Der unter dem klingenden skandinavischen Namen "Olaf Fjord" bekannt gewordene Schauspieler konnte auf eine nur kurze, dennoch intensive Filmkarriere zurückblicken. Geboren am 3. August 1897*) als Emilian Maximilian Pouch bzw. Sohn eines hohen k.u.k-Beamten im österreichischen Graz1), kam er im Alter von drei Jahren mit seinen Eltern nach Bosnien-Herzegowina1), wuchs dort in einem Benediktinerkloster auf und besuchte später ein Gymnasium. Olaf Fjord behauptet später, seine Eltern hätten aus ihm einen Geistlichen machen wollen und seine künstlerischen Neigungen mit Argwohn beobachtet. Die Behauptung entspricht wohl kaum der Wahrheit, da Fjord in Selbstaussagen die eigene Herkunft als illustre Fabel mit geheimnisvoll exotischer Note umnebelt, So behauptet er, in Christiania (dem heutigen Oslo1)) geboren, auf dem Balkan aufgewachsen und als Halbwüchsiger einem Benediktinerkloster entflohen zu sein.**)
Olaf Fjord vor 1929; Urheber: Alexander Binder (1888–1929); Quelle:Wikimedia Commons; Ross-Karte Nr. 775/1; Lizenz: gemeinfrei Noch während des 1. Weltkrieges, den er zeitweise als Soldat erlebte, absolvierte der junge Mann eine Kaufmannslehre und ließ sich gleichzeitig in Wien gesanglich ausbilden. Im Winter 1917/18 lernte er dann den dänischen Regisseur Einar Zangenberg1) (1882 – 1918) kennen, der ihn für die Schauspielerei bzw. das neue Medium Film begeisterte. Unter dem Künstlernamen "Olaf Fjord" stieg der attraktive Mann ins Filmgeschäft ein und spielte vermutlich zunächst in einer Reihe von Stummfilmproduktionen kleine bis kleinste Parts, die heute nicht mehr nachweisbar sind. Belegt dagegen ist, dass er mit seiner eigenen "Fjord-Film" einige kurze Streifen realisierte, in denen er die Hauptrolle spielte und zudem, wie beispielsweise bei "Paulchen, das Millionenbaby" (1920, auch "Das Dollarbaby"), unter dem Namen "Olaf van der Fjord" Regie führte. Die Wiener "Fjord-Film" gründete er 1920 gemeinsam mit Harald Gurschner, dem Sohn des Bildhauers Gustav Gurschner1) und dessen Gattin Alice Gurschner1), die sich unter dem Pseudonym "Paul Althof" als Schriftstellerin und Feuilletonistin betätigte. Nach deren Novelle entstand der Kurzfilm "Der Graf von Imola" (1920)  → Werbung/Anzeige in "Neue Kino-Rundschau"1)
Bald hatte sich Olaf Fjord in der Stummfilmszene etabliert, einen ersten Erfolg konnte er mit der Titelfigur des legendären Bayernkönigs Ludwig II.1) in Otto Kreislers1) frühen, ambitionierten Verfilmung des "Ludwig"-Stoffes "Ludwig II." (1921) verbuchen, in dem heute weithin vergessene Künstler wie Thea Rosenquist1) (Baronesse Tirnau), Eugen Preiß (Richard Wagner1)) oder Fjords Schwester Gina Puch-Klitsch (Kaiserin Elisabeth1)) mit tragenden in Erscheinung traten. 
 
Foto: Olaf Fjord vor 1929
Urheber: Alexander Binder1) (1888 – 1929)
Quelle: Wikimedia Commons bzw. cyranos.ch; Ross-Karte Nr. 775/1
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier
Fjord tauchte in den Folgejahren in etlichen österreichischen, französischen und tschechischen Stummfilmproduktionen auf, zeigte sich in Melodramen, Historiendramen oder Kriminalgeschichten an der Seite von weiblichen Stars wie Hella Moja, Agnes Esterhazy, Olga Tschechowa oder Lee Parry mit Haupt- bzw. prägnanten Nebenrollen, verkörperte meist hochstehende Personen der Gesellschaft, Offiziere, Lebemänner oder Liebhaber – "gut aussehende junge Männer von Eleganz und düsterer Leidenschaft." wie CineGraph**) notiert. Fjord spielt niemals den netten jungen Mann von nebenan, nie eine wirklich erreichbare Gestalt aus dem Alltag, sondern stets den verwunschenen Traum eines romantisch schmachtenden Herzens. Um 1924/25 ist er ein Top-Star des deutschen und österreichischen Unterhaltungskinos, einer der umschwärmtesten Männer des Films, einer, der das Leben als Star in vollen Zügen genießt und seine enormen Gagen mit ehrlicher Lust verprasst.**)
 
In Hans Steinhoffs Krimi "Der Mann, der sich verkauft"1) (1925) zeigte er sich an der Seite von Nora Gregor und Vivian Gibson als Achim von Wehrstädt, der in einen Mord verwickelt wird, in Hubert Moests1) Adaption "Götz von Berlichingen zubenannt mit der eisernen Hand"1) (1925) nach dem gleichnamigen Schauspiel1) von Johann Wolfgang von Goethe1) mit Eugen Klöpfer als Götz von Berlichingen1) mimte er als Carl den Sohn des Titelhelden und dessen Gattin Elisabeth (Lucie Höflich). In Frankreich drehte Fjord mit Regisseur Abel Gance1) das aufwendige Historien-Epos "Napoleon"1) (1927, "Napoléon") und spielte neben Albert Dieudonné1) als Napoléon Bonaparte1) den eher "unter ferner liefen" kleinen Part des jungen Offiziers Horatio Nelson1)
Olaf Fjord vor 1929; Urheber: Alexander Binder (1888–1929); Quelle: virtual-history.com; Ross-Karte Nr. 775/2; Lizenz: gemeinfrei Nach den französischen Produktionen "Mon coeur au ralenti" (1928) und "Madonna im Schlafwagen" (1929, "La madone des sleepings") nach den gleichnamigen Romanen von Maurice Dekobra1) sowie "Le désir" (1928) trat Fjord in einem Film in Erscheinung, der international zum Gesprächsthema werden sollte: "Erotik" (1929, "Erotikon") hieß das von dem tschechischen Regisseur Gustav Machatý1) (1901 – 1963) in Szene gesetzte, stimmungsvolle Melodram, in dem Olaf Fjord neben Ita Rina mit für jene Zeit ungewohnten, intensiven Liebesszenen zu sehen war. Die Geschichte handelte von der jungen naiven Bahnwärterstochter Andrea (Ita Rina), die –  von dem Verführer George (Olaf Fjord) geschwängert und verlassen – den vornehmen, sympathischen Jean (Luigi Serventi1)) heiratet. Erst als sie entdeckt, dass sie für den sie inzwischen wieder umwerbenden George nur eine von vielen ist, erkennt sie ihre wahre Liebe für Jean.3) Der Streifen, vor allem von der Kirche als "unmoralisch" angeprangert, wurde von der Kritik hochgelobt und ließ die Kinokassen klingeln, bei film.at kann man unter anderem lesen. "Mit einem Minimum an Zwischentiteln fand Machatý zu einer subtilen Filmsprache, welche die Atmosphäre der Erotik, Verführung und Begierde durch eine Folge von symbolkräftigen Bildern und Überblendungen erzeugt." → Übersicht Stummfilme
 
Foto: Olaf Fjord vor 1929
Urheber: Alexander Binder1) (1888 – 1929)
Quelle: virtual-history.com; Ross-Karte Nr. 775/2
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier
Mit Einsetzen des Tonfilms zog sich Fjord mehr und mehr vom Filmgeschäft zurück, wohl auch deshalb, weil er das bisherige Rollen-Klischee nicht mehr bedienen wollte. Er selbst beschrieb seine schauspielerische Arbeit bzw. Ambitionen einmal so: "Der Film ist eine fabelhafte Angelegenheit, wenn man Rollen spielen kann, die einem liegen. Nicht immer die süßen, kitschigen, verlogenen Himmler und Liebhaber, zu denen man mich so oft und so gern verwendet, und die jeden künstlerischen Ehrgeiz in meiner Seele töten. Aufgaben, je schwieriger, um so lieber, starke Rollen, von seelischen Kämpfen getragen, will ich erhalten – Rollen, in denen ich mich entfalten kann! Dieses heute so oft praktizierte Durchhetzen eines Filmspiels in zwei oder drei Wochen aus Ersparnisgründen durch das bittere geldliche "Muß" liegt mir nicht; ich kann nichts Oberflächliches vertragen, denn ich nehme es mit der Filmkunst sehr genau, und die Gestaltung einer Rolle ist für mich eine sehr ernste Angelegenheit."***)

Nach dem bereits mit Tonverfahren in Frankreich von Raymond Bernard1) gedrehten Melodram "Tarakanova, die falsche Zarentochter" (1930, "Tarakanova")  über das Liebesverhältniss der von Édith Jéhanne1) dargestellten Fürstin Tarakanowa1) mit dem russischen Offizier Graf Alexei Grigorjewitsch Orlow1) (Fjord), wurde er von Richard Oswald in dem Historienstreifen "1914, die letzten Tage vor dem Weltbrand"1) (1931) als serbischer Prinzregent Alexander I.1) besetzt. Danach stand er für Constantin J. Davids1) Romanze "Kennst Du das Land" (1931) vor der Kamera, in der, obwohl in Italien hergestellt, überwiegend deutsche Schauspieler/innen wie Hans Adalbert Schlettow, Eduard von Winterstein, Maria Matray oder Mary Kid auf der Besetzungsliste standen, da es sich um die deutschsprachige Version der Produktion "Terra madre" (Regie: Alessandro Blasetti1)) handelte. Mit den Unterhaltungsstreifen "Kavaliere vom Kurfürstendamm" (1932) und "Alles um eine Frau. Kameraden"2) (1935; Regie: Alfred Abel) verabschiedete sich Olaf Fjord als Darsteller von seinem Publikum. Stattdessen verlegte er sich nun ganz auf die Produktion, wagte sich nach der bereits mehrfach adaptierten Paul Keller1)-Geschichte "Ferien vom Ich"2) (1934; Regie: Hans Deppe1)) mit der Verfilmung des berühmten Romans "Pan – Aus Leutnant Glahns Papieren"1) (1894) des norwegischen Literatur-Nobelpreisträgers Knut Hamsun1) an einen schwierigen Stoff. "Pan"2) (1937) mit dem Untertitel "Das Schicksal des Leutnants Thomas Glahn" mit Christian Kayßler1) in der Titelrolle löst durch seine von Zweifeln und Visionen bestimmte Atmosphäre bei Goebbels1) und der "Reichsfilmkammer"1) Beklemmung und Ablehnung aus. Zwar zeichnet Fjord nicht nur als Produzent, sondern offiziell auch als Regisseur verantwortlich, doch ist der eigentlich maßgebliche Mann für Buch und Regie der Tscheche Josef Rovenský1) (der wenige Wochen nach der Uraufführung verstirbt). Fjord versucht mit dem Trick, sich selbst als Regisseur zu benennen, für den Film überhaupt noch die Chance zur öffentlichen Zulassung zu erreichen. Goebbels jedoch untersagt dem ehemaligen Stummfilmstar weitere Betätigungen als Produzent.**) → Übersicht Tonfilme
 
Als somit wenig später auch Fjords Plan, den Roman "Gösta Berling"1) von Selma Lagerlöf1) zu verfilmen, gescheitert war, ging er im Januar 1939 in die USA, wo er eine Zeitlang lebte und angeblich vorübergehend mit der Tochter eines amerikanischen Silberbergwerksbesitzers verheiratet gewesen sein soll. Wann Fjord wieder nach Europa zurückkehrte, ist unbekannt. Der noch nicht einmal 50 Jahre alte, einstige Publikumsliebling starb – kurz vor Ende des 2. Weltkrieges – am 19. April 1945 in Wien1). Seine Angehörigen, die in den Wirren des zu Ende gehenden Krieges in Wien an sein Sterbelager im Hospital "Göttlicher Heiland" gerufen werden, befremdet nicht, dass sie einen verarmten, sondern einen offenbar verwahrlost wirkenden, vollbärtigen Mann vorfinden, dessen Anblick kaum noch an den überaus gepflegten, glamourösen Herzensbrecher von einst erinnert.**)


Sechs seiner sieben Geschwister ergriffen unter dem Familiennamen Pouch ebenfalls künstlerische Berufe: Bruder Karl Pouch soll ein hoch dekorierter Kammervirtuose am türkischen Hof gewesen sein, Hermann Pouch gründete als Musiker eine eigene Kapelle. Norbert Pouch trat mit einem Unterhaltungsorchester in Schweden auf und arbeitete als Komponist unter anderem für Zarah Leander. Edmund Pouch4) (1892 – ?) trat ab Anfang der 1930er Jahre sporadisch ebenfalls als Schauspieler mit kleinen Parts in Erscheinung und wirkte unter anderem in Berlin als Radiosprecher. Halbbruder Oskar Pouché4) stand ebenfalls vor der Filmkamera, konnte aber vor allem in Wien als Betreiber von Revuebühnen Erfolge verbuchen. Die mit dem Berufskollegen Edi Klitsch4) (1888 – 1942) verheiratete Schwester Regina war im Wien der 1910er und 1920er Jahre eine populäre Soubrette und Filmdarstellerin (Gina Puch-Klitsch).**) Schauspieler Victor Varconi 1) (1891 – 1976) war Fjords Cousin.5)
Quellen (unter anderem***)): Wikipedia, cyranos.ch sowie
CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, LG 41
Fotos bei virtual-history.com, filmstarpostcards.blogspot.com
*) Laut IMDb sowie Kay Weniger: "Das große Personenlexikon des Films"; filmportal.de und cyranos.ch geben als Geburtsjahr 1895 an.
**) CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film (Lieferung 41)
***) "Filmkünstler: Wir über uns selbst", Hrsg. Dr. Hermann Treuner, Sibyllen Verlag, Berlin 1928
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) filmportal.de, 4) cyranos.ch
 3) Quelle: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film (Lg. 35)
5) Quelle: "Die Filmwoche" ( Nr. 48, Jg. 1925, S. 1140.)
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