Die Schauspielerin Mary Johnson wurde am 11. Mai 1896 als Astrid Maria Carlsson in der mittelschwedischen Stadt Eskilstuna1) geboren und stammte nach eigenen Aussagen*) aus einem alten schwedischen Bauerngeschlecht. Schon früh interessierte sie sich für alles, was mit dem Theater zusammenhing: Wie viele junge Mädchen las ich haufenweise Theaterstücke und verfolgte mit brennendem Interesse alle Vorgänge auf den schwedischen Bühnen. Es war die Zeit der großen Strindbergerfolge. Die ganze Nation war stark an den Problemen des Theaters interessiert.*) Ihre Schauspielprüfung legte sie bei der populären schwedischen Charaktermimin Karin Swanström (1873 – 1942) ab, die ihr auch 1910 das Bühnendebüt am "Neuen Theater" in Göteborg1) vermittelte, wo Mary Johnson, so nun ihr Künstlername, bis 1914 blieb. Dann wechselte sie nach Stockholm1) und wurde vornehmlich als jugendliche Heldin in Stücken skandinavischer Dramatiker besetzt.
Erste Erfahrungen vor der Kamera sammelte die junge Schauspielerin in dem von Mauritz Stiller1) in Szene gesetzten stummen Streifen "Das Mannequin" (1913, "Mannekängen"), in dem auch ihr erster Ehemann (1913 bis 1920) Karl Gerhard1), damals noch unter dem Geburtsnamen Johnson, ebenfalls einen kleinen Part spielte. Ab Mitte der 1910er Jahre trat Mary Johnson dann regelmäßig in schwedischen Produktionen, bis 1918 vornehmlich unter der Regie von Georg af Klercker (1877 – 1951), in Erscheinung. Der Durchbruch zum populären, nun auch international bekannten Stummfilmstar gelang ihr dann mit der Rolle der Elsalill in Mauritz Stillers Melodram "Herrn Arnes Schatz"1) (1919, "Herr Arnes pengar"), gedreht  nach der gleichnamigen Erzählung1) von Selma Lagerlöf1) mit Hjalmar Selander (1859 – 1928) als Pfarrer Arne. Es folgten tragende Rollen in Streifen wie unter der Regie von Rune Carlsten (1890 – 1970) in "Familjens traditioner" (1920) nach dem Theaterstück "Disciplin" von Einar Fröberg (1875 – 1934) oder in "Gunnar Hedes saga" (1923), Mauritz Stillers freien Adaption des Romans "En herrgårdssägen" (dt. "Eine Gutsgeschichte") von Selma Lagerlöf. Ihre letzte Arbeit in Schweden war das nach dem gleichnamigen Theaterstück von Tor Hedberg 1862 – 1931) realisierte Drama "Johan Ulfstjerna" (1923) mit Ivan Hedqvist (1880 – 1935) in der Titelrolle, danach trat Mary Johnson nur noch in deutschen Filmproduktionen auf.


Foto: Mary Johnson um 1928
Urheber: Alexander Binder1) (1888 – 1929)
Quelle: Wikipedia; Ross-Karte Nr. 3444/1
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier

Mary Johnson um 1928; Urheber: Alexander Binder (1888–1929); Quelle: Wikipedia; Ross-Karte Nr. 3444/1; Lizenz: gemeinfrei
Mary Johnson, fotografiert von Mario von Bucovich (1884–1947) im Fotoatelier von Karl Schenker (1886–1954); Ross-Karte Nr. 1653/1; Quelle: filmstarpostcards.blogspot.com; Lizenz:  gemeinfrei Ihr erster in Deutschland gedrehte Streifen war das von Hanns Schwarz1) inszenierte Melodram "Die Stimme des Herzens"1) (1924) mit Fritz Kampers als Partner, ein Jahr später tauchte Mary Johnson in der ebenfalls von Schwarz gedrehten Geschichte "Das Fräulein vom Amt"2) (1925) als Telefonistin Mary Hard auf, die dem jungen Baron Frank Caruther (André Mattoni) den Kopf verdreht. In Lupu Picks Verfilmung des Schauspiels "Die Wildente"1) von Henrik Ibsen1) mit dem Titel "Das Haus der Lüge"1) (1926) konnte sie als Hedwig, (vermeintliche) Tochter von Hjalmar Ekdal (Werner Krauß) und dessen Gattin Gina (Lucie Höflich) überzeugen. Das "Prager Tagblatt"1) notierte unter anderem: "Ein wundervolles Kunstwerk, eine Spitzenleistung der Berliner Ufa. (…) Die Darsteller sind von einer Wucht und Kraft, die jeden Zuschauer willenlos mit fortreißt. Am stärksten wohl Lucie Höflich als Gina, die besonders als Schlusse jeden zu heißen Tränen rühren muss. Ihr fast ebenbürtig Mary Johnson als Hedwig, deren keusche Zartheit und nordische Herbheit ans Herz greift. Ausgezeichnet auch Werner Krauß in der dankbaren Rolle des Hjalmar."
Als unschuldiges Mädchen Hertha wurde sie von Karl Gerhardt1) besetzt, die in dem nach dem Roman von Hugo Landsberger1) alias Hans Land in Szene gesetzten Gesellschaftsdrama "Staatsanwalt Jordan"1) (1926) den sittenstrengen Staatsanwalt Jordan (Hans Mierendorff) verführt und in den Selbstmord treibt. Diese Figuren entsprachen ganz Mary Johnsons Rollen-Verständnis: "Es ist selbstverständlich, daß ich, ganz meiner körperlichen Eigenart entsprechend, am liebsten, das blonde, zarte, oft gepeinigte und immer tief fühlende Mädchen spiele."*)
       
Mary Johnson, fotografiert von Mario von Bucovich1) (1884 – 1947)
im Fotoatelier von Karl Schenker1) (1886 – 1954); Ross-Karte Nr. 1653/1
Quelle: filmstarpostcards.blogspot.com; Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier
Basierend auf dem Roman "Dagfin, der Schneeschuhläufer" von Werner Scheff1) entstand unter der Regie von Joe May1) der Kassenschlager "Dagfin"1) (1926) mit Paul Richter als Skilehrer Dagfin Holberg, in dem sie sich neben Stars wie Marcella Albani und Paul Wegener als Tochter des Oberst von Gain (Alexander Murski) zeigte. Es folgten Hauptrollen in stummen Dramen wie "Was die Kinder ihren Eltern verschweigen" (1927; Regie: Franz Osten1)), "Ramper, der Tiermensch"1) (1927) nach dem Theaterstück "Ramper" von Max Mohr1) mit Protagonist Paul Wegener und "Die Ausgestoßenen"1) (1927), in dem sie als Else, Frau von Dr. Günther Themal, dem Sohn des Mörders bzw. Heidebauern Nadt (beide dargestellt von Hans Stüwe) in Erscheinung trat. Sie mimte das Tanzgirl Helga in Géza von Bolvárys1) Zirkusfilm "Artisten" (1928) oder die Ehefrau des von Wilhelm Dieterle (auch Regie) dargestellten arbeitslosen Ingenieurs bzw. Häftlings Franz Sommer in dem Drama "Geschlecht in Fesseln"1) (1928), das den kassenträchtigen Untertitel "Die Sexualnot der Strafgefangenen" trug. Nach einer kleinen Aufgabe in Eugen Thieles1), unter anderem mit Blandine Ebinger gedrehten Tonfilm "Einer Frau muss man alles verzeih'n"3) (1931 beendete Mary Johnson ihre Filmkarriere → Übersicht Filmografie.

Foto: Mary Johnson vor 1929
Urheber: Alexander Binder1) (1888 – 1929)
Quelle: cyranos.ch;
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier

Mary Johnson vor 1929; Urheber: Alexander Binder (1888–1929); Quelle: cyranos.ch; Lizenz: gemeinfrei
Die erste, 1913 geschlossene Ehe mit ihrem schwedischen Kollegen, dem als Karl Johnson geborenen Schauspieler bzw. späteren Stockholmer "Revuekönig" Karl Gerhard1) (1891 – 1964) war 1920 gescheitert. Anfang der 1920er Jahre ehelichte sie den norwegischen Schauspieler Einar Röd (1897 – 1931), mit dem sie auch in dem schwedischen Stummfilm "Robinson i skärgården" (1921) sowie in "Die Stimme des Herzens" (1924) vor der Kamera stand. 1932 gab sie in dritter Ehe dem deutschen Filmstar Rudolf Klein-Rogge (1885 – 1955) das Ja-Wort, die gemeinsame Tochter Karin erblickte 1933 das Licht der Welt. Ob der 1943 verstorbene Sohn Egil (Egil Hartmut Johnson) aus Klein-Rogges Ehe mit Mary Johnson stammt, oder aus deren zweiten Ehe mit Karl Gerhard ist nicht ganz eindeutig; in amtlichen Papieren wird Egil jedoch als Klein-Rogges Sohn bezeichnet.4) Bei cyranos.ch kann man lesen: "Als der Sohn 1943 verstarb, verlor Mary Johnson langsam den Bezug zur Realität, welcher sich in den nächsten Jahren verschlimmerte. Rudolf Klein-Rogges Sorge kurz vor seinem Tod galt ihr. In den 60er Jahren, als Mary Johnson längst wieder in Schweden lebte, soll sie eines Tages verwirrt in Wetzelsdorf1) – ihrem damaligen Wohnort – aufgetaucht sein, um nach ihrem Mann und ihrem Sohn zu rufen."
  
Mary Johnson, die wegen ihrer zierlichen Erscheinung auch mit den Hollywood-Stars Mary Pickford, Bessie Love1) und Lillian Gish verglichen wurde, starb am 15. Mai 1975 – wenige Tage nach ihrem 79. Geburtstag – in der zu Stockholm1) gehörenden schwedischen Gemeinde Brännkyrka.
Quellen (unter anderem): Wikipedia, cyranos.ch;
Fotos bei Wikimedia Commons,
virtual-history.com, filmstarpostcards.blogspot.com
*) Aus: "Filmkünstler: Wir über uns selbst", Hrsg. Dr. Hermann Treuner, Sibyllen Verlag, Berlin 1928
Fremde Link: 1) Wikipedia, 2) Murnau Stiftung, 3) filmportal.de
4) nach Jens Geutebrück, der den Nachlass des Schauspielers besitzt.
Lizenz Foto Mary Johnson (Urheber: Alexander Binder/Mario von Bucovich): Diese Bild- oder Mediendatei ist gemeinfrei, weil ihre urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für die Europäische Union, die Vereinigten Staaten, Australien und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers.
Filme
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de
(Fremde Links: Wikipedia, Murnau Stiftung; R = Regie)
Stummfilme
  • Produktion: Schweden (Auszug)
    • 1913: Das Mannequin / Mannekängen (R: Mauritz Stiller; als Dame in der Straßenbahn;
      Kurzinfo: Lili (Lili Ziedner; 1885–1939) ist eine junge und couragierte Frau, die jedoch für einige Verwirrung
      sorgt. So nimmt sie beispielsweise eine Schaufensterpuppe aus einem Geschäft mit.
      ) → IMDb
    • 1916–1918: Filme unter der Regie von Georg af Klercker (1877–1951)
      • 1916: Ministerpresidenten (als Gast bei der Abendveranstaltung;
        Kurzinfo: Der Journalist bzw. Politiker Jean Bazard (Carl Barcklind; 1873–1945) und der Anwalt
        Alphonse Carrel (Arvid Hammarlund; 1888–1963) bemühen sich beide, die Guunst der schönen
        Rose Legrange (Maja Cassel; 1891–1953) zu erlangen. Schließlich gewint Bazard deren Liebe.
        ) → IMDb
      • 1916: Kärleken segrar ( als Freundin von Olga (Selma Wiklund af Klercker; 1872–1923);
        Kurzinfo: Das Bauernmädchen Olga Ström wird von Hans Brandt verführt, der sie bald verlässt, obwohl Olga ein
        Kind vomn ihm erwartet.
        )  → IMDb
      • 1916: Aktiebolaget Hälsans gåva (als Anna, Tochter von Jan in Lilltorpet (Gabriel Alw; 1889–1946) bzw.
        Verlobte von Sven (Arvid Hammarlund; 1888–1963); Kurzinfo: Der kleine Wanderzirkus von Jörgensen-Jensener
        (Manne Göthson; 1879–1933) gerät in finanzielle Not und nun versucht dieser, durch ein "Wundermittel", dass jedoch
        nur aus Mehl und Zucker besteht, wieder zu Geld zu kommen.
        ) → IMDb
      • 1916: Bengts nya kärlek eller var är barnet? (als ?) → IMDb
      • 1918: Nobelpristagaren (als Violet Starford; Nils Chrisander als Chirurg Dr. Henry Arel)
        nordische-filmtage.deIMDb
      • 1918: Die Tochter des Leuchtturmwärters / Fyrvaktarens dotter (als Awa, Ehefrau des vermögenden
        Wissenschaftlers Frank Helmer (Carl Barcklind) bzw. Tochter des Leuchtturmwächters (Nils Lundell; 1889–1943
        ))
        → nordische-filmtage.de, IMDb
    • 1918: Der gestiefelte Kater / Mästerkatten i stövlar (nach dem Roman "Markis'en af Carabas" bzw. der Komödie
      "Den bestøvlede Kat" von Palle Rosenkrantz; R: John W. Brunius (1884–1937); mit Gösta Ekman als
      Karl Konstantin Kattrup, "Mästerkatten": als Helga Anthon;
      Kurzinfo: Der junge Jörgen Steenfeld (Carlo Keil-Möller, 1890–1958) hat zwar das Gut Steensgaard geerbt,
      ist aber mittellos. Sein alter Freund "Mästerkatten" nimmt ihn unter seine Fittiche.
      ) → IMDb
    • 1919: Herrn Arnes Schatz / Herr Arnes pengar (nach der gleichnamigen Erzählung von Selma Lagerlöf;
      R: Mauritz Stiller; mit Hjalmar Selander (1859–1928) als der Pfarrer Herr Arne; als Elsalill, Pflegeschwester von
      Herrn Arnes ermordeten Enkelin
      )
    • 1920: Familjens traditioner (nach dem Theaterstück "Disciplin" von Einar Fröberg (1875–1934):
      R: Rune Carlsten (1890–1970); mit Gösta Ekman als Ernst; als Inga;
      Kurzinfo: Der junge Baron Robert (Sven Bergwall; 1881–1960) verliebt sich in seine entfernte Verwandte
      Helga (Tora Teje; 1893–1970).
      ) → IMDb
    • 1921: Robinson i skärgården (R: Rune Carlsten (1890–1970); als Brita, noch unverheiratete Tochter der Konsuls-Witwe
      Silverdahl (Lotten Almlöf; 1846–1945), später Gattin von Bankier Agathon (Eric Lindholm; 1888–1929)
      )
      → Wikipedia (englisch), IMDb
    • 1923: Die Herrenhofsage / Gunnar Hedes saga (frei nach dem Roman "En herrgårdssägen" (dt. "Eine Gutsgeschichte")
      von Selma Lagerlöf; R: Mauritz Stiller; als Ingrid
      ) → film.at, internationale-stummfilmtage.de, Wikipedia (englisch)
    • 1923: Johan Ulfstjerna (nach dem Theaterstück von Tor Hedberg 1862–1931); R: John W. Brunius (1884–1937);
      mit Ivan Hedqvist (1880–1935) in der Titelrolle; als Agda
      )  → Wikipedia (englisch), IMDb
  • Produktion: Deutschland
Tonfilm
Um zur Seite der Publikumslieblinge zurückzukehren, bitte dieses Fenster schließen.
Home: www.steffi-line.de