Jack Trevor auf einer Fotografie des russisch-amerikanischen Kameramanns und Fotografen Jack Freulich (1880 – 1936); Quelle: www,cyranos.ch Jack Trevor erblickte am 14. Dezember 1893 als Anthony Cedric Sebastian Steane im Londoner Stadtteil Lambeth1) das Licht der Welt. In eine wohlhabende Familie der "Upper Class" hineingeboren, besuchte er die elitäre "Westminster School"1), studierte anschließend am "New College"1) in Oxford1) und führte ein "Jet-Set-Leben zwischen Clubs und High-Society-Sportarten".*) Während des 1. Weltkrieges wurde Steane gleich zu Beginn als Kavallerie-Offizier zum "Manchester Regiment" eingezogen, als 1916 eine Granate Pferd und Sattel zerfetzte, konnte er die Armee als "Invalide" verlassen. Nach Kriegsende ehelichte er mit der Österreicherin Alma eine Frau aus der gehobenen Gesellschaftsschicht. Gerüchten zufolge soll sie die illegitime Tochter aus der "Mayerling"-Liaison zwischen Baronin Mary Vetsera1) und dem österreichischen Thronfolger Rudolf1) gewesen sein.***) Nach nur einjähriger Ehe nahm sich Alma aus unbekannten Gründen das Leben. 
Anfang der 1920er Jahre kam Steane mit der Stummfilm-Szene in Berührung, trieb sich nach eigenen Angaben**) anfangs eine Zeitlang in der Komparserie herum, erhielt dann kleinere Rollen in britischen Produktionen und nannte sich nun fortan "Jack Trevor". "Bereits zu Beginn seiner Karriere verkörperte Trevor das Klischee des Nobel-Briten: Lords, Offiziere und Herren der "besten Kreise", notiert Kay Weniger1).*)

Jack Trevor auf einer Fotografie des russisch-amerikanischen Kameramanns
und Fotografen Jack Freulich (1880 – 1936) → imdb.com
Quelle: cyranos.ch; Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier

Als er von Friedrich Zelnik ein Angebot bekam, in der Romanze "Die Venus von Montmartre"1) (1925) als Prinz von Cheran eine Rolle neben Zelnik-Ehefrau Lya Mara zu übernehmen, sagte Trevor zu und ließ sich mit seiner Familie samt Kindermädchen in Berlin nieder – inzwischen war er mit der geschiedene Frau des reichen Landbesitzers Harry Penton verheiratet. Rasch etablierte sich der attraktive Brite in einer Reihe von stummen Produktionen in Deutschland zu einem beliebten Darsteller, mimte vorzugsweise Prinzen, Barone, Offiziere, Millionäre oder Abenteurer. Wann immer "typisch englische" Würde und Eleganz für eine Rolle gefragt sind, ist Trevor erste Wahl. Zylinder und Frack, Ziertuch in der Brusttasche und Zigarette zwischen den Fängern scheinen ihm angeboren.***)
Trevor arbeitete mit den renommierten Regisseuren jener Ära zusammen, Georg Wilhelm Pabst1), Lothar Mendes1), Mihaly Kertész1) (später "Michael Curtiz"), Gerhard Lamprecht1), Géza von Bolváry1), Robert Wiene1) oder Manfred Noa1) holten ihn als Partner der weiblichen Stars vor die Kamera. So spielte er für Pabst den aus Indien heimgekehrten, charmanten Vetter der schönen Ehefrau (Ruth Weyher) des Chemikers Martin Fellman (Werner Krauß), der in dem expressionistischen Drama "Geheimnisse einer Seele"1) (1926) von zwanghaften Alpträumen bzw. bizarren Vorstellungen geplagt wird. Gerhard Lamprecht besetzte Trevor als jungen Baron von Schranden bzw. Partner von Lissy Arna in dem Historiendrama "Der Katzensteg"1) (1927), gedreht nach dem Roman von Hermann Sudermann1). Über diese Figur des Bronislav meinte Trevor: "Eine Rollengestaltung habe ich bekommen, in der meine eigene Person und Rolle verschmolzen, in der mein Blut in das der darzustellenden Person überging."**)
Als geheimnisvoller britischer Major Paul Roy Amery tauchte er in dem Krimi "Der große Unbekannte"1) (1927) auf, von Manfred Noa in Szene gesetzt nach dem Roman "Der Unheimliche" ("The Sinister Man") von Edgar Wallace1). Erneut mit Georg Wilhelm Pabst arbeitete er für die Melodramen "Die Liebe der Jeanne Ney"1) (1927) und "Abwege"1) (1928) zusammen, war für Robert Wiene der verarmte Adelige Bery, der über Umwege in dem Lustspiel "Unfug der Liebe"2) (1928) sein Glück in der amerikanischen Geschäftsfrau Muriel (Maria Jacobini1)) findet. 
Bis Ende der 1920er Jahre zeigte sich Frauenschwarm Jack Trevor in stummen Produktionen wie dem melodramatischen Krimi "Die weißen Rosen von Ravensberg"1) (1929) nach dem gleichnamigen Roman1)1)1)1) von Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem1) mit Diana Karenne und Dolly Davis1), der von Alfred Abel nach der Novelle "Brief einer Unbekannten"1) von Stefan Zweig1) mit Renée Héribel1) und sich selbst in Szene gesetzten Adaption "Narkose"2) (1929) sowie zuletzt in dem Gauner-Streifen "Die Drei um Edith"2) (1929), wo er sich an der Seite von Camilla Horn (Lady Edith Trent) und Gustav Diessl (Juwelendieb Roger Brown) als Diamantenhändler Thomas Morland präsentierte → Übersicht Stummfilme.
   

Jack Trevor, fotografiert von Georg Fayer1) (1892 – 1950)
Quelle: virtual-history.com;
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier

Jack Trevor, fotografiert von Georg Fayer (1892–1950); Quelle: virtual-history.com; Lizenz: gemeinfrei
Mit Aufkommen des Tonfilms zog sich der nur bruchstückhaft deutsch sprechende Brite zunächst von der Filmerei zurück, stand anfangs nur noch sporadisch vor der Kamera. Er bezog sein neues Domizil in Oberammergau1) und wählte als zweiten Wohnsitz eine Villa im französischen Villefranche-sur-Mer1) an der Côte d'Azur1). Gemeinsam mit seinen zwei Söhnen und einem Privatlehrer reiste er durch halb Europa, schickte seinen Nachwuchs dann auf eine Eliteschule in Wien.
Ab Mitte der 1930er Jahre übernahm er nun wieder vermehrt Leinwandrollen, etwa als Captain MacCallum und ritterlicher Gegenspieler von Hans Albers in dem später von der Alliierten Militärregierung mit Aufführungsverbot belegten propagandistischen Wüsten- und Freikorps-Drama "Henker, Frauen und Soldaten"1) (1935) oder als Mr. Hicks in dem Abenteuer "Unter heißem Himmel"1) (1936), ebenfalls mit Trevor-Freund Hans Albers in der Hauptrolle. Nach mehr oder weniger prägnanten Nebenrollen wie beispielsweise in der von Curt Goetz mit sich und Ehefrau und Valérie von Martens in den Hauptrollen realisierten, gesellschaftskritischen Satire "Napoleon ist an allem schuld"1) (1938) oder Josef von Bákys1) im Zirkusmilieu angesiedelten,melodramatischen Unterhaltungsstreifen "Menschen vom Varieté"1) (1939) bekam Jack Trevor Probleme mit den nationalsozialistischen Machthabern. Wenige Tage nach Ausbruch des 2. Weltkrieges bzw. der Kriegserklärung Großbritanniens an Deutschland (03.09.1939) wurde der Brite am 11. September 1939 von der Gestapo1) verhaftet und interniert. Kurz vor Weihnachten ließ ihn NS-Propagandaminister Joseph Goebbels1) aus der Internierung vorführen und verlangt, Trevor solle in englischsprachigen Sendungen des "Berliner Rundfunks" auftreten. Er lehnt zunächst ab, erklärt sich aus Sorge um seine Familie aber zu einem Sprechtest bereit. Daß er absichtlich schlecht liest, hält das Propagandaministerium nicht davon ab, ihn am nächsten Tag zu "engagieren". Von Januar bis April 1940 spricht Trevor dreimal am Tag die englischen Nachrichten. Anfang Mai versucht er in Streik zu treten, doch der Besuch von drei Gestapo-Beamten, die ihm ein Ohr halb abreißen, zwingt ihn wieder vors Mikrofon.***)
Darüber hinaus wurde Trevor gezwungen, in einigen Propagandafilmen mitwirken, wobei seine Rollen auf eher unbedeutende Randfiguren beschränkt blieben. So zeigte er sich unter anderem 1941 als englischer Konsul in Sansibar in Herbert Selpins1) anti-britischem, unreflektiertem Portrait über den von Hans Albers dargestellten, umstrittenen deutschen Afrikaforscher und Kolonialisten Carl Peters1) in dem gleichnamigen NS-Propagandafilm1), der wie "Ohm Krüger"1) (1941) – hier mimte er einen hohen britischen Offizier neben Emil Jannings in der Rolle des südafrikanischen Politikers Paul Kruger1), genannt "Ohm Krüger" – bis heute zu den so genannten "Vorbehaltsfilmen"1) zählt. Nach seinem Part einer schweigend am Konferenztisch sitzenden englischen Exzellenz in dem Streifen "Geheimakte WB 1"1) (1942) mit Alexander Golling als U-Boot-Konstrukteur Wilhelm Bauer1) stand Trevor nur noch in drei Produktionen mit winzigen Parts auf der Besetzungsliste, zuletzt als stummer Konzert-Zuhörer in dem melodramatischen Musikfilm "Der ewige Klang"1) (1943) → Übersicht Tonfilme.
 
Nach Kriegsende wurde der Schauspieler im Juli 1945 von den Amerikanern interniert und nach einem Jahr an die Briten überstellt. Wegen "Unterstützung des Feindes im Krieg" verurteilte ihn der "Central Criminal Court"1) am 15. Januar 1947 zu drei Jahren Gefängnis, das Urteil wurde jedoch drei Monate später vom obersten Berufungsgericht aufgehoben, da man es als erwiesen ansah, dass Trevor dem Feind nur unter massivem Druck geholfen habe. Wieder in Freiheit ging der wohlhabende Trevor erneut auf Reisen, hielt sich in Frankreich und hin und wieder in Oberammergau auf. Der Film-Szene kehrte er endgültig den Rücken.
Der nicht nur auf der Leinwand als typischer britischer "Gentleman" geltende Jack Trevor respektive Anthony Cedric Sebastian Steane starb fünf Tage nach seinem 83. Geburtstag am 19. Dezember 1976 im südostenglischen Küstenstädtchen Deal1) in der Grafstaft Kent1).
Quellen (unter anderem*) **)): Wikipedia, cyranos.ch sowie
CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, LG 16***)
Fotos bei virtual-history.com
*) Kay Weniger: "Zwischen Bühne und Baracke. Lexikon der verfolgten Theater-, Film- und Musikkünstler 1933 bis 1945" (Metropol, Berlin 2008, S. 353/354)
**) Jack Trevor. In: Dr. Hermann Treuner (Hrsg.): Filmkünstler – Wir über uns selbst (Sybillen Verlag, Berlin, 1928)
***) Hanns-Georg Rodek: "Jack Trevor – Schauspieler". In: "CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film" ( Lg. 16 (1990)
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) filmportal.de
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