Als die gute alte Flimmerkiste noch Bilder in schwarz-weiß in die Wohnstuben brachte, wurde den Zuschauern ab 28. Oktober 1956 nach der "Tagesschau" eine Sendung präsentiert, die sich anfangs "Ein Platz für wilde Tiere" (später "Ein Platz für Tiere") nannte, live moderiert von dem Direktor des Frankfurter Zoos, Professor Dr. Bernhard Grzimek. Der Titel war nach Grzimeks Bestseller "Kein Platz für wilde Tiere" (1954) bzw. dem von Grzimek und Sohn Michael anschließend realisierten gleichnamigen Dokumentarfilm gewählt worden → filmportal.de. Trotz anfänglicher Skepsis geriet die in Farbe gedrehte Dokumentation nicht nur zum finanziellen Erfolg, gewann 1956 bei den "6. Internationalen Filmfestspielen Berlin" in den Kategorien " Internationaler Dokumentarfilm" und " Publikumspreis" jeweils einen "Goldenen Bär"1), wurde in 63 Ländern (u. a. im damaligen Ostblock, in der Volksrepublik China und in Japan) gezeigt. Die Autoren thematisierten mit diesem legendären Film in eindrucksvollen Bildern die Eindrücke der Kongo-Expedition, welche Vater und Sohn im Jahre 1954 gemeinsam unternommen hatten; den Kommentar sprach der Schauspieler Viktor de Kowa2).
Hatte die Sendezeit der vom "Hessischen Rundfunk" (HR) bzw. Martin Jente1) produzierten TV-Reihe anfänglich nur 15 Minuten betragen, wurde diese mit wachsender Beliebtheit des Moderators bzw. der Thematik nach und nach auf 45 Minuten ausgedehnt und erhielt zu Beginn der 1970er Jahre einen festen Sendeplatz jeweils Dienstags um 20:15 Uhr → fernsehserien.de.
Innerhalb kurzer Zeit gehörten die Gepardin "Cheetah" und andere exotische Tiere wie beispielsweise Schimpansen oder Stachelschweine, die Grzimek regelmäßig begleiteten, zu den Lieblingen der bundesdeutschen Nation. Grzimek selbst wurde landesweit bekannt, die Sendung zur erfolgreichsten der Welt. 175  Folgen bzw. rund 30 Jahre lang begrüßte Grzimek sein Publikum mit den Worten "Guten Abend, meine Freunde", klärte über Missstände und Tierquälerei wie Massentierhaltung in Hühnerfarmen oder das Abschlachten kanadischer Robben-Babys für die Pelzindustrie auf, sensibilisierte für den Tier- und Naturschutz. Er legte sich mit der Pelzindustrie an, wandte sich zusammen mit dem Zoologen und Meeresforscher Hans Hass1) gegen die Unterwasserjagd mit Harpunen oder setzte die Reiseveranstalter unter Druck, erste Charterreisen in afrikanische Nationalparks anzubieten.

Prof. Grzimek mit Gepard "Gheeta" in der 140. Folge von
"Ein Platz für Tiere" am 20. September 1977
Foto mit freundlicher Genehmigung des Hessischen Rundfunks (Pressestelle)
© hr/Kurt Bethke

Prof. Grzimek mit Gepard "Gheeta" in der 140. Folge von "Ein Platz für Tiere" am 20. September 1977; Foto mit freundlicher Genehmigung des Hessischen Rundfunks (Pressestelle); Copyright hr/Kurt Bethke
Die Schlagworte "Umweltschutz" oder Ökologie" waren zur damaligen Zeit noch recht unbekannt, ganz zu schweigen von entsprechenden Organisationen. Von einigen als betulicher, oberlehrerhafter Fernseh-Onkel abgetan, der mit seinem nasalen Tonfall gegen die Ausbeutung der Natur wetterte, trug Grzimeks Appell ganz wesentlich zu einem langfristigen Umdenken bei.
1980 sollte die mehrfach ausgezeichnete Sendung – Goldener Bildschirm1) (1959), Goldene Kamera1) (1969), Bambi1) (1973) –  eigentlich nach 150 Folgen eingestellt werden, doch auf Drängen der Zuschauer wurden ab 1981 noch weitere 25 Folgen ausgestrahlt. Wer war dieser Bernhard Grzimek, der Jung und Alt vor dem Fernseher faszinierte und vollkommen unspektakulär ein Millionenpublikum mobilisierte, der von der Fernsehzeitschrift HÖRZU 1969 als "bester TV-Hauslehrer" bezeichnet wurde und Spenden für den Naturschutz, vor allem für verschiedene Naturschutzprojekte in Afrika, in Höhe von 30 Millionen DM sammelte?
  
Bernhard Grzimek wurde am 24. April 1909 als Bernhard Klemens Maria Grzimek, Sohn des Rechtsanwalts und Notars Paulfranz (Paul Franz Constantin) Grzimek (1859 – 1912) dessen zweiten Ehefrau Margarete (1876 – 1936) als jüngstes von sechs Kindern im oberschlesischen Neiße geboren. Dort wuchs er auch gemeinsam mit seinen Geschwistern auf – Brigitte (1903 – 1937), Franziska (1904 – ?), Notker (1905 – 1945) und Ansgar (1907 – ?) sowie einer älteren Halbschwester namens Barbara aus der ersten Ehe des Vaters. Bereits in jungen Jahren interessierte er sich für Tiere, insbesondere für die Hühnerzucht. Er entschloss sich konsequenterweise für ein Studium der Veterinärmedizin und Zoologie in Leipzig, welches er 1932 in Berlin erfolgreich als "Dr. med. vet." beendete. Um sein Studium zu finanzieren, leitete er eine Geflügelfarm und einen landwirtschaftlichen Betrieb in der Nähe von Berlin. Nach dem Studium arbeitete er in den 1930er Jahren im Reichs-Landwirtschaftsministerium, wo er sich unter anderem mit Hühnerseuchen beschäftigte und seine Forschungen in mehreren Büchern veröffentlichte; parallel arbeitete Grzimek in der Verhaltenforschung und Tierpsychologie mit Affen, Wölfen und Pferden.
Mit Ausbruch des 2. Weltkrieges wurde er als Tierarzt zur Wehrmacht eingezogen, kümmerte sich vor allem um Pferde und führte auch hier erneut einige Studien durch.
Im März 1945 ging Grzimek auf der Flucht vor drohender Kriegsgefangenschaft nach Frankfurt a. Main und wurde am 1. Mai 1945 Leiter des völlig zerstörten zoologischen Gartens, der eigentlich geschlossen werden sollte; gemeinsam mit seinem Assistenten Dr. Richard Faust1) gelang ihm der Wiederaufbau und die Erweiterung des inzwischen weltbekannten Zoos. Bis zum April 1974 leitete er den Tierpark, sein Nachfolger wurde Dr. Richard Faust1) (1927 – 2000).
Neben seiner umfangreichen Tätigkeit als Zoodirektor unternahm Grzimek zusammen mit Sohn Michael ausgedehnte Forschungsreisen nach Afrika, Japan, Kanada, die UdSSR, Australien und Südamerika. So entstand nach seiner Buchvorlage auch der berühmte Dokumentarfilm "Kein Platz für wilde Tiere" (1954), der die afrikanische Tierwelt zeigte und den ungenügenden Schutz der tierischen Lebensgrundlagen anprangerte; 1956 wurde der Film mit zwei "Goldenen Bären" der Berliner Filmfestspiele ausgezeichnet. Mit dem Film "Serengeti darf nicht sterben"1) (1959) erreichten Bernhard und Michael Grzimek auch internationale Anerkennung, als erster Deutscher nach dem Zweiten Weltkrieg erhielten
Grzimek und sein Sohn 1959 einen begehrten "Oscar" für die "Beste Dokumentation". Ein Jahr später folgte der "Bundesfilmpreis" (Filmband in Silber), das gleichnamige Buch wurde in 23 Sprachen übersetzt. Der Film war in der ostafrikanischen Serengeti-Steppe gedreht worden und begleitete die letzten großen Wildherden dieser Gegend.
Bei den Dreharbeiten stürzte der als Kameramann fungierende Michael Grzimek1) am 10. Januar 1959 mit einer umgebauten Sportmaschine, die wegen seiner Bemalung "fliegendes Zebra" genant wurde, ab, als ein Geier in die Tragflächen geraten war. Michael Grzimek verstarb mit nur 24 Jahren, der junge Familienvater hinterließ seine Frau Erika sowie die beiden Söhne Christian und Stephan.

Auch nach seiner Pensionierung als Zoodirektor engagierte sich Bernhard Grzimek unermüdlich für den Tierschutz, unter anderem im "World Wildlife Fund"1) und im "BUND"1) (Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland), den er 1975 gemeinsam mit Horst Stern1) und 19 weiteren Umweltschützern gegründet hatte. Seine Arbeit für die "Zoologische Gesellschaft Frankfurt", dessen Präsident er seit 1971 war, führte dazu, dass diese sich zu einer der größten Naturschutzorganisationen entwickelte.
Zahlreiche Veröffentlichungen zeugen von Grzimeks unermüdlichen Einsatz für die Natur bzw. die Tiere des afrikanischen Kontinents, so z. B. "Unsere Brüder mit den Krallen" (1961), "Wildes Tier, weißer Mann" (1965) oder "Vom Grizzlybär zur Brillenschlange" (1974), vor allem aber ist die 13-bändige Enzyklopädie "Grzimeks Tierleben"1) zu nennen, dessen Herausgeber er ab 1968 war, und die weltweit zu den Standardwerken zählt; außerdem war er gemeinsam mit Konrad Lorenz
1) und Heini Hediger1) Herausgeber der Zeitschrift "Das Tier". Seine Auszeichnungen und Ehrungen, die er im Laufe der Jahre erhielt, sind bei Wikipedia nachzulesen. 2008 erfolgte die Umbenennung eines Teils der Frankfurter Straße "Am Tiergarten" in "Bernhard-Grzimek-Allee".
Gedenktafel für Bernhard Grzimek in seinem Geburtsort Neiße im heutigen Polen (polnisch Nysa); Urheber des Fotos: Wikimedia-User Bonio; Lizenz: CC BY-SA 3.0; Quelle: Wikimedia Commons Der unvergessene Tierarzt, Zoologe, Verhaltensforscher, Tierfilmer und Autor Professor Dr. Bernhard Grzimek, der zwischen 1970 und 1973 auch Beauftragter der deutschen Bundesregierung für den Naturschutz war, starb am 13. März 1987 in Frankfurt a. M plötzlich während des Besuches einer Zirkusvorstellung an Herzversagen. Er fand seine letzte Ruhe am Ngorongoro Krater (Tansania), wo auch Sohn Michael beigesetzt worden war → Foto der Grabstelle bei Wikimedia Commons.

Gedenktafel für Bernhard Grzimek
in seinem Geburtsort Neiße im heutigen Polen (polnisch Nysa)
Urheber des Fotos: Wikimedia-User Bonio; Lizenz: CC BY-SA 3.0
Quelle: Wikimedia Commons

Grzimek lebte seit seiner Pensionierung in Unterfranken, wo er eine Araber-Pferdezucht betrieb. Seit 1978 war er in in zweiter Ehe mit seiner verwitweten Schwiegertochter Erika verheiratet, aus seiner 1930 geschlossenen ersten Ehe mit Hildegard Prüfer (1911 – 1985) hatte er die Söhne Rochus (geb. 1931) und den tödlich verunglückten Michael, sowie den 1950 geborenen Thomas, einen farbigen Adoptivsohn, der in die Drogenszene abrutschte und sich 1980 das Leben nahm. Aus einer langjährigen, außerehelichen Beziehung mit einer Schauspielerin gingen Grzimeks Kinder Monika Karpel (* 1940) und Cornelius (* 1945) hervor. Enkel Christian Grzimek, der seinen Vater Michael nie kennengelernt hat, leitet heute die Naturbildagentur "OKAPIA"1), die sein Vater und Großvater 1954 als Produktionsfirma für Dokumentarfilme gegründet hatten → okapia.de.

Am 24. April 2009 wäre der legendäre Tierforscher Bernhard Grzimek 100 Jahre alt geworden. Unter dem Titel "Die Flügel der Väter – Mit der Do 27 auf den Spuren der Grzimeks" zeigte die ARD am 15. April 2009 eine Dokumentation über den legendären Vorreiter der Ökologiebewegung. Die Autoren Uwe Agnes und Bernd Siering begleiten Sohn Christian Grzimek beim abenteuerlichen Flug von Deutschland in die Serengeti und bei der Suche nach den Spuren, die seine legendären Väter hinterlassen haben, wie die ARD Mitte März in Köln mitteilte. Pünktlich zum 100. Geburtstag legte die Wissenschaftsjournalistin und Biologin Claudia Sewig die umfassende Biografie "Der Mann, der die Tiere liebte: Bernhard Grzimek" vor. Seine fantastischen Naturbilder haben unser Bewusstsein gewandelt. Sein Engagement war wegbereitend. "Er hat sich wirklich wahnsinnig viel getraut. Er hat viel gesagt. Als er die Überbevölkerung immer wieder angemahnt und für den Naturschutz geworben hat, war Deutschland in einer Zeit, wo es industriell aufwärts ging. Alles war interessant – die Wirtschaft, die Industrie, aber doch nicht der Naturschutz. Da hat er vehement und unbequem für solche Themen geworben", sagt Claudia Sewig. Bernhard Grzimek war Abenteurer, Karrierist und ein Visionär. (Quelle: www.3sat.de, Seite nicht mehr abrufbar)
 
Am 3. April 2015 wurde in der ARD der von Roland Suso Richter aufwendig in Szene gesetzte, rund dreistündige Spielfilm "Grzimek"1) ausgestrahlt, der das Leben des legendären Zoologen und Tierschützers (glänzend verkörpert von Ulrich Tukur1)) ab 1945 bzw. die nachfolgenden vier Jahrzehnte zeigt. Barbara Auer1) spielte Ehefrau Hilde Grzimek, Jan Krauter1) Sohn Michael und Katharina Schüttler1) Schwiegertochter bzw. Witwe Erika Grzimek. Das vielbeachtete, vielschichtige Biopic würdigt nicht nur Lebensleistung Grzimeks sondern zeigt auch die Facetten eines tatkräftig-zielstrebigen, aber auch widersprüchlichen Menschen, dessen Privatleben nicht unbedingt dem Zeitgeist entsprach bzw. der als Ehemann und Familienvater seine Schwächen hatte und am Ende des Lebens verbittert in Selbstzweifel versank. Ulrich Tukur spielt Grzimek "aber nicht allein als den energetischen Anstifter und mutigen Grenzüberwinder. Tukur zeigt auch mit Wonne den notorischen Weiberhelden und mit feiner Nuance den letztlich doch wohl unverbesserlichen Narzissten, der sich in Lieblingssohn Michael spiegelt, die Suggestionskraft der Bilder für sich ausnutzte und in seine live ausgestrahlte Fernsehsendung "Ein Platz für Tiere" ("Sie dürfen beruhigt sein, es passiert überhaupt nichts") schon mal ein pinkelndes Pinselschwein, eine meterlange Würgeschlange oder "possierliche" Raubkatze mitbrachte." schreibt unter anderem tittelbach.tv; weitere Kritiken bei www.stern.de, www.faz.net, www.welt.de.
Im Anschluss  zeigte die ARD um 23:00 Uhr die 30-minütige, mit privaten Archivbildern und Originalaufnahmen angereicherte Dokumentation "Grzimek" von Erika Kimmel und Bernd Isecke, in der unter anderem auch Enkel Christian sowie Weggefährten und Freunde zu Wort kamen. Anders als im Spielfilm werden auch die Jahre vor 1945 aufgezeigt, so zudem kurz Grzimeks NS-Parteiangehörigkeit gestreift, die er zeitlebens bestritt. "Wie widersprüchlich sein Leben als Artenschützer, Zoodirektor, TV-Star, als Familienvater und Ehemann auch war – in einem sind sich alle einig, die in der Doku zu Wort kommen: Ihm ist es zu verdanken, dass die Serengeti lebt, dass der Artenschutz ins Bewusstsein so vieler Menschen rückte. In dieser Hinsicht hatte Bernhard Grzimek keinen Grund, seine Leistung am Ende des Lebens in Frage zu stellen." schreibt www.daserste.de.

Siehe auch Wikipedia, Zoologische Gesellschaft Frankfurt, Zoo Frankfurt sowie
den Artikel "Der wahre Professor Grzimek" bei www.abendblatt.de

  
Am Rande sei noch die unvergessene Grzimek-Parodie erwähnt, in der "Loriot"2) als Professor Dr. Bernhard Grzimek im Studio die vom Aussterben bedrohte "possierliche kleine" Steinlaus vorführte, die während der Sendung steinerne Schreibtisch-Aschenbecher und Schalen pulverisierte. 1983 nahm das medizinische Wörterbuch "Pschyrembel" die Steinlaus (Petrophaga lorioti)) als fingierten Lexikonartikel (Nihilartikel) in sein Nachschlagewerk auf. Seitdem ist die Steinlaus ein bekanntes Beispiel des wissenschaftlichen Witzes → Wikipedia.
 
Link: 1) Wikipedia, 2) Kurzportrait innerhalb dieser HP
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