Lydia Weiss wurde am 14. Mai 1939 in Wien geboren und wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf.
Ihre Mutter Franziska steckte alles Geld, das sie als Putzfrau verdiente, in die Ausbildung ihrer Tochter.
Gleich nach dem 2. Weltkrieg erhielt Lydia Ballettunterricht und Sprechausbildung im Studio Dannbacher und
war ab 1950 regelmäßig neben dem Volksschulbesuch im Österreichischen
Rundfunk (damals RAWAG) als Kinderschauspielerin
tätig, ebenso als Elevin in der Wiener Volksoper. Sie ging mit dem Dia Lucca Ballett auf Tournee nach England
und wirkte in der Operette "Merry Widow" (Die lustige Witwe) von Franz Lehár
mit, an der Seite der Ufa-Stars Jan Kiepura und Martha Eggerth. Bei dieser Gelegenheit trainierte Lydia mit dem Sadler-Wells Ballett und
stand so mit Margot Fontain "an einer Stange". Aber auch auf dem Eis war sie zu finden und brachte es bei dieser Ausbildung sogar zur ASKÖ Eislauf-Jugendmeisterin.
Im Kino war sie seit 1958 zu sehen, so beispielsweise als Partnerin von Cornelia "Conny" Froboess
und Rex Gildo in der Musikkomödie "Hula-Hopp Conny"1)
(1958). Erneut mit "Conny" sowie Fred Bertelsmann stand sie für den
Streifen "Wenn das mein großer Bruder wüsste"1)
(1959) vor der
Kamera, drehte mit Stars wie Peter Kraus oder Paula Wessely. |
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Lydia Weiss war zwar bei der Aufnahmeprüfung am Max-Reinhardt-Seminar wegen "bühnenunwirksamer Ausstrahlung"
durchgefallen, doch das entmutigte sie nicht und nahm daraufhin bei Dorothea Neff Privatunterricht. Schon bald wurde sie eine
beliebte und bejubelte Soubrette und Komödiantin, die gerade wegen
ihrer quirligen Präsenz auf der Bühne und ihrem "über die Rampe kommen" Begeisterung weckte
und großen Applaus in ganz Europa einheimste, wie man den zahlreichen Pressestimmen entnehmen kann.
Die gewaltige Bandbreite ihrer Darstellungen findet man schon in den späteren
50ern,
wo Lydia Weiss nicht nur Kindermärchen spielte, sowohl im Österreichischen Fernsehen
als auch am damaligen "Theater der Jugend" in Wien , sondern auch
schon in Musicals tanzte und als Sängerin mitwirkte, für das Deutsche Fernsehen
Köln arbeitete und auch Kabarett spielte. Sie sang Arthur Honegger genauso wie
Franz Lehár oder Paul Burkhard. Sie machte unbedeutende Nebenfiguren
durch ihr Spiel wesentlich und begeisterte in Hauptrollen ihr Publikum in ganz Europa, was unzählige Theaterkritiken beweisen.
Das Foto zeigt Lydia Weiss gemeinsam mit Toni Kern
(1960, Theater der Jugend) |
So war Lydia Weiss unter anderem Partnerin von Elfi Mayerhofer in Paul Burkhards
Operette "Die Pariserin" (1964, Bild rechts),
von Lil Dagover in John Patricks Komödie "Eine etwas sonderbare Dame"
und von Freddy Quinn in dem Musical "Prärie Saloon". Mit Thomas Fritsch
erlebte man sie in der Bühnenfassung von Gábor von Vaszarys Roman "Monpti",
mit dem Tenor Giuseppe di Stefano in Franz Lehár's Operette "Land des Lächelns"
und mit Monika Peitsch in John Osbornes Drama "Blick zurück im Zorn".
Gemeinsam mit Josef Meinrad und Alma Seidler agierte sie in "Der Unbestechliche" von Hugo von Hoffmansthal,
Carl Zuckmayers Seiltänzerstück "Katharina Knie" mit Karl Raddatz war wohl eine ihrer Lieblingsrollen und wohl mit ein
Grund, warum sie ihre 1976 geborene Tochter so nannte. |
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Die Theaterstationen der Künstlerin waren über das deutschsprachige Europa
verteilt, vom "Theater des Westens" in Berlin bis
zum "Theater am Dom" in Köln, vom "Theater an der Wien" bis
hin zum Baseler Stadttheater. Zu nennen sind auch die Bregenzer Festspielen, wo Weiss
bei der Welturaufführung von Robert Stolz' "Die Trauminsel" sang,
sowie die Stockerauer Festspiele, wo sie ab 1978 für einige Jahre Dauergast war.
1975 wurde sie vom Intendanten der Wiener Festwochen Ulrich Baumgartner für die Rolle der
"
Anachoana" in Jura Soyfer's "Kolumbus" (gespielt von Eugen
Stark), engagiert, nach der Aufführung Anfang Juni 1975 in
der " Arena 75 " konnte sie sich vor Angeboten kaum retten.
Sie entschied sich, 1976 endgültig nach Wien zurückzukehren,
heiratete und schenkte einer Tochter das Leben.
Die Künstlerin ist in den Besetzungslisten der " Arena 75" und
" Arena 76" genauso zu finden, wie in der Kleinen Komödie im
Theater am Kärtnertor, wo sie mit ihrer Interpretation der Hauptrollen in
"Pepsie", "Scher Dich zum Teufel, Karin",
"No sex, please we are british" oder "Und das am Hochzeitsmorgen"
die Stücke zu Dauerbrennern machte.
Szenenfoto aus "Die Csardasfürstin" (1965) |
Das Theater die "Tribüne" holte sie für "August, August" von Pawel Kohut
und der ORF für die Kabarettserie: "G'schichten über
" mit Erwin Steinauer, Gunther Phillip,
Kurt Sowinetz und vielen anderen bekannten Größen. Auch in der legendären
österreichischen TV-Reihe "Mundl, ein echter Wiener geht nicht unter"
mit dem Protagonisten Karl Merkatz war sie
zu sehen, ebenso wie in der populären TV-Serie "Der Leihopa" mit Alfred Böhm
und Hans Holt.
Lydia entdeckte mit dem Heranwachsen ihrer Tochter auch ihre Liebe zu Kindern wieder neu und spielte
einige Jahre bei Evamaria Kaiser's Kindertheatergruppe "Kaikukas" mit, landete mit ihnen bei TV-Kindersendungen,
wie "Am dam des" und "Betthupferl". Dort traf sie auf ihren "alten"
Regisseur Peter Dörre, der sie als "Fernseh-Kindergartentante" vorschlug mit Erfolg. An diesem
Platz erhielt sie die "TV-Krone", eine Auszeichnung Österreichs größter
Tageszeitung "Fernsehkrone für ein TV Lachen" ihr Markenzeichen. Wenig später erfand man für sie die Figur "Pippa", das weibliche Pedant zu Heinz Zuber's
Clown "Enrico".
Zu einer der letzten Fernsehauftritte zählt die österreichische
Fernsehserie
"Gendarmerieposten Sulzenau" (1986), wo sie die Filmehefrau von Heinz Petters
mimte.
In den späten 80ern zog sich Lydia Weiss ins Privatleben zurück und widmete sich fortan ehrenamtlich diversen Sozialaufgaben.
Im April 1999 war sie noch einmal in einem kleinen Lebensrückblick von Bea Thiemard in der
ORF-Reihe "Willkommen Österreich" zu sehen.
Vielen Radiohörern von damals klingt es heute noch in den Ohren, wenn
sie als Moderatorin der Sendung "Tanzmusik auf Bestellung" ihren
Abschiedtext hauchte: "
wenn Sie noch aufbleiben, gute Unterhaltung. Gehen
Sie
aber Schlafen, dann wünsche ich eine gute Nacht".
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