Der Tenor Fritz Wunderlich wurde am 26. September 1930 als Friedrich Karl Otto Wunderlich
im Rheinland-Pfälzischen Kusel geboren. Sein aus Thüringen stammender
Vater Paul Wunderlich (1892 1935) war Cellist, Kapellmeister und Chordirigent, seine im Erzgebirge geborene Mutter Anna
(1888 1963) Violinistin.
Das Paar betrieb kurzzeitig in Kusel eine kleine Gastwirtschaft mit
angeschlossenem Kino, dann begann der Vater jedoch wieder als Musiker zu
arbeiten. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten verlor Paul
Wunderlich seine Stellung, nahm sich - wohl auch bedingt durch eine schwere
Kopfverletzung - das Leben, als Sohn Fritz erst fünf Jahre alt war. Mutter hielt sich sowie Fritz und dessen ältere
Schwester nach dem tragischen Tod ihres Mannes mit Musikstunden über Wasser. Schon
früh zeigte sich, dass auch Fritz das musikalische Talent seiner Eltern
geerbt hatte, seine Studien begannen mit einer Ausbildung als Hornist; um das
Studium finanzieren zu können, leitete er wie der
Österreichische Tenor Julius Patzak1) (1898 1974) ein Tanzorchester von Musikstudenten.
Gleichzeitig nahm er ab 1950 an der Musikhochschule in Freiburg/Br. bei der renommierten Gesangspädagogin
Margarete von Winterfeldt1) (1902 1978)
Unterricht. 1955 gab Wunderlich bei einer Hochschulaufführung mit dem Tamino in Mozarts "Die Zauberflöte"1) sein Bühnendebüt, erhielt kurz darauf einen Vertrag an der "Württembergischen Staatsoper" in Stuttgart, wo er anfangs kleinere Partien wie einen der Meister in Wagners "Die Meistersinger von Nürnberg"1) sang, später jedoch auch dort als "Tamino" auffiel. Drei Jahre später wechselte er an die Frankfurter Oper und erhielt schon bald eine Einladung zu den Salzburger Festspielen, wo er unter anderem als Henry Morosus in "Die schweigsame Frau"1) von Richard Strauss Aufsehen erregte. Eine international glänzende Karriere begann für den Tenor mit dem großen Stimmumfang und einmaligen Timbre, 1962 wurde er von der "Bayerischen Staatsoper" München, dessen Ensemblemitglied er seit 1960 war, zum "Bayerischen Kammersänger" ernannt. Die folgenden sechs Jahre, die ihm noch blieben, waren eine Zeitspanne sich kontinuierlich steigernder Triumphe, die ihm jedoch nie zu Kopf stiegen. Er war ein besessener Arbeiter, der sich Partien aneignete, die man einem noch sehr jungen Mozart-Tenor nicht zugetraut hätte, dabei unterstützt durch die organische Entwicklung seiner immer voluminöser werdenden Stimme. Er sang den Rodolfo in "La Bohème"1) ebenso beeindruckend wie den Alfredo in "La Traviata"1) an der Seite einer ebenfalls sehr jungen Sopranistin namens Teresa Stratas, er sang den Lenski zusammen mit Prey, der auch sein Partner im "Barbiere Siviglia"1) war (die letzten beiden Aufführungen sind vom Fernsehen aufgezeichnet worden). Er war sich aber auch nicht zu schade, eine so kleine skurrile Nebenpartie wie den uralten Patriarchen Abdisu in Pfitzners "Palestrina"1) zu singen.2)
Umjubelte Gastauftritte beispielsweise an der "Wiener Staatsoper", dem
Londoner "Covent Garden", der "Städtischen Oper Berlin" oder in
Florenz gehörten ebenso zu Wunderlichs glanzvoller Karriere, wie seine
Mitwirkung bei den Festspielen in Aix-en-Provence oder Ansbach; bei den
Ansbacher Festspielen beispielsweise interpretierte er beeindruckend den
"Evangelisten" in Johann Sebastian Bachs "Matthäus-Passion"1). Uraufführungen von Werken der Moderne wurden durch seine sängerische Dominanz zum Ereignis, so interpretierte er 1960 in Stuttgart den Tiresias in Carl Orffs "Oedipus, der Tyrann", fünf Jahre später wirkte er bei der Premiere in München als Christoph von Ried in "Die Verlobung in San Domingo" von Werner Egk mit. Zum Liedvortrag kam Wunderlich erst spät, dennoch erlangte er auch hier mit seinen Vorträgen, beispielsweise von Franz Schuberts "Die schöne Müllerin" oder Werken von Schumann und Beethoven, Weltruhm. Seine Tenorpartien in der "Matthäus-Passion" oder "Johannes-Passion"1) von Bach bleiben ebenso unvergessen wie die in Verdis "Messa da Requiem"1) oder Mahlers "Das Lied von der Erde"1). Aber auch mit volkstümlichen Liedern oder Operetten-Arien bleibt Fritz Wunderlichs ungewöhnlich warme lyrische Tenorstimme in Erinnerung, so gab er beispielsweise den Titelhelden in Millöckers "Der Bettelstudent"1) oder den Gesangslehrer Alfred in "Die Fledermaus"1) von Johann Strauss. Eine, für die wenigen Jahre seiner sängerischen Laufbahn, erstaunliche Anzahl von Tonträgern, zeugen noch heute von der Einzigartigkeit seiner Stimme.
Der Kammersänger Fritz Wunderlich, der als der bedeutendste deutsche lyrische Tenor seiner
Generation gilt, starb am 17. September 1966, wenige Tage vor seinem 36. Geburtstag,
auf tragische Weise in der Heidelberger Universitätsklinik: Im Jagdhaus eines Freundes
in Oberderdingen im Kraichgau war er gestürzt und hatte sich eine schwere Kopfverletzung zugezogen, deren
Folgen er trotz einer Operation nicht überlebte; er wurde unter großer
Anteilnahme der Öffentlichkeit wenige Tage später auf dem Münchener
Waldfriedhof beigesetzt (Alter Teil, Grab Nr. 212-W18) → Foto der
Grabstelle bei knerger.de. |
Fritz-Wunderlich-Gesellschaft e.V., Kusel Siehe auch Wikipedia, www.andreas-praefcke.de (englisch), www.klassikakzente.de |
Link: 1) Wikipedia Quelle: 2) "Grosse Stimmen" von Jens Malte Fischer, Verlag J. B. Metzeler, Stuttgart 1993, S. 432 3) Wikipedia (abgerufen 30.12.2011) |
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