Die Stummfilm-Schauspielerin Mia Pankau wurde am 14. Februar 1891
als Martha Elisabeth Pankau in Preußisch-Friedland1)
(Kreis Schlochau1) in
Westpreußen1),
heute Debrzno, Polen) geboren. Sie war die Tochter des Tischlermeister Albert Pankau
(† 1896) und dessen Ehefrau Anna (geb. Laschetzki, † 1895)
und hatte sieben Geschwister, wovon drei bereits im Säuglingsalter
verstarben. Ob Mia Pankau nach dem frühen Ableben ihrer Eltern bei Verwandten oder
in einem Waisenhaus aufwuchs, bleibt unklar.
|
|
Ihr Leinwanddebüt gab sie 1917 neben Werner Krauß und
Martha Orlanda1) in dem stummen Melodram "Wenn Frauen lieben und
hassen", gleichzeitig der Regie-Einstand des Niederländers Jaap Speyer1)
(1891 – 1952), dessen Ehefrau sie später werden sollte.
Rasch avancierte Mia Pankau mit tragenden Rollen in weiteren
melodramatischen Geschichten zum Stummfilmstar, stand meist für ihren
Ehemann vor der Kamera. So auch als Protagonistin in "Die Ehe der
Gräfin Wetterberg" (1918) und in "Heddas
Rache" (1919), ein Streifen, der mit dem Untertitel
"Die Tochter der Prostituierten oder Wenn Leidenschaft zur Rache
wird" das Publikum in die Lichtspielhäuser locken sollte.
Speyers Zweiteiler "Lilli" und "Lillis Ehe"
(beide 1919) mit Mia Pankau in der Titelrolle fiel zunächst
der Zensur zum Opfer und wurde erst 1923 neubearbeitet
aufgeführt. Es folgten von Speyer gedrehte Produktionen mit den kassenträchtigen Titeln "Zügelloses Blut" (1920, mit
Bernhard Goetzke), "Gefolterte Herzen" (1920) oder
"Das blonde Verhängnis" (1921) mit dem Untertitel
"Das Schicksal einer Zirkusreiterin" und Ernst Hofmann
als Partner, nach dem Roman "Die drei Lieben des Gaston Meder"
von Reinhold Eichacker1) entstand "Der
Frauen-König" (1923) mit Georg Alexander. Erneut mit
Ernst Hofmann stand sie für das Abenteuer "Jimmy, ein Schicksal von Mensch und Tier"2) (1923)
vor der Kamera und mimte die Artistin bzw. Bären-Dompteuse Maud, wurde von Speyer in dessen
Erfolgsdramen "Elegantes Pack" (1925, u. a. mit
Eugen Klöpfer) und "Die Moral der Gasse" (1925,
u. a. mit Werner Krauß und Ernst Hofmann) besetzt.
Mia Pankau auf einer Fotografie von
Alexander
Binder1) (1888 – 1929)
Quelle: cyranos.ch
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)
siehe hier
|
|
Mit dem Drama "Mädchenhandel"1) (1926),
untertitelt als "Eine internationale Gefahr", griff Jaap Speyer
einmal mehr ein sozialkritisches Thema auf, der Streifen wurde zunächst
Anfang November 1926 wegen "entsittlichender und verrohender"
Wirkung mit einem Aufführungsverbot belegt und konnte erst nach erneuter
Prüfung bzw. Überarbeitung mit der Auflage "Jugendverbot" gezeigt
werden. Mia Pankau mimte hier die durchtriebene Aranka von Erdödyi,
Komplizin des unter verschiedenen Masken auftretenden Chefs eines
Mädchenhändlerrings Akkunian (Rudolf Klein-Rogge), dem der junge
Polizeileutnant Geza Farkacz (Charles Lincoln) auf den Fersen ist.
Mit Hans Mierendorff als Film-Ehemann stand sie für den Krimi "Hotelratten"1) (1927)
vor der Kamera, mit Fred Döderlein
als Protagonist entstand der Stummfilm "Die drei Frauen von
Urban Hell"1) (1928) nach dem
Roman "Hell in Frauensee" von Vicki Baum1), zu dem die Autorin selbst das Drehbuch
schrieb und in dem Mia Pankau als Kamilla Bojan, Mutter von Puck (Hilde Maroff), in Erscheinung trat.
Mia Pankau stand auch sporadisch für andere Regisseur vor der Kamera, drehte
beispielsweise mit Wolfgang Neff1) die Komödie "Der
Heiratsschwindler"1) (1922) und
zeigte sich als Gisela Fels, Schauspielerin am "Metropoltheater"
bzw. reiche Verlobte von Kurt Asten (Willy Fritsch), dem Bruder
des Ex-Häftlings Fred (Karl Falkenberg1)).
Sie mimte die im Hause des Segimer aufgewachsene Waise Gunthild in dem von dem
Düsseldorfer Dramaturgen Dr. Leo König in Szene gesetzten
Monumentalfilm "Die Hermannsschlacht"1) (1924), mit dem
die historischen Ereignisse des Jahres 9. n. Chr. bzw. die
legendäre Varusschlacht1)
im Teutoburger Wald geschildert wurden. In weiteren Hauptrollen traten in diesem "Kolossalgemälde aus germanischer Urzeit"
unter anderem Georg Schmieter1) als Cheruskerfürst Arminius1)
("Hermann der Cherusker") auf, Adolf Bassermann1) als dessen Vater
Cherusker-Fürst Segimer1),
Antonie Jaeckel1)
als Segimers zweite Frau Alahgund, und de Stefano-Vitale als römischer Statthalter Quintilius Varus1)
→ Internetportal "Westfälische Geschichte"
sowie filmportal.de.
"Diese erste Verfilmung der historischen Ereignisse der Antike, die den Römern
eine vernichtende Niederlage bescherte, galt viele Jahrzehnte lang als
verschollen. Im Jahre 1990 wurde eine 1945 von sowjetischen Rotarmisten
gestohlene Kopie von "Die Hermannschlacht" in Moskau entdeckt."
notiert Wikipedia.
Mia Pankau auf einer Fotografie
von Mac Walten*)
(1872 – 1944?)
Quelle:
filmstarpostcards.blogspot.com;
Photochemie-Karte Nr. 2262;
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)
siehe hier
|
|
Richard Eichberg1) besetzte Mia Pankau neben
Titelheldin Xenia Desni in dem
nach der nach der Posse von Julius Freund1) und
Victor Hollaender1) gedrehten Lustspiel
"Durchlaucht Radieschen"1) (1927)
als die Amme Emma, in Henrik Galeens1)
hochgelobten Literatur-Adaption "Alraune"1) (1928),
inszeniert nach dem Schauerroman "Alraune. Die Geschichte eines lebenden Wesens"1) von
Hanns Heinz Ewers1), tauchte sie neben der die Titelfigur verkörpernden
Brigitte Helm als Prostituierte auf, die von dem Professor
ten Brinken (Paul Wegener) mit dem Sperma eines exekutierten
Lustmörders künstlich befruchtet wird – das Ergebnis dieses
Experimentes ist das engelsgleiche, männermordende Mädchen Alraune. Nach Karel Lamačs1), ganz auf
Anny Ondra zugeschnittenen Komödie "Der
erste Kuss" (1928) drehte Mia Pankau unter der Regie von Rolf Randolf1)
ihren letzten Stummfilm und gehörte in der deutsch-tschechoslowakischen
Produktion "Das verschwundene Testament" (1929) mit einem kleinen Part neben Hauptdarsteller Carlo Aldini1)
zur Besetzung → Übersicht Stummfilme.
Danach stand die Schauspielerin nur noch für zwei Tonfilm-Produktionen unter der
Regie von Jaap Speyer vor der Kamera, konnte jedoch nicht mehr an ihre
früheren Erfolge anknüpfen: Mit sich in der Hauptrolle produzierte sie den Kurzfilm "Besuch um Mitternacht. Das Nachtgespenst von
Berlin" (1930), ihre letzte Arbeit war die kleinere Rolle der
Kupplerin Frau Schwabe in dem
Krimi "Tänzerinnen für Süd-Amerika gesucht" (1931), mit dem Speyer erneut das Thema Mädchenhandel aufgriff.
Nach mehr als dreißig Kinoproduktionen zog sich Mia Pankau anschließend
vom Filmgeschäft zurück.
Mit der so genannten "Machtergreifung"1) der Nationalsozialisten
am 30. Januar 1933 begann für das Ehepaar
Speyer/Pankau ein wechselvoller Lebensweg, der sie durch die halbe Welt
führen sollte. Von den Nazis als "Volljude" abklassifiziert, ging
Jaap Speyer mit seiner Familie zunächst in die Niederlande,
anschließend floh das Paar noch vor der Besetzung der Niederlande1) durch die
deutsche Wehrmacht im 2. Weltkrieg nach Westneuguinea1)
im damaligen Niederländisch-Indien1), wo beide später während der japanischen Besetzung in
einem Konzentrationslager interniert waren. Nach der Freilassung lebten sie
einige Jahre in Australien1), wo Jaap Speyer 1945/46 als Filmoffizier
mit der Herstellung militärischer Trainingsfilme betraut war. Ende der
1940er Jahre zurückgekehrt nach Europa, ließ sich Mia Pankau
später in Deutschland in der Nähe ihres Sohnes Heinz Pankau (1912 – 1995)
nieder, der mit seiner Familie in Hamburg-Wandsbek1) wohnte. Jaap Speyer
Stiefsohn Heinz Pankau war als Henk Speyer-Pankau sowohl als
Operetten-Tenor als auch schauspielerisch aktiv.3) Er
starb am 4. August 1995 im Hamburg; die letzte Ruhe fand er auf demn dortigen
"Friedhof
Ohlsdorf"1), einen Grabstein gibt es jedoch nicht.
Jaap Speyer, der mit der Komödie "Ein Königreich für ein Haus"1) (1949,
"Een
koninkrijk voor een huis") noch einen Kinofilm in den Niederlanden realisierte,
starb im Alter von 60 Jahren am 17. September 1952 in Amsterdam1).
Mia Pankau
überlebte ihren Gatten um mehr als zwei Jahrzehnte und starb am 6. November 1974 im Alter von
83 Jahren in der schleswig-holsteinischen Gemeinde Hoisdorf1)
nahe Hamburg in einem Seniorenheim.
|
|
Quellen (unter anderem): cyranos.ch,
Wikipedia;
siehe auch filmstarpostcards.blogspot.com
(englisch)
Fotos bei virtual-history.com
|
*) Mac Walten,
das ist der Verwandlungskünstler Max Grünthal, der als "Mac Walten"
bzw. der "Mann mit dem geheimnisvollen Rock" auftrat. Er
verabschiedete sich 1920 von der Bühne, eröffnete in der Berliner
Friedrichstraße ein Fotostudio und lichtete viele Artistenkollegen in
Originalposen ab. Seine Spur verliert sich im Jahre 1936, nachdem er
als Jude vor den Nazis in die Niederlande geflohen war. (Quelle: www.scheinschlag.de)
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) filmportal.de
3) Artikel zu Jaap Speyer bei Wikipedia
sowie einem Nachfahren bzw. Ahnenforscher der Familie Pankau bzw. Mia
Pankaus Enkelin
Lizenz Foto Mia Pankau (Urheber: Alexander Binder/Mac Walten):
Diese Bild- oder Mediendatei ist gemeinfrei, weil ihre urheberrechtliche
Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für die Europäische Union, die
Vereinigten Staaten, Australien und alle weiteren Staaten mit einer
gesetzlichen Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers.
|
|
Filme
Stummfilme / Tonfilme
Filmografie bei der Internet Movie Database,
filmportal.de
sowie
einige Stummfilme bei "The German Early Cinema Database"
(Fremde Links: filmportal.de, cyranos.ch, Wikipedia; R = Regie) |
Stummfilme
- 19171928: Filme unter der Regie von Jaap Speyer
- 1920: Opfer seines Leichtsinns (R: Ernst Walkow; als ?) → IMDb
- 1921: Banditen im Frack (R: Helmuth Orthmann (1889?);
als ?)
→ IMDb
- 1922: Der Mann in der Litfassäule (R: ?;
als ?)
- 1922: Der Heiratsschwindler (R:
Wolfgang Neff;
als Gisela Fels, Schauspielerin am "Metropoltheater" und
reiche Verlobte
von Kurt Asten (Willy
Fritsch), dem Bruder des Ex-Häftlings Fred (Karl
Falkenberg))
- 1924: Die Hermannsschlacht
(R/Drehbuch: Leo König (1883?); über die legendäre
Schlacht im Teutoburger Wald;
mit Adolf
Bassermann als Segimer,
Fürst der Cherusker, und Georg
Schmieter als dessen Sohn Arminius;
de Stefano-Vitate als Quintilius
Varus, Römischer Statthalter in Germanien; als die im Hause Segimers
aufgewachsene Waise Gunthild) → filmportal.de,
stummfilmkonzerte.de
- 1925: Briefe, die ihn nicht erreichten (nach
dem Roman von Elisabeth von Heyking;
R: Friedrich
Zelnik; als Bessie,
Freundin von Elena (Marcella
Albani), der Gattin des Konsuls Werner Gerling (Albert
Bassermann)
Kurzinfo: In Briefen wird die unerfüllt gebliebene Liebe einer Deutschen lebendig, die meist in den USA lebt. Adressat ist ein
Forscher, der in China alte Handschriften sammelt. Die Frau erfährt zuletzt, dass der Mann, dem sie ein Jahr lang nach
Schanghai geschrieben hat, gestorben ist und die Briefe nie erhalten hat. Ein Nachwort des Bruders der Briefeschreiberin
berichtet vom Tod der Verfasserin. (Quelle: www.wissen.de)))
- 1927: Durchlaucht Radieschen (nach
der Posse von Julius
Freund und Victor
Hollaender; R: Richard
Eichberg;
mit Xenia
Desni in der Titelrolle; als Emma, die Amme)
- 1928: Alraune
(nach dem Schauerroman "Alraune.
Die Geschichte eines lebenden Wesens" von Hanns
Heinz Ewers;
R: Henrik
Galeen; mit Brigitte
Helm als Alraune und Paul
Wegener als deren "Schöpfer" Prof. Jakob ten Brinken:
als Dirne) → stummfilm.at,
filmportal.de
- 1928: Der erste Kuss (R: Karel
Lamač; mit Anny
Ondra; als eine Soubrette)
- 1929: Das verschwundene Testament
/ Ztracená závěť (R: Rolf
Randolf; mit Carlo
Aldini; als Lulu,
ein Mädel in der "Alhambra")
→ IMDb
Tonfilme (Regie: Jaap
Speyer)
|
|