Auch wenn die Schauspielerin Mechthildis (Mechthild) Thein nur für kurze Zeit die noch stumme
Leinwand eroberte, erntete sie mit ihren wenigen Produktionen zu ihrer Zeit
nachhaltigen Ruhm. Geboren 1888 im niedersächsischen Braunschweig1) (das genaue Datum
ist unbekannt), erarbeitete sie sich bereits am Theater unter anderem in
Frankfurt/M1) und Berlin ("Palast-Theater") einen Ruf als
Charaktermimin, bevor sie sich dem Film zuwandte.
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Erste Aufmerksamkeit erregte die "sehr schlanke, große, fragile, feingliedrige
Darstellerin"*) unter
der Regie von (und Hauptdarsteller) Louis Ralph1) mit einem kleineren Part in
dem propagandistischen Streifen "Passionels Tagebuch"1) (1915**)),
in dem auch der legendäre Emil Jannings sowie
Gustav von Wangenheim
eine ihrer ersten Leinwandauftritte hatten. Der Stummfilm basierte auf den
von Willy Norbert bearbeiteten Tagebucheinträgen des gefallenen französischen Landwehrmannes Michel Passionel. Nach der von Felix Basch
in Szene gesetzten Sudermann1)-Adaption "Stein
unter Steinen"1) (1916) unter anderem erneut mit
Emil Jannings trat Mechthildis Thein in dem von Otto Rippert1)
mit Olaf
Fønss als Wissenschaftler Prof. Richard Ortmann bzw. Homunculus1)
gedrehten, sechsteiligem
Epos um einen künstlich erschaffenen Menschen, "Homunculus"1) (1916), in Erscheinung.
Im vierten Teil "Die Rache des Homunculus"1)
mimte sie neben Protagonist Olaf Fønss eindrucksvoll die Arbeiterin
Margot, die sich zu dem Mann hingezogen fühlt und ihm anfangs treu ergeben
ist, bis sie die Gefühlskälte des Homunculus erkennt und sich von ihm
abwendet bzw. ihn entlarvt. Es ist nicht ganz klar, ob Mechthildis Thein nur im 4. Teil in Erscheinung trat, IMDb
und filmportal.de
weist sie in allen sechs Teilen nach.
Mechthildis Thein vor 1929
Urheber: Alexander Binder1) (1888 1929)
Quelle: Wikimedia
Commons;
Photochemie-Karte Nr. 238
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)
siehe hier
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Wenig später drehte sie mit Regisseur Robert
Wiene1) den Horror-Streifen "Furcht"1) (1917)
und tauchte neben Protagonist Bruno Decarli,
der den von Visionen verfolgten Graf Greven mimte, sowie Conrad Veidt
(indischer Priester) und Bernhard Goetzke
(Grevens Diener), als Geliebte des fast wahnsinnig vor Furcht werdenden
Grafen auf.
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Mit Max Landa als Detektiv bzw. Juwelendieb stand sie für E. A. Duponts1),
anfangs mit Jugendverbot belegten Krimi "Der lebende Schatten" (1918) vor der Kamera,
Bruno Decarli war erneut ihr Partner in dem Melodram "Der Rubin-Salamander"1) (1918).
Die von (Regie) und mit Rudolf Biebrach inszenierte Geschichte der Operettensängerin Nelly Sand, die zwischen zwei Männern steht,
basierte auf dem Roman "Die Brüder" (1896) von Paul Lindau1). Als Titelheldin begeisterte die Schauspielerin in
dem von Richard Oswald1)
realisierten Zweiteiler "Jettchen Geberts Geschichte"1) (1918)
und zeigte sich als eine schöne, vielseitig gebildete jüdische Frau, die
später in einer unglücklichen Ehe gefangen ist, jedoch einen
anderen Mann, den jungen Schriftsteller Friedrich Köstling (Conrad Veidt)
liebt; neben Mechthildis Thein traten unter anderem Leo Connard
als Jettchens Pflegevaters Salomon und Max Gülstorff
als Onkel Eli auf. Auch hier wurde eine damals populäre Geschichte verfilmt,
den 1906 bzw. 1908 (Fortsetzung "Henriette Jacoby")
veröffentlichten, in viele Sprachen übersetzten dramatischen Biedermeier-Roman,
mit dem der Schriftsteller Georg Hermann1)
im Berlin der 1840er Jahre ein Bild des liberalen Geistes einer jüdischen
Familie zeichnet, würde man mit mehr als 260 Auflagen heute als
"Bestseller" bezeichnen → musenblaetter.de.
Mechthildis Thein vor 1929
Urheber: Alexander Binder1) (1888 1929)
Quelle: cyranos.ch;
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)
siehe hier |
In dem von Harry Piel
inszenierten Kriminalfilm "Die
Ratte"1) (1918) mit Heinrich Schroth als Detektiv Joe Deebs1) hatte Mechthildis
Thein dann als Baronin Orlowska nur eine, wenn auch prägnante Nebenrolle,
musste auch in ihren letzten Stummfilmen die Hauptrollen an andere
Kolleginnen abtreten. Nach ihrem Auftritt in Adolf Gärtners1) Melodram "Eine schwache Stunde" (1919) besetzte sie
Reinhold Schünzel in seinem opulenten, mit rund 4.000 Darstellern
bzw. Statisten gedrehten monumentalen Portrait über die von Lucie Höflich
verkörperte, berühmte russische Kaiserin Katharina II.1). Schünzel selbst spielte in "Katharina die Große"1) (1920) den russischen Thronfolger Großfürst Peter Fjodorowitsch, den späteren Zaren
Peter III.1), den die damals
14-jährige
Katharina 1746 heiratete, Fritz Kortner Katharinas Günstling, den Reichsfürsten
Gregor Potjomkin1). Neben vielen anderen populären Darstellern wie
Gustav Botz1) (Großkanzler
Graf Alexei Bestuschew1)),
Hugo Flink (Katharinas Liebhaber Sergej Saltikow1))
oder Fritz Delius (Katharinas Liebhaber
Gregor
Graf Orlow1)) gab Mechthildis Thein die
Fürstin Elisabeth Romanowna Woronzowa1),
Philosophin und enge Vertraute Katharinas.
Mechthildis Theins letzte Arbeit für den Film befasste sich ebenfalls mit einem
historischen Thema, unter der Regie von Otto Rippert1)
entstand das Drama "Gräfin Walewska"1) (1920)
mit Hella Moja
in der Titelrolle, in dem sie als intrigante Schlossherrin Frau von Czytkowska
in Erscheinung trat. Das zur Zeit des von Rudolf Lettinger dargestellten, französischen Kaisers Napoléon Bonaparte1) angesiedelte Rührstück
erzählte die Geschichte der
polnischen Gräfin Maria Walewska1) und wurde 1937
in den USA von Clarence Brown1) mit keiner geringeren als der legendären
Greta Garbo
sowie Charles Boyer als Napoleon Bonaparte
erneut unter dem Titel "Conquest"1)
auf die Leinwand gebracht → Übersicht Stummfilme.
Danach verlor sich die Spur der Schauspielerin Mechthildis Thein, die von
der Kritik vor allem für ihre "vornehme, abgeklärte Ruhe, also den großbürgerlichen, damenhaften Gestus und die stilvolle Leidensfähigkeit"
gelobt wurde.*)
Die etwa 70/71-Jährige starb am 13. Mai 1959 in Singen1)
im Süden Baden-Württembergs1);
über ihr Privatleben ist derzeit nichts bekannt.
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Quelle (unter anderem): Wikipedia,
cyranos.ch
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Quelle: *) Jürgen
Kasten, Armin Loacker (Hrsg.): "Richard Oswald: Kino zwischen Spektakel,
Aufklärung und Unterhaltung" (Filmarchiv
Austria, 2005, S. 47)
**) Hinweis: Laut filmportal.de
passierte der Film im September 1916 die Zensurprüfung und wurde wohl
wenig später uraufgeführt.
Fremde Links: 1) Wikipedia
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