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Der dänische Tenor Helge Roswaenge (auch: Rosvaenge, Rosvćnge)
wurde am 29. August 1897 als Helge Anton Rosenvinge Hansen in
Kopenhagen1) geboren. Zunächst absolvierte
der Sohn von Emil Anton Hansen (1871 1941) und dessen Ehefrau Ane Sofie (1868 1930)
nach dem Abitur an der Technischen Hochschule
seiner Geburtsstadt ein Ingenieurstudium, welches er mit der Note
"sehr gut" und Diplom abschloss, hatte während dieser Zeit jedoch
schon privaten Gesangsunterricht bei einem ehemaligen Schüler des
legendären polnischen Tenors Jean de Reszké (1850 1925) genommen. Sein
Operndebüt gab der Autodidakt Roswaenge 1921 als Don José in Bizets "Carmen"1) am Stadttheater von
Neustrelitz1) und verzeichnete
erste Erfolge. Ein weiteres Engagement führte den Tenor dann 1922 für zwei
Jahre zusammen mit seiner damaligen ersten Ehefrau, der ungarischen Sopranistin Ilonka Holndonner
(1895 1985; → OPERSISSIMO), in das thüringische
Altenburg1), über
Basel1) (1924 1926) und
Köln1) (1926 1929) kam Roswaenge Ende 1929 nach Berlin an die
"Staatsoper"1)
sowie 1930 an die "Wiener
Staatsoper"1), avancierte mit seiner ungemein brillanten Stimme
rasch zu einem der bedeutendsten Tenöre nicht nur im deutschsprachigen
Raum wurde gar als Nachfolger von Richard Tauber (1891 1948)
gefeiert. Bis 1957 blieb er
der "Wiener Staatsoper" verbunden, die neben Berlin zu seiner künstlerischen
Heimat wurde.
Bei seine Gastauftritten an so bedeutenden Bühnen wie in Salzburg, München
oder London glänzte Roswaenge vorwiegend mit Titelrollen in Opern von Giuseppe Verdi1),
Wolfgang Amadeus Mozart1)
oder Giacomo Puccini1), mit Wagner-Partien war er eher selten zu hören.
Seine wenigen Auftritte, wie unter anderem 1934
und 1936 sein
"Parsifal"1)
bei den "Bayreuther
Festspielen"1) hinterließen jedoch stets nachhaltigen
Eindruck.
Porträt Helge Roswaenge um 1940; Signierte ELECTROLA-Autogrammkarte
(bezeichnet Wien 1941; Druck nach Fotografie)
Sammlung der Kostümbildnerin Annelies Rose
Quelle: Deutsche
Fotothek, (file: df_pos-2009-a_0000029)
Eigentümer/© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Unbekannter Fotograf
Quelle: www.deutschefotothek.de;
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017
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1932 trat Roswaenge erstmalig bei den "Salzburger
Festspielen"1) auf und glänzte
gleich mehrfach, unter anderem als Tamino in "Die Zauberflöte"1)
und als Belmonte in "Die Entführung aus dem Serail"1),
wurde von Fachwelt und
Publikum gleichermaßen umjubelt. Bis 1939 stand er regelmäßig bei den
Festspielen auf auf der Bühne, brillierte dort unter anderem auch als Hüon von Bordeaux, Herzog von
Guienne, in Carl Maria von Webers "Oberon"1) oder als
Florestan in Beethovens "Fidelio"1),
mit dem er 1938 auch am Londoner "Royal
Opera House"1)
das Publikum in seinen Bann zog → Auftritte bei den "Salzburger
Festspielen" siehe hier. Neben seinem Mozart-Repertoire, glänzte
Roswaenge mit dramatischen
Heldenrollen in Verdi-Opern wie beispielsweise als "Otello"1)
und "Rigoletto"1), er interpretierte den
Alfredo Germont in
"La Traviata"1) oder
den jungen Arrigo in "Die Sizilianische
Vesper"1) ebenso grandios wie den ägyptischen Feldherrn Radames in "Aida"1) oder
den Titelhelden Manrico in "Der Troubadour"1).
Roswaenge gab den Gounodschen "Faust"1), den Canio
in Leoncavallos "Der Bajazzo"1) oder
den Rodolfo in Puccinis "La Bohčme"1),
überzeugte aber auch bei seinem Ausflug in die Moderne: So gestaltete er beispielsweise
1950 an der "Wiener Staatsoper" den Moritatensänger in der
Brecht/Weillschen "Die
Dreigroschenoper"1).
Helge Roswaenge als Bajazzo in der Oper "Der
Bajazzo"
von Ruggero
Leoncavallo1), 1951 an der "Deutschen Staatsoper", Berlin
Quelle: Deutsche
Fotothek, (file: df_pkm_0000991_018)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek
Urheber: Abraham
Pisarek1) (1901–1983); Datierung: 1951
Quelle: www.deutschefotothek.de;
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017 |
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Seine Vielseitigkeit war ebenso legendär wie seine stimmliche Unverwüstlichkeit eine
Roswaenge-Absage gehörte zu den allerseltensten Ereignissen. Er sang nicht nur die
Standard-Puccini- und Verdi-Rollen, sondern auch Mozarts "Tamino" (
), auf der
heldischen Seite reichte seine Spannweite bis zu "Radames" und
"Otello" (für den Rundfunk) sowie zu "Lohengrin"1), "Stolzing"1) und
"Parsifal". Vor allem aber war er Spezialist für die Rollen, denen
seine Kollegen wegen der stimmlichen Schwierigkeiten aus dem Wege gingen je häufiger und je höher
Spitzentöne gefordert waren, desto wohler fühlte
Roswaenge sich, und auch vor Ausgefallenem machte er keine Umwege, sei es Aubers
"Fra Diavolo" oder Berlioz' "Troyens". (
) Es bereitete ihm keine Kopfschmerzen,
"Manrico" und "Radames", "Rodolfo" und "Bacchus" innerhalb einer Woche zu singen.2)
Roswaenge, der für seine äußerst flexible Stimme bekannt war, trat auch
als Liedsänger in Erscheinung und setzte sich besonders für
Werke von Hugo Wolf1) sowie die skandinavischen Komponisten ein. Zu seinen
Glanzzeiten soll er über 200 Vorstellungen pro Jahr gegeben haben, nach dem
2. Weltkrieg hatte er zunächst Schwierigkeiten wegen seiner Nähe
zum Nazi-Regime. 1933 war er in Graz der NSDAP1)
beigetreten, "wo er sich bereits 1934 für Propagandaveranstaltungen
einspannen ließ. 1935 war er Gast bei Görings1)
Hochzeit mit Emmy Sonnemann1). Er trat auch später
im Rahmen von NS-Kulturveranstaltungen auf, etwa bei
Kameradschaftsabenden für "Alte Kämpfer"1) (
) In der Endphase
des Zweiten Weltkrieges wurde er 1944 von Hitler auf die "Gottbegnadeten-Liste"1)
der unentbehrlichen Künstler gesetzt, was ihn vor einem Kriegseinsatz bewahrte. (
) Bei Kriegsende befand er sich in Berlin in seiner Villa am
Wannsee, sein Haus wurde von den Russen besetzt. Nachdem diese feststellten,
dass sie sich im Hause eines bekannten Künstlers befanden, musste er
stundenlang für seine ungebetenen Gäste singen. Es wurde das längste
Konzert seines Lebens. Als Däne wurde er unter dem Vorwand, nach Dänemark
abgeschoben zu werden, von den Besatzern in das Lager
Krasnogorsk1) nahe Moskau deportiert,
von dort ging es nach einigen Monaten über Leningrad nach Helsinki und dann
nach Stockholm."3)
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"Rosvaenge war in politischer Hinsicht eher von großer Naivität,
wie er später auch im Umgang mit der DDR bewiesen hat, wo er nicht nur einmal ins Fettnäpfen getreten ist.
Tatsächlich blieb er sein ganzes Leben lang dänischer Staatsbürger, alle gegen ihn in seiner Heimat
geschürten Ressentiments sind nach genauem Studium seines Lebens und Wirkens daher nicht
nachvollziehbar" notiert Wikipedia3).
Nach seiner Freilassung kam Roswaenge über Schweden in seine Heimat Dänemark, wo man dem
"Deutschenfreund" die Einreise verweigerte. Doch schon bald konnte er
seine Karriere fortsetzen, er gab 1948 in Basel den Radames in
"Aida", wurde wenig
später nach Wien eingeladen und kehrte 1949 nach Berlin zurück. Bis 1957
sang er an der "Wiener Staatsoper", zog sich dann allmählich von der Bühne zurück nicht zuletzt wegen der Entwicklung, dass italienische
Opern in der Originalsprache gesungen wurden. Roswaenge war jedoch auf die
deutsche Sprache festgelegt und eine erneute Einstudierung der Rollen lehnte
er ab. Er gab jedoch weiterhin erfolgreiche
Konzerte mit Arien und Liedern, ging auch auf eine Operetten-Tournee.
Als Mittsechziger gab er erstmals in New York eine Vorstellung mit einem Arienabend in der
"Carnegie Hall"1), trat 1963 noch einmal im New Yorker "Madison Square Garden"1)
auf. Seine Stimme hatte bis ins hohe Alter seinen warmen und
sonoren Klang behalten, noch mit 65 Jahren sang er eindrucksvoll den
Titelhelden Manrico
in Verdis "Der Troubadour"1).
Noch wenige Wochen vor seinem Tod trat er in München am "Staatstheater
am Gärtnerplatz"1) in einer zeitgenössischen Oper
mit einem kleinen Part auf.3)
Porträt Helge Roswaenge, vermutlich 1951
Quelle: Deutsche
Fotothek, (file: df_pkm_0001127_008)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek
Urheber: Abraham
Pisarek1) (19011983); Datierung: 1951 (?)
Quelle: www.deutschefotothek.de;
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017 |
Roswaenges Stimme gehört zu jenen, die man unter Hunderten sofort
wiedererkennt, nicht aufgrund einer außergewöhnlichen Schönheit ebendieser
Stimme, sondern aufgrund eher eines Artikulationsmangels, der hellen und
spitzen I-Laute, die aufdringlich hervorstechen. Diese oft parodierte und
kritisierte Eigenart seiner Stimme war so etwas wie ein Markenzeichen, ein
weiteres waren die leicht angesetzten, enorm tragfähigen Spitzentöne, die
an italienische Tenöre wie Giovanni Martinelli und Giacomo Lauri-Volpi
denken lassen.2)
Bis zu seinem Tod war der mehrfach zum "Kammersänger" ernannte Helge Roswaenge
als Gesangspädagoge in München tätig; dort starb er am 19. Juni 1972
im Alter von 74 Jahren Er hinterließ seine zweite Ehefrau Gertrud
(geborene Beckel) sowie Tochter Eva und Sohn Dan Ole. Die letzte Ruhe fand er auf dem Friedhof der dänischen Gemeinde
Glostrup1)
nahe Kopenhagen → Foto der Grabstelle bei knerger.de.
Bereits 1945 hatte der Tenor seine Autobiografie "Lache, Bajazzo"
veröffentlicht, 1962 erschienen weitere Erinnerungen unter dem
Titel "Mach es besser, mein Sohn, ein Tenor erzählt aus seinem Leben";
1964 veröffentlichte der Sänger einen "Leitfaden für Gesangsbeflissene".
Roswaenges inzwischen ebenfalls verstorbene Witwe Gertrud
kommt übrigens in dem von
SPIEGEL-TV-Autor Michael Kloft1) gedrehten Dokumentarfilm "Hitler und der Wagner-Clan: Götterdämmerung in Bayreuth" (2002)
im Rahmen historischer Filmdokumente zu Wort → spiegel.de.
Im Jahre 1983 wurde im Wiener Gemeindebezirk Donaustadt1)
die "Rosvaengegasse" nach ihm benannt.
Porträt Helge Roswaenge → Info-Karte
Quelle: Deutsche
Fotothek, (file: df_hauptkatalog_0163374)
Eigentümer/© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek
Quelle: www.deutschefotothek.de
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017
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Helge Roswaenge bei den "Salzburger Festspielen"
(Fremde Links: Wikipedia (deutsch/englisch), whoswho.de, geschichtewiki.wien.gv.at; R = Regie)
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- 1932, 1939: Belmonte in "Die Entführung aus dem Serail" von
Wolfgang Amadeus Mozart, weitere Besetzung unter anderem
- 1932, 1933, 1938, 1949: Ein Sänger in "Der
Rosenkavalier" von Richard Strauss, weitere Besetzung unter anderem
- 1932, 1933, 1937: Tamino in in "Die Zauberflöte"
von Wolfgang Amadeus Mozart, weitere Besetzung unter anderem
- 1932, 1933: Richard Mayr (Sarastro),
Maria Gerhart (Königin der Nacht),
Lotte Schöne (Pamina),
Karl Hammes (Papageno),
Irene Eisinger (Papagena)
- 1937: Alexander Kipnis (Sarastro),
Júlia Osváth (19061994; Königin der Nacht), Jarmila Novotna (Pamina),
Willi Domgraf-Fassbaender (Papageno),
Dora Komarek (Papagena)
(Dirigent: Arturo Toscanini, R: Herbert Graf)
- 1932, 1933: Erscheinung eines Jünglings in "Die
Frau ohne Schatten" von Richard
Strauss (Musik), Hugo
von Hofmannsthal (Libretto),
mit u. a. Franz Völker (Der Kaiser),
Viorica Ursuleac (Die Kaiserin),
Gertrud Rünger (Die Amme)
(Dirigent: Clemens Krauss; R: Lothar Wallerstein)
- 1932, 1933: Hüon von Bordeaux, Herzog von Guienne, in "Oberon" von
Carl Maria von Weber,
mit Lotte Schöne in der Titelpartie
(Dirigent: Bruno Walter; R: Franz Ludwig Hörth)
- 1932: Mitwirkung bei "7. Orchesterkonzert Clemens Krauss";
Johann Sebastian Bach: Hohe Messe h-Moll für Soli,
Chor, Orchester und Orgel BWV 232 (Dirigent; Clemens Krauss)
- 1932: Mitwirkung bei "3. Domkonzert Haydn";
Joseph Haydn: Die Schöpfung Oratorium für Soli, Chor
und Orchester Hob. XXI:2, Text von Gottfried van Swieten (Dirigent: Joseph
Messner)
- 1933: Da-Ud, der Sohn des Altair, in "Die ägyptische Helena" von Richard
Strauss (Musik), Hugo
von Hofmannsthal (Libretto);
Literarische Vorlage: "Helena"
des Euripides;
mit Viorica Ursuleac in der Titelpartie (Dirigent: Clemens Krauss;
R: Lothar Wallerstein)
- 1933: Ein junger Seemann in "Tristan und Isolde" von
Richard
Wagner, mit u. a. Hans Grahl (Tristan),
Dorothea Manski (1891/18951957; Isolde), Richard Mayr (König Marke)
(Dirigent: Bruno Walter; R: Otto Erhardt (18881971))
- 1933: Mitwirkung bei "4. Orchesterkonzert Bruno Walter";
Giuseppe Verdi: Messa da Requiem (Dirigent: Bruno Walter)
- 1937, 1938: Florestan in "Fidelio" von
Ludwig van Beethoven, weitere Besetzung unter anderem
- 1937: Mitwirkung bei "5. Festkonzert Arturo Toscanini";
Giuseppe Verdi: "Te deum" für achtstimmigen Doppelchor und Orchester
aus "Quattro pezzi sacri"/"Messa da Requiem" für vier Solostimmen, Chor und Orchester
(Dirigent: Arturo Toscanini)
- 1937: Mitwirkung bei "7. Festkonzert Wilhelm Furtwängler";
Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 9 d-Moll op. 125
(Dirigent: Wilhelm Furtwängler)
- 1938: Mitwirkung bei "6. Festkonzert Hans
Knappertsbusch;
Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 9 d-Moll op. 125
(Dirigent: Hans Knappertsbusch)
- 1949: Mitwirkung bei "3. Orchesterkonzert Herbert von Karajan";
Giuseppe Verdi: Messa da Requiem
für vier Solostimmen,
Chor und Orchester (Dirigent: Herbert von Karajan)
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