Porträt Helge Roswaenge um 1940; Signierte ELECTROLA-Autogrammkarte (bezeichnet Wien 1941; Druck nach Fotografie); Sammlung der Kostümbildnerin Annelies Rose; Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pos-2009-a_0000029); Eigentümer/Copyright SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Unbekannter Fotograf; Quelle: www.deutschefotothek.de Der dänische Tenor Helge Roswaenge (auch: Rosvaenge, Rosvćnge) wurde am 29. August 1897 als Helge Anton Rosenvinge Hansen in Kopenhagen1) geboren. Zunächst absolvierte der Sohn von Emil Anton Hansen (1871 –1941) und dessen Ehefrau Ane Sofie (1868 –1930) nach dem Abitur an der Technischen Hochschule seiner Geburtsstadt ein Ingenieurstudium, welches er mit der Note "sehr gut" und Diplom abschloss, hatte während dieser Zeit jedoch schon privaten Gesangsunterricht bei einem ehemaligen Schüler des legendären polnischen Tenors Jean de Reszké (1850 – 1925) genommen. Sein Operndebüt gab der Autodidakt Roswaenge 1921 als Don José in Bizets "Carmen"1) am Stadttheater von Neustrelitz1) und verzeichnete erste Erfolge. Ein weiteres Engagement führte den Tenor dann 1922 für zwei Jahre zusammen mit seiner damaligen ersten Ehefrau, der ungarischen Sopranistin Ilonka Holndonner (1895 – 1985; → OPERSISSIMO), in das thüringische Altenburg1), über Basel1) (1924 – 1926) und Köln1) (1926 – 1929) kam Roswaenge Ende 1929 nach Berlin an die "Staatsoper"1) sowie 1930 an die "Wiener Staatsoper"1), avancierte mit seiner ungemein brillanten Stimme rasch zu einem der bedeutendsten Tenöre nicht nur im deutschsprachigen Raum – wurde gar als Nachfolger von Richard Tauber (1891 – 1948) gefeiert. Bis 1957 blieb er der "Wiener Staatsoper" verbunden, die neben Berlin zu seiner künstlerischen Heimat wurde.
Bei seine Gastauftritten an so bedeutenden Bühnen wie in Salzburg, München oder London glänzte Roswaenge vorwiegend mit Titelrollen in Opern von Giuseppe Verdi1), Wolfgang Amadeus Mozart1) oder Giacomo Puccini1), mit Wagner-Partien war er eher selten zu hören. Seine wenigen Auftritte, wie unter anderem 1934 und 1936 sein "Parsifal"1) bei den "Bayreuther Festspielen"1) hinterließen jedoch stets nachhaltigen Eindruck.
 
Porträt Helge Roswaenge um 1940; Signierte ELECTROLA-Autogrammkarte
(bezeichnet Wien 1941; Druck nach Fotografie)
Sammlung der Kostümbildnerin Annelies Rose
Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pos-2009-a_0000029)
Eigentümer/© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Unbekannter Fotograf
Quelle: www.deutschefotothek.de; Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017
1932 trat Roswaenge erstmalig bei den "Salzburger Festspielen"1) auf und glänzte gleich mehrfach, unter anderem als Tamino in "Die Zauberflöte"1) und als Belmonte in "Die Entführung aus dem Serail"1), wurde von Fachwelt und Publikum gleichermaßen umjubelt. Bis 1939 stand er regelmäßig bei den Festspielen auf auf der Bühne, brillierte dort unter anderem auch als Hüon von Bordeaux, Herzog von Guienne, in Carl Maria von Webers "Oberon"1) oder als Florestan in Beethovens "Fidelio"1), mit dem er  1938 auch am Londoner "Royal Opera House"1) das Publikum in seinen Bann zog → Auftritte bei den "Salzburger Festspielen" siehe hier. Neben seinem Mozart-Repertoire, glänzte Roswaenge mit dramatischen Heldenrollen in Verdi-Opern wie beispielsweise als "Otello"1) und "Rigoletto"1), er interpretierte den Alfredo Germont in "La Traviata"1) oder den jungen Arrigo in "Die Sizilianische Vesper"1) ebenso grandios wie den ägyptischen Feldherrn Radames in "Aida"1) oder den Titelhelden Manrico in "Der Troubadour"1). Roswaenge gab den Gounodschen "Faust"1), den Canio in Leoncavallos "Der Bajazzo"1) oder den Rodolfo in Puccinis "La Bohčme"1), überzeugte aber auch bei seinem Ausflug in die Moderne: So gestaltete er beispielsweise 1950 an der "Wiener Staatsoper" den Moritatensänger in der Brecht/Weillschen "Die Dreigroschenoper"1).
 

Helge Roswaenge als Bajazzo in der Oper "Der Bajazzo"
von Ruggero Leoncavallo1),  1951 an der "Deutschen Staatsoper", Berlin
Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pkm_0000991_018)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek
Urheber: Abraham Pisarek1) (1901–1983); Datierung: 1951
Quelle: www.deutschefotothek.de;
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017

Helge Roswaenge als Bajazzo in der Oper "Der Bajazzo" von Ruggero Leoncavallo,  1951 an der "Deutschen Staatsoper", Berlin; Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pkm_0000991_018); Copyright SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek; Urheber: Abraham Pisarek (1901–1983); Datierung: 1951; Quelle: www.deutschefotothek.de
Seine Vielseitigkeit war ebenso legendär wie seine stimmliche Unverwüstlichkeit – eine Roswaenge-Absage gehörte zu den allerseltensten Ereignissen. Er sang nicht nur die Standard-Puccini- und Verdi-Rollen, sondern auch Mozarts "Tamino" (…), auf der heldischen Seite reichte seine Spannweite bis zu "Radames" und "Otello" (für den Rundfunk) sowie zu "Lohengrin"1), "Stolzing"1) und "Parsifal". Vor allem aber war er Spezialist für die Rollen, denen seine Kollegen wegen der stimmlichen Schwierigkeiten aus dem Wege gingen – je häufiger und je höher Spitzentöne gefordert waren, desto wohler fühlte Roswaenge sich, und auch vor Ausgefallenem machte er keine Umwege, sei es Aubers "Fra Diavolo" oder Berlioz' "Troyens". (…) Es bereitete ihm keine Kopfschmerzen, "Manrico" und "Radames", "Rodolfo" und "Bacchus" innerhalb einer Woche zu singen.2)
Roswaenge, der für seine äußerst flexible Stimme bekannt war, trat auch als Liedsänger in Erscheinung und setzte sich besonders für Werke von Hugo Wolf1) sowie die skandinavischen Komponisten ein. Zu seinen Glanzzeiten soll er über 200 Vorstellungen pro Jahr gegeben haben, nach dem 2. Weltkrieg hatte er zunächst Schwierigkeiten wegen seiner Nähe zum Nazi-Regime. 1933 war er in Graz der NSDAP1) beigetreten, "wo er sich bereits 1934 für Propagandaveranstaltungen einspannen ließ. 1935 war er Gast bei Görings1) Hochzeit mit Emmy Sonnemann1). Er trat auch später im Rahmen von NS-Kulturveranstaltungen auf, etwa bei Kameradschaftsabenden für "Alte Kämpfer"1) (…) In der Endphase des Zweiten Weltkrieges wurde er 1944 von Hitler auf die "Gottbegnadeten-Liste"1) der unentbehrlichen Künstler gesetzt, was ihn vor einem Kriegseinsatz bewahrte. (…) Bei Kriegsende befand er sich in Berlin in seiner Villa am Wannsee, sein Haus wurde von den Russen besetzt. Nachdem diese feststellten, dass sie sich im Hause eines bekannten Künstlers befanden, musste er stundenlang für seine ungebetenen Gäste singen. Es wurde das längste Konzert seines Lebens. Als Däne wurde er unter dem Vorwand, nach Dänemark abgeschoben zu werden, von den Besatzern in das Lager Krasnogorsk1) nahe Moskau deportiert, von dort ging es nach einigen Monaten über Leningrad nach Helsinki und dann nach Stockholm."3)
Porträt Helge Roswaenge, vermutlich 1951; Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pkm_0001127_008); Copyright SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek; Urheber: Abraham Pisarek (1901–1983); Datierung: 1951 (?); Quelle: www.deutschefotothek.de

"Rosvaenge war in politischer Hinsicht eher von großer Naivität, wie er später auch im Umgang mit der DDR bewiesen hat, wo er nicht nur einmal ins Fettnäpfen getreten ist. Tatsächlich blieb er sein ganzes Leben lang dänischer Staatsbürger, alle gegen ihn in seiner Heimat geschürten Ressentiments sind nach genauem Studium seines Lebens und Wirkens daher nicht nachvollziehbar" notiert Wikipedia3).
  
Nach seiner Freilassung kam Roswaenge über Schweden in seine Heimat Dänemark, wo man dem "Deutschenfreund" die Einreise verweigerte. Doch schon bald konnte er seine Karriere fortsetzen, er gab 1948 in Basel den Radames in "Aida", wurde wenig später nach Wien eingeladen und kehrte 1949 nach Berlin zurück. Bis 1957 sang er an der "Wiener Staatsoper", zog sich dann allmählich von der Bühne zurück – nicht zuletzt wegen der Entwicklung, dass italienische Opern in der Originalsprache gesungen wurden. Roswaenge war jedoch auf die deutsche Sprache festgelegt und eine erneute Einstudierung der Rollen lehnte er ab. Er gab jedoch weiterhin erfolgreiche Konzerte mit Arien und Liedern, ging auch auf eine Operetten-Tournee. Als Mittsechziger gab er erstmals in New York eine Vorstellung mit einem Arienabend in der "Carnegie Hall"1), trat 1963 noch einmal im New Yorker "Madison Square Garden"1) auf. Seine Stimme hatte bis ins hohe Alter seinen warmen und sonoren Klang behalten, noch mit 65 Jahren sang er eindrucksvoll den Titelhelden Manrico in Verdis "Der Troubadour"1). Noch wenige Wochen vor seinem Tod trat er in München am "Staatstheater am Gärtnerplatz"1) in einer zeitgenössischen Oper mit einem kleinen Part auf.3)

Porträt Helge Roswaenge, vermutlich 1951
Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pkm_0001127_008)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek
Urheber: Abraham Pisarek1) (1901–1983); Datierung: 1951 (?)
Quelle: www.deutschefotothek.de;
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017

Roswaenges Stimme gehört zu jenen, die man unter Hunderten sofort wiedererkennt, nicht aufgrund einer außergewöhnlichen Schönheit ebendieser Stimme, sondern aufgrund eher eines Artikulationsmangels, der hellen und spitzen I-Laute, die aufdringlich hervorstechen. Diese oft parodierte und kritisierte Eigenart seiner Stimme war so etwas wie ein Markenzeichen, ein weiteres waren die leicht angesetzten, enorm tragfähigen Spitzentöne, die an italienische Tenöre wie Giovanni Martinelli und Giacomo Lauri-Volpi denken lassen.2)
  
Bis zu seinem Tod war der mehrfach zum "Kammersänger" ernannte Helge Roswaenge als Gesangspädagoge in München tätig; dort starb er am 19. Juni 1972 im Alter von 74 Jahren  Er hinterließ seine zweite Ehefrau Gertrud (geborene Beckel) sowie Tochter Eva und Sohn Dan Ole. Die letzte Ruhe fand er auf dem Friedhof der dänischen Gemeinde Glostrup1) nahe Kopenhagen → Foto der Grabstelle bei knerger.de
Bereits 1945 hatte der Tenor seine Autobiografie "Lache, Bajazzo" veröffentlicht, 1962 erschienen weitere Erinnerungen unter dem Titel "Mach es besser, mein Sohn, ein Tenor erzählt aus seinem Leben"; 1964 veröffentlichte der Sänger einen "Leitfaden für Gesangsbeflissene".
Roswaenges inzwischen ebenfalls verstorbene Witwe Gertrud kommt übrigens in dem von SPIEGEL-TV-Autor Michael Kloft1) gedrehten Dokumentarfilm "Hitler und der Wagner-Clan: Götterdämmerung in Bayreuth" (2002) im Rahmen historischer Filmdokumente zu Wort → spiegel.de
Im Jahre 1983 wurde im Wiener Gemeindebezirk Donaustadt1) die "Rosvaengegasse" nach ihm benannt.

Porträt Helge Roswaenge → Info-Karte
Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_hauptkatalog_0163374)
Eigentümer/© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek
Quelle: www.deutschefotothek.de
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017

Porträt Helge Roswaenge; Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_hauptkatalog_0163374); Eigentümer/Copyright SLUB Dresden/Deutsche Fotothek; Quelle: www.deutschefotothek.de
Siehe auch Wikipedia, cyranos.ch
Filmografie bei der Internet Movie Database
Fremde Links: 1) Wikipedia
Quelle:
2) Jens Malte Fischer: "Grosse Stimmen. Von Enrico Caruso bis Jessye Norman" (Metzler, Stuttgart, 1993; S. 200/201)
3) Wikipedia (abgerufen 30.12.2011 bzw. 20.10.2019)
  
Helge Roswaenge als …
Maria Cebotari als Maddalena (Madeleine) di Coigny und Helge Roswaenge als Andrea (André) Chénier, ein Poet, in der Oper "Andrea Chénier" von Umberto Giordano im April 1942 an der "Berliner Staatsoper"; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Körperschaft: Scherl Bilderdienst; Copyright ÖNB/Wien; Datierung: 22.04.1942; Bildarchiv Austria (Inventarnummer S 226/49) Helge Roswaenge als Guido, Herzog von Urbino,  in "Eine Nacht in Venedig" von Johann Strauss, 1939 an der "Wiener Staatsoper" anlässlich der 6. Reichstheaterfestwoche; Körperschaft: Weltbild; Copyright ÖNB/Wien; Datierung: 07.06.1939; Bildarchiv Austria (Inventarnummer P 1508); Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB) Helge Roswaenge als Radames in "Aida" von Giuseppe Verdi, 1932 an der "Wiener Staatsoper"; Urheber/Autor: Trude Dietrich; Copyright Trude Dietrich / ÖNB Wien; Datierung: 1932; Bildarchiv Austria (Inventarnummer Pf 3.373 : C (5); Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB)
… Andrea (André) Chénier, ein Poet,
zusammen mit Maria Cebotari
als Maddalena (Madeleine) di Coigny in der
Oper "Andrea Chénier" von Umberto Giordano
im April 1942 an der "Berliner Staatsoper"
Körperschaft: Scherl Bilderdienst;
© ÖNB/Wien; Datierung: 22.04.1942
Bildarchiv Austria (Inventarnummer S 226/49)
… Herzog Guido von Urbino
in "Eine Nacht in Venedig"
von Johann Strauss (Sohn)
1939 an der "Wiener Staatsoper"
anlässlich der 6. Reichstheaterfestwoche
Körperschaft: Weltbild;
© ÖNB/Wien; Datierung: 07.06.1939
Bildarchiv Austria (Inventarnummer P 1508)
…  ägyptischer Feldherr Radames
in "Aida" von Giuseppe Verdi
1932 an der "Wiener Staatsoper"
 
  
Urheber/Autor: Trude Dietrich
© Trude Dietrich / ÖNB Wien; Datierung: 1932
Bildarchiv Austria (Inventarnummer Pf 3.373 : C(5))
Fotos mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB)
Fremde Links: Wikipedia
Helge Roswaenge bei den "Salzburger Festspielen"
(Fremde Links: Wikipedia (deutsch/englisch), whoswho.de, geschichtewiki.wien.gv.at; R = Regie)
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