Der italienische Schauspieler Raimondo van Riel wurde am 22. Januar 1881 in Rom1) geboren; seine Familie hatte niederländische Vorfahren. Erste darstellerische Erfahrungen sammelte van Riel an einer Laienbühne, mimte in den kommenden Jahren vornehmlich Bösewichte und schurkische Typen. Mit seiner Ehefrau, der Schauspielerin Aidé Bongini, schloss er sich 1909 der Schauspieltruppe "Compagnia italiana del Grand Guignol" von Alfredo Sainati (1868 – 1936) und dessen Ehefrau Bella Starace Sainati (1878 – 1958) an, als sich die Compagnia 10 Jahre später auflöste, wandte sich van Riel dem Film zu. Bereits 1914 gab er in dem kurzen Streifen "Per un'ora d'amore" (Regie: Luigi Maggi, 1867–1946) neben Alfredo und Bella Starace Sainati sein Leinwanddebüt, ab 1919 stand er dann regelmäßig vor der Kamera.
Wie auf der Bühne verkörperte der Schauspieler mit den markanten Gesichtszügen auch in den Abenteuern und Melodramen jener Ära Finsterlinge, Schufte und Unheil bringende Charaktere. Nachhaltigen Ruhm erlangte er als hinterhältiger Prätorianerpräfekt Tigellinus1) und Günstling Neros in dem von Georg Jacoby1) und Gabriellino D'Annunzio (1863 – 1938) in Szene gesetzten Monumentalfilm "Quo Vadis?"1) (1924), nach dem gleichnamigen, mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Roman1) von Henryk Sienkiewicz1).
  

Lichtbild mit Raimondo van Riel als Tigellinus
aus dem Stummfilm "Quou Vadis?" (1924);
Regie: Georg Jacoby1), Gabriellino D'Annunzio1);
Produktion: Arturo Ambrosio1) für
"Unione Cinematografica Italiana" (Rom)
Quelle: cyranos.ch; Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier

Lichtbild mit Raimondo van Riel als Tigellinus aus dem Stummfilm "Quou Vadis?" (1924); Regie: Georg Jacoby, Gabriellino D'Annunzio; Produktion: Arturo Ambrosio1) für "Unione Cinematografica Italiana" (Rom); Quelle: cyranos.ch; Lizenz: gemeinfrei
Der legendäre deutsche Schauspieler Emil Jannings brillierte als geistesgestörter Kaiser Nero1), Elena Sangro1) als dessen zweite Gemahlin Poppaea1), Alphons Fryland stellte die zentrale Figur des römischen Kommandanten bzw. Patriziers Marcus Vinicius dar, der sich in die lygische Geisel Licia (im Roman Lygia), gespielt von dem britischen Stummfilmstar Lilian Hall-Davis1)), verliebt. Sienkiewicz' Liebesgeschichte zwischen einem römischen General und einer Christin geriet zum Publikumsmagneten, der Film galt lange als verschollen. Anfang August 2012 gab die Vatikan-Zeitung "L'Osservatore Romano"1) bekannt, dass im Vatikanischen Filmarchiv eine Kopie dieser frühen Verfilmung aufgetaucht sei → www.kath.net.
 
Durch seine Mitwirkung in "Quo Vadis?" war van Riel mit den deutschen Filmemachern in Berührung gekommen, wenig später erhielt er das Angebot, in der deutsch-französischen Produktion bzw. dem abenteuerlichen Kostümdrama "Zigano, der Brigant vom Monte Diavolo"1) (1925, "Zigano") als Gegenspieler von Sensationsdarsteller und Regisseur Harry Piel (Räuberhauptmann Benito) die Rolle des Fürsten Ludowico zu übernehmen. Es folgten weitere Kassenschlager wie "Menschenleben in Gefahr" (1926, Regie: Karl Gerhardt1)) mit seinem italienischen Kollegen Luciano Albertini, "Das Geheimnis des Abbe X"1) (1927) von und mit Wilhelm Dieterle oder "Die Schmugglerbraut von Mallorca"1) (1929; Regie: Hans Behrendt) wo der Italiener neben Jenny Jugo als der reiche, zwielichtige Tolomeo, Chef der Schmugglerbande auftauchte. Mitunter zeigte sich van Riel auch mit sympathischen Rollen, so als entfesselter Geiger und Titelheld in Carl Wilhelms1) Adaption "Der Zigeunerprimas"1) (1929) nach der gleichnamigen Operette1) von Emmerich Kálmán1). Zwischendurch filmte er auch in Italien, trat unter anderem in dem Melodram"Vater, ich klage dich an!" (1926, "Beatrice Cenci") als Francesco Cenci (1549 – 1598) in Erscheinung, sadistisch-gewalttätiger Vater der von Maria Jacobini1) dargestellten römischen Patrizierin Beatrice Cenci (1577 – 1599), die maßgeblich an der Ermordung ihres Vaters beteiligt war und am 11. September 1599 wegen des von ihr angestifteten Mordes hingerichtet wurde. Zu seinen letzten Stummfilmen zählte das von Wladimir Gaidarow mit sich in der Hauptrolle unter anderem an der estischen Küste gedrehte, romantische Ostsee-Abenteuer um Alkoholschmuggel und Liebe mit dem Titel "Kurs auf die Ehe"1) (1930, auch: "Wellen der Leidenschaft"/OT: "Kire lained"), wo er sich als Mart Martens, Vater von Betty (Ita Rina) zeigte. Die Produktionen "Achtung! – Auto-Diebe!"1) (1930) von und mit Harry Piel – hier war er als Robert Radek nicht nur der Ehemann von Helene (Dary Holm) sondern auch der Boss der Auto-Diebesbande – und die Geschichte "Die Jagd nach der Million"2) (1930) nach dem Roman "Lord Spleen" von Ludwig von Wohl1) mit Publikumsliebling Luciano Albertini enthielten bereits Tonsequenzen bzw. wurden mit Orchestermusik und Geräuscheffekten nachvertont → Übersicht Stummfilme (Auszug).
 
Nach nur einem in Deutschland gedrehten Tonfilm, dem ganz auf Carlo Aldini1) zugeschnittenen Streifen "Im Kampf mit der Unterwelt" (1930) und seinem Part eines Verbrechers ging van Riel nach Italien zurück. Dort stand er noch für eine Reihe von Filmen vor der Kamera, musste sich jedoch überwiegend mit Nebenrollen zufrieden geben. Gelobt wurde er für seine Darstellung des italienischen Goldschmieds und Bildhauers Benvenuto Cellini1) in Guido Brignones1) Historiendrama "Lorenzino de' Medici"1) (1935) mit dem legendären Alexander Moissi in der Titelrolle des Politikers und Stadtherrn von Florenz Lorenzo de' Medici1). Zwei Jahre später verkörperte unter der Regie von Carmine Gallone1) in dem faschistischen Monumentalfilm "Karthagos Fall" (1937, "Scipione l'africano") neben Protagonist Annibale Ninchi1) als römischer Feldherr Publius Cornelius Scipio Africanus1) den Numidierfürst Maharbal1), Offizier des karthagischen1) Feldherrn Hannibal (Camillo Pilotto; 1888–1963) im Zweiten Punischen Krieg1).
In den folgenden Jahren übernahm van Riel nur noch sporadisch Rollen in Kinofilmen, vielmehr betätigte sich als Maskenbildner und wurde 1937 als Dozent für Maskenbildnerei an das "Centro Sperimentale di Cinematografia"1) in Rom berufen. Auch nach Ende des 2. Weltkrieges sah man ihn nur noch selten auf der Leinwand, seine letzte Rolle war die eines alten Mannes in dem von William Wyler1) nach dem gleichnamigen Roman1) von Lew Wallace1) in Szene gesetzten Blockbuster "Ben Hur"1) (1959) mit Charlton Heston als Judah Ben-Hur → Übersicht Tonfilme.
 
Der Schauspieler und Maskenbildner Raimondo van Riel starb 9. Mai 1962 im Alter von 81 Jahren in seiner Geburtsstadt Rom. Wie viele seiner Kollegen gehört der Italiener zu den vergessenen Mimen einer zunehmend verblassenden Stummfilm-Ära.
Quelle: Wikipedia sowie
CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film*)
Siehe auch cyranos.ch
Fotos bei filmstarpostcards.blogspot.com
*) Vittorio Martinelli: "Raimondo van Riel – Schauspieler". In: "CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film" (Lieferung 23, 1993)
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) filmportal.de
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