Filmografie / Fotos
Maria Orska, fotografiert ca. 1911 von Arnold Mocsigay (1840–1911); Quelle: Wikimedia Commons; Lizenz: gemeinfrei Die Schauspielerin mit dem klingenden slawischen Namen "Maria Orska" wurde am 16. März 1893 im damals zum Russisches Kaiserreich1) gehörenden, üdrussischen Nikolajew1) (heute: Mykolajiw, Ukraine1)) nahe Odessa1) als Effi Rahel Blindermann in eine jüdische Familie hineingeboren. Sie war die Cousine der Schauspielerin Hedda Forsten1) (1897 – 1933) bzw. mütterlicherseits mit dem Theater-Impresario Eugen Frankfurter verwandt. Obwohl sie wie ihr Vater Habrán Moiseybich Blinderman, Rechtsanwalt und Mitglied des Stadtrats von Nikolajew, ursprünglich Rechtswissenschaften studieren wollte, wandte sie sich der Schauspielerei zu und wurde in Sankt Petersburg1) von dem Schauspieler bzw. Schauspiellehrer Ferdinand Gregori1) (1870 – 1928) entdeckt. Dieser holte sie 1909 nach Wien an die von ihm geleitete "k.u.k. Akademie für Musik und darstellende Kunst" (heute: "Universität für Musik und darstellende Kunst Wien"1)). Als Gregori 1910 als Intendant an das "Hoftheater Mannheim"1) berufen wurde, folgte sie ihm und gab dort – unter dem Namen "Daisy Orska" – ihr Bühnendebüt. Bald wurden die Kritiker auf die Schauspielerin aufmerksam, die vor allem in Gegenwartstücken von August Strindberg1) und Arthur Schnitzler1) mit ihren ausgefallenen Interpretationen überzeugte. 1911 wechselte sie an das "Hamburger Schauspielhaus"1), wo sie rasch – oft an der Seite von Herman Wlach (1884 – 1962) – zum Star des Ensembles arrivierte. Zur Spielzeit 1914/15 zog es Maria Orska – wie sich inzwischen nannte – in die Metropole Berlin, hier wirkte sie vornehmlich am "Theater in der Königgrätzer Straße" (heute "Hebbel-Theater"1)) sowie an den von  Max Reinhardt1) geleiteten "Reinhardt-Bühnen"1).
 
Maria Orska, fotografiert ca. 1911 von Arnold Mocsigay1) (1840 – 1911);
Quelle: Wikimedia Commons; Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier
In Berlin lernte sie auch sie zudem die Salonnière1) Edith Andreae1) kennen, die in ihrem Salon führende Künstler, Literaten oder Gelehrte ihrer Zeit um sich zu versammelte und Maria Orska förderte. Es waren immer wieder Stücke der Moderne wie von Oscar Wilde1), Frank Wedekind1), Arthur Schnitzler und August Strindberg, in denen sie zu glänzen wusste. 1917 machte sie mit der Gestaltung der Lulu in Frank Wedekinds Tragödie "Erdgeist"1) Furore. "Sie hatte scharfe, bohrende Töne, deren unheimliche Wirkung das kleine Persönchen fanatisch überhöhten. Sie kultivierte außerdem mondäne Rollen, in denen sie die spitzen Humore eines verschlagenen Charakters entfaltete. (…) Auf dem Gebiete erotischer Darstellung wagte sie sich bemerkenswert weit vor. Eine elementare Künstlerin war sie nicht, aber sie hatte individuelle Eigenschaften, die sie zum Liebling des Publikums machten." notierte der Journalist und Schriftsteller Emil Faktor1) im "Berliner Börsen-Courier"1) (16.05.1930) anlässlich des frühen und tragischen Todes von Maria Orska.
  
Maria Orska als Titelheldin in dem Drama "Salome" von Oscar Wilde ca. 1911 am "Deutschen Schauspielhaus" in Hamburg; Urheber: Arnold Mocsigay (1840–1911); Quelle: Wikimedia Commons aus "Der Querschnitt" (Band 10, Heft 6, Juni 1930, nach S. 412); Lizenz: gemeinfrei
Maria Orska als Titelheldin in dem Drama "Salome"1) von Oscar Wilde
ca. 1911 am "Deutschen Schauspielhaus" in Hamburg
Urheber: Arnold Mocsigay1) (1840–1911); Quelle: Wikimedia Commons aus
"Der Querschnitt"1) (Band 10, Heft 6, Juni 1930, nach S. 412);
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)  siehe hier
  
Die als überaus ehrgeizig geltende Schauspielerin, die seit ihrer Heirat mit ihrem zweiten Ehemann Baron Dr. Hans von Bleichröder jun. (1888 – 1938), einem Enkel2) des jüdischen Bankiers Gerson von Bleichröder1), einen aufwendigen Lebensstil pflegte und lange im Mittelpunkt der sogenannten Berliner Gesellschaft stand, wusste sich auch privat spektakulär-exzentrisch in Szene zu setzen. Verstärkt wurde ihre Popularität durch das noch junge Medium Film, 1915 startete sie eine zweite Karriere als Stummfilm-Darstellerin und erhielt bald Spitzengagen. Ihr Leinwanddebüt gab Maria Orska bei der von Jules Greenbaum1) gegründeten Berliner "Greenbaum-Film GmbH" unter der Regie von Richard Oswald1) in dem Melodram "Dämon und Mensch"1) (1915) und mimte die zwielichtige Lina, die ihren Geliebten bzw. einen inzwischen geläuterten Gewohnheitsverbrecher (Rudolf Schildkraut1)) erneut vom Weg der Tugend abbringen will.
Maria Orska auf einem Foto (Photochemie-Karte K 120) von Alexander Binder (1888 – 1929); Quelle: www.cyranos.ch Bei dem Streifen "Das tanzende Herz" (1916) arbeitete Maria Orska erstmals mit dem Filmpionier und Regisseur Max Mack1) (1884 – 1973) zusammen, der 1916/17 mit seiner Protagonistin eine sechsteilige "Maria Orska-Serie" in die Lichtspielhäuser brachte. Der Star wird angepriesen als "die unerreichte Interpretin Strindbergscher Frauengestalten, die mondänste Schauspielerin des Berlins von heute". Sie sei die Vertreterin einer "ganz auf Nerven gestellten Kunst" ("Der Film", Nr. 23, 01.07.1916).*) So präsentierte sie sich in melodramatischen Geschichten, unter anderem als ein Mädchen aus der Gosse in  "Der Sumpf"1) (1916), als Sängerin bzw. heimliche Verlobte eines Grafen (Alfred Abel) in "Das Geständnis der grünen Maske"1) (1916), mit einer Doppelrolle und Partnerin von Hugo Flink in "Adamants letztes Rennen" (1917) und als Titelheldin in "Die schwarze Loo"1) (1917), konnte  aber auch in dem Lustspiel "Die Sektwette"1) (1916)  das Publikum für sich gewinnen.
Regisseur Max Mack entführt sein Publikum in die schillernde Halbwelt der Reichshauptstadt. Die gefeierte Maria Orska als "Schwarze Loo", die von der Demimonde wie von der besseren Gesellschaft heftig umflattert wird. Zwischen Schiebetanz und Liebesintrige entwickelt der Film seine schon damals als äußerst gewagt empfundene Handlung in ausdrucksstarken Bildern und pointierten Situationen, in denen mit bemerkenswerter Entschlossenheit an den Moralvorstellungen des spätwilhelminischen Kaiserreichs gerüttelt wird.3)
  
Maria Orska,  fotografiert von
Alexander Binder1) (1888 – 1929)
Photochemie-Karte K 120
Quelle: cyranos.ch; Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)  siehe hier
Es waren überwiegend die Melodramen jener Jahre, in denen Maria Orska den Typus der verruchten Frau gestaltete und damit ihr Bühnen-Image der Kokotte/eleganten Halbwelt-Dame unterstrich, dass sie sich Anfang der 1920er Jahre in dem Schwank "Karussell" von Louis Verneuil (1893 – 1952) erwarb."Die schwarze Loo" war der letzte Teil der "Maria-Orska-Serie", die Mack für die "Greenbaum-Film" realisierte, danach machte Maria Orska eine Pause vom Filmgeschäft und konzentrierte sich die nächsten drei Jahre ausschließlich auf ihre Arbeit am Theater.1920 trat sie dann in dem von Dimitri Buchowetzki1) in Szene gesetzten Stummfilm "Die letzte Stunde" mit dem Untertitel "Der Tag eines Gerichtes in 5 Verhandlungen" unter anderem neben Reinhold Schünzel wieder auf der Leinwand in Erscheinung. Es folgte unter der Regie von Ludwig Wolff die Adaptation "Die Bestie im Menschen" (1921) nach dem Roman "La Bête Humaine"1) von Émile Zola1)1), von (Regie) und mit Alfred Abel entstand die Groteske "Der Streik der Diebe"4) (1921) sowie von Paul Czinner1) das Drama "Opfer der Leidenschaft" (1922) als Partnerin von Paul Bildt. Mit der Rolle der launischen Tänzerin Barberina Campanini1) in dem ersten und dritten Teil des Vierteilers "Fridericus Rex"1) (1922/23) mit Otto Gebühr als Preußenkönig Friedrich II.1) beendete Maria Orska ihre überschaubare Leinwandkarriere → Übersicht Stummfilme.

Maria Orska, fotografiert von
Alexander Binder1) (1888 – 1929)
Quelle: cyranos.ch; Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)  siehe hier

Maria Orska, fotografiert von Alexander Binder (1888–1929); Quelle: cyranos.ch; Lizenz: gemeinfrei
Maria Orska fotografiert von Wilhelm Willinger (1879–1943); Quelle: filmstarpostcards.blogspot.com; Photochemie-Karte Nr. 1487; Lizenz: gemeinfrei Ihr Versuch, als Theaterschauspielerin in Paris Fuß zu fassen, scheiterte, enttäuscht kehrte die gefeierte Künstlerin nach Berlin zurück und nahm Verpflichtungen am "Komödienhaus"1), am "Deutschen Theater"1) und am "Lessingtheater"1) an. Unter anderem erregte sie 1927 am "Theater in der Königgrätzer Straße" Aufsehen mit der Figur des lesbischen Mädchens Ruth, die in dem Mysterienspiel1) "Die Schwester"1) von Hans Kaltneker1) ihre Schwester liebt und, von der Familie verstoßen, als Prostituierte endet. Am 14. Februar 1928 gelangte das Stück zudem an den "Wiener Kammerspielen"1) als Gastspiel von Maria Orska in einer Inszenierung von Franz Wenzler1) zur Aufführung, in der man unter anderem Friedl Haerlin, Theodor Grieg1) sowie Peter Lorre (als Sexualforscher und als Straßengespenst) sah.
Immer mehr wurde jedoch ihr gesundheitlicher, durch die Morphium-Sucht angegriffener Zustand offensichtlich. Maria Orska, seit 1925 von ihrem Ehemann Dr. Hans von Bleichröder geschieden, sorgt durch ihre eigene Todessehnsucht und ihren Drogenkonsum für Gesprächsstoff. Krankenschwestern warten auf der Seitenbühne mit einer Spritze, Direktoren zittern um jede Aufführung. Ihre Selbstmordversuche – einmal springt sie vom Zug – gehören für die Öffentlichkeit bald zur Routine. "Sie hatten einen bereits typischen Charakter. Sie erfolgten jedesmal nach einer Ruhe- und Entwöhnungspause im Sanatorium, das die von Dämonen gehetzte Künstlerin fluchtartig zu verlassen pflegte, um sich von einem für sie wertlos gewordenen Dasein zu erlösen." (Emil Faktor1), 1930).*)
  
Maria Orska fotografiert von Wilhelm Willinger1) (1879 – 1943)
Quelle: filmstarpostcards.blogspot.com; Photochemie-Karte Nr. 1487
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier
Maria Orska unternahm zwar einige Entziehungskuren, die jedoch alle erfolglos blieben. Mit Vergiftungserscheinungen, hervorgerufen durch eine Überdosis "Veronal"1), lieferte man die Schauspielerin zuletzt in das Wiener "Allgemeine Krankenhaus"1) ein, wo sie am 16. Mai 1930 mit nur 37 Jahren starb – eine hinzutretende Lungenentzündung hatte ihr geschwächter Körper nicht mehr verkraftet. Auch das Leben ihrer 1894 geborenen Schwester Gabryela, als Marchesa di Serra Mantschedda verheiratet mit einem italienischen Aristokraten, endete tragisch, 1924 (oder 1926) erhängte sich Gabryela in einem Wiener Hotel. Über den Bruder Edwin ist nichts bekannt → www.geni.com.
"Maria Orska war der Berauschung der Bühne völlig untertan, bis sie darunter zusammenbrach. An dieser seltsamen Erscheinung ließ sich erfahren, wie schwer das Phänomen des Schauspielerischen zu deuten ist. Sie schien ebenso von Kulissenluft eingehüllt, wie sie dann wieder von letzter Schlichtheit war. Sie war Theaterschlange und rechthaberischer Star, etwa in Wildes "Salome"1), und war auch die bescheidenste Hedwig in der "Wildente"1) (Ibsen1)). Sie war heiß und kalt, sie spielte und sie lebte" schreibt Fritz Engel (in: Siegmund Kaznelson1) (Hrsg.): "Juden im deutschen Kulturbereich", Berlin 1962, Seite 211).
   

Maria Orska, fotografiert
von Wilhelm Willinger1) (1879 – 1943)
Quelle: kulturpool.at von theatermuseum.at
Inventarnummer: FS_PE76115alt
Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0

Maria Orska, fotografiert von Wilhelm Willinger (1879–1943); Quelle: kulturpool.at von theatermuseum.at; Inventarnummer: FS_PE76115alt; Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0
Der berühmte Oskar Kokoschka1) zeichnete die Schauspielerin 1922, Lithographien hängen in verschiedenen Museen, unter anderem in "Staatliche Kunstsammlungen Dresden"1). Von Ursula Overhage stammt die 2021 veröffentlichte Biografie "Sie spielte wie im Rausch. Die Schauspielerin Maria Orska", in der die Autorin auf Grund von akribischen Recherchen an die heute weitgehend vergessene Künstlerin erinnert → www.flaneurin.at, ursula-overhage.de.
Quellen: Wikipedia, cyranos.ch sowie
"CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film"*)
Fotos bei virtual-history.com, filmstarpostcards.blogspot.com
*) "CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film" (Lieferung 40 mit den Quellen:
– E. J.: "Maria Orska", in: "Der Film" (Nr. 23 (01.07.1916)
– Emil Faktor: "Die Schauspielerin Maria Orska", in: "Berliner Börsen-Courier" (16.05.1930)
– Carl Meinhard: "Maria Orska", in: "Berliner Tageblatt" (16.05.1930)
– Hermann Sinsheimer: "Erinnerung an zwei Tote", in: "Berliner Tageblatt" (20.05.1930)
– H. E. J.: "Die letzte Fahrt. Maria Orskas Beisetzung", in: "Berliner Tageblatt" (20.05.1930)
Fremde Links: 1) Wikipedia, 4) filmportal.de
2) In einschlägigen Quellen wird als Ehemann Baron Hans von Bleichröder, ältester Sohn von Gerson von Bleichröder, angegeben; dieser starb jedoch bereits 1917. Die Scheidung zwischen Orska und Bleichröder erfolgte 1925. Es muss sich also bei der Heirat Orskas um Baron Hans von Bleichröders 1888 geborenen Sohn Hans von Bleichröder jun. handeln → sozialistenfriedhof.de
3) Quelle: filmmuseum-potsdam.de
Lizenz Fotos Maria Orska (Urheber: Arnold Mocsigay/Alexander Binder/Wilhelm Willinger): Diese Bild- oder Mediendatei ist gemeinfrei, weil ihre urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für die Europäische Union, die Vereinigten Staaten, Australien und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers.
Filme
Filmografie bei der Internet Movie Database, filmportal.de sowie
frühe Stummfilme bei "The German Early Cinema Database"
(Fremde Links: Wikipedia, filmportal.de)
Weitere Fotos von Maria Orska
Urheber: Fotoatelier "Becker &  Maass", Berlin
(Otto Becker (1849–1892)/Heinrich Maass (1860–1930))
Quelle: filmstarpostcards.blogspot.com
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier
Maria Orska auf einer Künstlerkarte; Quelle: filmstarpostcards.blogspot.com (Film Sterne Nr. 118/1); Urheber: Fotoatelier "Becker &  Maass", Berlin (Otto Becker (1849–1892)/Heinrich Maass (1860–1930)); Lizenz: gemeinfrei Maria Orska auf einer Künstlerkarte; Quelle: filmstarpostcards.blogspot.com ("Film-Sterne" Nr. 118/2); Urheber: Fotoatelier "Becker &  Maass", Berlin (Otto Becker (1849–1892)/Heinrich Maass (1860–1930)); Lizenz: gemeinfrei Maria Orska auf einer Künstlerkarte; Quelle: filmstarpostcards.blogspot.com (Verlag Hermann Leiser, Nr. 5201); Urheber: Fotoatelier "Becker &  Maass", Berlin (Otto Becker (1849–1892)/Heinrich Maass (1860–1930)); Lizenz: gemeinfrei
"Film Sterne" Nr. 118/1 "Film-Sterne" Nr. 118/2 Verlag Hermann Leiser, Nr. 5201
Lizenz Fotos Maria Orska (Urheber: Fotoatelier Becker &  Maass, Berlin (Otto Becker (1849–1892) / Heinrich Maass (1860–1930)): Dieses Werk ist gemeinfrei, weil seine urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für das Herkunftsland des Werks und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 70 oder weniger Jahren nach dem Tod des Urhebers.
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