ist in die Fußstapfen ihrer Mutter getreten und gehört ebenfalls zu den renommierten Theaterdarstellerinnen. 
Siehe auch Wikipedia, defa-stiftung.de, filmportal.de
Fremde Links: 1) Wikipedia, 3) filmportal.de, 4) fernsehserien.de, 5) prisma.de
Quelle: 2) Bärbel Dalichow in "Vor der Kamera – Fünfzig Schauspieler in Babelberg", S. 245
Stand September 2019
  
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Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de
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