Ludwig Eisenberg1)
(1858 – 1910) schreibt in seinem 1903 publizierten Lexikon**):
"Trotzdem sie nicht nur mit der Antrittsrolle, sondern auch mit allen ihr zugewiesenen Partien Beifall erzielte,
fand sie doch bei der Bühnenleitung nicht jene volle Anerkennung und richtige Würdigung, die ihr Talent verdiente,
und ließ daher nichts unversucht, ihren mehrjährigen Kontrakt zu lösen. Endlich wohl erst nach dreijähriger Tätigkeit (18871889) verließ sie diese
Kunststätte und wurde Mitglied des "Mainzer
Stadttheaters"1), wo sie bei dem empfänglicheren, süddeutschen Publikum mehr Glück hatte,
und auch einen reicheren Boden zur Entfaltung ihres Talents vorfand. Zwei Jahre lang beherrschte sie hier das ganze
klassische Repertoire, und erzielte mit allen ihren Leistungen stürmischen Beifall. In Mainz war es auch, wo
Adolf L'Arronge1)
die junge Schauspielerin zum ersten Mal sah, und von ihrer nicht gewöhnlichen Begabung allsogleich überzeugt, ihr einen
Antrag an das "Deutsche Theater"1) in Berlin machte. Die Unterhandlungen
waren von kurzer Dauer und 1891 trat Reisenhofer
zum ersten mal als Klärchen in "Egmont"1) vor das Berliner Publikum. Sie gefiel, doch ihren ersten wirklichen
großen Erfolg hatte sie im "Fechter von
Ravenna"1), dem bald darauf jener in
Phillipis1)
"Das alte Lied" folgte.
Nun wurde man allgemein auf Reisenhofer aufmerksam, erkannte in ihr die pikante und fesselnde Schauspielerin,
und mehr als ein Berliner Theaterdirektor bewarb sich eifrigst um die junge Künstlerin."
Maria Reisenhofer (Zivilportrait) auf einer Künstlerkarte,
fotografiert um 1890 von Josef Löwy1) (1834 1902)
Quelle: theatermuseum.at;
Inv. Nr.: FS_PK246520alt
© KHM-Museumsverband;; Lizenz:
CC BY-NC-SA 4.0 |
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Maria Reisenhofer wirkte für die nächsten sechs Jahrzehnte
neben dem "Deutschen Theater" an verschiedenen
Berliner Theatern, machte sich vor allem am "Lessingtheater"1),
(18921896), "Neuen Theater" und am "Residenz-Theater"1) einen
Namen als herausragende Charakterdarstellerin. So notiert Ludwig Eisenberg unter anderem weiter in
seinem Lexikon**):
"Reisenhofer ist vor allem eine Interpretin des modernen Salonstücks, die Darbietungen der Klassik gelingen
ihr weniger, wenngleich sie im Vers- und Kostümstück (der modernen Literatur) nicht minder vortreffliches leistet,
wie in den realistischen, französischen Stücken, in denen sie durch ihre scharfe Leidenschaftlichkeit, ihr lebhaftes
Temperament, ihr rassiges Spiel große Anmut, und den von ihr kokett angeschlagenen, verführerischen Salonton, unterstützt von ihrer imposanten Bühnenerscheinung
und de Glanz der Toiletten jedes Publikum lebhaftest zu interessieren versteht. Reisenhofer ist eben eine moderne
Schauspielerin durch und durch, wird besonders als vortreffliche Ibsen1)-Darstellerin geschätzt. Von
ihren hervorragendsten Leistungen, mit welchen sie bisher die größten Erfolge erzielte, seien u. a.
erwähnt "Hedda Gabler"1),
Rebekka West in "Rosmersholm"1), Magda in
"Heimat" (Anm.: von Hermann
Sudermann1) → projekt-gutenberg.org), Hilda Wangel in
"Baumeister
Solness"1), "Madame Sans-Gêne"
(Anm.: von Victorien Sardou1)
über Catherine Lefèbvre1)),
"Trilby" (Anm.: nach dem gleichnamigen Roman1) von
George du Maurier1)),
Roxane in "Cyrano de Bergerac"1), etc."
Maria Reisenhofer (Zivilportrait) auf einer Künstlerkarte,
fotografiert um 1895 von Albert Meyer1)
(1857 1924)
Quelle: theatermuseum.at;
Inv. Nr.: FS_PK263623alt
© KHM-Museumsverband; Lizenz:
CC BY-NC-SA 4.0 |
Maria Reisenhofer trat zudem an
internationalen Bühnen auf, Gastspielreisen führten sie unter
anderem in die USA, wo sie am angesehenen New Yorker "Irving Place Theatre"1)
auftrat, einem deutschsprachigen Theater, das bis 1903 von Heinrich Conried1) geleitet wurde und an dem zahlreiche berühmte
Schauspieler/innen des deutschen Sprachraums auftraten.
Hier zeigte sich Maria Reisenhofer beispielsweise 1906 neben Harry Walden mit der Titelrolle
in der Farce "Leontines Ehemänner"
("Les Maris de Leontines") von Alfred Capus1). Das Stück handelte
von den Abenteuern einer frivolen, jungen
Frau (Reisenhofer), die nach der Scheidung einen reichen Baron (Harry Walden) heiratet, der
trotz der Affären seiner Frau mit dieser weiter zusammenlebt.
Mit Walden spielte sie im Frühjahr 1906 am "Irving Place Theatre"
auch in der Satire "Maskerade" von Ludwig Fulda1), glänzte dort im selben Jahr in der Komödie
"Die große Glocke" von Oscar Blumenthal1).
Maria Reisenhofer (Zivilportrait) auf einer Künstlerkarte,
fotografiert um 1890 von Emil Tiedemann1) (* vor 1858; † wohl 1892)
Quelle: theatermuseum.at;
Inv. Nr.: FS_PG263841alt
© KHM-Museumsverband; Lizenz:
CC BY-NC-SA 4.0 |
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In den 1920er Jahren wandte sich Maria Reisenhofer auch dem Film zu und
übernahm prägnante Rollen in verschiedenen stummen Produktionen. Bereits 1909 hatte sie bei der Berliner "Duskes Film"
von Alfred Duskes1) erste Erfahrungen
vor der Kamera in dem nach dem gleichnamigen
Roman1) von Fjodor Dostojewski1) realisierten kurzen Streifen "Schuld und Sühne"
gemacht, in ihren nachfolgenden Filmen mimte sie meist Damen der gehobenen
Gesellschaft, stellte Gräfinnen oder adelige Mütter dar.
So zeigte sich die inzwischen über 50-Jährige unter der Regie von
Alfred Halm1) als Mutter von
Herzog Franz Günther (Paul Hartmann) in der
Adaption "Die
goldene Krone"2) (1920) nach
dem Roman von Olga Wohlbrück1),
Henny Porten gab als Marianne die
Tochter des verarmten Wirts des Gasthofes "Goldene Krone", Reisenhofers Ehemann Albert Patry als Großfischhändler Stöven
den Vater von Klaus (Hermann Thimig).
Ernst Lubitsch1) besetzte sie
in seinem Historienstreifen "Anna Boleyn"1) (1920)
neben Emil Jannings als Heinrich VIII.1) und Henny Porten
als Anna Boleyn1), zweite der
sechs Frauen
Heinrichs, als deren Schwägerin Lady Jane Boleyn1), Viscountess Rochford, und auch im ersten Teil von
Urban Gads1)
Verfilmung des Romans "Christian Wahnschaffe" von Jakob Wassermann1) mit
dem Titel "Weltbrand"1) (1920) gehörte
sie an der Seite von Protagonist Conrad Veidt zur prominenten Schauspielerriege.
Eine bedeutsame Rolle gestaltete sie
als Kaiserin Maria Theresia1)
in Rudolf Meinerts1) Biopic "Marie Antoinette"1) (1922) mit dem
Untertitel "Das Leben einer Königin" und Diana Karenne in der
Titelrolle der Marie-Antoinette1),
fünfzehntes Kind bzw. letzte Tochter von Maria Theresia und Kaiser Franz I.1),
sowie Viktor Schwanneke1) als deren Gemahl Ludwig XVI.1), eine Figur, der Maria Reisenhofer im zweiten Teil von Gerhard Lamprechts
Historienstummfilm "Der alte Fritz"1) (1928) mit
Otto Gebühr
als Preußenkönig Friedrich II.1)
erneut Kontur verlieh. Sie spielte unter anderem die Mutter des jungen Künstlers
Wilbur Crawford (Willy Fritsch),
der in der Komödie "Seine Frau, die Unbekannte"1) (1923)
auf Umwegen schließlich in Eva (Lil Dagover) sein Glück findet.
Eine weitere Mutter-Rolle diesmal des Oberprimaners Walter (Walter Slezak) mimte sie in dem
Melodram "Junges Blut"3) (1926),
war als Gräfin Torgstädt auch Slezaks Filmmutter in dem nach dem Lustspiel von Oskar Blumenthal1)
und Max Bernstein1) gedrehten Stummfilm "Die
große Pause1) (1927)
mit Henny Porten in der weiblichen Hauptrolle.
Zu ihren letzten Arbeiten für den Stummfilm zähle das von Richard Eichberg1) frei nach dem
Schauspiel "Die Danischeffs" von Alexandre Dumas d. J.1) und Pierre de Corvin
(18441899; veröffentlicht
unter dem Pseudonym
"Pierre Newsky") mit Heinrich George
und Mona Maris1) in den Hauptrollen in Szene
gesetzte Drama "Die
Leibeigenen"1) (1928), hier trat
sie als Gräfin Danischeff, Mutter von Alexej (Harry Halm), in Erscheinung → Übersicht Stummfilme.
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Filme
Stummfilme / Tonfilme
Filmografie bei der Internet Movie Database
sowie filmportal.de
(Fremde Links: Wikipedia, Murnau Stiftung,
filmportal.de)
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Stummfilme
- 1909: Schuld und Sühne (nach dem gleichnamigen
Roman von Fjodor
Dostojewski; R: ?;
mit Roderich Arndt (18761963); als ?) → IMDb
- 1920: Die goldene Krone
(nach dem Roman von Olga
Wohlbrück; R: Alfred
Halm; als Mutter von
Herzog Franz Günther (Paul
Hartmann); Henny
Porten als Marianne, Tochter des verarmten Wirts des
Gasthofes "Goldene Krone"; Albert
Patry als Großfischhändler Stöven, Vater von Klaus (Hermann
Thimig))
- 1920: Anna
Boleyn (R: Ernst
Lubitsch: mit Emil
Jannings als Heinrich
VIII., Henny Porten als Anna
Boleyn,
zweite der sechs Frauen Heinrichs, als deren Schwägerin Lady
Jane Boleyn, Viscountess Rochford)
→ Murnau Stiftung,
filmportal.de
- 1920: Christian Wahnschaffe Teil 1: Weltbrand
(nach dem Roman von Jakob
Wassermann; R: Urban
Gad;
mit Conrad
Veidt als Christian Wahnschaffe; als ?)→ Murnau Stiftung,
filmportal.de
- 1922: Das Mädel mit der Maske
(R: Victor
Janson (auch Darsteller); mit Ossi
Oswalda; als ?) → IMDb
- 1922: Der Liebesroman des Cesare Ubaldi
(R: Heinz
Schall; als ?)
- 1922: Menschenopfer
(R: Carl
Wilhelm; als ?) → sammlung-online.stadtmuseum.de
- 1922: Marie Antoinette Das Leben einer Königin
(R: Rudolf
Meinert; mit Diana
Karenne als Marie-Antoinette,
Gemahlin Ludwig
XVI. (Viktor
Schwanneke); als Kaiserin Maria
Theresia)
- 1923: Die Spitzen der Gesellschaft
(R/Produktion: Paul
Heidemann; als Gräfin Broks)
- 1923: Seine Frau, die Unbekannte
(R: Benjamin
Christensen; mit Willy
Fritsch (Wilbur Crawford) und
Lil
Dagover (Eva) in den Hauptrollen; als Mutter von Wilbur
Crawford) → Murnau Stiftung,
filmportal.de
- 1924: Rosenmontag
(nach dem gleichnamige
Bühnenstück von Otto
Erich Hartleben; R: Rudolf
Meinert; als ?)
→ Wikipedia (englisch)
- 1925: Der Liebeskäfig
(nach dem Roman von Hugo
Landsberger; R: Erich Schönfelder; als Emma, Gattin des
Generaldirektors der
"Ami"-Schuhwerke Gottlob Degen (Hans
Wassmann), Eltern von Detta (Lee
Parry);
Johannes
Riemann als Gert, Sohn des Inhabers der
"Deli"-Lederwerke August Waltjen (Herbert
Paulmüller))
- 1925: Liebesfeuer
(R: Paul
Ludwig Stein; als Charlotte, Gräfin von Arenheim, Mutter
von Erik (Alphons
Fryland);
Liane
Haid als Ingeborg, Tochter des Ballettmeisters James Toselli
(Paul
Biensfeldt); Kurzinfo: Die Tänzerin Ingeborg Toselli
verliebt sich in Graf von Arenheim und heiratet ihn, sehnt sich jedoch später danach, unter der Leitung ihres Vaters auf
die Bühne zurückzukehren. Sie tritt nun heimlich im Ballett ihres Vaters auf, was ihren Gatten sehr ärgert. Keiner von
beiden bemerkt, dass ihr bester Freund Harald von Bodenstein (Walter
Rilla), der ebenfalls in Ingeborg verliebt ist,
eine Chance wittert, das Paar auseinander zu treiben.)
→ IMDb
- 1926: Junges Blut
(R:Manfred
Noa; als Mutter des Oberprimaners Walter (Walter
Slezak); Lya
de Putti als
Schauspielerin Grita) → Murnau Stiftung
- 1927: Regine, die Tragödie einer Frau
(frei nach Motiven der Erzählung "Regine"
von Gottfried
Keller;
R: Erich
Waschneck; mit Lee
Parry als Magd Regine; Harry
Liedtke als amerikanischer Ingenieur Frank Thomas;
als die Generalin)
- 1927: Die große Pause
(nach dem Lustspiel von Oskar
Blumenthal und Max
Bernstein; R: Carl
Froelich;
mit Henny
Porten in der weiblichen Hauptrolle; als Mutter des Ottokar
Graf Torgstädt (Walter
Slezak) bzw.
Gattin des Grafen (Wolfgang
von Schwind))
- 1928: Die Leibeigenen
(frei nach dem Schauspiel "Die Danischeffs" von Alexandre
Dumas d. J. und Pierre de Corvin
(18441899; veröffentlicht unter dem Pseudonym "Pierre Newsky"); R: Richard
Eichberg;
mit Heinrich
George und Mona
Maris
in den Hauptrollen; als Gräfin Danischeff, Mutter von
Alexej (Harry
Halm))
→ filmportal.de
- 1928: Der alte Fritz (2 Teile) Teil 2:
Ausklang
(Fridericus-Rex-Film
mit Otto
Gebühr als Preußenkönig Friedrich II.;
R: Gerhard
Lamprecht; als Kaiserin Maria
Theresia
Tonfilme
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