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Hanns Dieter Hüsch wurde am 6. Mai 1925
im niederrheinischen Moers1)
als Sohn eines preußischen Beamten geboren, der zum Verwaltungsdirektor der Kreisverwaltung in Moers
aufgestiegen war. "Bis zum Alter von 14 Jahren musste sich Hüsch wegen einer
Missbildung seiner Füße mehreren Operationen unterziehen. Er war
gezwungen, in unförmigen Filzpantoffeln herumzulaufen, da ihm keine
Schuhe passten, und er konnte dadurch kaum mit anderen Kindern spielen.
Als sportliche Betätigung waren ihm allenfalls Schwimmen und Radfahren
möglich. "Ein schweres klinisches Erlebnis", erinnerte er
sich später, "man fühlte sich sehr schnell alleine." In
dieser Zeit begann Hüsch erste Texte zu verfassen. Nachdem er 1943 am
"Gymnasium
Adolfinum"1) in Moers sein
Notabitur abgelegt hatte, blieb ihm aufgrund seiner Erkrankung der
Kriegsdienst erspart. Als Jungkabarettist bespiegelte er mit dem Lied
"Ich bin ja so unmuskulös" seine körperlich-seelische
Disposition selbstironisch." notiert Wikipedia.
Auf Wunsch
der Eltern schrieb sich Hüsch nach Ende des 2. Weltkrieges an der "Universität
Gießen"1) zunächst
für ein Medizinstudium ein, welches er jedoch nach einem Semester
zugunsten eines Studiums der Theater- und Literaturwissenschaft sowie
Philosophie an der
"Johannes Gutenberg-Universität Mainz"1) abbrach, mit dem Ziel,
Opern-Regisseur zu werden. Da seine Liebe von jeher der Kleinkunst galt, widmete er sich
während dieser Zeit mehr dem Mainzer Studentenkabarett "Die
Tol(l)eranten" und gab schließlich das "Studieren" ganz
auf.
Foto (auch Hintergrund): Urheber Wilfried
Wittkowsky (GNU-FDL-Lizenz)
Das Foto wurde aus dem zentralen, mehrsprachigen
Dateiarchiv
"Wikimedia Commons" eingebunden.
Licenz: CC BY-SA 3.0
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Er konzentrierte sich nun ganz auf seine Arbeit als Kabarettist
und als sich "Die Tol(l)eranten" 1949 auflösten, begann die
Karriere des Hanns Dieter Hüsch mit Soloprogrammen, deren Texte
aus seiner Feder stammten. 1950 erregte er mit seinem ersten Soloprogramm
"Das literarische Klavier" Aufsehen und rasch avancierte der
Mann mit dem sprachlichen Witz zu einem der wichtigsten und
herausragendsten Vertreter der deutschen Kabarettszene. 1956 gründete er
in einem Mainzer Keller die "arche nova", die er 1962
wieder verließ, um weiter als Solist zu arbeiten.
Seine
Domäne war nicht das politische Kabarett, sondern wortgewandt entlarvte er
in seinen Programmen Kleinbürger- und Spießertum. Nicht immer wurden
seine gesellschaftskritischen Angriffe verstanden, vor allem die 1968er-Generation degradierte seine "Kleinbürgerdramen"
als "Kitschgemüt mit Goldbrokat" und so zog sich Hüsch
zeitweise aus Deutschland zurück und trat vorübergehend nur noch in der
Schweiz1) auf,
wo er auch einige Jahre lebte.
Mitte der 1970er Jahre erfand er die Kunstfigur des nörgelnden Pedanten und spießigen
Angebers "Hagenbuch", der zu seinem Markenzeichen wurde und
Hüsch bundesweit bekannt werden ließ. Die als "Eine Familiengeschichte mit Musik"
untertitelte Serie "Goldener Sonntag"2),
die zwischen 1976 und 1978 in der ARD ausgestrahlt wurde, trug
ebenfalls viel zur Popularität Hüschs bei. "Die Serie spielte in Echtzeit zur Sendezeit
am Sonntagvormittag. Die ersten Folgen waren eine halbe Stunde lang und begannen um 11:30 Uhr, ab Folge 4 dauerte jede Folge 45 Minuten und begann
eine Viertelstunde früher. Der eingeschaltete
"Sonntagswecker" war fiktiv, der Moderator echt (zumindest trat er unter seinem echten Namen auf,
wie aber auch alle anderen Charaktere zumindest ihre Vornamen behielten; ein Familienname wurde nie genannt)."
kann man bei fernsehserien.de lesen. Mit Programmen wie "Das neue
Programm" (1980), "Und sie bewegt sich doch" (1985) oder
"Am Niederrhein" (1986) schuf sich das "schwarze Schaf
vom Niederrhein" eine eingefleischte Fangemeinde.
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Den niederrheinischen Kleinbürgermief beschrieb Hüsch stets mit einem Augenzwinkern und einmaliger sprachlicher Prägnanz, zog aber nie über ihn
her. Immer wieder prangerte er in seinen Programmen auch Rechtsradikalismus
oder unsägliche Kriegssituationen der Welt an.
Als Vertreter des literarisch-poetischen Kabaretts arbeitete der
Kabarettist mit lyrischen, parodistischen, grotesken und absurden
Stilmitteln. So begleitete er seine phantasievollen Wortassoziationen und Sprachspiele
über Jahre hinweg immer wieder auf einer kleinen Heimorgel.
Foto: Urheber Wilfried
Wittkowsky (GNU-FDL-Lizenz)
Das Foto wurde aus dem zentralen, mehrsprachigen
Dateiarchiv
"Wikimedia Commons" eingebunden.
Licenz: CC BY-SA 3.0
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Darüber hinaus
war Hüsch als Autor, Moderator und Interpret für Hörfunk und Fernsehen tätig, als
prägender Off-Sprecher bleibt seine Stimme für knapp 400 "Laurel-und-Hardy"-Filme
sowie " Die kleinen Strolche"1),
"Pat&Patachon"
oder andere Streifen aus der Sendereihe "Väter
der Klamotte"1) unvergessen.
"Bei bisweilen mehr als 200 Szenen am Tag und bis zu fünf
verschiedenen Stimmen auf einer Textseite gehörte dies, wie Hüsch
einmal sagte, zu den anstrengendsten Arbeiten seines künstlerischen
Lebens."*)
Während seiner langen, erfolgreichen Karriere als Kabarettist wurde
Hanns Dieter Hüsch, der nach dem Tod seiner ersten Frau Marianne
(die er in seinen "Frieda"-Geschichten verewigte) seine
Wahlheimat Mainz1) verließ und seit 1988 in der Nähe von
Köln1)
lebte, mit zahlreichen Preisen und Auszeichnungen geehrt; zu nennen sind
unter anderem:
(Fremde Links: Wikipedia)
Bis zu seinem Tod brachte Hüsch mit seinen unverwechselbaren Chansons,
Gedichten und Geschichten über 70 eigene Programme auf die Bühne.
Zu Hüschs 50. Bühnenjubiläum
veröffentlichte der damalige Leiter des Mainzer "Deutschen Kabarettarchivs"1), Jürgen Kessler, im
Jahre 1997 die Chronik "Kabarett auf eigene Faust", eine Hommage an den großen Kabarettisten mit zum
überwiegenden Teil erstmals veröffentlichten Texten Hüschs und mehr
als 100 Abbildungen aus einem bewegten Künstlerleben. Kessler
wählte Texte aus den mehr als 50 Kabarettprogrammen von Hanns
Dieter Hüsch, dazu Fotos von den Auftritten Hüsch
als Solist und mit seinen Kollegen, darunter Dieter Süverkrüp1),
Franz Josef Degenhardt1), Wolfgang Neuss,
Franz Hohler1) , Auszüge aus Programmheften, Plakaten,
Kritiken und Beiträge von Freunden und Kollegen. Der Dichter,
Liedermacher und Satiriker Hüsch selbst veröffentlichte viele seiner
Texte in Buchform: So beispielsweise 1995 "Hanns Dieter
Hüsch Wir sehen uns wieder", 1999 "Es
kommt immer was dazwischen" oder in jüngerer Zeit "Zugabe.
Unveröffentlichte Texte aus sechs Jahrzehnten" (2003); sein
autobiografisches Buch "Du kommst auch drin vor" erschien
Anfang der 1990er Jahre → mehr Literatur
sowie Buchveröffentlichungen
bei Wikipedia.
Hanns Dieter Hüsch am 10. Juni 1974
Urheber: Christof Sonderegger
für "Comet Photo"1)
Dieses Bild stammt aus der Sammlung (Bildarchiv1))
der ETH-Bibliothek1)
und wurde auf
Wikimedia
Commons im Rahmen einer Kooperation mit Wikimedia
CH veröffentlicht;
Quelle: www.e-pics.ethz.ch;
Urheber: Christof Sonderegger (Com_L23-0416-0014);
Lizenz: CC BY-SA 4.0;
Anmerkung: Erster gemeinsamer Auftritt von Franz Hohler1)
und Hanns Dieter Hüsch in der Schweiz mit dem Programm "Kopf an
Kopf". Der Erlös
der Veranstaltung kam der humanitären Organisation "Amnesty International"1) zugute
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Anlässlich seines 80. Geburtstag erfuhr der Künstler im
Mai 2005 nochmals verschiedene Ehrungen, darunter eine große
TV-Hommage mit vielen Weggefährten. Dazu übertrugen verschiedene
Radiosender live entweder "Die lange Hanns Dieter Hüsch
Nacht" (Dauer: 10 Stunden!) aus Jena1) oder aber die Gala
"Streng öffentlich Der Don Quijote vom
Niederrhein" aus der Stadthalle Rheinberg1), unter anderem mit Dieter Nuhr1),
Konstantin Wecker1),
Erwin Grosche1),
Dieter Süverkrüp1),
Helmut Ruge1) und Günter Gall1) als Gästen. Aufgrund seiner
angeschlagenen Gesundheit konnte der Kleinkunst-Veteran jedoch nicht bei den verschiedenen Geburtstagsveranstaltungen
anwesend sein. Im Mai 2005 erschien eine weitere
Doppel-CD aus der Reihe "Gesellschaftsabend" mit den wichtigsten Liedern und Texten aus 4 Jahrzehnten und
eine Hörbuch-CD von Hanns Dieter Hüsch mit Texten aus seinem Buch
"Zugabe", vorgetragen von den Kabarettistenkollegen Elke Heidenreich1) und
Dieter Hildebrandt.
Im Herbst 2005 erschienen dann Neuauflagen alter Hüsch-Bücher (u. a. "Frieda auf Erden") sowie
die DVD "Und sie bewegt mich doch" mit einer Aufzeichnung des gleichnamigen Bühnenprogramms aus dem Jahre 1985.*)
Nachdem die Ärzte Ende der 1990er Jahre bei Hanns Dieter Hüsch
Lungenkrebs diagnostiziert hatten, trat der Künstler beruflich etwas
kürzer und nahm dann Ende 2000 mit seinem Tournee-Programm unter dem
symbolträchtigen Titel "Wir sehen uns wieder" einen bewegenden
Abschied von der Bühne. Seine Heimatstadt Moers richtete ihm zu Ehren am 16. Dezember 2000 eine Abschiedsgala aus,
die von dem damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau1) mit einer Laudatio auf den
langjährigen Freund und Kabarettisten eröffnet wurde. Ende 2001 ging durch
die Presse, Hanns Dieter Hüsch habe einen Schlaganfall erlitten, von dem er sich jedoch
den Umständen entsprechend wieder erholt habe.
Am 6. Dezember 2005 trat der "Moralist reinster
Prägung" wie ihn der Kabarettist
Dieter Hildebrandt bezeichnete für immer von der
Weltenbühne ab, 80-jährig starb Hanns Dieter Hüsch in
seinem Haus in Werfen1),
einem Ortsteil der Gemeinde Windeck1)
(Rhein-Sieg-Kreis1)), wo er seit seinem Schlaganfall
zurückgezogen gelebt hatte. Er war seit Juli 1991 in zweiter Ehe
mit Christiane Rasche-Hüsch verheiratet und hinterließ Tochter Anna
(* 1951) aus seiner ersten Ehe (Heirat 1951) mit Marianne Lüttgenau,
die 1985 verstorben war. Der Künstler lebte die letzten Jahre
zusammen mit seiner Frau Christiane in Werfen im Windecker Ländchen.
Seine letzte Ruhe fand Hüsch in einem Ehrengrab auf dem Hauptfriedhof seiner Geburtsstadt
Moers im Stadtteil Hülsdonk1).*) → Foto
der Grabstelle bei knerger.de
Viele Weggefährten und Kollegen/Kolleginnen Hüschs sowie Persönlichkeiten des
öffentlichen Lebens würdigten das Wirken des "Poeten vom
Niederrhein". So meinte Hans Jürgen Diedrich, der zu den
Mitbegründern der "Münchner Lach- und Schießgesellschaft"1)
gehörte, "Er war kein Kabarettist, er war mehr ein skurriler
Philosoph. Er war ein sehr gebildeter Mensch, seine Auftritte waren sehr
fein, sehr gut überlegt." Im "Deutschlandfunk Kultur"1)
sagte der Kabarettist Dieter Nuhr1): "Er hat zur linken Bewegung
irgendwie dazu gehört, aber irgendwie auch nicht, weil er nicht jeden
Unsinn, der da verzapft wurde, gleich mitgesprochen hat." der
damalige Bundestagspräsident
Norbert Lammert1)
bezeichnete Hüsch als "philosophischen Schelm", der
ehemalige WDR-Intendant
Fritz Pleitgen1) nannte ihn einen "unbeirrbaren
Humanisten".
Hüsch selbst sah sich zeitlebens als einen Mann, der mit seiner Kunst
letztlich Lebenshilfe geben und Hoffnung spenden wollte. "Ich
möchte schon ein Clown sein, ein politischer, ich möchte auch ein Poet
sein, ein philosophischer oder einfach ein Komiker. Ein engagierter,
literarischer Komiker."
Hanns Dieter Hüsch während eines
Programms im Februar 1983
Urheber: Wikimedia-User RX-Guru;
Lizenz: CC BY-SA 3.0 Quelle:
Wikimedia
Commons
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Auch nach seinem Tod bleibt die Erinnerung an den einzigartigen
Künstler nicht nur durch den am 27. April 2005
von Bundespräsident a. D. Johannes Rau1) noch zu Lebzeiten
gestifteten "Stern der Satire" auf dem "Walk
of Fame des Kabaretts"1) in Mainz
wach: So führt Wikipedia
aus: Längst wurden auch Gebäude und andere Orte im öffentlichen
Raum nach dem Kabarettisten benannt. So wurde zu seinen Ehren das "Bildungszentrum"
in Moers, das die "Bibliothek", die "Volkshochschule",
das "Stadtarchiv" und das "Kulturbüro" beherbergt,
in "Hanns-Dieter-Hüsch-Bildungszentrum" umbenannt. Am
6. Mai 2007 wurde in der Moerser Altstadt an der Ecke "Friedrichstraße/Pfefferstraße"
der "Hanns-Dieter-Hüsch-Platz" eingeweiht. Auf dem Platz
erinnern fünf Granittafeln mit Karikaturen und Versen rundherum in
den Granit gemeißelt und eine Hinweistafel an Hüsch."
"Sterne der Satire Walk of Fame des Kabaretts"
in Mainz (Stern Nr. 27) von Hanns Dieter Hüsch
Urheber/©: Olaf Kosinsky;
Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE
Quelle: Wikimedia
Commons
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"Seit 2006
existiert auf dem Campus der "Johannes
Gutenberg-Universität Mainz"1) der
"Hanns-Dieter-Hüsch-Weg". Er
verbindet dort den "Ackermannweg" und den "Anselm-Franz-von-Bentzel-Weg" → presse.uni-mainz.de. In
Mainz-Weisenau1) führt die "Hanns-Dieter-Hüsch-Brücke" über die
"Wormser Straße" und die "Bahnstrecke
Mainz–Mannheim1) ans Rheinufer.
Die zusammengehörende "Hauptschule Uedem-Weeze"1)
trägt seit Anfang des Schuljahres 2009 den Namen "Hanns-Dieter-Hüsch-Verbundschule.
Viele Kabarettisten der Gegenwart zeigen sich von Hüsch beeinflusst
oder sind wie beispielsweise Jürgen Becker1) erst durch
ihn zu kabarettistischer Betätigung inspiriert
worden. Max Moor1) ist gar der Meinung:
"Kabarett ohne den Einfluss von Hüsch?
Unvorstellbar!" Der von Hüsch begründete Kabarettpreis "Das
schwarze Schaf"1) fördert zudem fortgesetzt den literarischen
Kabarett-Nachwuchs und geht inzwischen auch auf Tournee. Außerdem
covern Populärkünstler von "Blumfeld"1)
bis Reinhard Mey bis heute immer
wieder Lieder des später hauptsächlich als
Wortkabarettisten wahrgenommenen Künstlers. Auch sonst ist Hüsch
bis heute in den Medien präsent. Bücher, Bild- und Tonträger erscheinen weiterhin bzw. werden neu veröffentlicht, im Januar 2016 war er sogar noch einmal
"Coverboy" der Radioprogramm-Zeitschrift "Dampf-Radio"1)."
(Quelle: Wikipedia:
Stand: 12.08.2024)
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