Magda Sonja 1917; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Urheber: Atelier Madame d'Ora (1881–1963); Copyright ÖNB/Wien, Bildarchiv (Inventarnummer 204033-D); Datierung: 11.05.1917; Quelle: www,cyranos.ch Die Schauspielerin Magda Sonja gehörte in den 1920er-Jahren zu den Diven des österreichischen Stummfilms und wurde (vermutlich) am 23. Mai 1886*) als Venceslava "Slava" Johanna Vesely in dem kleinen Städtchen Hradisko*) an der österreichisch-ungarischen Grenze im Bezirk Reichenau an der Knieschna1) (heute: Ortsteil von Vamberk1), Tschechien) geboren. Laut Kay Weniger1)*) "ist das richtige Jahr ihrer Geburt nicht mit Sicherheit feststellbar, da sie auf Meldebögen seit ihrer Erstanmeldung in Wien am 5. März 1907 und in allen folgenden Dokumenten im In- und Ausland die unterschiedlichsten Jahre, von 1885 bis 1899, angegeben und sich im Ein- bis Dreijahrestakt sukzessive jünger gemacht hat. Zuletzt (seit 1936) gab sie das (auf jeden Fall nicht zutreffende) Geburtsjahr 1899 an."*)
Nach einer Musik- und Tanzausbildung begann Magda Sonja ihre Karriere am "Wiener Stadttheater"1), wo sie nach eigenen Angaben**) lange Zeit in klassischen und modernen Rollen auftrat; ob dies den Tatsachen entspricht, lässt sich heute kaum nachweisen. Es folgte – noch unter dem Künstlernamen "Magda Slawa" – 1907 ein Engagement als Chorsängerin am "Theater an der Wien"1), danach war sie an verschiedenen Wiener Kabaretts als Diseuse tätig. Am "Wiener Stadttheater" will sie auch ihren späteren Ehemann, den Schauspieler und Regisseur Friedrich Fehér (1889 – 1950; eigentlich Friedrich Weiß) kennengelernt haben, für den sie ab Anfang der 1920er Jahre in zahlreichen Produktionen als Protagonistin vor der Kamera stand.
  

Magda Sonja 1917
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Urheber: Atelier Madame d'Ora1) (1881–1963)
© ÖNB/Wien, Bildarchiv (Inventarnummer 204034-D); Datierung: 11.05.1917
Bereits ab 1917 tauchte sie mit tragenden Rollen in stummen Produktionen – darunter in etlichen Kurzfilme – auf der Leinwand in Erscheinung und wurde von der "Sascha-Meßter-Film"1) kontinuierlich zum Star aufgebaut. Mit der attraktiven Magda Sonja schuf man den Gegenpart zu einem anderen österreichischen Leinwandstar – Liane Haid –, die seit 1915 bei der "Wiener Kunstfilm"1) Erfolge feierte.
Magda Sonja verkörperte in einer Reihe von Melodramen den Typus der mondänen, verruchten Frau, mimte Gräfinnen wie in ihren Leinwanddebüts "Das schwindende Herz"1) (1917) und "Der Brief einer Toten"1) (1917), tauchte als die erblindete Maja Komtess Kövesy in "Licht und Finsternis"1) (1917) auf, die nach Erlangung ihrer Sehkraft von dem Aussehen des geliebten Ehemannes Professor Worringen (Carl Goetz1)) angewidert ist. Eine skrupellos-verführerische Baronin mimte sie beispielsweise in "Um ein Weib"1) (1918), die den einfachen Bergführer Sepp (Hubert Marischka1)) umgarnt und ins Verderben stürzt, eine verstoßene Näherin, die im Elend endet in "Don Juans letztes Abenteuer"1) (1918) mit Louis Ralph als Partner – "stets Frauen, die vom Schicksal gebeutelt oder dramatischen, amourösen Ver- und Entwicklungen ausgesetzt waren."*)

  
  

Magda Sonja, fotografiert von
Franz Löwy1) (1883 – 1949)
Quelle: cyranos.ch
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier

 

Magda Sonja, fotografiert von Franz Löwy (1883–1949); Quelle: cyranos.ch; Lizenz: gemeinfrei
Magda Sonja, fotografiert von Franz Löwy (1883–1949); Quelle: filmstarpostcards.blogspot.com; Lizenz: gemeinfrei siehe hier Aufmerksamkeit erregte Magda Sonja mit der Figur der Königin Draga in dem von Hans Otto Löwenstein1) in Szene gesetzten Historienstreifen "Draga Maschin" (1920), der Geschichte der skandalumwitterten, verwitweten Draga Mašin1) (1861 – 1903), die nach dem Tod ihres Ehemannes im Juli 1900 ihren Geliebten, den serbischen König Aleksandar1) (1876 – 1903) heiratete. Drei Jahre später fiel das Paar am 11. Juni 1903 einem grausamen Attentat zum Opfer; 1927 wurde das Drama von Friedrich Fehér erneut mit Magda Sonja in der Titelrolle und Fritz Kortner als Zarewitsch Alexander erneut unter dem Titel "Die Geliebte des Gouverneurs"1) auf die Leinwand gebannt.
Mehrfach sah man sie an der Seite von Raoul Aslan, so unter anderem in dem Drama "Das andere Ich"1) (1918) und in der von Hans Homma nach dem Roman "Die Venus von Ille"1) von Prosper Mérimée1) realisierten Adaption"Die Venus"1) (1921). Seit 1922 drehte Magda Sonja ausschließlich mit ihrem Ehemann Friedrich Fehér, blieb in dessen Filmen ihrem Image der extravaganten, Männer anziehenden Frau treu.
So spielte sie unter anderem in der österreichisch-polnischen Produktion "Ssanin"1) (1924) als Lydia die schöne Schwester des gesellschaftliche Konventionen ignorierenden Protagonisten Wladimir Petrowitsch Ssanin (Oskar Beregi sr.), in Szene gesetzt nach dem Roman "Sanin" von Michail Petrowitsch Arzybaschew1), der damit auch die beginnende russische Revolution gegen das zaristische Regime thematisierte.
   
Magda Sonja, fotografiert von
Franz Löwy1) (1883 – 1949)
Quelle: filmstarpostcards.blogspot.com
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier
Als es Fehér Mitte der 1920er Jahre nach Berlin zog, ging Magda Sonja mit ihm.  Hier drehte sie unter anderem das Melodram "Das graue Haus"1) (1926) und präsentierte sich als die zum Tode verurteilte und ihre Lebensgeschichte erzählende Maria. Zum Höhepunkt ihrer Leinwandkarriere geriet die Titelrolle in dem Streifen "Mata Hari""1) (1927), mit dem Fehér die bewegte Lebensgeschichte der berühmten Tänzerin und Spionin Mata Hari1) (1876 – 1917 nachzeichnete. "Dieser Film ist einer meiner größten Erfolge gewesen. Er schildert den Lebensroman jener indischen Tänzerin, die während des Krieges in Paris als deutsche Spionin erschossen wurde. Es galt, bis in die feinsten Nuancen in den komplizierten Charakter dieser seltsamen Frau einzudringen, der Reiz des Geheimnisvollen, welcher diese indische Tänzerin umgab, zu deren Füßen die Großen Europas gelegen hatten, durfte auch im Film nicht verloren gehen." sagte sie in "Filmkünstler – Wir über uns selbst"**). Auch mit der Titelfigur der schottischen Königin Maria Stuart1) in dem zweiteiligen, monumentalen Drama "Maria Stuart"1) (1927) – von Fehér gemeinsam mit dem berühmten Theatermann Leopold Jessner1) (Künstlerische Oberleitung) realisiert – konnte sie an der Seite von Fritz Kortner (Marschall Bothwell1), Marias dritter Gemahl) und Walter Janssen (Marias zweiter Gemahl Henry Stuart, Lord Darnley1)) Erfolge feiern. Letzte Arbeiten für den Stummfilm waren das Gerichtsdrama "Sensations-Prozess"1) (1928) nach dem Schauspiel "Prozess Bunterbart" von Max Brod1) mit ihrem Part der Klarissa, Gattin des Professors Bunterbart (Carl Goetz1)), und die ebenfalls dramatische Geschiche "Hotelgeheimnisse"1) (1929), wo sie als die Gesellschafterin der tyrannischen, auf den Rollstuhl angewiesenen Herzogin (Gertrud Eysoldt) in Erscheinung trat → Übersicht Stummfilme.
Mit Aufkommen des Tonfilms ließ die Popularität von Magda Sonja nach und sie übernahm nur noch in vier Filmen ihres Ehemannes Rollen, in denen auch der gemeinsame Sohn Hans Feher1) (1922 – 1958) mitwirkte: Nach der Novelle "Der Teufel"1) von Leo Tolstoi1) entstand die tschechische Produktion "Melodie des Lebens" (1930, "Kdyz struny lkají"), wo sie sich als Ehefrau des Bauern Michovský (Václav Vydra; 1876 – 1953) zeigte, ebenfalls nach Motiven eines Romans von Leo Tolstoi drehte Fehér mit sich in der Rolle des Gutsbesitzers Michowski, Magda Sonja als dessen Ehefrau und Hans Feher als Junge Jenicek das Melodram "Ihr Junge"1) (1931). Auf dem Roman "Le loup Garou" von Alfred Machard (1887 – 1962) basierte die tschechisch-deutsche Co-Produktion bzw. das Drama "Gehetzte Menschen"1) (1932) mit Eugen Klöpfer als der verwitwete Tischlermeister Vincenz Olivier und Hans Feher als dessen Sohn Boubou, in dem sich Magda Sonja als die in einem Tingeltangel-Unternehmen auftretende "Dame ohne Unterleib" präsentierte.
Magda Sonja 1917; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora (1881–1963) / Arthur Benda (1885–1969); Copyright ÖNB/Wien, Bildarchiv (Inventarnummer 204034-D); Datierung: 11.05.1917; Quelle: www,cyranos.ch Mit der so genannten "Machtergreifung"1) der Nationalsozialisten Ende Januar 1933 verließ das jüdische Ehepaar 1933 Berlin und emigrierte zunächst über Österreich und die Tschechoslowakei nach Großbritannien. Hier konnten sowohl Friedrich Fehér als auch Magda Sonja im Filmgeschäft nicht Fuß fassen. Der einst gefeierte Stummfilmstar stand ein letztes Mal für das von Fehér inszenierte skurrile, expressionistisch inspirierte Singspiel "The Robber Symphony"1) (1936, "Räubersymphonie") vor der Kamera – Sohn Hans Fehér spielte darin die Hauptrolle des Jungen Giannino, Magda Sonja wie im wahren Leben dessen Mutter.
Im Juli 1937 entschloss sich die Familie zu einer Ausreise in die USA. "Das Haupteinkommen der Familie Fehér in den Jahren der Emigration kam mangels Filmerfolge immer stärker aus anderen Betätigungen. Seit 1939 arbeitete Fehér vorwiegend als Orchesterleiter und verdiente sich ein Zubrot als Geschäftsführer eines Supermarktes. Seine Frau, einst Stummfilmstar im deutschsprachigen Raum, konnte im US-amerikanischen Tonfilm ebenfalls nicht an frühere Erfolge anschließen." notiert Wikipedia.
 
Magda Sonja 1917
Foto mit freundlicher Genehmigung der
  Österreichischen Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Urheber: Atelier Madame d'Ora1) (1881–1963)
© ÖNB/Wien, Bildarchiv (Inventarnummer 204034-D);
 Datierung: 11.05.1917
Magda Sonja kehrte im Gegensatz zu ihrem am 30. September 1950 in Stuttgart1) mit nur 61 Jahren an den Folgen eines Herzinfarktes gestorbenen Ehemann Friedrich Fehér nie mehr nach Europa zurück. Sie selbst starb am 15. August 1974 – legt man das Geburtsjahr 1886 zugrunde – im Alter von 88 Jahren in Los Angeles1) und ist heute weitgehend in Vergessenheit geraten. Der am 14. September 1922 in Wien geborene Sohn Hans1) starb am 1. April 1958 ebenfalls in Los Angeles. Welchem Beruf er dort als Erwachsener nachging ist ebenso unbekannt wie die Ursache für seinen frühen Tod im Alter von nur 35 Jahren.
Quellen (unter anderem)*) **): Wikipedia, cyranos.ch
Fotos bei
filmstarpostcards.blogspot.com
*) Kay Weniger: "Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben … Lexikon der aus Deutschland und Österreich emigrierten Filmschaffenden 1933 bis 1945. Eine Gesamtübersicht" (ACABUS Verlag, Hamburg 2011, S. 470/471)
**) Magda Sonja. In: Dr. Hermann Treuner (Hrsg.): Filmkünstler – Wir über uns selbst (Sybillen Verlag, Berlin, 1928)
Fremde Links: 1) Wikipedia
Lizenz Foto Magda Sonja (Urheber: Franz Löwy): Diese Bild- oder Mediendatei ist gemeinfrei, weil ihre urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für die Europäische Union, die Vereinigten Staaten, Australien und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers.
Filme
Stummfilme: diverse Regisseure / Regie Friedrich Fehér
Tonfilme
Filmografie bei der Internet Movie Database, filmportal.de sowie
frühe Stummfilme bei "The German Early Cinema Database"
(Fremde Links: Wikipedia, filmportal.de; R = Regie
)
Stummfilme Tonfilme (Regie: Friedrich Fehér)
  • 1930: Melodie des Lebens / Kdyz struny lkají (Produktion: Tschechosöwakei; nach der Novelle "Der Teufel"
    von Leo Tolstoi; als Ehefrau des Bauern Michovský (Václav Vydra; 1876–1953); Hans Feher als Sohn Jeníček
    )
    → Wikipedia (englisch)
  • 1931: Ihr Junge / Wenn die Geigen klingen… (Produktion: Deutschland/Öterreich/Tschechoslowakei; nach Motiven
    eines Romans von Leo Tolstoi; als Slava Michowski, Ehefrau des Gutsbesitzers Michowski (Friedrich Fehér);
    Hans Feher als der Junge Jenicek)
     
  • 1932: Gehetzte Menschen / Steckbrief Z 48 (nach dem Roman "Le loup Garou" von Alfred Machard (1887–1962);
    (Fehér auch Drehbuch mit Heinrich Fraenkel, Musik mit Walter Ulfig; mit Eugen Klöpfer als der verwitwete
    Tischlermeister Vincenz Olivier; Hans Feher als dessen Sohn Boubou; Magda Sonja als "Dame ohne Unterleib";
    die tschechische Version "Stvani lidé" wies, abgesehen von der Familie Feher, komplett andere Darsteller auf.
    ) → filmportal.de
  • 1936: The Robber Symphony / La symphonie des brigands / Räubersymphonie (Produktion: Großbritannien;
    nach einer Vorlage/Drehbuch von Friedrich Feher und Anton Kuh; als Mutter von Giannino (Hans Feher))
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