Lia Eibenschütz , fotografiert von Mario von Bucovich (1884 – 1947) Lia Eibenschütz wurde am 19. März 1899 als Lina Mathilde Eibenschütz in Wiesbaden1) in eine musikalisch geprägte Familie hineingeboren. Der Vater Albert Maria Eibenschütz (1857 – 1952) war Pianist und Dirigent, die Mutter Wilhelmine Marianne Eibenschütz-Wnuczek (1879 – ?) stammte aus Ungarn und konnte ebenfalls als Pianistin Erfolge verbuchen. So war es nicht weiter verwunderlich, dass auch Tochter Lia Musik studierte, zunächst ebenfalls eine Karriere als Pianistin begann und ihre Kunst im Rahmen von Konzerten präsentierte. "Auf einer dieser Konzertreisen kam ich in Berlin mit dem Film in Berührung. Die vollkommen neue Welt, die sich mir hier erschloß, fesselte mich derart, daß sie mich bald restlos gefangennahm. Nachdem ich nun meine mimische Begabung beim Film entdeckt hatte, verwertete ich sie auch gleichzeitig beim Theater." ließ die Künstlerin später ihr Publikum wissen.*)
Lia Eibenschütz machte sich an Berliner Bühnen (unter anderem an der "Tribüne"1)) im Fach der jugendlichen Salondame einen Namen, etablierte sich ab Ende der 1910er-Jahre mit prägnanten Rollen in zahlreichen Produktionen als gefragte Stummfilm-Mimin und verkörperte meist verliebte junge Frauen oder elegante Damen der gehobenen Gesellschaft.

Lia Eibenschütz , fotografiert von
Mario von Bucovich1) (1884 – 1947)
Quelle: cyranos.ch; Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier

Sie selbst beschrieb ihre Tätigkeit als Leinwand-Darstellerin folgendermaßen: "Besonders liegen mir junge Liebhaberinnen, elegante, schöne, reiche, junge Frauengestalten. Im allgemeinen bevorzuge ich ernste Charaktere. Zwischendurch spiele ich auch gern einmal eine lustige Rolle. Das Theater ist immer dasselbe. Der Film dagegen hat den Vorzug, international zu sein. Es ist für mich ein eigenartiges Gefühl, zu wissen, daß ich an einem Tage gleichzeitig in fünf verschiedenen Erdteilen vor dem Publikum erscheinen kann. (…) Ich spiele überhaupt absolut gefühlsmäßig, und je mehr Freiheit mir da Regisseur während der Aufnahme läßt, um so lieber ist es mir. Trotzdem konzentriere ich mich während der Aufnahmen so stark auf meine Rolle, daß ich all die tausend technischen Dinge des Films, die Lampen und die Kamera überhaupt nicht mehr empfinde. Einen Wunsch habe ich noch: Ich habe jetzt sehr viel Filme gespielt, aber ich möchte lieber weniger spielen und dafür nur künstlerisch wertvolle Filme, damit ich Zeit und Ruhe zum Ausarbeiten meiner Rollen habe.*)
  
Zu ihren nachhaltigsten Rollen zählten beispielsweise die Baronin Edda von Gerding in Max Macks1) Streifen "Die große und die kleine Welt"1) (1921) nach der Komödie von Rudolf Eger1), die Gräfin Polignac1) in Rudolf Meinerts1) Biopic "Marie Antoinette"1) (1922) mit dem Untertitel "Das Leben einer Königin"und Diana Karenne in der Titelrolle der Marie-Antoinette1), oder die Sittah, Schwester von Sultan Saladin1) (Fritz Greiner), in Manfred Noas1) Adaption "Nathan der Weise"1) (1922) nach dem gleichnamigen Drama1) von Gotthold Ephraim Lessing1) an der Seite von Werner Krauß in der Rolle des Nathan. Mit Krauß spielte sie auch in der von Robert Wiene1) in Szene gesetzten, tragisch endenden Geschichte "Der Puppenmacher von Kiang-Ning" (1923) und in dem von Peter Paul Felner1) nach dem gleichnamigen Theaterstück1) von William Shakespeare1) inszenierten Stummfilm "Der Kaufmann von Venedig"1) (1923) mit Krauß als Shylock, Carl Ebert1) als Kaufmann Antonio, Henny Porten als reiche Portia, Harry Liedtke als Bassanio und Max Schreck als Doge von Venedig – Lia Eibenschütz verkörperte Shylocks Tochter Jessica. Einmal mehr als Gräfin tauchte sie in Rudolf Walther-Feins Geschichte "Der kleine Herzog" (1924) auf, in "Horrido"1) (1924), einem im Jägermilieu angesiedelten und als "Ein Spiel von Jagd und Liebe" untertitelten Dokumentarfilm mit Spielhandlung, war Rudolf Forster ihr Partner. Lia Eibenschütz gehörte zur Besetzung des 1. Teils von Rolf Randolfs1) Zweiteiler "Wallenstein"1) (1925) mit Fritz Greiner in der Titelrolle des Feldherrn Wallenstein1), in dem Melodram "Der Sohn der Hagar"1) (1927) nach dem gleichnamigen Roman1) von Paul Keller1) zeigte sie sich als Christine, Tochter des Gastwirt Hartmann (Fritz Valk1)) und dessen Frau Anna (Gertrud de Lalsky), in der Unterwelts-Komödie "Die Apachen von Paris"1) (1927) nach dem Roman "Les innocents" von Francis Carco1) als das junge und aufrichtige US-Girl Winnie, welches sich in den französischen Ganoven Mylord (Jaque Catelain) verliebt. Max Obals1) Romanze "Der moderne Casanova"1) (1928) war eine ihrer letzten Arbeiten für den Stummfilm – hier trat sie als Lieselotte, älteste Tochter von Stadtrat Hieronymus Abendroth (Hermann Picha) und dessen Gattin Lydia (Lydia Potechina) in Erscheinung, die der von seinen Schülerinnen angehimmelte Lehrer Dr. Christian Friedhold (Harry Liedtke) unbedingt heiraten möchte → Übersicht Stummfilme.
 
Seit 1927 verheiratet mit Schauspielerkollegen Kurt Vespermann (1887 – 1957; Geburtsname: Kurt Harprecht), zog sich Lia Eibenschütz ab Anfang der 1930er Jahre mehr und mehr von Bühne und Film zurück. Seit der Geburt des gemeinsamen Sohnes Gerd Vespermann (1926 –  2000), der später ebenfalls ein populärer Schauspieler wurde, widmete sie sich verstärkt der Familie.
Im Tonfilm der beginnenden 1930er Jahre sah man sie lediglich noch in drei Produktionen, unter anderem in Friedrich Zelniks Komödie "Ein süßes Geheimnis"2) (1932) als die mit Johann (Teddy Bill)) verheiratete Dora, eine der Töchter der Modehausbesitzerin Hansi Aichinger (Hansi Niese) und deren Gatten Professor Hugo Aichinger (Hans Marr). Zur Spielzeit 1932/33 trat sie außerdem auch am berühmten Berliner "Kabarett der Komiker"1) auf.
Nach der so genannten Machtergreifung1) der Nationalsozialisten1) bekam Lia Eibenschütz als die im Nazi-Jagon bezeichnete "Halbjüdin"1) bzw. Nicht-Arierin zunehmend Probleme und wurde 1937 aus der "Reichstheaterkammer"1) (RTK) ausgeschlossen.
Erst nach Ende des 2. Weltkrieges übernahm die Schauspielerin ab Anfang der 1950er Jahre sporadisch wieder Aufgaben vor der Kamera und trat Berlin als Theaterschauspielerin, unter anderem am "Renaissance-Theater"1) auf. Zu ihren Nachkriegsfilmen bzw. -Rollen zählt die der Madame de la Rocco in der Komödie "Das Haus in Montevideo"1) (1951) nach der gleichnamigen Komödie1) von Curt Goetz, der zudem gemeinsam mit Ehefrau Valérie von Martens auch Regie führte sowie mit ihr das Professoren-Ehepaar Nägler spielte. In dem Film "Ein Herz bleibt allein" (1955)  nach dem Volksstück "Mein Leopold" von Adolph L’Arronge1) mit Paul Hörbiger als Schuhmachermeister Gottlieb Weigelt und Peer Schmidt als dessen Sohn Leopold war sie die Ehefrau des Amtsrichters Zernikow (Kurt Vespermann) bzw. das Elternpaar von Maria (Gardy Granass), in dem Hans Albers-Krimi "Der Greifer"1) (1958) die Frau des Kleinkriminellen bzw. Buchhalters Karl Mertens (Karl Hellmer). In dem Edgar Wallace1)-Thriller "Neues vom Hexer"1) (1965) mit Heinz Drache als Inspektor Wesby tauchte Lia Eibenschütz als Lady Curtain auf, mimte die Mutter des überdrehten Modeschöpfers Emile Cavin (Hanns Lothar) in der herrlichen Gaunerkomödie "Lange Beine – lange Finger"1) (1966) mit Martin Held ("Meisterdieb" Baron Holberg), Senta Berger (Tochter Dodo) und Joachim Fuchsberger (Anwalt Robert Hammond). Eine ihrer letzten Aufgaben für den deutschen Kinofilm übernahm sie als Mutter des Mädchens Johanna (Verena Buss1)) bzw. Gattin des Bauunternehmers Richard Benedikt (Wolfgang Büttner) in Haro Senfts1) Autorenfilm "Der sanfte Lauf"1) (1967), in dem Bruno Ganz seine erste Hauptrolle in einer Kinoproduktion spielte → Übersicht Tonfilme.
  
Verschiedentlich zeigte sich Lia Eibenschütz auch auf dem Bildschirm, beispielsweise in "Das lange Weihnachtsmahl"3) (1962) nach dem Einakter "The Long Christmas Dinner" von Thornton Wilder1)  als Tante Irmengard oder in einigen Episoden als Schwiegermutter der Titelheldin (Heidelinde Weis) in der Serie "Meine Frau Susanne"4). Als Hans Heinrich1) mit "Mein Leopold"3) (1963) das L'Arronge-Stück mit Franz Nicklisch1) (Schuhmachermeister Gottlieb Weigelt) und Christian Wolff (Sohn Leopold) für das Fernsehen in Szene setzte, gehörte sie erneut mit der Rolle des Amtsrichters-Frau Zernickow (Wolfgang Kühne1)) zur Besetzung, unter der Regie von Erik Ode erlebte man sie als Luise von Strelow in "Der Kaiser vom Alexanderplatz"3) (1964), einem Berliner Volksstück von Horst Pillau1) mit Rudolf Platte als Kneipier Wilhelm Kaiser. Letzte kleine Auftritte hatte sie als Frau Reiboldt in der Folge "Die Unverbesserlichen und ihr Stolz"1) (EA: 09.05.1971), der finalen bzw. siebten Geschichte um "Die Unverbesserlichen" mit Joseph Offenbach und Inge Meysel, und als Mutter Bombach in Teil 104) (EA: 01.12.1981) der Serie "Goldene Zeiten – Bittere Zeiten"1) → Übersicht TV-Produktionen.
Sporadisch war sie zudem als Synchronsprecherin tätig, lieh unter anderem Muriel Aked (1883 – 1955) als Tante Margaret in dem Filmepos "Leben und Sterben des Colonel Blimp"1) (1943, "The Life and Death of Colonel Blimp"; Synchro 1980), Barbara Billingsley1) als Evelyn in dem Drama "Stadt der Illusionen"1) (1952, "The Bad and The Beautiful1") oder Mary Astor1) als Jewel Mayhew in dem Psychothriller "Wiegenlied für eine Leiche" (1964, "Hush…Hush, Sweet Charlotte") ihre Stimme → mehr bei synchronkartei.de.
 
Lia Eibenschütz, die laut Kay Weniger1)***) zuletzt unter dem Namen Mathilde Lya Harprecht bzw. Geburtsnamen ihres Ehemannes in Berlin-Charlottenburg1) lebte, starb dort – kurz vor ihrem 86. Geburtstag – am 3. März 1985; die letzte Ruhe fand sie auf dem "Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Friedhof"1) (Berlin-Westend1)) in einer Grabstätte, in der ihr bereits am 13. Juli 1957 verstorbene Ehemann Kurt Vespermann beigesetzt worden war → Foto der Grabstelle bei Wikipedia.
Quellen (unter anderem)*) **) ***): Wikipedia, cyranos.ch
Foto bei virtual-history.com, filmstarpostcards.blogspot.com
*) Lia Eibenschütz. In: Dr. Hermann Treuner (Hrsg.): Filmkünstler – Wir über uns selbst (Sybillen Verlag, Berlin, 1928)
**) Handbuch des deutschsprachigen Exiltheaters 1933 – 1945; Herausgeber: Frithjof Trapp, Werner Mittenzwei, Henning Rischbieter, Hansjörg Schneider; Band 2: Biographisches Lexikon der Theaterkünstler von Frithjof Trapp, Bärbel Schrader, Dieter Wenk, Ingrid Maaß (Teil 1, A-K; K G  Saur, München 1999)
***)  Kay Weniger: "Zwischen Bühne und Baracke. Lexikon der verfolgten Theater-, Film- und Musikkünstler 1933 bis 1945" (Metropol, Berlin 2008, S. 103/104)
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) Murnau Stiftung,   3) Die Krimihomepage, 4) fernsehserien.de
Lizenz Foto Lia Eibenschütz (Urheberin: Mario von Bucovich): Diese Bild- oder Mediendatei ist gemeinfrei, weil ihre urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für die Europäische Union, die Vereinigten Staaten, Australien und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers.
Filme
Stummfilme / Tonfilme / Fernsehen
Filmografie bei der Internet Movie Database, filmportal.de sowie
einige frühe Stummfilme bei "The German Early Cinema Database
(Fremde Links:  filmportal.de, Wikipedia, cyranos.ch, Murnau Stiftung,
Die Krimihomepage, fernsehserien.de; R = Regie)
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