Die Schauspielerin Evelyn Holt wurde am 3. Oktober 1906 (nach anderen Quellen 1908) als Edith Toni Elsbeth Wenckens in Berlin-Charlottenburg1) geboren. "Die Tochter des Journalisten Waldemar Sklarz und der Kontoristin Sophie Wenckens trug ab der Heirat ihrer Eltern 1907 den Familiennamen ihres Vaters." notiert Wikipedia. Nach dem Besuch eines Mädchenlyzeums wollte sie ursprünglich Opernsängerin werden und nahm Gesangsunterricht, entschloss sich dann aber für den Schauspielerberuf.
Ihr Leinwanddebüt gab sie noch unter dem Nanen "Edith Sklarz" in dem von Friedrich Zelnik nach dem Roman von Elisabeth von Heyking1) gedrehten Streifen "Briefe, die ihn nicht erreichten" (1925) und erregte sofort Aufmerksamkeit. Der dänische Regisseur Holger-Madsen1) holte daraufhin die erst 19-Jährige, die sich nun den Künstlernamen "Evelyn Holt" zulegte, für seinen im Aristokraten-Milieu angesiedelten Krimi "Spitzen" (1926) als Partnerin von Olaf Fřnss bzw. Prinzessin Alix vor die Kamera. Wenig später erhielt sie von Kurt  Bernhardt1) die Titelrolle in der zu Herzen gehenden Geschichte "Die Waise von Lowood"1) (1926) nach dem Roman "Jane Eyre"1) der britischen Autorin Charlotte Brontë1), wo sie erneut mit Fřnss spielte, der den Lord Edward Rochester mimte. Die attraktive junge Frau etablierte sich rasch mit Haupt- und prägnanten Nebenrollen in der Stummfilmszene, überzeugte unter anderem auch als Tochter des alten Violinspielers Weyring (Jaro Fürth) in dem von Jakob Fleck1) und Luise Fleck1) nach dem gleichnamigen Schauspiel1) von Arthur Schnitzler1) gedrehten Stummfilm "Liebelei"1) (1927) an der Seite von Frauenschwarm Fred Louis Lerch (Student Fritz Lobheimer). Als Linda, Verlobte von Mittelstürmer Tommy (Gustav Fröhlich), zeigte sie sich in "Die elf Teufel"1) (1927), einem der ersten, im deutschen Kino gezeigten so genannten "Fußballfilme"1).

Foto: Evelyn Holt um 1928
Urheber: Alexander Binder1) (1888 – 1929)
Quelle: Wikipedia; Ross-Karte Nr. 1780/1 (Ausschnitt);
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier

Evelyn Holt um 1928; Urheber: Alexander Binder (1888–1929); Quelle: Wikipedia; Ross-Karte Nr. 1780/1 (Ausschnitt); Lizenz: gemeinfrei
Evelyn Holt vor 1929; Urheber: Alexander Binder (1888–1929); Quelle: www.virtual-history.com; Hänsom-Reihe 2 Nr. 204; Lizrnz: gemeinfrei Holger-Madsen realisierte mit dem als "Der Leidensweg der Anna Riedel" untertitelten Drama "Freiwild"2) (1928) das gleichnamige Schnitzler-Schauspiel1), hier gestaltete sie eindringlich die junge Schauspielerin Anna Riedel, Geliebte von Paul Rönning (Fred Louis Lerch). Evelyn Holt wurde in Produktionen unterschiedlichen Genres besetzt und verkörperte meist den Typus der liebenswerten und unschuldigen jungen Frau.  Beispielsweise war sie erneut für Jakob und Luise Fleck die hübsche Tochter des Professors Hausen (Leopold Kramer), die in dem Melodram "Frauenarzt Doktor Schäfer"1) (1928) mit dem Titelhelden (Iván Petrovich) verlobt ist und den Avancen des windigen Dr. Gerber (Hans Albers) nicht abgeneigt ist, oder die Tochter des reichen Gutsbesitzers Michael Toth (Fritz Alberti, die sich in der von Géza von Bolváry1) nach dem Roman "A Noszty fiú esete Tóth Marival" von Kálmán Mikszáth1) inszenierten Romanze "Der fesche Husar"1) (1928) in den ungarischen Oberleutnant Ferry (Franzl) Noszty (Ivor Novello1)) verliebt. In dem von Gerhard Lamprecht mit Heinrich George in der Titelrolle gedrehten Krimi "Der Mann mit dem Laubfrosch (1929) kam sie als Yvette daher, Tochter des Kunsthändlers Bruneaux (Hans Junkermann) und dessen Ehefrau Lou (Olga Limburg) bzw. Verlobte des adeligen Henri Vallencours (Walter Rilla).
 
Foto: Evelyn Holt vor 1929
Urheber: Alexander Binder1) (1888 – 1929)
Quelle: virtual-history.com; Ross-Karte (Hänsom-Reihe 2) Nr. 204;
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier
Bis zum Ende der Stummfilm-Ära drehte Evelyn Holt unter anderem mit Regisseur Charles Burguet (1878 – 1946) die deutsch-französische Co-Produktion " Die Schleiertänzerin" (1929, "Le meneur de joies"), mit Richard Oswald1) die Dreiecksgeschichte "Ehe in Not"1) (1929) und einmal mehr mit Jakob und Luise Fleck die Streifen "Das Recht auf Liebe" (1930) sowie "Einbruch im Bankhaus Reichenbach" (1930) nach dem Roman "Bankhaus Reichenbach" von Artur Landsberger1).  
Unter der Regie von Robert Wohlmuth1) entstand mit "Das Wolgamädchen" (1930) ihr letzter Stummfilm, der nachträglich mit Geräuschen und Gesang unterlegt in die Lichtspielhäuser gelangte → filmarchiv.at. Erzählt wurde die in Russland spielende Liebesgeschichte zwischen dem Offizier Leutnant Wladimir Trojanowski (Igo Sym) und der Bauernmagd Katja (Evelyn Holt) → Übersicht Stummfilme.
Die Mimin ging ganz in ihren Rollen auf und war nach eigenen Aussagen "froh und glücklich" über ihre Erfolge: "Ja, fast will es mir als Traum erscheinen, daß ich schon so viele Filme gedreht und so schöne Erfolge erzielt habe. Aber ich will es immer besser machen. Ich bin durch den Film innerlicher geworden, die seelischen Konflikte, das fortgesetzte Sicheinfühlen in andere Menschen stärkt das Empfindungsvermögen. (…) Seelisch fühle ich mich der Gish am verwandtesten, diesem reinen, zärtlichen, ernsten Mädchen, das immer wie in Erwartung von Leiden ist. "Gretchen" (Anm.: gemeint ist das Gretchen in Goethes "Faust"1)), "Mimi" (Anm.: gemeint ist die Mimi aus dem dem Roman "Scčnes de la vie de bohčme"1) von Henri Murgerin1)) und "Käthchen" (Anm.: gemeint ist Kleists "Das Käthchen von Heilbronn"1))."Das sind die drei Gestalten, die im Film einmal verkörpern zu dürfen mein innigster Wunsch ist." ließ sie ihr Publikum wissen.3)

Foto: Evelyn Holt vor 1929
Urheber: Alexander Binder1) (1888 – 1929)
Quelle: Wikimedia Commons; Ross-Karte Nr. 3157/2
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier

Evelyn Holt vor 1929; Urheber: Alexander Binder (1888–1929); Quelle: Wikimedia Commons; Lizenz: gemeinfrei
Evelyn Holt vor 1929; Urheber: Alexander Binder (1888–1929); Ross-Karte Nr. 3014/1: Quelle: filmstarpostcards.blogspot.com; Lizenz: gemeinfrei Einer ihrer ersten Tonfilme war das tragisch endende Offiziers-Drama "Aschermittwoch"2) (1931) mit Karl Ludwig Diehl, Hans Stüwe und Claire Rommer, in der von Wilhelm Dieterle inszenierten, ebenfalls tödlich endenden Geschichte "Eine Stunde Glück"2) (1931) tauchte Evelyn Holt als die arme Zeitungsverkäuferin auf, die von den beiden Monteuren Eddy (Wilhelm Dieterle) und Tommy (Harald Paulsen) in ein Warenhaus geschmuggelt wird und deren als Spaß gedachten Geschenke als Realität ansieht. Sie trat als Tochter des Aufsehers einer Berliner Markthalle Adalbert Bulcke (Max Adalbert) in Erscheinung, der für seine Mitmenschen "Das Ekel"1) (1931) ist, spielte als Else Gohlke erneut eine Tochter, die nach Umwegen mit dem arbeitslosen Max (Adolf Wohlbrück) in der Komödie "Drei von der Stempelstelle"1) (1932) ihr Glück findet. Evelyn Holts letzte Arbeit für den Film war Erich Schönfelders1) im Autorennfahrer-Milieu angesiedelte Drama "Kampf"1) (1932) mit dem im wahren Leben berühmten, deutschen Autorennfahrer und Sportfunktionär Manfred von Brauchitsch1) als Protagonist Robert Wenck, wo sie als Eva die Ehefrau des Autorennfahrers und Wenck-Rivalen Kurt Harder (Georg H. Schnell1)) darstellte. Danach fand die Filmkarriere von Evelyn Holt ein abruptes Ende → Übersicht Tonfilme.
  
 
Foto: Evelyn Holt vor 1929
Urheber: Alexander Binder1) (1888 – 1929)
Quelle: filmstarpostcards.blogspot.com;
Ross-Karte Nr. 3014/1
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier
Nach der so genannten "Machtergreifung"1) der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 erhielt die im Nazi-Jargon als angebliche "Halbjüdin"1) bezeichnete Schauspielerin zunächst ein Berufsverbot, das dann bis zur endgültigen Klärung ihrer "Abstammung" in eine zunächst bis 30. Januar 1935 befristete "Sondergenehmigung" umgewandelt wurde. Laut Geburtsurkunde war sie die Tochter des Kaufmanns Waldemar Sklarz, hatte aber eine notariell beglaubigte Erklärung ihrer Mutter eingereicht, dass ihr Vater der britische Journalist Will Hamilton sei. Im Mai 1936 erfolgte durch die "Reichsfilmkammer"1) (RFK) das Verbot der Fortführung ihres Künstlernamens "Evelyn Holt", "da er jetzt nur noch der Verschleierung der jüdischen Abstammung des Namens "Sklarz" diene". Am 16. November 1936 schrieb die Künstlerin einen Brief an die RFK, in dem sie wegen bevorstehender Eheschließung selbst ihren Austritt aus der "Reichsfilmkammer" erklärte.4)
 
Bis Mitte der 1930er Jahre hielt sich Evelyn Holt noch mit Engagements als Soubrette an der Berliner "Komischen Oper"1) finanziell über Wasser, als sie 1936 den aus Konstanz stammenden, zwei Jahre älteren jüdischen Verleger und Literatur-Agenten Felix Guggenheim (1904 – 1976; → immigrantentrepreneurship.org) heiratete, war ihr auch das nicht mehr möglich.
  

Evelyn Holt, fotografiert von Urheber Yva1) 
(d. i. Else Ernestine Neuländer-Simon; (1900 – 1942)
Quelle: filmstarpostcards.blogspot.com; Ross-Karte Nr. 8535/1
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier

Evelyn Holt, fotografiert von Urheber Yva (d. i. Else Ernestine Neuländer-Simon; 1900–1942): Quelle: filmstarpostcards.blogspot.com; Ross-Karte Nr. 8535/1; Lizenz: gemeinfrei
1938 emigrierte das Paar über die Schweiz und England schließlich im August 1940 in die USA, ließen sich zunächst in San Francisco1), dann in Los Angeles1) nieder. Dort gründete Felix Guggenheim die deutsch-jüdische "Pazifische Presse", betätigte sich als Verleger von Exil-Schriftstellern wie Thomas Mann1), Franz Werfel1), Lion Feuchtwanger1) und Alfred Döblin1). Evelyn Holt selbst konnte im Filmgeschäft nicht mehr Fuß fassen und stand nie wieder vor der Kamera. 
Während des 2. Weltkrieges engagierte sie sich unter andrem in Los Angeles für den von ihrem Mann geleiteten "German-Jewish Club of 1933"1), in dem die in die USA geflüchteten jüdischstämmigen Deutschen einen Zusammenhalt bzw. Förderung gefunden hatten. Am 26. April 1946 erhielten Evelyn Holt und ihr Mann die amerikanische Staatsbürgerschaft, kurz zuvor war der gemeinsame Sohn geboren worden.
Evelyn Holt kehrte niemals nach Deutschland zurück, sie starb am 22. Februar 2001 im hohen Alter von 94 Jahren in Los Angeles (Kalifornien).
Quelle (unter anderem*)): Wikipedia, cyranos.ch
Fotos bei virtual-history.com, filmstarpostcards.blogspot.com
*) Weitere Quellen:
  • Evelyn Holt. In: Dr. Hermann Treuner (Hrsg.): Filmkünstler – Wir über uns selbst (Sybillen Verlag, Berlin, 1928)
  • Handbuch des deutschsprachigen Exiltheaters 1933 – 1945; Herausgeber: Frithjof Trapp, Werner Mittenzwei, Henning Rischbieter, Hansjörg Schneider;
    Band 2: Biographisches Lexikon der Theaterkünstler von Frithjof Trapp, Bärbel Schrader, Dieter Wenk, Ingrid Maaß (Teil 2, L-Z; K G  Saur, München 1999)
  • Kay Weniger: "Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben…". Lexikon der aus Deutschland und Österreich emigrierten Filmschaffenden 1933 bis 1945. Eine Gesamtübersicht (Hamburg, ACABUS Verlag 2011, S. 248/249)
Fremde Links: 1) Wikipedia (deutsch), 2) filmportal.de
3) Evelyn Holt. In: Dr. Hermann Treuner (Hrsg.): Filmkünstler – Wir über uns selbst (Sybillen Verlag, Berlin, 1928
4) Handbuch des deutschsprachigen Exiltheaters 1933 – 1945; Herausgeber: Frithjof Trapp, Werner Mittenzwei, Henning Rischbieter, Hansjörg Schneider;
Band 2: Biographisches Lexikon der Theaterkünstler von Frithjof Trapp, Bärbel Schrader, Dieter Wenk, Ingrid Maaß (Teil 2, L-Z; K G  Saur, München 1999)
Lizenz Fotos Evelyn Holt (Urheber: Alexander Binder/Yva): Diese Bild- oder Mediendatei ist gemeinfrei, weil ihre urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für die Europäische Union, die Vereinigten Staaten, Australien und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers.
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