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Nach Klavier-
und Gesangsunterricht bei Maria Ivogün
(1891 1987), einer Schauspielausbildung bei Lucie Höflich
(1883 1956), Ilka Grüning
(1876 1964) und Leslie Howard
(1893 1943) sowie einer Ballettausbildung bei dem prominenten russischen Tänzer,
Choreografen und Ballettpädagogen Victor Gsovsky1) (1902 1974)
begann ihre künstlerische Karriere mit vierzehn Jahren als zweite
Solotänzerin an der "Berliner
Staatsoper"1). Inspiriert von dem Film
"Broadway Melodie"1) (1935)
entschied sie sich dann Stepptänzerin zu werden und besuchte
Mitte der 1930er Jahre das "Stepstudio" von Edmont Leslie, 1935 schloss sie die Schule
mit der "Mittleren Reife" an der "Fleckschen Privatschule" in Berlin
ab.
1938 erhielt Evelyn Künneke unter dem Pseudonym
"Evelyn King" ein Engagement für die SCALA-Revue "Etwas
verrückt", ging mit der Show auf Europatournee und wurde bald als
Europas beste Stepptänzerin gefeiert. Ihren Durchbruch als Sängerin
hatte sie 1941 mit Helmut Käutners Propagandafilm "Auf Wiedersehen, Franziska"1),
in dem sie mit dem Lied "Sing, Nachtigall, sing" auftrat und
über Nacht zum Liebling der deutschen Frontsoldaten wurde. Auftritte
bei der Truppenbetreuung schlossen sich an,
bekannte Komponisten wie
Peter Igelhoff1) (1904 1978)
und Michael Jary1)
(1906 1988) schrieben erfolgreiche
Melodien für Evelyn Künneke, so stammt beispielsweise "Dieses Lied hat keinen Text" (1941) von Peter Igelhoff,
"Haben Sie schon mal im Dunkeln geküßt?" (1941)
von Michael Jary.
Das Foto wurde mir freundlicherweise von der
Fotografin
Virginia Shue (Hamburg)
zur Verfügung gestellt.
Das Copyright liegt bei Virginia Shue. |
Evelyn Künnekes Schlager wie "Haben Sie schon mal im Dunkeln geküßt?" waren wie bei
keiner anderen deutschsprachigen Sängerin dieser Zeit unüberhörbar von der damals in Deutschland
politisch verpönten Musikrichtung Swing beeinflusst.
Zur Truppenbetreuung unternahm sie während des Krieges häufig Tourneen.
Von 1942 bis 1944 trat sie an der Ostfront auf, Anfang 1944 auch an der Westfront. 1944 wurde sie
wegen Defätismus verhaftet und im Januar 1945 in die Haftanstalt Berlin-Tegel eingeliefert.
Kurz vor Kriegsende wurde sie jedoch wieder freigelassen, um zusammen mit dem geheimen Propaganda-Orchester
"Charlie and His Orchestra" anti-amerikanische Swing-Titel zu singen.2)
Nach dem Krieg konnte Evelyn Künneke ihre Erfolge als Sängerin zunächst
fortsetzen, trat unter anderem mit dem Show-Orchester von Walter Jenson1)
(1902 1952) auf. Zu ihren Hits gehörten unter anderem "Winke-winke",
"Allerdings sprach die Sphinx und "Egon". 1953 tourte sie durch die USA. Drei Jahre
später feierte sie ihren einzigen Hit in den deutschen Single-Charts, die erst 1955 eingeführt worden waren: Künnekes deutschsprachige Version von
"Hernando’s Hideaway" erreichte Platz 8. 1958 trat sie in der deutschen Vorentscheidung zum
"Eurovision Song Contest"1)
an2), konnte sich aber in der "Kleinen
Westfalenhalle" in Dortmund gegen Konkurrenten wie Fred Bertelmann,
Gitta Lind oder
Vico Torriani bzw.
die Siegerin Margot Hielscher ("Für zwei
Groschen Musik") nicht durchsetzen.
Im deutschsprachigen Nachkriegsfilm zeigte sich Evelyn Künneke immer wieder als Sängerin, wie
beispielsweise in "Märchen
vom Glück"1) (1949), "Verlorene Melodie"1) (1952) oder "Tanzende
Sterne"1) (1952). Schlager wie
"Bei mir bist Du schön", "Haben Sie nicht 'nen Mann für
mich", "Mäcky-Boogie", "Egon", "Herr Kapellmeister,
bitte", "Winke, Winke" oder "Hernando’s Hideaway"
zählen noch heute zu den
unvergessenen Evergreens. Evelyn Künneke, eine der "besten Swingstimmen Deutschlands" erhielt
in den 1950er Jahren fünf "Goldene Schallplatten"1). Nebenbei machte sie
auch als Jazzerin von sich reden und tourte mit namhaften Big Bands durch die Welt.
Ab Mitte der 1950er Jahre wurde es etwas ruhiger um die Künstlerin, in den
1960ern trat sie als Gast in zahlreichen Fernsehsendungen auf und
wurde mit Kabarettprogrammen berühmt, in denen sie Brecht1)-Lieder und
Chansons von Jacques Brel
sang. Doch ein "echtes" Comeback gelang ihr erst Mitte der 1970er Jahre: Als "Callas der Subkultur" machte sie an
Kleinkunstbühnen und in Kellerlokalen Furore, erregte durch ihr Engagement
für die Schwulen-Szene Aufsehen. Sie arbeitete mit dem Filmemacher Rosa von Praunheim1) zusammen, der mit ihr auch das
filmische Porträt "Ich bin ein
Anti-Star. Die skandalöse Lebensgeschichte der Evelyn Künneke" (1976) drehte.
"Von 1976 bis 1978 war von Praunheim mit Evelyn Künneke verlobt,
die ebenfalls in einigen seiner frühen Filme mitgespielt hatte. Die
Verlobung mit der 21 Jahre älteren Sängerin und Schauspielerin
entfachte einen Medienrummel in Deutschland; Beziehungen zwischen älteren
Frauen zu jüngeren Männern wurden zur damaligen Zeit noch
skandalisiert." kann man bei Wikipedia lesen. Sie brachte zahlreiche LPs und CDs
auf den Markt, hatte eigene Personality-Shows wie "Ach, die Künneke" (1981), darüber hinaus zahlreiche
Fernsehauftritte im In- und Ausland. Ende der
1980er Jahre trat die Künneke zugunsten
von an AIDS Erkrankten und Kindern unentgeltlich auf und teilte ihre Wohnung
zeitweise mit Obdachlosen.
Ungeheuren Erfolg verbuchte Evelyn Künneke dann noch einmal ab 1996, als
sie zusammen mit Brigitte Mira
(1910 2005) und Helen Vita
(1928 2001) bzw. der
selbstironischen, stets ausverkauften Revue "Die Alten Schachteln" auf Tournee
ging. Sie
selbst sah sich stets selbstkritisch und bezeichnete sich einmal in Anlehnung
an die Operette ihres Vaters, "Der Vetter aus Dingsda", selbst als
"die Fette aus Dingsda". Zu ihrem 70. Geburtstag
veröffentlichte sie ihre beruflichen und privaten Erinnerungen unter dem
Titel "Mit Federboa und Kittelschürze. Mein Leben in zwei Welten".
Noch 8. Februar 2000 war die vielseitige Künstlerin, die
rund ein halbes Jahrhundert deutscher Showgeschichte vom
Kabarett bis zum Schlager verkörperte, im Berliner "Konzerthaus am Gendarmenmarkt"1) für ihr Lebenswerk mit
der "Goldenen Kamera"1)
("Ehrenpreis Berlin") ausgezeichnet worden → "Goldene Kamera 2000"1).
Mitunter, wenn auch eher selten, beteiligte sich
Evelyn Künneke an Hörspiel-Sendungen, so trat sie unter anderem als Sängerin in
dem Science Fiction-Hörspiel "Der Held der Pest auf Blo"3)
von Michael Springer auf (EA: 06.10.1977; Regie: Bernd Lau1)), gehörte zur Besetzung
der Produktion "Fame berühmt"3)
nach dem Theaterstück "Fame" von Anthony J. Ingrassia1)
über den Hollywood-Stars Diane Cook
alias Marilyn Monroe
(EA: 15.09.1980; Regie: Götz Naleppa1)).
Eine weitere Science-Fiction-Geschichte war "Das
große Los"3)
des holländischen Malers und Autors Henk Mom mit den Protagonisten Sabine Sinjen als Grete und
Peter Simonischek1) als Martin,
wo sie den Part der Stella übernahm (EA: 05.03.1985; Regie: Bernd Lau), in dem Krimi "Cocktail für zwei: Kongo-King Blue"3)
von Michael Koser1) sprach sie die Asta Lavista
(EA: 14.09.1998; Regie: Rainer Clute1)).
Eine Übersicht (Auszug) zur Filmografie findet man hier.
Die unvergessene Schauspielerin, Sängerin und Kabarettistin
Evelyn Künneke, die von Publikum und Kritik liebevoll als
"Deutschlands heißeste Oma" bezeichnet wurde, erlag am
28. April 2001 mit 79 Jahren in einer Klinik in Berlin-Zehlendorf1)
ihrem Lungenkrebs-Leiden. Die letzte Ruhe fand Evelyn Künneke in
einem Einzelgrab (ohne Grabstein) auf dem
Berliner "Friedhof Heerstraße"1)
gegenüber der Grabstätte ihrer Eltern (Grablage: IIW761);
auf dem Grabstein der Eltern wird an Tochter Evelyn erinnert. "Auf Beschluss
des Berliner
Senats1) ist die letzte Ruhestätte von
Evelyn Künneke seit 6. November 2018 als "Ehrengrab
des Landes Berlin"1) gewidmet. Die Widmung gilt für die übliche Frist
von zwanzig Jahren, kann anschließend aber verlängert werden." notiert
Wikipedia → Foto der Grabstelle bei
knerger.de
sowie Wikimedia Commons.
"Deutschlands heißeste Oma" ist tot" titelte DER
SPIEGEL anlässlich des Todes von Evelyn Künneke und notierte unter
anderem weiter: "Dass Evelyn Künneke aber auch bei der jüngeren
Generation noch Erfolg hatte, ging auf ihr Comeback in den siebziger Jahren
zurück, als sie Zugang zur "Szene" um die jungen Filmemacher wie
Rainer Werner Fassbinder1) und Rosa von Praunheim fand, der mit ihr auch das
Porträt "Ich bin ein Anti-Star" drehte.
Ihr schriftlicher Nachlass unter anderem mit Notendrucken und -abschriften ihres Gesangsrepertoires
befindet sich im Archiv der Berliner "Akademie
der Künste"1) → Evelyn-Künneke-Archiv.
Evelyn Künneke war laut Wikipedia zunächst mit einem Engländer
verheiratet4), dem Vater ihrer Tochter. Ihr
zweiter Ehemann war von 1963 bis 1972 der Diplomkaufmann Reinhard Thomanek,
Mitte Dezember 1979 heiratete sie in dritter Ehe ihren damaligen Manager Dieter Hatje.
Nach der Scheidung veröffentlichte Hatje das Buch mit dem Titel "Der Star und der Wurm. Mein Leben um Evelyn Künneke" (1992)
auf den Markt, dessen weitere Verbreitung Evelyn Künneke per "Einstweiliger Verfügung" verbieten
ließ.
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