Die Stummfilm-Diva Helena (auch Elena) Makowska wurde am 2. März 1893 als Elena Woyniewicz in der damals zum Russisches Kaiserreich1) gehörenden Stadt Kriwoi Rog1) (heute: Krywyj Rih, Ukraine1)) geboren.
Helena Makowska um 1925; Urheber: Alexander Binder (1888–929); Quelle: Wikipedia; Ross-Karte Nr. 758/1; Lizenz: gemeinfrei Die Tochter des polnischen Ingenieurs Ludwik Woyniewicz, der in der Ukraine als Direktor für eine russisch-belgische Bergwerksgesellschaft tätig war, und dessen Ehefrau Stanislawa (geb. Sauret) verließ 1903 mit ihren Eltern ihre Heimat, lebte in Warschau1) (Polen) und besuchte dort ein Gymnasium. Schon früh interessierte sie sich für die Schauspielerei und soll bereits Anfang der 10er Jahre des vergangenen Jahrhunderts kleine Rollen am Theater erhalten haben. Die frühe, 1909 geschlossene Ehe der erst 16-Jährigen mit dem Juristen Julian Makowski blieb ein Intermezzo.
1912 verließ sie Warschau, reiste nach Mailand1) (Italien) und nahm dort Gesangsunterricht. Anschließend gab sie 1914 ihr Bühnendebüt als Amelia in der Oper "Ein Maskenball"1) ("Un ballo in maschera") von Giuseppe Verdi1) sowie als Elena in der Oper "Mefistofele"1) von Arrigo Boito1).
Wenig später wurde der Stummfilm auf die charismatische Künstlerin aufmerksam und Helena Makowska erhielt einen 3-Jahresvertrag bei der von Arturo Ambrosio1) gegründeten Turiner Produktionsfirma "Società Anonima Ambrosio", wo sie ihren ersten Film "Romanticismo" (1915), basierend auf dem historisches Drama von Gerolamo Rovetta1), unter der Regie von Carlo Campogalliani1) mit Tullio Carminati1) als Partner drehte. Bereits 1911 soll sie in dem Kurzfilm "Il sogno di un tramonto d'autunno" ("Der Fluch eines betrogenen Weibes") erste Erfahrungen vor der Kamera gesammelt haben.

Foto: Helena Makowska um 1925
Urheber: Alexander Binder1) (1888 – 1929)
Quelle: Wikimedia Commons; Ross-Karte Nr. 758/1
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Eine Reihe von weiteren Produktionen schlossen sich an, zwischen 1915 und 1920 entstanden rund vierzig stumme Dramen – oft unter der Regie von Carlo Campogalliani – mit Helena Makowska in der Hauptrolle. Von der italienischen Presse wurde sie gefeiert, auch wenn ihre Darstellungsweise vielen als etwas zu steif und theatralisch galt. "Außergewöhnliche Schönheit und natürliche Eleganz machen Makowska als eine der großen Diven des italienischen Stummfilms rasch populär, dem französischen Regisseur Louis Delluc1) gilt sie als "l'actrice la plus photogénique du monde" ("Fotogenste Schauspielerin der Welt")*). So mimte die "slawische Venus"*) beispielsweise die Ophelia in der von Eleuterio Rodolfi (1876 – 1933) nach der gleichnamigen Tragödie von William Shakespeare inszenierten Adaption "Hamlet" (1917, "Amleto") neben dem berühmten Theatermimen Ruggero Ruggeri1) in der Titelrolle, für Augusto Genina1) war sie die verführerische Elena in der Komödie "Addio giovinezza!" (1918) nach dem Theaterstück von Sandro Camasio (1886 – 1917) und Nino Oxilia1), Gian Paolo Rosmino1) besetzt sie als Protagonistin in "La dame en gris" (1919), gedreht nach dem Kriminalroman "La dame en gris" (dt. "Die Dame in Grau") von Georges Ohnet1).

Helena Makowska vor 1929 auf einer Fotografie von
Alexander Binder1) (1888 – 1929), Ross-Karte Nr. 758/2
Quelle: filmstarpostcards.blogspot.com.
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Helena Makowska vor 1929 auf einer Fotografie von Alexander Binder (1888–1929), Ross-Karte Nr. 758/2; Quelle: filmstarpostcards.blogspot.com; Lizenz: gemeinfrei
Als die italienische Filmindustrie Anfang der 1920er Jahre in eine Krise geriet, zog es Helena Makowska nach Deutschland bzw. zunächst nach München, wo sie rasch als Stummfilm-Schauspielerin Fuß fassen konnte. Auch privat fand sie ein, wenn auch nur kurzes Glück mit ihrem zweiten Ehemann, dem Schauspieler Karl Falkenberg1) (1887 – 1936), mit dem sie später auch in dem von Robert Reinert1) in Szene gesetzten Stummfilm "Die vier letzten Sekunden des Quidam Uhl" (1924) neben Hauptdarsteller Carl de Vogt auftrat.  
Helena Makowska zeigte sich mit prägnanten Rollen in stummen Dramen wie dem "Sandalen"-Streifen "Maciste und die Tochter des Silberkönigs" (1922) mit Bartolomeo Pagano1) als der mit unsagbaren Kräften ausgestattete Maciste1), drehte mit Paul Wegener als Partner den Zweiteiler "Sterbende Völker" (1922) oder trat als Panotschka, Tochter eines polnischen Woiwoden1), in dem von Wladimir Strijewski1) nach der gleichnamigen Erzählung1) von Nikolai Gogol1) realisierten, ebenfalls aus zwei Teilen bestehenden Abenteuer "Taras Bulba"1) (1924) neben I. E. Davan-Torzoff (1873 – 1939) in der Rolle des Kosaken-Anführers Taras Bulba1) in Erscheinung, dessen jüngerer Sohn Andry (Oscar Marion) sich in Panotschka verliebt hat. "Frau Makowska sah wieder einmal berückend aus und brachte ihre üppigen Schultern und schöne Figur restlos zur Geltung. Wichtiger aber ist, daß sie auch darstellerisch durchaus auf der Höhe war. Sie hat sich den Ansprüchen des Films geschickt anzupassen verstanden." notierte der "Film-Kurier"1) am 21.06.1924.*)
Helena Makowska vor 1929; Urheber: Alexander Binder (1888–1929); Quelle: www.cyranos.ch; Ross-Karte Nr. 489/1; Lizenz: gemeinfrei Weitere Arbeiten in Deutschland waren beispielsweise das Kriminaldrama "Der Tiger des Zirkus Farini"1) (1923) mit ihrem Part der Gattin des Londoner Polizeipräfekten (Arnold Korff) oder die Rolle der Gräfin Blanche Raven in der Romanze "Das blonde Hannele"1) (1924) mit Maria Minzenti1) in der Titelrolle sowie Carl de Vogt als Maler Bergson. Letzte Arbeiten für den deutschen Stummfilm waren unter der Regie von Max Obal1) die beiden Geschichten "Der Schuss im Pavillon"1) (1925) und "Das Geheimnis einer Stunde"1) (1925) aus der "Stuart Webbs"1)-Reihe mit Ernst Reicher als Detektiv Stuart Webbs.
Als Antwort der "Weimarer Republik"1) auf die polnische "Optanten"-Politik musste Helena Makowska als polnische Staatsbürgerin 1925 Deutschland verlassen und ging zunächst nach Warschau1), wo sie noch für drei Stummfilme vor der Kamera stand, darunter "Kochanka Szamoty" (1927, "Die Geliebte des Szamota") nach einer Kurzgeschichte von Stefan Grabiński1) mit Igo Sym; danach zog sie sich vorerst vom Filmgeschäft zurück 
→ Übersicht Stummfilme.
Stattdessen konzentrierte sich Helena Makowska nun wieder auf ihre Arbeit am Theater, pendelte zwischen Polen und Italien, hatte Bühnenauftritte in Warschau, Krakau und Mailand. Nach einer mutmaßlichen Affäre mit dem italienischen Kronprinzen Umberto1) heiratete sie einen Briten namens Botteril, doch auch diese Verbindung währte nicht lange.

Foto: Helena Makowska vor 1929
Urheber: Alexander Binder1) (1888 – 1929)
Quelle: www.cyranos.ch; Ross-Karte Nr. 489/1
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Anfang der 1930er Jahre ging die Schauspielerin wieder nach Polen und wirkte in einigen Opern mit, beispielsweise 1932 als Bauernmädchen Micaëla in "Carmen"1) von Georges Bizet1), oder trat in Operetten wie "Eine Frau, die weiß, was sie will"1) (1933/34, 1938) von Oscar Straus1) auf.
Nach dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der nationalsozialistischen Regierung bzw. dem Überfall auf Polen1) am 1. September 1939, wurde Helena Makowska am 17. November 1939 in Warschau von der Gestapo1) festgenommen, 1940 als britische Staatsangehörige nach Berlin deportiert und in ein Konzentrationslager verbracht. Im Rahmen eines Gefangenenaustausches konnte sie im April 1943 das Lager verlassen und ließ sich in Großbritannien nieder. Dort spielte sie im Theaterensemble der polnischen Armee1), mit dem sie bis Kriegsende unter anderem in England, nach 1945 in Frankreich, Belgien und Norddeutschland gastierte. Ab 1947 lebte sie wieder in Italien bzw. in Rom1), unterrichtete Fremdsprachen und übernahm sporadisch kleine, eher unbedeutende Aufgaben in Kino-Produktionen. Zu nennen ist unter anderem Mervyn LeRoys1) Monumentalfilm "Quo vadis?"1) (1952, "Quo Vadis") nach gleichnamigen Roman"1) von Henryk Sienkiewicz1) oder das von Joseph L. Mankiewicz1) mit Humphrey Bogart und Ava Gardner gedrehte Drama "Die barfüßige Gräfin"1) (1954, "The Barefoot Contessa"). In Luigi Comencinis1) Komödie "La valigia dei sogni" (1954) spielte sie sich als alte Frau selbst, die auf ihren eigenen verflossenen Glanz als Stummfilm-Star zurückblickt und für die aus der Mode gekommenen theatralischen Auftritte vom Publikum Hohn und Spott erntet. Letztmalig zeigte sich Helena Makowska unter der Regie von Rate Furlan1) in der Komödie "Arrividerci Firenze!" (1959) auf der Leinwand → Übersicht Tonfilme.
 
Der einst auch in Deutschland gefeierte Stummfilm-Star Helena Makowska starb am 22. August 1964 im Alter von 71 Jahren in einer Klinik bei Rom.
Der von dem Niederländer Peter Delpeut1) mit der Musik von Loek Dikker1) geschaffene, nostalgische 70-minütige Kompilationsfilm "Diva Dolorosa" (1999), der auch auf DVD im Handel erhältlich ist, enthält neben Szenen mit Lyda Borelli (1884 – 1959), Pina Menichelli (1890 – 1984), Francesca Bertini (1892 – 1985) und anderen italienischen Stummfilm-Heroinen auch Archiv-Material von Helena Makowska.
Quelle (unter anderem*)): Wikipedia, CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film
Siehe auch cyranos.ch; Fotos bei filmstarpostcards.blogspot.com
Quelle: Jerzy Masnicki, Kamil Stepan: "Helena Makowska" in CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film (Lieferung 25)
Weitere Quelle: Angela Dalle Vacche: Diva: Defiance and Passion in Early Italian Cinema (University of Texas Press, 2008, S. 262/263)
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