Alfred Gerasch wurde am 17. August 1877 als Alfred Arthur Max Gerasch in Berlin geboren; über seinen familiären Hintergrund sowie seine Kindheit- und Jugendjahre ist derzeit nichts bekannt. Er nahm dramatischen Unterricht bei dem Sänger, Schauspieler und Theaterdirektor sowie zeitweiligem Oberregisseur des Berliner "Victoria-Theaters"1) Wilhelm Hock (1832 – 1904), trat dann 1896  erstmals am "Bellevue-Theater" in Stettin1) (heute: Szczecin, Polen) in Erscheinung. Im darauffolgenden Jahr wechselte Gerasch nach Hamburg an das "Stadttheater"1) sowie 1898 an das "Großherzogliche Hoftheater"1) in Oldenburg1). Ab 1899 wirkte er am "Großherzoglichen Hoftheater" (heute "Badisches Staatstheater"1)) in Karlsruhe1), wo er als Hettore Gonzaga, Prinz von Guastalla, in dem Lessing-Trauerspiel "Emilia Galotti"1) debütierte.
Ludwig Eisenberg1) (1858 – 1910) vermerkt in seinem 1903 publizierten Lexikon*): "Gerasch wirkt daselbst im Fache des jugendlichen Helden und ist, von seinen schönen Mitteln vorteilhaft unterstützt, eifrigst bemüht, sich die Anerkennung von Publikums und Kritik zu verschaffen. Er geht mit großem Fleiß an die Ausübung seiner Pflichten und hatte sich schon manches ehrlich verdienten Erfolges zu erfreuen."
1907 von dem damaligen Direktor Paul Schlenther1) (1854 – 1916) in das Ensemble des renommierten "Burgtheaters"1) berufen, feierte Gerasch fortan Erfolge in der österreichischen Hauptstadt. Er arrivierte, wie bereits in Karlsruhe, mit Titelrollen als jugendlicher Held und Liebhaber rasch zum Schwarm des Wiener Publikums, gestaltete den Romeo in dem Shakespeare-Drama "Romeo und Julia"1), den Schiller'schen "Don Carlos"1) oder den Orest1) in dem Bühnenwerk "Iphigenie auf Tauris"1) von Johann Wolfgang von Goethe1).

Foto: Alfred Gerasch 1913
Urheber: Franz Xaver Setzer1) (1886–1939);
Quelle: Wikimedia Commons (zeitgenössische Postkarte) 
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Alfred Gerasch 1913; Quelle: Wikimedia Commons (zeitgenössische Postkarte); Urheber: Franz Xaver Setzer (1886–1939);  Lizenz: gemeinfrei
Alfred Gerasch als Romeo in Shakespeares "Romeo und Julia"; Urheber: Franz Xaver Setzer (1886–1939); Quelle: filmstarpostcards.blogspot.de; Lizenz: gemeinfrei Ab 1908 interpretierte Gerasch für mehrere Spielzeiten den Beaumarchais in einer Neuinszenierung des Goethe-Dramas "Clavigo"1), brillierte mit Titelrollen in der Hebbel-Tragödie "Gyges und sein Ring"1), dem Goethe-Schauspiel "Torquato Tasso"1) und dem Schiller-Trauerspiel "Die Verschwörung des Fiesco zu Genua"1) sowie dem Shakespeare-Zweiteiler "Heinrich IV."1). Der zum "kaiserlich und königlichen Hofschauspieler" ernannte charismatische Mime feierte Triumphe als Herzog Orsino in der Shakespeare-Komödie "Was ihr wollt"1), als als Schiller-Interpret mit der Figur des Ferdinand in "Kabale und Liebe"1) und des Königs von Frankreich Karl VII.1) in "Die Jungfrau von Orleans"1), als Königssohn Philotas in dem Kriegs-Trauerspiel "Philotas" von Gotthold Ephraim Lessing1) oder einmal mehr als dessen Prinz von Guastalla in "Emilia Galotti". Mehrfach trat Gerasch in Werken von Franz Grillparzer1) in Erscheinung, glänzte als Küchenjunge Leon in dem Lustspiel "Weh dem der lügt"1), gab den Jüngling Phaon in dem Trauerspiel "Sappho"1) ebenso grandios wie den abenteuerlustigen Jäger Rustan in dem dramatischen Märchen "Der Traum ein Leben"1) und den Leander, der in "Des Meeres und der Liebe Wellen"2) in Leidenschaft zu der Priesterin Hero entbrennt.

Alfred Gerasch ca. 1913 als Romeo in der
Shakespeare-Tragödie "Romeo und Julia"1)
Postkartenverlag "Brüder Kohn"1)
Urheber: Franz Xaver Setzer1) (1886–1939)
Quelle: filmstarpostcards.blogspot.com
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Gerasch deckte das ganze Spektrum der klassischen Helden ab, wusste aber auch in Stücken der Moderne zu überzeugen, etwa mit der Figur des Marine-Fähnrichs Otto, Sohn der von Hedwig Bleibtreu dargestellten Schauspielerin Anna Meinhold-Aigner, in der Tragikomödie "Das weite Land"1) von Arthur Schnitzler1), die am 14. Oktober 1911 am Wiener "Burgtheater"mit Arnold Korff als Fabrikant Friedrich Hofreiter und Lili Marberg1) als dessen Gattin Genia zur Erstaufführung gelangte → Premierenbesetzung bei Wikipedia. Bereits in Schnitzlers dramatischen Historie "Der junge Medardus"1) (Uraufführung: 24.11.1910) hatte der Schauspieler in der Inszenierung von Hugo Thimig mit der Titelrolle begeistert, spielte den Leutnant Peter Thormann in dem von Max Devrient mit Max Paulsen als Kommandeur Gildemeister und Lotte Medelsky1) als dessen Gattin Luise in Szene gesetzten Schauspiel "Die Frau des Kommandeurs" von Max Dreyer1) oder den Jüngling Robert in "Belinde. Ein Liebesstück in fünf Aufzügen" (1913) von Herbert Eulenberg1).
 

Alfred Gerasch um 1910 am "Burgtheater" als Medardus in
"Der junge Medardus" von Arthur Schnitzler
Urheber: Franz Xaver Setzer1) (1886–1939)
Quelle: geschichtewiki.wien.gv.at aus
"Moderne Welt" (Heft 12, 1922. S. 12)/Wienbibliothek im Rathaus1) (B–65734)
Lizenz: CC BY-NC-ND 4.0; → Original: ÖNB1) –  anno.onb.ac.at

Alfred Gerasch um 1910 am "Burgtheater" als Medardus in "Der junge Medardus" von Arthur Schnitzler; Urheber: Franz Xaver Setzer (1886–1939); Quelle: geschichtewiki.wien.gv.at aus "Moderne Welt" (Heft 12, 1922. S. 12)/Wienbibliothek im Rathaus (B–65734); Lizenz: CC BY-NC-ND 4.0; ? Original: ÖNB– anno.onb.ac.at
Erst im vorgerückten Alter wandte sich Gerasch dem Film zu, gab mit Anfang 40 sein Leinwanddebüt als Protagonist in den von Robert Land1) in Szene gesetzten Streifen "Adrian Vanderstraaten"1) (1919) und "Durch die Quartiere des Elends und Verbrechens" (1920). Bereits in seinem dritten Film, Joe Mays1) Melodram "Die Legende von der heiligen Simplicia"1) (1920), machte er als Ritter Rochus, der die "Heilige Simplicia" (Eva May) von ihrem Weg abzubringen versucht, nun auch das Kinopublikum auf sich aufmerksam. Hatte Joe May in diesem Film Gerasch als Partner seiner Tochter Eva May (1902 – 1924) besetzt, tauchte der gut aussehende Mime wenig später in neben Mays Ehefrau Mia May (1884 – 1980) als Vicomte Gaston de Cardillac in der Tragödie "Die Schuld der Lavinia Morland"1) (1920) auf.
Gerasch spielte prägnante Rollen unter anderem in Georg Jacobys1) zweiteiligen Komödie "Seine Exzellenz von Madagaskar" (1922, → Murnau Stiftung: Teil 1/Teil 2), Willi Wolffs1) Krimi "Schatten der Weltstadt"3) (1925) oder Karl Gerhardts1) Gesellschaftsdrama "Staatsanwalt Jordan"1) (1926) nach dem Roman von Hugo Landsberger1) alias Hans Land mit Hans Mierendorff als strenger Staatsanwalt Jordan. Jakob und Luise Fleck1) besetzten ihn als Sohn Franz in "Der Meineidbauer" (1926) nach dem gleichnamigen Volksstück1) von Ludwig Anzengruber1). Erneut für Joe May stand er in dem nach dem Roman "Dagfin, der Schneeschuhläufer" von Werner Scheff1) mit Paul Richter gedrehten Abenteuer "Dagfin"1) (1926) vor der Kamera und mimte den später tot aufgefundenen Ex-Mann von Lydia Boysen (Marcella Albani), zeigte sich als Graf Rabbatz in Alexander Kordas1) heiteren Geschichte "Eine Dubarry von heute"1) (1927) nach dem Roman von Lajos Biró1)1) an der Seite von Kordas damaligen Ehefrau Maria Corda. Als Napoléons Außenminister Talleyrand1) machte Gerasch in Karl Grunes1) zweiteiligem Historienfilm "Königin Luise"1) (1927/28) neben Protagonistin Mady Christians in der Rolle der vom Volk verehrten Königin Luise1) eine gute Figur, ebenso wie als französischer König Louis XV.1) in Grunes Historien-Abenteuer "Marquis d'Eon, der Spion der Pompadour"1) (1928) mit Liane Haid (Marquis d'Eon), Gräfin Agnes Esterhazy (des Königs Maitresse Madame de Pompadour) und Fritz Kortner (Zar Peter III.1). Auch in Lupu Picks1) historischem Streifen "Napoleon auf St. Helena"1) (1929) mit dem legendären Charaktermimen Werner Krauß als französischem, in die Verbannung geschickten Imperator Napoléon Bonaparte1), stellte Gerasch als russischer Zar Alexander I.1) erneut eine Person der Zeitgeschichte dar – zugleich seine letzte Arbeit für den Stummfilm → Übersicht Stummfilme.
 
Im Tonfilm konnte der Schauspieler dank seiner Bühnenerfahrungen problemlos Fuß fassen, der inzwischen über 50-Jährige wurde nun auch hier überwiegend als historische oder adelige Person der Gesellschaft besetzt. So spielte er den Gutsbesitzer Baron de Lorche, Vater von Louis (Carl Balhaus1)) in dem von Victor Sjöström1) und Paul Merzbach1) nach dem Roman "Die Markurells" von Hjalmar Bergman1) in Szene gesetzten Melodram "Väter und Söhne"4) (1930), verlieh dem Österreich-Ungarischen Generalstabschef Freiherr Franz Conrad von Hötzendorf1) in Richard Oswalds1) Historienfilm "1914, die letzten Tage vor dem Weltbrand"1) (1931) ebenso Kontur wie dem Generalmajor Graf von Waldersee in der deutsch-schweizerischen C-Produktion "Tannenberg"1) (1932), mit dem Regisseur Heinz Paul1) die legendäre Schlacht bei Tannenberg1) während des 1. Weltkrieges thematisierte. In "Trenck"1) (1932) nach dem Roman "Trenck. Roman eines Günstlings"1) von Bruno Frank1) mit dem Untertitel "Der Roman einer großen Liebe" und Hans Stüwe als Freiherr von der Trenck1) sowie Dorothea Wieck als Prinzessin Amalie von Preußen1), jüngste Schwester des Preußenkönigs Friedrich II. (Theodor  Loos), stellte Gerasch den berühmten preußischen Kavallerie-General Friedrich Wilhelm von Seydlitz1) dar, den österreichischen Staatsmann Fürst von Metternich1) in "Marschall Vorwärts"1) (1932) neben Paul Wegener als Generalfeldmarschall Blücher1), der wegen seiner Schnelligkeit und der Art seiner Angriffe von den Russen den Beinamen "Marschall Vorwärts" erhalten hatte. Erneut als Staatsminister Talleyrand1) präsentierte sich Gerasch in "Hundert Tage"1) (1935) über die letzten 100 Tage der Regentschaft von Kaiser Napoleon Bonaparte1) (Werner Krauß), die mit der vernichtenden Schlacht bei Waterloo endete. Die deutsch-italienische Produktion entstand nach dem Bühnenstück "Campo di maggio" von Benito Mussolini1) und Giovacchino Forzano1), Gustaf Gründgens verkörperte den Polizeiminister Joseph Fouché1). Ein weiteres Historien-Epos war "Fridericus"1) (1937) nach dem Roman von Walter von Molo1) mit mit Otto Gebühr als Preußenkönig Friedrich II.1), hier trat Gerasch als österreichischer Generalfeldmarschall Leopold Joseph Graf von Daun1) in Erscheinung. Bis Ende der 1930er Jahre wirkte der Schauspieler nur in wenigen Kinoproduktionen mit, unter anderem in dem ganz auf das Traumpaar Jan Kiepura und Marta Eggerth zugeschnittenen Musikfilm "Zauber der Bohčme"1) (1937), wo er zudem gemeinsam mit Ernst Marischka1) am Drehbuch beteiligt war. Mit einer Nebenrolle in dem von Carmine Gallone1) mit Beniamino Gigli und Maria Cebotari gedrehten, melodramatischen Sängerfilm "Mutterlied"3) (1937, "Solo per te") verabschiedete sich Gerasch vorerst vom Kino-Publikum.
Gerasch, der seit 1937 in Wien lebte und sich weitgehend, bis auf wenige Gastspiele, von der Bühne zurückgezogen hatte, trat lediglich noch einmal nach dem Krieg in einem Kinofilm in Erscheinung: Der inzwischen 70-Jährige wirkte in der Fantasy-Komödie "Die Welt dreht sich verkehrt"1) (1947) mit und gab als römischer Kaiser und Philosoph Marc Aurel1) neben Hauptdarsteller Hans Moser einmal mehr eine geschichtliche Figur → Übersicht Tonfilme.
  
Alfred Gerasch starb am 12. August 1955 – wenige Tage vor seinem 78. Geburtstag – in der österreichischen Hauptstadt Wien1); die letzte Ruhe fand er auf dem "Friedhof Grinzing" im 19. Wiener Gemeindebezirk Döbling1). In der "Burgtheatergalerie"5) erinnert ein Ölportrait von Wilhelm Viktor Krausz1) an den einst gefeierten k. u. k. Hofschauspieler.
 
Rollenportraits von Alfred Gerasch am "Burgtheater" als …
Urheber: Franz Xaver Setzer1) (1886–1939)

Alfred Gerasch ca. 1913 am "Burgtheater" als Hettore Gonzaga, Prinz von Guastalla, in "Emilia Galotti"; Urheber: Franz Xaver Setzer (1886–1939); Quelle: filmstarpostcards.blogspot.com: Lizenz: gemeinfrei

Alfred Gerasch ca. 1913 am "Burgtheater" als Fiesco, Graf von Lavagna, in "Die Verschwörung des Fiesco zu Genua"; Urheber: Franz Xaver Setzer (1886–1939); Quelle: filmstarpostcards.blogspot.com: Lizenz: gemeinfrei Alfred Gerasch ca. 1913 als Kronprinz Don Carlos in dem Drama "Don Karlos" von Friedrich Schiller; Urheber: Franz Xaver Setzer (1886–1939); Quelle: filmstarpostcards.blogspot.com
… Hettore Gonzaga, Prinz von Guastalla,
in "Emilia Galotti"1)
… Fiesco, Graf von Lavagna, in
"Die Verschwörung des Fiesco zu Genua"1)
… Kronprinz Don Carlos1) in dem
Drama "Don Karlos"1)  
Quelle: filmstarpostcards.blogspot.com
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Quelle (unter anderem): Wikipedia, cyranos.ch, geschichtewiki.wien.gv.at
Fotos bei filmstarpostcards.blogspot.com
*) Ludwig Eisenberg: Großes biographisches Lexikon der Deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert (Verlag von Paul List, Leipzig 1903);
Digitalisiert: Alfred Gerasch: S. 317
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) franzgrillparzer.at, 3) filmportal.de, 4) Murnau Stiftung, 5) geschichtewiki.wien.gv.at
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