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Der erst 17-jährige Nowottny arbeitete ab 1946 zwei Jahre
lang bei der britischen Besatzungsmacht1) in
Bielefeld als Dienstverpflichteter in einem Pionierdepot und bei der
Post als Fremdsprachendolmetscher mit Prüfung, nebenbei verdiente er Geld als Schlagzeuger in einer Bar. Seine journalistische
Karriere begann 1948 als freier Journalist und Lokalreporter bei der
Bielefelder Tageszeitung "Freie Presse"1),
wechselte dann für drei
Jahre zur Bielefelder Hauptverwaltung der "Deutschen Eisenbahn-Versicherungskasse"1). Doch dann zog es ihn
zurück zum Journalismus, ab 1953 absolvierte er ein Volontariat
bei Tageszeitung "Freie Presse", wurde nach dem Abschluss als Redakteur
übernommen und schließlich 1959 Ressortleiter.
1962 ging Nowottny zum "Saarländischen
Rundfunk"1) (SR), wo er zunächst die TV-Hauptabteilung
"Wirtschaft und Soziales" leitete und mit der Sendung "Der Markt Wirtschaft für jedermann"
rasch einem breiten Publikum bekannt wurde; drei Jahre später ernannte
man ihn 1965 zum stellvertretenden Chefredakteur. Seit 1. April 1967
beim "Westdeutschen Rundfunk Köln"1) (WDR) beschäftigt,
fungierte er als stellvertretender Studioleiter des WDR-Büros in Bonn1),
welches er dann ab dem 1. Februar 1973 selbstverantwortlich leitete.
Foto: Friedrich Nowotny im Juni 1985
bei einer Veranstaltung in
Rheinbach
Urheber: Elke Wetzig (Elya);
Lizenz: CC BY-SA 3.0
Quelle: Wikipedia
bzw. Wikimedia
Commons |
Gleichzeitig war
Nowottny Chefkorrespondent und Kommentator bei der ARD1)
sowie Moderator des politischen Magazins "Bericht aus Bonn"1),
welches nicht zuletzt durch ihn zur Institution wurde.
Am 14. Juni 1985 berief man den 56-Jährigen zum Intendanten des
"Westdeutschen Rundfunks", ein Amt,
welches er bis 1995 überaus erfolgreich ausübte und damit maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der Rundfunk- und
Fernsehanstalten nahm. Dass der WDR als bundesweit erster Sender 1994 ein tägliches Vollzeitprogramm ausstrahlen
durfte, gilt als einer der größten Erfolge seiner
Amtszeit, in die auch der Start der Dauerserie "Lindenstraße"1), die Einführung des
ARD-Frühstücksfernsehens1) und der Radioprogramme
"Eins Live"1) sowie "WDR Radio 5"1) fiel. Zu seinen Aufgaben
gehörte auch ab 1991 der einjährige Vorsitz bei der ARD, in der Nowottny
maßgeblich zur Neugliederung der ARD nach der Wiedervereinigung beitrug und
die Fernsehlandschaft prägte. Ein Angebot von Bundeskanzler Helmut Kohl1)
dessen Staatssekretär zu werden bzw. das Amt des
Regierungssprechers zu übernehmen, lehnte er übrigens 1985 ab.
Doch vor allem durch seine lockere Berichterstattung in dem "Bericht aus
Bonn", mit der der scharfzüngige Polit-Kritiker zwölf Jahre lang
über den Sender ging und allwöchentlichen, jeden Freitagabend aktuelle Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik auf verständliche Art und
Weise erklärte, ist er den Fernsehzuschauern/-innen in nachhaltiger
Erinnerung geblieben. Seine kompetenten, manchmal treffend-ironischen Kommentare
machten ihn zu einem der beliebtesten TV-Journalisten und verhalf damit dem
Polit-Journalismus zu höherer Popularität. "Nowottny versuchte mit großer Freundlichkeit
und Selbstironie Politiker dazu zu bewegen, echte Antworten zu geben, und machte in 571 Sendungen die Verabschiedung
"Guten Abend. Das Wetter" zu einem Markenzeichen." vermerkt fernsehserien.de.
Als Studioleiter und Chefkorrespondent
begleitete er das politische Tagesgeschehen und brachte es in allgemein
verständlicher Form an den Mann bzw. die Frau; letztmalig moderierte er die
Sendung am 7. Juni 1985, gab die Sendung dann an seinen
Nachfolger Ernst Dieter Lueg
ab. Als legendär gilt ein Interview mit Bundeskanzler Willy Brandt1) vom 6. Juli 1971, das teilweise
aus langen Fragen und kurzen Ja-/Nein-Antworten bestand (Brandt war im Vorfeld gebeten worden, sich
möglichst kurz zu fassen). Berühmt wurde auch der häufig benutzte Einleitungssatz
"Wissen Sie, Herr Nowottny
"
von Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller1), bei Antworten auf Interviewfragen. (
) Ebenso gilt
Nowottny als
Verantwortlicher dafür, dass Herbert Wehner wieder mit den Journalisten der ARD redete, nachdem
Wehner sich über Ernst Dieter Lueg geärgert hatte und nicht mehr mit der ARD reden wollte." kann man bei Wikipedia lesen.
(Anm.: Wehner redete Lueg damals mit "Herr Lüg"
an, das gedehnte "e" in Luegs Namen absichtlich (?)
ignorierend. Der Journalist konterte schlagfertig: "Vielen Dank f¨r
diese Zwischenkommentierungen, Herr Wöhner".)
Friedrich Nowottny 2002 in Bonn,
fotografiert bzw. zur Verfügung
gestellt von Stuart Mentiply
(www.mentiply.de); © Stuart Mentiply |
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Seit seiner Pensionierung am 30. Juni 1995 bzw. Übergabe des WDR-Chefpostens an
Fritz Pleitgen1)
übernahm Friedrich Nowottny,
dem unter anderem für seine Leistungen das "Bundesverdienstkreuz
am Bande"1) (1979) und das "Große
Bundesverdienstkreuz" (1986) verliehen wurde, immer wieder
verschiedene
Aufgaben für das Fernsehen. So erlebte man ihn beispielsweise bei der
"Bundestagswahl 2002"1)
als Kommentator bei "RTL-Aktuell"1), und auch in diversen Talk-Shows ist/war er
immer wieder ein gefragter Diskussionspartner, dessen profunde, politischen
Kenntnisse eine Bereicherung für jede Gesprächsrunde sind. Für
Sandra Maischberger1) übernahm er am
13. März 2007
die Elternzeitvertretung in deren Sendung "Menschen bei Maischberger"1) zum Thema
"Politik regiert Volk frustriert?" mit unter anderem dem ehemaligen Bundespräsidenten
Roman Herzog,
der ehemaligen Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein1)
Heide Simonis1) und dem
Journalisten Hans-Ulrich Jörges1) → presseportal.de. Er
betätigt(e) sich als Berater in Medienfragen, meldet sich in Radio- und Zeitungskolumnen zu Wort, hält außerdem Vorträge zu den
Themen Kommunikation und Analysen zur politisch-ökonomischen Situation in Deutschland.
Zu den von Nowottny veröffentlichen Büchern zählen unter anderem "Information und Verantwortung. Gespräche, Reden,
Schriften 1985 bis 1995"
sowie "Der Allgemeinheit verpflichtet" mit seinen Reden vor dem
"Rundfunkrat" des WDR.
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Nach dem "Steiger
Award"1) (2005, Bereich
"Medien") und dem Journalistenpreis
"Goldener Pometheus"1) für sein Lebenswerk
würdigte man das Lebenswerk des ehemaligen WDR-Intendanten am 20. Oktober 2006 bei
der Gala zur Verleihung des "Deutschen
Fernsehpreises"1) im Kölner "Coloneum"1) mit dem "Ehrenpreis der Stifter"
erneut. Die von Jörg Pilawa1)
moderierte Veranstaltung wurde als Aufzeichnung in der ARD
ausgestrahlt.
Kein geringerer als der damalige Bundespräsident Horst Köhler1)
überreichte die Auszeichnung und sagte in seiner Laudatio unter anderem:
"Als Sie mit dem
"Bericht aus Bonn" auf Sendung gingen, da war die Fernsehwelt
in Deutschland noch schwarz-weiß beziehungsweise, was Politisches anging , gelegentlich
ziemlich grau in grau. Bei Ihnen dagegen wurde man den Eindruck nicht los, man hätte schon
Farbfernsehen." → Auszeichnungen bei Wikipedia.
Anlässlich des 80. Geburtstages des Vollblutjournalisten am 16. Mai 2009 zeichnete Autor Mathias Haentjes
mit "Happy Birthday Mr. Bonn" für das WDR-Fernsehen ein umfassendes Portrait
des Ausnahmejournalisten und ehemaligen Intendanten. Friedrich Nowottny ist immer noch
"Mister Bonn". Kaum zu glauben, dass er am 16. Mai 2009 achtzig Jahre alt wird. Denn seinen
jugendlichen Charme hat er sich erhalten. Nowottny kommentiert auch heute mit Geist, Witz und einem wohldosierten Quentchen Sarkasmus.
Wenn es in diesen Wochen um den Rückblick auf 60 Jahre Grundgesetz1) geht, wenn Reminiszenzen
an die Bonner Republik gefragt sind, wenn
die Geschichte des "Bundesdorfes" wieder auflebt, kann und will man
nicht auf ihn verzichten: Friedrich Nowottny, den langjährigen Leiter des ARD-Studios Bonn und
klugen, witzigen und intensiven Begleiter der Bonner Politik. Zudem ist
gerade jetzt, in Zeiten der Krise, ist sein Sachverstand als Politik- und
Wirtschaftsjournalist besonders gefragt. Der Terminkalender ist nach wie vor
voll: Vorträge, Diskussionsveranstaltungen, Fernsehauftritte und
Zeitungsartikel. Seine "journalistische Ich-AG" , wie er sich
selbst bezeichnet, hat Hochkonjunktur. Anlässlich des runden Geburtstages
widmet das WDR-Fernsehen der "Ära Nowottny" diesen Film. (Quelle:
presseportal.de; Artikel nicht mehr online)
WDR-Intendantin (20072013) Monika Piel1) würdigte Nowottnys Verdienste, fast vierzehn Jahre
nach seiner Intendantenzeit sei er noch immer ein hervorragender Botschafter für den WDR, den er
selbst so lange mit gestaltet habe.
"Als Journalist haben Sie die Berichterstattung über die
Bonner Republik entscheidend geprägt. Ihre kritische Haltung,
Ihr berühmt-berüchtigtes Nachhaken und Ihr unabhängiger Geist
haben journalistische Maßstäbe gesetzt, denen wir im WDR uns auch heute noch verpflichtet fühlen."
(Quelle: www.wdr.de; Seite nicht mehr abrufbar)
Am Rande seien Nowottnys Ausflüge in das Unterhaltungsgenre erwähnt, so trat
er in der "Tatort"1)-Folge
"Kressin
und der Mann mit dem gelben Koffer"1) (1972)
mit Sieghardt Rupp
in der Rolle des Zolloberinspektors Kressin1)
in Erscheinung Ernst Dieter Lueg
zeigte sich hier ebenfalls mit einem Gastauftritt. In dem Kinostreifen
"Die Antwort kennt nur der Wind"1) (1974) nach dem gleichnamigen
Bestseller von Johannes Mario Simmel1)
tauchte er kurz als TV-Ansager auf, in der Satire-/Comedy-Show "Schmidteinander"1) mit
Harald Schmidt1) und
Herbert Feuerstein1)
am 12. September 1993 als
"Kassenwart" und in der "Lindenstraße"1)-Episode "Menschenrechte"2) am 10. Dezember 1995 als Handwerker.
Unvergessen bleibt der Zeichentrick-Sketch von
Vicco von Bülow alias "Loriot",
in dem Nowottny Helmut Schmidt1) interviewt (gesendet 1976 in
"Loriots Sauberer Bildschirm"1): "Politikerinterviews").
Friedrich Nowottny, der am 16. Mai 2024 seinen 95. Geburtstag
beging, ist seit 1956 mit Ehefrau Gisela verheiratet; aus der Verbindung gingen zwei Töchter hervor.
Das Ehepaar wohnt nachdem es fast 50 Jahre in Buschhoven1),
einer Ortschaft der Gemeinde Swisttal1)
gelebt hatte in der Bonner Südstadt1)
nahe des "Poppelsdorfer Schlosses"1);
mittlerweile ist Nowottny Urgroßvater von Zwillingen.
Seit 2010 unterstützt auch er als einer der Paten/Patinnen das "Kinderhospizes
Bethel"1) für unheilbar erkrankte
Kinder → kinderhospiz-bethel.de.
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