Beniamino Gigli01 Der italienische Tenor Beniamino Gigli wurde am 20. März 1890 als Sohn eines nicht grade begüterten Schuhmachers in Recanati in der Nähe von Ancona geboren. Er hatte noch fünf ältere Geschwister, schon mit sieben Jahren sang er im örtlichen Kirchenchor und seine Stimme erregte so großes Aufsehen, dass seine Eltern ihrem Sohn ersten Gesangunterricht von dem Musiklehrer Quirino Lazzarini geben ließen. Mit zwölf Jahren verließ Gigli die Schule und musste zum Lebensunterhalt der Familie beitragen, 1907 ging er nach Rom, wo er ein Stipendium an der "Accademia Nazionale di Santa Cecilia" erhielt und von dem Bariton Antonio Cotogni1) (1831 – 1918) sowie anschließend von Enrico Rosati, der später auch sein Manager wurde, Unterricht erhielt; um seinen Lebensunterhalt finanzieren zu können, arbeitete Gigli als Aushilfe in verschiedensten Berufen. Nach sieben Jahren beendete er seine Ausbildung mit Auszeichnung, gewann 1914 mit 24 Jahren einen internationalen Gesangwettbewerb des Konservatoriums von Parma und debütierte dann am 15. Oktober 1914 "Teatro Sociale" in Rovigo als "Enzo" in Amilcare Ponchiellis Oper "La Gioconda"2).

Foto: Beniamino Gigli um 1922
Urheber: Unbekannt; Quelle: www.cyranos.ch
Die Bild- oder Mediendatei ist gemeinfrei, weil ihre urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist.

Der berühmte Dirigent Tullio Serafin2) (1878 – 1968) erkannte das enorme Talent des jungen Tenors und engagierte ihn kurze Zeit später an die Oper von Genua, wo Gigli dann am "Carlo Felice Theatre" den Studenten Renato Des Grieux in Puccinis "Manon Lescaut"2) neben der renommierten Sopranistin Rosina Storchio1) (1876 – 1945) interpretierte. In der Spielzeit 1915/16 brillierte Gigli weiter in Palermo, aber auch in Bologna unter anderem in Puccinis "Tosca"2), der Komponist Pietro Mascagni selbst lud ihn ein, in Neapel den jungen Bauern Turiddu in seiner Oper "Cavalleria Rusticana"2) zu singen; der Durchbruch als international umjubelter Tenor gelang Gigli dann im gleichen Jahr am "Teatro San Carlo" in Neapel als Faust in Arrigo Boitos "Mefistofele"2). Über Rom kam er dann nach Mailand zunächst an das "Teatro Lirico", wo er in der Aufführung von Mascagnis "Lodoletta"1) begeisterte, 1918 stand er dann erneut in Boitos "Mefistofele" an der "Scala" –  mit Arturo Toscanini2) (1867 – 1957) am Dirigentenpult – auf der Bühne und spielte im gleichen Jahr schon seine ersten Schallplatten mit Arien aus "Mefistofele" und "Tosca" ein. Im darauffolgenden Jahr begeisterte er während einer fünfmonatigen Tournee durch Südamerika in Buenos Aires am "Teatro Colón", am 26. November 1920 debütierte er in New York an der "Metropolitan Opera" und gehörte bis 1932 zum Ensemble des berühmten Opernhauses, sang dort 375 Aufführungen in 29 Opern; 1939 trat er dort noch einmal auf, verließ dann aber die "Met" wegen finanzieller Differenzen.

Zunächst war die Fachwelt nicht so recht überzeugt von dem, wie es damals hieß "unbegabten Sänger" gewesen, doch das Publikum feierte ihn sofort als würdigen Nachfolger des legendären Enrico Caruso3) (1873 – 1921), der am Weihnachtsabend 1920 seine letzte Vorstellung an der "Met" gegeben hatte und kurze Zeit später am 2. August 1921 in Neapel verstarb. Dennoch stand Gigli eine Zeit lang in Carusos Schatten, doch es gelang ihm, seine eigene Sängerpersönlichkeit zu demonstrieren und sich mit seinem einzigartigen lyrischen Tenor als Opernstar zu etablieren. Nach 1939 setzte Gigli seine Karriere vornehmlich in Italien und London fort, trat jedoch 1955 im Rahmen einer weltweiten Tournee auch noch einmal in Amerika auf. Bereits in den 1930er Jahren hatte Gigli in London mit Gastaufritten das Publikum begeistert, seit 1933 gab er beispielsweise in der "Albert Hall" –  mit Ausnahme der Zeit des 2. Weltkrieges –  mehr als zwanzig Jahre lang Liederabende.
Als Verdi-Interpret glänzte er unter anderem als Alfredo Germont in "La Traviata"2), als Graf Richard in "Ein Maskenball"2) oder als den ägyptischen Feldherrn Radames in "Aida"2), er sang die großen Puccini-Partien wie erwähnt den Des Grieux in "Manon Lescaut", den Rodolfo in "La Bohème"2), den Maler Mario Cavaradoss in "Tosca"2) oder den Marineleutnant Pinkerton in "Madame Butterfly"2). Gigli glänzte als Sergeant Don José in Bizets "Carmen"2) ebenso wie als Canio/Bajazzo in Ruggero Leoncavallos "Pagliacci"2) (Der Bajazzo) oder mit der Titelpartie in Umberto Giordanos "Andrea Chénier"2). Mit seinen Liedern, Romanzen und auch Schlagern erreichte Gigli darüber hinaus ein Millionenpublikum. Darunter natürlich, wie kann es für einen Italiener anders sein, viele neapolitanische Volkslieder und Schmachtfetzen wie "Mamma" und " Non ti scordar di me" (Vergiss mein nicht – so hieß dann auch der entsprechende deutsche Spielfilm).

Unzählige Plattenaufnahmen zeugen noch heute von der enormen sängerischen Dominanz, aber auch Popularität Giglis: Über 40 Jahre lang machte er Aufnahmen mit Opernarien sowohl als Solist wie auch im Duett mit namhaften Partnerinnen seiner Zeit. Rund 350 Einzelplatten entstanden während seiner Karriere als umjubelter Tenor und er verkaufte die Tonträger wie ein heutiger Popstar. Von vielen Kritikern als "die vielleicht goldenste Stimme des 20. Jahrhunderts" bezeichnet, spiegeln Giglis Platten, klarer und unverstellter als die von Schipa, Pertile, Stabile, dalla Rizza oder Giannini, den Wandel des musikalischen Geschmacks und der sängerischen Technik, und nicht zuletzt sind sie ein Barometer des ästhetischen und politischen Klimas, das aus dem endlich gefundenen Tenor den Sänger des Volkes machte.4)
Neben seiner Arbeit für Oper und Schallplatte trat Gigli in zahlreichen Kinofilmen auf, was ihm von manchen Kritikern negativ ausgelegt wird. Eine blendende Stimme, so heißt es immer wieder, aber ein unerträglicher Kitschier, der in zahlreichen Filmen der dreißiger und vierziger jahre alles mögliche sang, was mit Kategorien des guten Geschmacks nicht mehr zu bezeichnen war, der mit Schluchzern und Drückern die Musik sentimental auflud, der direkte Vorgänger von Mario Lanza. Schlimmers wirft ihm Jürgen Kesting vor, seinen Blick auf den Gigli der dreißiger und vierziger Jahre richtend: Vulgarität und Unaufrichtigkeit, demagogischer Vortrag durch den Arien zu wahren Volksreden werden, und manipulierte Anpassung an den Massengeschmack - Kesting zielt damit sehr deutlich auf die unbestreitbare Tatsache, dass sich Gigli willig vor den politischen Karren Mussolinis spannen ließ (…) und auch nichts dabei fand, seine Popularität im Hitler-Deutschland voll auszukosten.5)

Zwischen 1935 und 1943 drehte Gigli allein in Deutschland elf Filme für die Ufa, mit so berühmten Partnerinnen wie beispielsweise Magda Schneider, Lil Dagover oder Erna Berger und viele der Lieder wurden zu Gassenhauern. In "Vergiss mein nicht" spielte er 1935 an der Seite Magda Schneiders die Rolle, die er am Besten beherrschte, einen Tenor an der Mailänder "Scala", ein Jahr später sah man ihn in als Tino Dossi in "Ave Maria" mit Käthe von Nagy als Partnerin. 1936 folgte Zoltan Kordas Romanze "Forget Me Not" mit Joan Gardner und das Drama "Du bist mein Glück" mit Isa Miranda, 1937 "Stimme des Herzens" mit Geraldine Katt, "Immer nur du" (Solo per te) mit Michael Bohnen und Peter Bosse sowie 1938 "Mutterlied", "Drei Frauen um Verdi" (Giuseppe Verdi) und "Marionette"; 1939 schließlich erlebte man Gigli in den Streifen "Dir gehört mein Herz" und "Der Singende Tor" (La casa lontana). In den 1940ern drehte er beispielsweise das Rührstück "Mamma" (1941) mit Carola Höhn sowie "Tragödie einer Liebe" (Vertigine), unter anderem mit Camilla Horn und Ruth Hellberg, und die Filmversionen der Oper "Bajazzo" mit der in Deutschland gedrehten Version "Lache Bajazzo"6) (1943, I pagliacci). In dem 1947/48 aus Archivmaterial zusammengestellten Streifen "Leckerbissen" befand er sich in der Gesellschaft so legendärer Filmgrößen wie Willi Forst, Willy Fritsch, Johannes Heesters, Paul Hörbiger, La Jana, Zarah Leander, Ilse Werner und Paula Wessely sowie des Tenors Leo Slezak; letztmalig agierte der Darsteller Gigli 1950 als singender Taxifahrer in "Nacht-Taxi" (Taxi di notte) auf der Leinwand.

Die dadurch erreichte Popularität nutzte Gigli für Star-Konzerte, schon 1932 sang er vor 12 000 Zuschauern im Berliner Sportpalast und entzündete eine Stimmung, wie man sie nur von okkulten Begebenheiten an derselben Stelle in Erinnerung hat. Gigli hat in seiner Autobiographie ein aufschlussreiches Bekenntnis abgelegt: "Am glücklichsten war ich dann, wenn sich mein Konzert zu einer Art Familienfest entwickelt, bei dem die Zuhörer aus sich herausgingen, in eine gelöste Hochstimmung gerieten und unter Zurufen nach ihren Lieblingsstücken verlangten".4)
Nach Ende des 2. Weltkrieges gab Gigli bis 1955 weiterhin weltweit zahlreiche Konzerte in stets ausverkauften Häusern, trat auch mit seiner Tochter Rina, die sich als erfolgreiche Sopranistin einen Namen gemacht hatte, vor das Publikum.
Seine Stimme hatte zwar etwas nachgelassen und nicht mehr die Brillanz der frühen Jahre, dennoch blieb sein Erfolg – trotz Anfeindungen wegen seiner politischen Unterstützung für das Mussolini-Regime – ungebrochen. Der berühmte Tenor Beniamino Gigli starb am 3. November 1957 in Rom mit 67 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung. Er wurde in seiner Geburtsstadt Recanati unter größter Anteilnahme des italienischen Volkes beigesetzt. Auf seinem Grabmal sind die Worte von seiner bevorzugten Rolle, des "Andrea Chénier", eingraviert: "Con la mia voce ho cantato la patria" – Mit meiner Stimme sang ich für das Vaterland.
Gigli hinterließ seine Geliebte Lucia Vigarani, mit der er seit Mitte der 1930er Jahre 22 Jahre zusammengelebt und drei Kinder hatte, Giovanni (geb. 1940), Gloria (geb. 1942) und Maria Pia (geb. 1944). Aus der in jungen Jahren geschlossenen Ehe mit seiner Frau Costanza stamm(t)en die am 31. Januar 1916 in Neapel geborene Tochter Rina Gigli und der 1919 geborene Sohn Enzo Gigli. Rina Gigli starb am 22. August 2000 in der Nähe von Ancona.  
 
Seine Autobiografie hatte Gigli unter dem Titel "Die Geschichte meines Lebens" veröffentlicht; 1957 erschien das Buch in deutscher Sprache als "Und es blitzten die Sterne". Die Erinnerungen seiner Tochter erschienen 1986 mit dem Titel "Beniamino Gigli, mio padre". 

Siehe auch Wikipedia; Fotos bei film.virtual-history.com
Link: 1) Wikipedia (englisch), 2) Wikipedia (deutsch), 3) Kurzportait innerhalb dieser HP, 6) Murnau Stiftung
Quelle:
4) Jürgen Kesting: "Die Großen Sänger des 20. Jahrhunderts", Sonderausgabe für Cormoran Verlag München, 1993, S. 185 ff
5) "Grosse Stimmen" von Jens Malte Fischer, Verlag J. B. Metzeler, Stuttgart 1993, S. 143 ff
    
Kinofilme
Filmografie bei der Internet Movie Database
(Link: filmportal.de, Murnau Stiftung, Wikipedia)
Um zur Seite der legendären Bühnen-Stars zurückzukehren, bitte dieses Fenster schließen.
Home: www.steffi-line.de