In Berlin lernte sie auch sie zudem die Salonnière1)
Edith
Andreae1) kennen, die in ihrem Salon führende
Künstler, Literaten oder Gelehrte ihrer Zeit um sich zu versammelte und Maria
Orska förderte. Es waren immer wieder Stücke der Moderne wie von Oscar Wilde1),
Frank Wedekind1), Arthur Schnitzler und August Strindberg,
in denen sie zu glänzen wusste. 1917 machte sie mit der
Gestaltung der Lulu in Frank Wedekinds Tragödie "Erdgeist"1) Furore.
"Sie hatte scharfe, bohrende Töne, deren unheimliche Wirkung das kleine Persönchen fanatisch überhöhten.
Sie kultivierte außerdem mondäne Rollen, in denen sie die spitzen Humore eines verschlagenen Charakters entfaltete. (
)
Auf dem Gebiete erotischer Darstellung wagte sie sich bemerkenswert weit vor. Eine elementare Künstlerin war sie nicht, aber sie hatte individuelle
Eigenschaften, die sie zum Liebling des Publikums machten." notierte der Journalist
und Schriftsteller Emil Faktor1) im "Berliner Börsen-Courier"1) (16.05.1930) anlässlich des frühen und tragischen
Todes von Maria Orska.
Die als überaus ehrgeizig geltende Schauspielerin, die seit ihrer Heirat mit
ihrem zweiten Ehemann Baron Dr. Hans von Bleichröder jun. (1888 1938), einem
Enkel2) des
jüdischen Bankiers Gerson von Bleichröder1), einen aufwendigen Lebensstil pflegte
und lange im Mittelpunkt der sogenannten Berliner Gesellschaft stand, wusste sich
auch privat spektakulär-exzentrisch in Szene zu setzen. Verstärkt wurde ihre
Popularität durch das noch junge Medium Film, 1915 startete sie eine zweite Karriere als
Stummfilm-Darstellerin und erhielt bald Spitzengagen. Ihr Leinwanddebüt gab
Maria Orska bei der von Jules Greenbaum1) gegründeten Berliner "Greenbaum-Film GmbH" unter
der Regie von Richard Oswald1)
in dem Melodram
"Dämon und Mensch"1) (1915) und mimte die zwielichtige
Lina, die ihren Geliebten bzw. einen inzwischen geläuterten
Gewohnheitsverbrecher (Rudolf Schildkraut1))
erneut vom Weg der Tugend abbringen
will.
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Bei dem Streifen "Das tanzende Herz" (1916) arbeitete Maria Orska
erstmals mit dem Filmpionier und Regisseur Max Mack1) (1884 1973) zusammen, der 1916/17 mit
seiner Protagonistin eine sechsteilige "Maria Orska-Serie" in die Lichtspielhäuser brachte. Der Star wird angepriesen als
"die unerreichte Interpretin Strindbergscher Frauengestalten, die mondänste Schauspielerin des Berlins von
heute". Sie sei die Vertreterin einer "ganz auf Nerven gestellten
Kunst" ("Der Film", Nr. 23, 01.07.1916).*)
So präsentierte sie sich in melodramatischen Geschichten, unter anderem als ein Mädchen aus der Gosse in
"Der Sumpf"1) (1916),
als Sängerin bzw. heimliche Verlobte eines Grafen (Alfred Abel) in "Das
Geständnis der grünen Maske"1) (1916),
mit einer Doppelrolle und Partnerin von Hugo Flink in "Adamants
letztes Rennen" (1917) und als Titelheldin in "Die
schwarze Loo"1) (1917), konnte
aber auch in dem Lustspiel "Die Sektwette"1) (1916)
das Publikum für sich gewinnen.
Regisseur Max Mack entführt
sein Publikum in die schillernde Halbwelt der Reichshauptstadt. Die gefeierte Maria Orska als
"Schwarze Loo", die von der Demimonde wie von der besseren Gesellschaft heftig umflattert wird.
Zwischen Schiebetanz und Liebesintrige entwickelt der Film seine schon damals als äußerst gewagt
empfundene Handlung in ausdrucksstarken Bildern und pointierten Situationen, in denen
mit bemerkenswerter Entschlossenheit an den Moralvorstellungen des spätwilhelminischen
Kaiserreichs gerüttelt wird.3)
Maria Orska, fotografiert von
Alexander
Binder1) (1888 – 1929)
Photochemie-Karte K 120
Quelle: cyranos.ch;
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)
siehe hier
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Es waren überwiegend die Melodramen jener Jahre, in denen Maria Orska
den Typus der verruchten Frau gestaltete und damit ihr Bühnen-Image der Kokotte/eleganten
Halbwelt-Dame unterstrich, dass sie sich Anfang der 1920er Jahre in dem Schwank
"Karussell" von Louis Verneuil (1893 1952) erwarb."Die schwarze Loo" war der letzte Teil der "Maria-Orska-Serie",
die Mack für die "Greenbaum-Film" realisierte, danach machte Maria Orska eine Pause vom Filmgeschäft
und konzentrierte sich die nächsten drei
Jahre ausschließlich auf ihre Arbeit am Theater.1920 trat sie dann in dem von Dimitri Buchowetzki1) in Szene gesetzten
Stummfilm
"Die letzte Stunde" mit dem Untertitel "Der Tag eines Gerichtes in 5 Verhandlungen"
unter anderem neben Reinhold Schünzel wieder auf der Leinwand in
Erscheinung. Es folgte unter der Regie von Ludwig Wolff die Adaptation "Die Bestie im Menschen" (1921)
nach dem Roman "La
Bête Humaine"1) von Émile Zola1)1),
von (Regie) und mit Alfred Abel entstand die Groteske "Der Streik der Diebe"4) (1921)
sowie von Paul Czinner1)
das Drama "Opfer der Leidenschaft" (1922) als Partnerin von Paul Bildt.
Mit der Rolle der launischen Tänzerin Barberina Campanini1)
in dem ersten und dritten Teil des Vierteilers "Fridericus Rex"1) (1922/23)
mit Otto Gebühr als
Preußenkönig Friedrich II.1)
beendete Maria Orska ihre überschaubare Leinwandkarriere → Übersicht
Stummfilme.
Maria Orska, fotografiert von
Alexander
Binder1) (1888 – 1929)
Quelle: cyranos.ch;
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)
siehe hier
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Ihr Versuch, als Theaterschauspielerin in Paris Fuß zu fassen,
scheiterte, enttäuscht kehrte die gefeierte Künstlerin nach Berlin
zurück und nahm Verpflichtungen am "Komödienhaus"1),
am "Deutschen Theater"1)
und am "Lessingtheater"1)
an. Unter anderem erregte sie 1927 am "Theater in der
Königgrätzer Straße" Aufsehen mit der Figur des lesbischen
Mädchens Ruth, die in dem Mysterienspiel1)
"Die
Schwester"1) von Hans Kaltneker1)
ihre Schwester liebt und, von der Familie verstoßen, als Prostituierte
endet. Am 14. Februar 1928 gelangte das Stück zudem an den
"Wiener
Kammerspielen"1) als Gastspiel von
Maria Orska in einer Inszenierung von Franz Wenzler1)
zur Aufführung, in der man unter anderem Friedl Haerlin,
Theodor Grieg1)
sowie Peter Lorre
(als Sexualforscher und als Straßengespenst) sah.
Immer mehr wurde jedoch ihr gesundheitlicher, durch die Morphium-Sucht
angegriffener Zustand offensichtlich. Maria Orska, seit 1925 von
ihrem Ehemann Dr. Hans von Bleichröder geschieden, sorgt
durch ihre eigene Todessehnsucht und ihren Drogenkonsum für
Gesprächsstoff. Krankenschwestern warten auf der Seitenbühne mit einer
Spritze, Direktoren zittern um jede Aufführung. Ihre
Selbstmordversuche – einmal springt sie vom Zug – gehören
für die Öffentlichkeit bald zur Routine. "Sie hatten einen
bereits typischen Charakter. Sie erfolgten jedesmal nach einer Ruhe- und
Entwöhnungspause im Sanatorium, das die von Dämonen gehetzte
Künstlerin fluchtartig zu verlassen pflegte, um sich von einem für sie
wertlos gewordenen Dasein zu erlösen." (Emil Faktor1), 1930).*)
Maria Orska fotografiert von Wilhelm
Willinger1) (1879 – 1943)
Quelle: filmstarpostcards.blogspot.com;
Photochemie-Karte Nr. 1487
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)
siehe hier
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Maria Orska unternahm zwar einige Entziehungskuren, die jedoch alle erfolglos
blieben. Mit Vergiftungserscheinungen, hervorgerufen durch eine Überdosis
"Veronal"1), lieferte man die Schauspielerin zuletzt in das Wiener
"Allgemeine Krankenhaus"1) ein, wo sie am 16. Mai 1930 mit nur
37 Jahren starb eine hinzutretende Lungenentzündung hatte ihr geschwächter
Körper nicht mehr verkraftet. Auch das Leben ihrer 1894 geborenen Schwester Gabryela,
als Marchesa di Serra Mantschedda verheiratet mit einem italienischen Aristokraten, endete tragisch,
1924 (oder 1926) erhängte sich Gabryela in einem Wiener Hotel. Über den
Bruder Edwin ist nichts bekannt → www.geni.com.
"Maria Orska war der Berauschung der Bühne völlig untertan, bis sie
darunter zusammenbrach. An dieser seltsamen Erscheinung ließ sich erfahren,
wie schwer das Phänomen des Schauspielerischen zu deuten ist. Sie schien
ebenso von Kulissenluft eingehüllt, wie sie dann wieder von letzter
Schlichtheit war. Sie war Theaterschlange und rechthaberischer Star, etwa in
Wildes "Salome"1), und war auch die bescheidenste Hedwig in der
"Wildente"1)
(Ibsen1)). Sie war heiß und kalt, sie spielte und sie
lebte" schreibt Fritz Engel (in: Siegmund Kaznelson1) (Hrsg.): "Juden im deutschen
Kulturbereich", Berlin 1962, Seite 211).
Maria Orska, fotografiert
von Wilhelm
Willinger1) (1879 – 1943)
Quelle: kulturpool.at
von theatermuseum.at
Inventarnummer: FS_PE76115alt
Lizenz: CC
BY-NC-SA 4.0
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Der berühmte Oskar Kokoschka1)
zeichnete die Schauspielerin 1922, Lithographien hängen in verschiedenen
Museen, unter anderem in "Staatliche Kunstsammlungen Dresden"1).
Von Ursula Overhage stammt die 2021 veröffentlichte Biografie "Sie spielte wie im Rausch. Die Schauspielerin Maria Orska",
in der die Autorin auf Grund von akribischen Recherchen an die heute
weitgehend vergessene Künstlerin erinnert → www.flaneurin.at,
ursula-overhage.de.
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*) "CineGraph Lexikon zum deutschsprachigen
Film" (Lieferung 40 mit den Quellen:
E. J.: "Maria Orska", in: "Der Film" (Nr. 23 (01.07.1916)
Emil
Faktor: "Die Schauspielerin Maria Orska", in: "Berliner Börsen-Courier" (16.05.1930)
Carl
Meinhard: "Maria Orska", in: "Berliner Tageblatt" (16.05.1930)
Hermann
Sinsheimer: "Erinnerung an zwei Tote", in: "Berliner Tageblatt" (20.05.1930)
H. E. J.: "Die letzte Fahrt. Maria Orskas Beisetzung",
in: "Berliner Tageblatt" (20.05.1930)
Fremde Links: 1) Wikipedia, 4) filmportal.de
2) In einschlägigen Quellen wird als Ehemann Baron Hans von Bleichröder, ältester Sohn
von Gerson von Bleichröder, angegeben;
dieser starb jedoch bereits 1917. Die Scheidung zwischen Orska und
Bleichröder erfolgte 1925. Es muss sich also bei der Heirat Orskas um Baron Hans von Bleichröders 1888 geborenen Sohn Hans von
Bleichröder jun. handeln → sozialistenfriedhof.de
3) Quelle: filmmuseum-potsdam.de
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