Rudi Carrell wurde am 19. Dezember 1934 in der niederländischen Kleinstadt
Alkmaar1) als Rudolf Wijbrand Kesselaar geboren und wuchs gemeinsam
mit seinen Geschwistern Geertruida Catharina, genannt "Truus" (* 1936),
Adriaan (* 1941) und Andries (1944 1994) in eher ärmlichen Verhältnissen auf.
Durch seinen Vater Andries (1911 1968), der unter den Künstlernamen
"André Carrell"1)
bei örtlichen Veranstaltungen als Zauberkünstler, Komiker und Conférencier auftrat, kam Sohn Rudolf schon früh mit dem Showgeschäft
in Berührung und hatte nur einen Wunsch, auch selbst auf der Bühne zu
stehen; auch sein Großvater verdiente sich schon als Alleinunterhalter und Ansager
seinen Lebensunterhalt. Doch zunächst absolvierte Rudolf die Schule,
besuchte ein Gymnasium, welches er mit 15 Jahren vorzeitig ohne Abschluss
verließ. Er riss von zu Hause aus, um sich Anfang der 1950er Jahre in Paris,
Deutschland und Dänemark den "Wind um die Nase wehen" zu lassen.
Erste professionelle Bühnenerfahrungen sammelte der junge Carrell, als er
seinen Vater 1951 bei einer Show vertrat, die 1951 begonnene Lehre
bei Lehre bei der "Hoornschen Crédit- und Effektenbank" in
Alkmaar sollte nur ein kurzes Intermezzo bleiben. Im November 1952 wechselte er zu seinem Vater André Carrell und betätigte sich bei dessen
Ensemble als Sekretär und Assistent.
Rudi Carrell Ende September 1980 in Amsterdam
anlässlich seiner Buchpräsentation "M'n fiets terug"
(dt. "Gib mir mein Fahrrad wieder")
Rechteinhaber: Nationaal
Archief1) (Den
Haag1), Rijksfotoarchief;
Bestandsnummer: 931-0401);
Urheber/Fotograf: Fernando Pereira / Anefo;
Quelle: Wikimedia
Commons;
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bzw. CC0 1.0
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Doch es zog den jungen Carrell zurück zur Bühne, seit Mitte Januar 1953
tingelte er beispielsweise als Witze-Erzähler, Zaubererkünstler,
Kasperletheater-Spieler und Bauchredner gemeinsam mit seinem Vater durchs
seine Heimat, trat in diversen Varietés auf. Der Erfolg veranlasste ihn, ein
eigenes Ensemble zu gründen, das er "Rudi Carrell’s
Cabaretgezelschap" ("Rudi Carrells Kabarettgesellschaft")
nannte und mit dem er 1953 noch sechs Mal auftrat. "Die ersten
Kritiken bemängelten noch, dass das Programm sehr an André Carrell
erinnere, aber im Laufe des Jahres 1954 gelang es Rudi, einen eigenen
Stil zu finden. Wie alle Kleinkunstgruppen, so trat auch "Rudi
Carrell’s Cabaretgezelschap" bei den unterschiedlichsten
Veranstaltungen auf. Carrell präsentierte überdies gerne
Jazzveranstaltungen, da er selbst großer Jazzfan war. Im Jahre 1954
hatte Carrell bereits 37 Auftritte mit seiner Gruppe, 36 Auftritte mit
seinem Vater, 27 Kindervorstellungen und drei Engagements im
Radio." notiert Wikipedia.
Rudi Carrell im August 1960 mit seinem Vater André
Rechteinhaber: Nationaal
Archief1) (Den
Haag1), Rijksfotoarchief;
Ausschnitt des Originalfotos;
Bestandsnummer: 911-5182);
Urheber/Fotograf: Henk Lindeboom / Anefo;
Quelle: Wikimedia
Commons;
Lizenz: CC BY-SA 3.0 NL
bzw. CC0
1.0
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Es sollte jedoch noch
einige Jahre dauern, bis der Name "Rudi Carrell" auch außerhalb
der Niederlande Bekanntheit erlangte. 1959 wurde das holländische Fernsehen auf
das junge Talent aufmerksam und gab ihm seine eigene monatliche "Rudi Carrell Show"1),
für die er auch als Autor und Produzent verantwortlich zeichnete. Die Show wurde drei Jahre lang erfolgreich gesendet
und verschaffte seinem Protagonisten eine
nationale Popularität. Carrells Ausflüge als Sänger waren
weniger erfolgreich: 1960 vertrat er unter seinem Geburtsnamen die
Niederlande beim 5. "Grand Prix Eurovision de la Chanson"
(heute: "Eurovision
Song Contest"1)) in London mit dem Lied "Wat een geluk", erreichte von 13 Teilnehmern
jedoch nur den vorletzten Platz → Wikipedia.
1964 gelang Carrell mit einem originellen kurzen Sketch der endgültige
Durchbruch: Für seine witzige, 40-minütige Robinson Crusoe1)-Parodie bzw. die
"De Robinson Crusoë Show"1),
die auf einer unbewohnten Insel spielte und bei der seine einzigen Partner
eine Meeresjungfrau (Esther Ofarim) und ein Schimpanse namens
"Freitag" waren, erhielt er beim internationalen
Festival der Fernsehunterhaltung "Rose d’Or"1) in Montreux1)
die "Silberne Rose". In Montreux lernte Carrell zudem
Mike Leckebusch1) von
"Radio Bremen" kennen und es kam wenig später zu einem Vertrag mit
dem Sender.
Rudi Carrell am 9.Februar 1960 äbeim
Vorentscheid
zum "Eurovision Song Contest" in Hilversum1)
Rechteinhaber: Nationaal
Archief1) (Den
Haag1), Rijksfotoarchief;
Bestandsnummer: 911-0172);
Urheber/Fotograf: Harry Pot / Anefo;
Quelle: Wikimedia
Commons;
Lizenz: CC
BY-SA 3.0 NL bzw. CC0
1.0
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Jetzt ging es Schlag auf Schlag, ab Ende Oktober 1965 lief auch bei uns die deutsche Version der "Rudi Carrell
Show"1) zum ersten Mal (ab der 3. Ausgabe live) im Fernsehen und entwickelte sich mit einer
ungewohnten Leichtigkeit und den lockeren Gags zum Dauerbrenner. Alle
diese Gags waren penibel geplant: "Witze kann man nur dann aus dem Ärmel schütteln, wenn man sie vorher hineingesteckt
hat.", sagte Carrell einmal. Dass es trotzdem meist spontan wirkte, war ein Ausweis seiner Kunst.
Carrell selbst avancierte neben den damaligen TV-Größen wie Peter Frankenfeld und
Hans Joachim Kulenkampff
zum Fernsehliebling des deutschen Publikums. "Ich bin
Ideen-Entwickler, Texter, Regisseur, Showmann und Sänger in einem deswegen ist meine Show
aus einem Guss", sagte Carrell einmal in einem
Interview, die Einschaltquoten dieser "großen
Samstag-Abend-Unterhaltung" gaben ihm recht. Inzwischen brachte
"Pidax Film" die legendäre
"Rudi Carrell Show" auf DVD heraus,
Volume 1 (EA: 21.08.2015) mit 6 Shows (19651968), Volume 2 (EA: 18.12.2015) mit 8 Shows
(19671969), Volume 3 (EA: 18.03.2016) mit 6 Shows (1970971) und Volume 4
(EA: 17.06.2016) mit 7 weiteren Shows (19711973).
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Abbildung DVD-Cover sowie Szenenfotos aus Volume 1 (l.)
und Volume 2 mit
freundlicher Genehmigung von "Pidax Film"
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Einen noch größeren Erfolg gelang dem Niederländer mit dem charmanten Akzent
seit der Premiere am 27. April 1974 mit der Samstag-Abend-Show "Am laufenden Band"1),
die zu einer der erfolgreichsten Unterhaltungssendungen der deutschen
Fernsehgeschichte wurde. Vorbild für das Familienquiz war die holländische
Produktion "Een van de Acht" gewesen, mit Partner Heinz Eckner
moderierte Carrell auf seine unverwechselbare Art den Wettkampf zwischen vier Gruppen, die je aus zwei Mitgliedern
einer gleichen Familie bestanden. Die TV-Zeitschrift "Funk Uhr"1)
(17/1974) schrieb unter anderem "Wort- und Szenespielereien lässt
Blödelexperte Rudi Carrell am laufenden Band abrollen. Acht Kandidaten aus
vier Familien sollen weder Intelligenz noch Geschicklichkeit beweisen,
sondern ihrer Spielfreude freien Lauf lassen. Künstler wie der Schweizer
Komiker Alfredo1) treiben den Spaß auf die Spitze fröhlichen Unsinns.
Spektakulärer
Höhepunkt der Sendung war dann, wenn am Ende
der Show der Gewinner in einem riesigen Korbstuhl Platz nahm und sich am Förderband
vorbeifahrende Konsumartikel merken musste. Alle, die er danach noch wusste,
durfte er mit nach Hause nehmen. Auf jeden Fall mit dabei war das
"Fragezeichen", das symbolisch einen Überraschungsgegenstand
verbarg. (Quelle: Wikipedia)
Bis 1979 bzw. 51 Mal lief dieser Fernsehspaß, der die ganze Familie vor dem
Bildschirm versammelte, Einschaltquoten von über 60 Prozent waren keine
Seltenheit. Carrell selbst war der ungekrönte König der
Fernsehunterhaltung, auch seine Erfolge als Sänger fallen in diese Zeit.
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Im Mai 1975 brachte er
sein wohl bekanntestes Lied auf den Markt, "Wann wird’s mal wieder richtig
Sommer?", die Coverversion nach der Melodie von "The City of New Orleans"1) von
Steve Goodman1)
geriet zum Hit in Deutschland und hat inzwischen als "geflügeltes
Wort" Eingang in den
allgemeinen Sprachgebrauch gefunden. Ein weiterer Hit wurde 1978 die Single
"Goethe war gut", eine Coverversion, die genau wie ihre Vorlage
"Sweet Violets" von Dinah Shore1) durch die das Lied durchziehenden frivolen
Vexierreime auffiel, und auch sein im selben Jahr
erschienenes Album "Rudi, Rudi, noch einmal" verkaufte sich
recht ordentlich. Dass Carrell nicht nur der Spaßmacher der Nation war,
zeigte er mit eher nachdenklichen Titeln wie "Mein Dorf" (1978),
eine textnahe Übersetzung des in den Niederlanden populären Wim-Sonneveld1)-Klassikers
"Het dorp",
"Der Hund vom kleinen Fritz" oder einer
musikalischen Hommage an seine verstorbene Mutter, die er 1992 in einer
seiner Shows sang. Mit dem Ausstieg aus "Am laufenden Band"
beendete Carrell auch seine Schlagerkarriere. Für "Die Rudi Carrell Show Laß
Dich überraschen"1) (19881992) sang er später
noch einmal das Titellied "Laß Dich überraschen" ein, das mit dem
Erfolg der Show selbst sehr bekannt wurde → Diskografie bei Wikipedia.
Das Foto wurde mir freundlicherweise von der Fotografin
Virginia Shue
(Hamburg) zur Verfügung gestellt.
Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
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Im Kino tauchte der Entertainer Anfang der 1970er Jahre auf und blödelte sich
mit Ilja Richter1)
und Chris Roberts1) durch die eher belanglose
Klamauk-Streifen
"Wenn die tollen Tanten kommen"1) (1970), "Tante Trude aus Buxtehude"1) (1971)
und die "Die
tollen Tanten schlagen zu"1) (1971). Weitere
Kinoproduktion mit Carrell als Protagonist waren die seichten Komödien
"Rudi, benimm dich"1) (1971) und "Crazy total verrückt"1) (1973),
in der amüsanten Geschichte "Hochwürden drückt ein Auge zu"1) (1971)
hatte er neben "Titelheld"
Georg Thomalla
einen Kurzauftritt. Letzte Ausflüge auf die Leinwand machte in
der Comedy "Himmel, Scheich und Wolkenbruch"1) (1979)
sowie in dem Episodenfilm "Starke
Zeiten"1) (1988), wo er in dem
Segment "Verrückte
Zeiten"1) als er selbst in
Erscheinung trat → Übersicht Kinofilme.
Nach dem Ende von "Am laufenden Band" feierte Rudi Carrell im
Herbst 1981 mit "Rudis Tagesshow"1) ein erneutes
furioses Bildschirm-Comeback. Die von "Radio Bremen"1) produzierte Sendung
parodierte Nachrichten der "Tagesschau"1), zeigte authentische Bilder mit
vorgetäuschten Einblendungen und persiflierenden Kommentaren. Einen Skandal mit internationalem Ausmaß
und Morddrohungen erzeugte die Sendung vom 15. Februar 1987 anlässlich des achten Jahrestags der
"Iranischen
Revolution"1), als in einem Einspieler das
Staatsoberhaupt Ajatollah Ruhollah Chomeini1) parodiert wurde. In dem fiktionalen Ausschnitt wurde
Chomeini bei einer Kundgebung aus der Menge Damenunterwäsche zugeworfen und dieser wühlte darin herum (Nahaufnahme der Hände
in der Unterwäsche). Durch die politischen Konsequenzen wurde "Rudis Tagesshow" selbst Thema der echten
"Tagesschau" der ARD. Unmittelbar nach der Ausstrahlung verlangte der iranische Botschafter eine
Entschuldigung der Bundesregierung. Am Tag nach der Ausstrahlung wurde der deutsche Botschafter
von der iranischen Regierung einbestellt, das "Goethe-Institut"1) in
Teheran1)
geschlossen und die
Flüge nach Deutschland gestrichen. In einer offiziellen Erklärung distanzierte sich die Bundesregierung
von dem Sketch, den man "nicht billige", ihn bedaure und ihn
"für geschmacklos gehalten" habe. Gegen Rudi Carrell und
dessen Familie gingen Morddrohungen ein und er erhielt vorübergehend Personenschutz. Carrell bezeichnete
die Zeit nach dem Skandal als "die schlimmste Woche meines Lebens" und entschuldigte sich für den Beitrag.
Die ARD sendete den Sketch seither nicht mehr, weder bei Wiederholungen der Show, noch bei Best-of-Folgen
oder Zusammenschnitten. In der nächsten Ausgabe nach Ausstrahlung des Ajatollah-Gag (also am 22. Februar 1987) wurde
extra Horst Tappert alias Oberinspektor
Derrick1) eingeladen und erschien am Anfang der Show. Er sollte
feststellen, ob es für Carrell sicher wäre, das Studio zu betreten. Das Ende der Serie kurz
darauf stand damit aber laut Biographie in keinem Zusammenhang.
(Quelle: Wikipedia,
Stand: 18.05.2025)
Im selben Jahr wie "Rudis Tagesshow" startete
beim WDR1) die 45-minütige Sendung "Rudi kann’s nicht lassen",
die bereits 1980 unter dem Titel "Rudi kan het niet laten Liedjesprogramma"
im "Niederländisches Fernsehen"1) (VARA)
gezeigt wurde. Mit "Die verflixte 7"1), der deutschen Version
der im niederländisches Fernsehen (KRO1))
gezeigten wöchentlichen "De 1, 2, 3 Show"1) (1983/84),
flimmerte ab 7. April 1984 flimmerte eine
weitere Spielshow zur besten samstäglichen Sendezeit über die
Bildschirme,
die an den Erfolg von "Am laufenden Band"1) anknüpfen sollte.
Erstmals konnten Kandidaten/Kandidatinnen größere Preise wie Autos oder Häuser gewinnen,
der Carrells Satz "Das wäre Ihr Preis gewesen" klingt noch heute
vielen im Ohr. Danach präsentierte er ab Anfang Oktober 1987 die
Flirt-Show"Herzblatt"1)
128 Mal bzw. sechs Staffeln lang (bis 23.04.1993) sowohl in der ARD1)
als auch im ORF. Mit der Neuauflage seiner "Rudi-Carrell-Show" erhielt
der sympathische Entertainer 1988 wieder einen Samstagabend im ARD-Programm,
eine Sendung, die eher unter dem Titel "Lass Dich überraschen"1)
in die Annalen der Fernsehgeschichte eingegangen ist. Ab 5. März 1988
erfüllte Carrell Menschen aus dem Publikum Herzenswünsche, die
Wiederzusammenführung von Familienangehörigen oder verloren gegangenen
Freunden war ein weiterer Bestandteil der Sendung und ging nicht nur den
Zuschauern/Zuschauerinnen zu Herzen.
Das Foto wurde mir freundlicherweise von der Fotografin
Virginia Shue
(Hamburg) zur Verfügung gestellt.
Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
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Unbekannte Künstler/-innen imitierten Musikstars, für wenige wie Mark Keller1),
der der 1989 als Dean Martin auftrat,
wurde die
Reihe zum Sprungbrett für eine anhaltende Schauspielerkarriere.
Unvergessen bleibt Carrells Anmoderation "Eben noch in der Werkstatt
(je nach dem Metier des Kandidaten) jetzt auf unserer Showbühne!".
Bei fernsehserien.de2)
kann man lesen: "Titelsong der Show war das von Carrell selbst
gesungene "Lass dich überraschen, schnell kann es geschehen, dass auch
deine Wünsche in Erfüllung gehen". Durch dieses berühmte Lied ging
die Show auch als "Lass dich überraschen" in den Sprachgebrauch
ein. Das machte sich das ZDF1) vier Jahre nach dem Ende von Carrells Show zu
Nutzen und gab einer neuen Show mit gleichem Überraschungskonzept genau
diesen Titel. Carrells Sendung lief etwa siebenmal im Jahr und war während
ihrer Laufzeit nach "Wetten, dass
?"1) die erfolgreichste
Samstagabendshow, Carrell neben Thomas Gottschalk1) der beliebteste
Showmaster. Als Carrell zu RTL1) wechselte, endete die Reihe nach 33 Ausgaben."
Der Niederländer war unermüdlich, setzte seinen Ideenreichtum für neue, wenn auch
kurzlebige Formate ein. Mit Sendungen wie "Rudis Tiershow"3) (ARD
1993/94), "Die Post geht ab!"1) (RTL 1993,
in Kooperation mit der "Deutschen
Bundespost"1) zur Einführung der
fünfstelligen Postleitzahl), "Rudis Urlaubsshow"3) (RTL 19941997) und
"Rudis Hundeshow"3) (RTL 1996) begeisterte der Fernsehliebling
dennoch ein Millionenpublikum. Ab 1996 landete Carrell mit dem satirischen Wochenrückblick
"7 Tage 7 Köpfe"1) einen weiteres
Fernseh-Highlight beim Privatsender RTL. Die Comedy-Reihe verarbeitete jede Woche humoristisch die
wichtigsten Schlagzeilen der zurückliegenden sieben Tage, zur
Stammbesetzung zählten neben Rudi Carrell die Comedians Mike Krüger1),
Kalle Pohl1),
Gaby Köster1),
Bernd Stelter1)
sowie Oliver Welke1), der Ende 2002 den Stammplatz von Rudi Carrell übernahm,
als Moderator fungierte Jochen Busse1). Der siebte Platz (manchmal auch ein
oder zwei Stammplätze) wurde jede Woche von einem Prominenten aus dem
Bereich des Kabaretts oder der Comedy ausgefüllt. Wegen nachlassender
Zuschauerresonanz wurde die Sendung schließlich nach knapp 10 Jahren am 30. Dezember 2005
eingestellt. In dieser Sendung hatte Carrell auch seinen letzten, wenn auch
wortlosen Fernsehauftritt, als er Harald Schmidt1) ein Glas Wasser über die Hose
kippte.
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Rudi Carrell und Eartha Kitt
Das Foto wurde mir freundlicherweise von der Fotografin
Virginia Shue
(Hamburg)
zur Verfügung gestellt. Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
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Viele hatten nach seinem aktiven Rückzug von "7 Tage 7 Köpfe"
gehofft, dass Rudi Carrell bald mit einer neuen Idee auf den Bildschirm
zurückkehren würde, doch seitdem im November 2005 bekannt geworden war,
dass der starke Raucher an einer Lungenkrebserkrankung litt, glaubte Niemand
mehr daran.
Rudi Carrell zählt(e) ohne Zweifel zu den ganz Großen der TV-Unterhaltung und
prägte die deutsche Fernsehlandschaft. Zahlreiche Preise und Ehrungen
belegen sein außergewöhnliches Talent und die damit verbundene fünf
Jahrzehnte lang erfolgreiche Karriere. Neben der erwähnten "Rose von Montreux"1)
konnte Carrell alleine vier Mal einen "Bambi"1) (1975, 1979, 1980, 1998)
nach Hause tragen, weitere Auszeichnungen waren unter anderem der "Ehren"-Löwe
von Radio Luxemburg"1) (1975), der "Karl-Valentin-Orden"1) (1988) und
die "Ehrenrose" von Montreux (2001).
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Bereits 1985 war Carrell mit
dem "Bundesverdienstkreuz 1. Klasse"1) für seine "vorbildliche Arbeit bei der deutsch-holländischen Verständigung"
geehrt worden, die damalige Königin Beatrix1) ernannte ihn 2001 zum "Ritter im niederländischen Löwen-Orden"1)
("Ridder in de Orde van de Nederlandse Leeuw"). Die "Goldene
Kamera"1) erhielt er 1974, 1982 und 1991 sowie zuletzt am 2. Februar 2006
für sein "Lebenswerk". Carrell bedankte sich beim Publikum und ließ trotz schwacher und
heiserer Stimme keinen Zweifel aufkommen, dass Mitleid für seine Krankheit
fehl am Platz war. "Die Tatsache, dass ich hier heute Abend sein kann, verdanke ich vor allem
meiner Krankenkasse, dem "Klinikum Bremen-Ost"1) und der deutschen
Pharmaindustrie.", scherzte der Entertainer und fügte hinzu "Mit so einer Stimme kann man in Deutschland noch Superstar
werden." Aus tiefstem Herzen bedankte er sich bei seinen Zuschauern/Zuschauerinnen
"Es ist mir eine Ehre gewesen, in diesem Land und vor diesem Publikum Fernsehen machen zu dürfen".
Als er den Preis entgegennahm, wurde der von seiner Krankheit gezeichnete
Entertainer von den geladenen Gästen mit "Standing Ovations"
gefeiert, wohl ahnend, dass es einer der letzten öffentlichen Auftritte
Rudi Carrells sein würde → Liste der Auszeichnungen
bei Wikipedia.
Rudi Carrell bei der Verleihung der "Goldenen Kamera 2004"1)
Foto mit freundlicher Genehmigung von Bodo Petermann
© Bodo Petermann, BP PHOTO (www.bpphoto.de)
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Die letzten Monate lebte Carrell zurückgezogen auf seinem Anwesen in Syke1)
südlich von Bremen das 12 Hektar große Rittergut
Wachendorf1) mit einer alten Wassermühle, einem kleinen See und 7 Gebäuden
aus dem 17. und 18. Jahrhundert erwarb er bereits Mitte der 1970er Jahre. Bei einem
seiner wenigen öffentlichen Auftritte sprach er über den nahenden Tod:
"Ich werde noch lange als Wiederholung weiterleben", in einem Interview des Magazins der
"Süddeutschen Zeitung"1) sagte er "Ich habe mich mit meinem Tod
abgefunden" (
) Wie soll ich dann noch trauern? Ich muss dankbar sein. Ich habe so ein tolles Leben gehabt.
Ende. (
) Deutschland hat mir zehn Mal mehr gegeben, als ich mir je erhofft habe.
Ich verdanke diesem wunderbaren Land mein
Leben." Wenig Monate später erlag der Ausnahmekünstler
am 7. Juli 2006 im Alter von 71 Jahren im "Klinikum
Bremen-Ost" seiner
Krebserkrankung und trat für immer von der Showbühne ab. Zweieinhalb
Wochen nach dem Tod Carrells, der zu den letzten großen Showmastern im
deutschen Fernsehen zählte, fand die Beisetzung auf dem "Friedhof
in Heiligenfelde"1) im Ortsteil Heiligenfelde1)
der niedersächsischen Stadt Syke im engsten Familienkreis statt; Carrell selbst hatte den Wunsch geäußert, dass es keine offizielle Trauerfeier
geben solle → Foto der Grabstelle bei Wikimedia Commons.
Entsprechend seinem letzten Wunsch wurde die Urne seiner zweiten Ehefrau
Anke umgebettet und ruht jetzt neben seiner auf dem Friedhof.
Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Weggefährten und Freunde
würdigten die Leistungen des Allround-Genies: "Mit Rudi Carrell verlieren wir einen Showmaster im besten Sinne des
Wortes", hieß es in einem Kondolenzschreiben des damaligen Bundespräsidenten
Horst Köhler1). Er habe
"die Fernsehunterhaltung in Deutschland geprägt mit seinem Witz, seinem charmanten Akzent,
seiner Nähe zum Publikum, aber auch seinem Mut, immer wieder Neues zu
wagen". "Mit Rudi Carrell verliert die deutsche Medienlandschaft eine ihrer
prägendsten Persönlichkeiten", sagte der damals amtierende Intendant von
"Radio
Bremen"1), Prof. Heinz Glässgen1),
ZDF-Intendant (20022012) Markus Schächter1) würdigte das "TV-Urgestein Rudi Carrell" als
ein "Vorbild für alle nach ihm kommenden Generationen von Showmastern und
Entertainern". "Der Holländer" des deutschen Fernsehens habe vor und hinter
der Kamera Maßstäbe in Professionalität und Kreativität der Fernsehshow in Europa gesetzt.
"Ich habe ihn immer verglichen mit den großen Entertainern seiner Zeit, das waren
Peter Frankenfeld und
Hans-Joachim Kulenkampff, dann kam der Rudi. Der Rudi war einfach frecher als andere,
kreativer", sagte Showmaster Frank Elstner1)
im "SWR2 Journal". WDR-Intendant (19952007) Fritz Pleitgen1) bezeichnete Carrell als
"großen Entertainer". Er habe die ARD-Unterhaltung über drei Jahrzehnte lang mit geprägt. Mit
"Am laufenden Band", aber auch mit "Rudis Tagesshow" oder
"Die verflixte 7" habe Carrell Fernsehgeschichte geschrieben. Der Fernsehsender RTL sagte über den
Künstler:
"Über Jahrzehnte setzte er Maßstäbe in der deutschen TV-Unterhaltung, spürte Trends in der Comedy
auf und war dabei immer Vorbild für junge
Kollegen." Anlässlich von Carrells Tod strahlte die ARD am 10. Juli 2006 die 90-minütige Dokumentation
"Rudolf Wijbrand Kesselaar genannt Carrell"3)
mit dem Untertitel "Fast ein Selbstporträt" von Klaus Michael Heinz1) aus, eine erweiterte Fassung von dessen gleichnamigen,
ursprünglichen Doku (18.12.1999) zum 65. Geburtstag.
Carrell hinterließ seine dritte Ehefrau, die 34 Jahre jüngere
Magdeburger Hotelfachfrau
Simone Felischak, die er 1995 beim Golfspiel
in Bad Griesbach im Rottal1) kennengelernt und
am 7. Februar 2001 unter Ausschluss der Öffentlichkeit im australischen
Sydney1)
geheiratet hatte. Die erste, am 16. Mai 1957 geschlossene Ehe des Künstlers
mit der Niederländerin Truus de Vries endete im Dezember 1973
vor dem Scheidungsrichter; aus der
Verbindung gingen die Töchter Annemieke (* 1958) und Caroline (* 1962)
hervor.
Carrells zweite Verbindung mit Anke Bobbert (1940 2000), Tochter
eines Schneidermeisters, mit der
er seit 1968 liiert war, wurde am 1. Februar 1974 legalisiert. Obwohl das
Paar sich später auseinander gelebt und Carrell eine langjährige Beziehung
mit der Drehbuchautorin/Produzentin Susanne Hoffmann (1960 2003), die zugleich Geschäftsführerin seiner Firma war,
einging, ließ sich der TV-Star nicht scheiden, da seine Frau an
schwerem Rheuma litt. Am 23. Februar 2000 starb Anke Bobbert mit nur 59 Jahren an Herzversagen;
aus dieser Beziehung stammt der am 3. Juni 1977 geborene Sohn Alexander Kesselaar, der in Australien
lebt und als Fotograf arbeitet → kess.gallery. Bald nach dem Tod von Carrells Ehefrau
Anke kam es nach 15 gemeinsamen Jahren im Frühjahr 2000 zudem zur Trennung von Susanne Hoffmann, die im
Alter von nur 43 Jahren am 6. April 2003 den Folgen eines inoperablen
Gehirntumors erlag.
Bereits 1979 veröffentlichte Carrell seine lebendig-witzige
Autobiografie unter dem Titel "Gib mir mein Fahrrad wieder"
(niederländisch: "Mijn fiets terug") und beschreibt darin auch konkret seine Anfänge als Entertainer, die er auf
den 17. Oktober 1953 datiert: "Ich teilte meinem Publikum mit,
dass ich Rudi Carrell hieß, erzählte ein paar Witze und kassierte 50 Gulden."
Von Susanne Schult erschien im November 2000 im Verlag
"Der Andere Verlag" die Dissertation "Rudi Carrell: Das Image eines Stars in der
Geschichte des deutschen Fernsehens".
Der Verlag sagt zu der Veröffentlichung: "Nicht weniger als 2000 Artikel wertet die Autorin
qualitativ aus, um Aussagen über die Kriterien des Erfolgs treffen
zu können. Werkanalysen exemplarisch ausgewählter Sendungen vermitteln
einen Eindruck, wie es dem Entertainer gelingen konnte, ein Millionenpublikum zu
unterhalten. Ein Interview mit Carrell selber sowie ein ausführliches Werkverzeichnis
runden die Untersuchung ab."
Anfang August 2006 erschien im "C. Bertelsmann Verlag"1) die Biografie "Rudi Carrell. Ein Leben für die Show", die
der Kultur- und Filmwissenschaftler Jürgen Trimborn1)
in enger Zusammenarbeit mit dem
Unterhaltungsgenie verfasste und die Carrells Wunsch gemäß zeitgleich
auch in niederländischer Übersetzung publiziert wurde. "
Anhand von Carrells Lebensstationen
zeichnet Trimborn eine der erstaunlichsten Karrieren des deutschen Fernsehens nach.
Dabei wird deutlich, dass Carrell immer ein Star zum Anfassen geblieben ist,
selbstironisch, niemals anbiedernd, ohne Scheu vor ungeliebten Wahrheiten.
Nicht umsonst bezeichnen ihn Showgrößen wie Harald Schmidt1),
Alfred Biolek1) oder
Thomas Gottschalk1) als
ihr großes Vorbild. Erstmals spricht Rudi Carrell in diesem Buch freimütig
über sein Privatleben, so beispielsweise über seine Kindheit und Jugend im von
den Deutschen besetzten Holland, über seine Eltern, die sich im Widerstand engagierten.
Außerdem konnte Trimborn mit Carrells Kindern, seiner Frau und Menschen aus seinem engsten Umfeld sprechen."
(Quelle: amazon.de)
Ein Denkmal bzw. eine Bronze-Büste erinnert in seiner
Geburtsstadt Alkmaar1) an
den legendären Entertainer. Wikipedia führt aus:
"Kurz vor seinem Tod saß Rudi Carrell für eine Bronze-Büste des Bildhauers
Carsten Eggers Modell.
Das Kunstwerk wurde noch zu seinen Lebzeiten fertig und später auf dem
"Rudi Carrellplaats"1) in seiner
Geburtsstadt Alkmaar aufgestellt. Die Einweihung fand am 7. Juli 2007, Carrells erstem Todestag, statt.
Der Platz liegt an jener Stelle, an der die Bühne des 1993 abgerissenen Theaters
"Het Gulden Vlies" stand,
und damit dort, wo Carrells erster öffentlicher Auftritt stattfand. Im November 2016 wurde die Büste
am alten Standort abmontiert und am "Grand Café Gulden Vlies", direkt an der
belebten Fußgängerzone, montiert. Begründet wurde dies, weil der Showmaster
zu Lebzeiten eher das Publikum suchte als die Ruhe und Stille, die den alten
Standort auszeichnete; die Benennung des "Rudi Carrellplaats" blieb unberührt."
Fast die gesamte Carrell-Familie war dabei, als das Kunstwerk erstmals der Öffentlichkeit übergeben wurde."Papa, jetzt lebst du bis in
alle Ewigkeit für Deine Fans
weiter." Mit diesen Worten enthüllte Rudi Carrells Tochter Annemieke Kesselaar das Denkmal ihres
Vaters → wikinews.org.
Ein weitere "Erinnerungsstätte" ist seit 3. Juli 2006 eine Bronzeplatte mit dem Abdruck der Hände von Rudi Carrell
auf der sogenannten "Mall of Fame"1)
am Boden unter dem Glasdach der 250 Meter
langen "Lloyd-Passage"1)
im Zentrum der Hansestadt Bremen1)
→ Foto bei Wikimedia Commons.
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Die 2006 von Bildhauer
Carsten Eggers1)
geschaffene
Rudi-Carrell-Büste
Quelle: Wikimedia
Commons |
Das "Rudi-Carrell-Denkmal" wurde am 7. Juli 2007auf dem
"Rudi Carrellplaats" in Alkmaar (Holland) enthüllt eingerahmt von den
Carrell-Töchtern Caroline (l.) und Annemieke Kesselaar sowie
Rudi Carrells Bruder Aad Kesselaar.
Quelle: Wikimedia
Commons |
Urheberin: © Ilona Eggers
(Egno): Lizenz: CC-BY-SA 2.0
bzw. CC BY-SA 2.5 |
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