Auch wenn der Schauspieler Holmes Zimmermann nur eine kurze Karriere als
Darsteller vorzuweisen hat, hinterließ er doch mit einigen stummen
Produktionen nachhaltige Spuren in der Filmgeschichte. Geboren am 12. September 1900 als Johannes Zimmermann im pfälzischen Wein- und Erholungsort Maikammer1) südlich von Neustadt an der Weinstraße1), wurde der Sohn eines Weinküfers nach der Schule zum Militär verpflichtet und musste noch während des 1. Weltkrieges als Pionier seinen Dienst ableisten. Nach Kriegsende ließ er sich zum Fräser ausbilden, arbeitete dann jedoch ab 1919 als Vorführer im Kino. Nachdem Regisseur Phil Jutzi1), seit 1919 bei der auf Detektiv- und Wildwestfilme spezialisierten "Internationalen Film-Industrie GmbH" (ifi) in Heidelberg angestellt, 1923 seine Schwester Emmy Philippine geheiratet hatte, kam Zimmermann mit der Stummfilmszene in Berührung. 1920 spielte er in Jutzis "Neckar"-Western "Der Feuerteufel"1) eine erste Rolle und mimte als Tom den verbrecherischen Bruder des aufrechten Helden "Texas Jack" (Carl Becker). Mit Banküberfällen, Schießereien und Verfolgungsjagden erfüllt der Film zunächst die Erwartungen an das Genre, doch als Jack im gestellten Bandenführer seinen verschollenen Bruder Tom erkennt, wird der Film überraschend zum Melodram. Die Zensur verbot den Film "wegen verrohender und entsittlichender Wirkung", denn "Handlung und Spiel sind ganz offenkundig für moralisch minderwertige Kinobesucher gearbeitet und spekulieren durch die gehäufte Darstellung von Scheußlichkeiten aller Art auf deren niedrigste Instinkte." (Filmprüfstelle München, 30.12.1920).2) Unter dem Pseudonym "Holmes Zyman" spielte er auch in dem Hochsee-Drama "Der graue Hund" (1922), als Jutzi 1925 zum kommunistischen Filmkartell "Weltfilm GmbH"1) nach Berlin wechselte, ging Zimmermann mit ihm und engagierte sich wie Jutzi bei der KPD1)-nahen "Internationalen Arbeiterhilfe"1) (IAH). Jutzi besetzte seinen Schwager in zwei weiteren Kinostreifen, mit der kleinen Rolle eines Räubers wurde er von Kurt Bernhardt1) in dessen nach dem gleichnamigen Schauspiel1) von Carl Zuckmayer1) realisierten Stummfilm "Schinderhannes"1) (1928) betraut, welcher das Leben des Räuberhauptmanns Johann Bückler1), genannt "Schinderhannes" (Hans Stüwe), thematisierte. Erste Aufmerksamkeit erregte Holmes als der junge Weber und Partner von Sybille Schloß1) in Jutzis halb-dokumentarischem, im niederschlesischen Kohlerevier Waldenburg1) (heute: Wałbrzych, Polen) angesiedelten Streifen "Um's tägliche Brot"1) (1929). Die Bilder von Not und Elend, in der die abgebildete Familie leben muss, sind bedrückend. Die eingestreuten Spielfilmszenen stützen die rein dokumentarischen Bilder. Nirgendwo geben die Filmemacher jedoch die Würde der Armen preis. Das anklagende Pamphlet entsprach den Forderungen der IAH nach Solidarität. Mit Blick auf seinen Film nannte Phil Jutzi die Filmarbeit eine "Mission", der "kulturellen Entwicklung der Menschheit zu dienen". wird bei berlinale.de ausgeführt. Nachhaltigen Ruhm erlangte der Autodidakt Zimmermann als arbeitsloser Sohn Paul in dem stummem Proletarier-Drama "Mutter Krausens Fahrt ins Glück"1) (1929): Basierend auf einer Vorlage/Idee des Berliner "Milljöh"1)-Zeichners Heinrich Zille1) wird die Geschichte der alten Mutter Krause (Alexandra Schmitt1)) erzählt, die mit ihrer Tochter Erna (Ilse Trauschold) sowie Sohn Paul im Berliner Arbeiter-Bezirk Wedding1) lebt und die Familie als Zeitungsausträgerin über Wasser hält. Das einzige Zimmer wurde an einen Schlafburschen und Kleinkriminellen (Gerhard Bienert) und dessen Freundin Friede (Vera Sacharowa) vermietet, die für ihn anschaffen geht. Als Paul Geld aus der Zeitungskasse entwendet, droht Mutter Krause eine Anzeige bzw. Gefängnis, Erna, die den politisch engagierten Bauarbeiter Max (Friedrich Gnaß) kennengelernt hat, will für sie das Geld auf dem Strich verdienen, schreckt im letzten Moment allerdings vor diesem Schritt zurück. Mit seinem markanten Gesicht liefert Zimmermann die eindringliche Studie eines Arbeiters; der kommunistischen Kritik eine glaubhafte Verkörperung "jener rückgratlosen Gestalten, die nur zu leicht ins Lumpenproletariat abrutschen". (Wolfgang Duncker1) alias Mersus in der Tageszeitung"Berlin am Morgen" des Münzenberg-Konzerns1), 01.01.1930).*) www.berlinale.de notierte zur Produktion: "Das Projekt entstand zu Ehren des kurz zuvor verstorbenen Heinrich Zille. Der hatte sein "Milljöh" genau beschrieben es fehlte nur noch der Film. Phil Jutzi drehte ihn, beraten von Käthe Kollwitz1), im Stil und der Gesinnung der sowjetrussischen Filme, die die Produktionsfirma "Prometheus"1) importierte und verlieh. Statt auf platte Unterhaltung oder kommerziellen Erfolg setzte Jutzi auf die Kraft der Erkenntnis. Ein Klassiker des proletarischen Films und ein Hauptwerk der "roten Traumfabrik". Und bei prisma.de kann man lesen: "In großartigen dokumentarischen Bildern erzählt er von den Lebensbedingungen im Berliner Stadtteil Wedding Ende der Zwanzigerjahre und stellt sich dabei die Klassenfrage. Seine Erstaufführung erlebte der Stummfilm am 30. Dezember 1929 im "Alhambra-Kino"1) und wurde einer der größten Filmerfolge des Jahres, obwohl er aufgrund seiner klassenkämpferischen Tendenz nur in einer stark gekürzten Fassung gezeigt wurde." Später brachte Rainer Werner Fassbinder1) die Handlung unter dem Titel "Mutter Küsters' Fahrt zum Himmel"1) (1975) mit Brigitte Mira in der Rolle der Mutter Küsters erneut ins Kino. Im Tonfilm konnte Zimmermann nicht Fuß fassen, erhielt zwar noch kleinere Aufgaben so als Tischlergehilfe in dem von Victor Trivas1) gedrehten Anti-Kriegsfilm "Niemandsland"1) (1931) und einen winzigen Part von Phil Jutzi in dessen vielbeachteten, ersten Verfilmung "Berlin Alexanderplatz"1) (1931) nach dem gleichnamigen Roman1) von Alfred Döblin1) mit Heinrich George als Franz Biberkopf praktisch war seine kurze Karriere als Leinwanddarsteller jedoch beendet. Lediglich in zwei von Joe Stöckel inszenierten Militär-Lustspielen tauchte er noch einmal mit unbedeutenden, ungenannten Nebenrollen auf der Leinwand auf in "Der Etappenhase"3) (1937) nach dem gleichnamigen Schwank1) von Karl Bunje1) mit Günther Lüders als Frontsoldat Hein Lammers und in "Musketier Meier III" (1938) mit Rudi Godden als Titelheld → Übersicht Filmografie. Zwischen April 1932 und Juni 1952 betätigte sich Zimmermann als Leiter der Filmkleberei sowie als Expedient bei verschiedenen Berliner Filmgesellschaften, war jedoch seit einem Bombenangriff Anfang Februar 1945, bei dem er verschüttet wurde, nur noch bedingt arbeitsfähig. Im Juni 1953 erhielt er bei der Post- und Verkehrszentrale der UFA1) in Berlin-Tempelhof1) eine Anstellung. Der posthum zum "Pfälzer James Dean" erklärte, jedoch heute weitgehend vergessene Schauspieler Holmes Zimmermann starb am 14. Juni 1957 mit nur 56 Jahren in Berlin; er war seit 1937 mit Maria Pirr verheiratet. |
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Quelle: "CineGraph Lexikon zum deutschsprachigen
Film"*) Siehe auch Wikipedia, filmportal.de |
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*) Wolfgang
Jacobsen: "Holmes Zimmermann Schauspieler" in: "CineGraph Lexikon zum deutschsprachigen Film" (Lieferung 6, 1986). Fremde Links: 1) Wikipedia, 3) wunschliste.de Quelle: 2) www.dhm.de |
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