Filmografie / Hörspiel
Lilli Schoenborn wurde am 31. März 1898 als Lili Anna Maria Schoenborn in Berlin geboren; verschiedentlich trat sie auch als Lilly Schönborn oder, seit ihrer Heirat mit dem Bühnenautor Harry Anspach, als Lili Schönborn-Anspach auf. Die Tochter des Justizrates bzw. Notars Rudolf Schoenborn und dessen Frau Alice (geb. Schroeter) ließ sich nach dem Besuch eines Lyzeums von Julius Bab1) (1880 – 1955) und Ludwig Hartau (1877 – 1922) zur Schauspielerin ausbilden. Ein erstes Engagement erhielt sie 1918 an der "Volksbühne Berlin"1) und gab ihr Bühnendebüt unter der Regie des damaligen Direktors Friedrich Kayßler als Bäuerin Armgard in dem Schiller-Drama "Wilhelm Tell"1) (Premiere: 23.11.1918). 1919 macht sie bei einem Vortragsabend im "Harmoniumsaal" auf sich aufmerksam: "Sobald man sich von den ersten wuchtig niederschmetternden Tönen dieser gewaltigen, ganz dunklen Altstimme erholt hat, weiß man: hier ist ein selten schönes Sprachmaterial. Die mystische Verzücktheit, mit der Lili Schoenborn sich in Dichtungen stürzt, gibt die Hoffnung auf eine neue Sprecherin großen Stils." (ob., "Vossische Zeitung"1), 27.01.1919).*)
1924 wechselte Schoenborn für drei Jahre an das "Stadttheater Eisenach" (heute "Landestheater Eisenach"1)). nach einem Engagement am "Stadttheater Riga"1) (1928/29) kehrte sie für eine Spielzeit an die Berliner "Volksbühne" zurück, wirkte 1930/31 an der "Piscator-Bühne"1) sowie bei der "Gruppe Junger Schauspieler".
Erste Erfahrungen vor der Kamera sammelte Lilli Schoenborn schon zu Stummfilmzeiten, trat erstmals in dem von Kurt Bernhardt1) in Szene gesetzten Streifen"Namenlose Helden"2) (1924) auf der Leinwand in Erscheinung. Abonniert auf die Verkörperung robuster, proletarisch wirkender Berlinerinnen, spielte sie beispielsweise unter der Regie von Kurt Bernhardt Nebenrollen in der Komödie "Das Mädchen mit den fünf Nullen"1) (1927) sowie in "Schinderhannes"1) (1928) nach dem gleichnamigen Schauspiel1) von Carl Zuckmayer1) über das Leben des "Schinderhannes" genannten Räuberhauptmanns Johannes Bückler1)1)1)1), dargestellt von Hans Stüwe → Übersicht Stummfilme.
Im Tonfilm blieb die Schauspielerin eine vielbeschäftigte Darstellerin, mimte Mütter, Nachbarinnen oder Portiersfrauen – "gesetzte Frauengestalten, bedächtig, zupackend, berlinisch tratschend, proletarisch."*) Slátan Dudow1) besetzte sie als Mutter des Arbeitermädchens Anni Bönike (Hertha Thiele) in seinem Proletarierstreifen "Kuhle Wampe oder: Wem gehört die Welt?"1) (1932) – kein Geringerer als Bertolt Brecht1) hatte am Drehbuch mitgewirkt.

Lilli Schoenborn als Mutter Bönike in dem Film
"Kuhle Wampe oder: Wem gehört die Welt?" (1932) → cyranos.ch
Quelle: cyranos.ch bzw. Archiv "Praesens-Film AG" Zürich,
mit freundlicher Genehmigung von Peter Gassmann (Praesens-Film AG, Zürich)
© Praesens-Film AG

Lilli Schoenborn als Mutter Bönike in dem Film "Kuhle Wampe oder: Wem gehört die Welt?" (1932); Quelle: cyranos.ch bzw. Archiv "Praesens-Film AG" Zürich, mit freundlicher Genehmigung von Peter Gassmann (Praesens-Film AG, Zürich); Copyright Praesens-Film AG
Obwohl auf der Bühne eine renommierte Charakterschauspielerin, kam Lilli Schoenborn im Film über Chargenrollen nicht hinaus, spielte in jenen Jahren in etlichen Melodramen und Unterhaltungsstreifen, tauchte, wenn auch mit unbedeutenden Parts, in den bis heute zu den so genannten "Vorbehaltsfilmen"1) zählenden NS-Propagandafilmen auf, wie etwa als alte französische Bäuerin in "Stukas"1) (1941) oder als Frau des Hausmeisters (Willy Keil) im Unterschlupf der GPU-Agenten in "GPU"1) (1942). Eine ihrer größeren Rollen war die der Eliza, Ehefrau des Butlers John Barrymore (Fritz Rasp) und ebenfalls als Wirtschafterin bei Sir Charles Baskerville (Friedrich Kayßler) angestellt, in Karel Lamačs1) Adaption "Der Hund von Baskerville"1) (1936) nach dem gleichnamigen Kriminalroman1) von Arthur Conan Doyle1) mit Bruno Güttner1) als Sherlock Holmes1) und Fritz Odemar als Dr. Watson1) → Kinofilme bis 1945
 
Nach Ende des 2. Weltkrieges wurde Lilli Schoenborn 1946 an das Berliner "Hebbel-Theater"1) verpflichtet, gestaltete hier unter anderem in dem von Jürgen Fehling1) in Szene gesetzten Drama "Die Fliegen"1) von Jean-Paul Sartre1) die Klytämnestra1) und die Wahrsagerin in dem Schauspiel "Wir sind noch einmal davongekommen"1) von  Thornton Wilder1) (Regie: Karl-Heinz Stroux1)). Von Wolfgang Langhoff1) 1949 an das "Deutsche Theater"1) berufen, trat sie dort unter anderem als Mutter in dem Stück "Haben"3) des kommunistischen Dramatikers Julius Hay1) auf  (Regie: Falk Harnack1)). Nach 1951 war Lilli Schoenborn ohne festes Engagement, gab Gastspiele am "Theater am Kurfürstendamm"1), am "Hebel-Theater" am "Forumtheater" und an der "Freien Volksbühne"1).
Im Film konnte sie nach dem Krieg zunächst in verschiedenen DEFA1)-Produktionen wie "Irgendwo in Berlin"1) (1946), "Affaire Blum"1) (1948) oder "Unser täglich Brot"1) (1949) Fuß fassen, "wo sie neuerlich Variationen ihres proletarisch-resoluten Frauentypus spielt."*) Ähnlich gelagerte Rollen verkörperte sie auch in den nachfolgenden bundesdeutschen Kinoproduktionen sowie seit Mitte der 1950er Jahre in etlichen Fernsehfilmen.
Zu einer ihrer ersten Bildschirm-Auftritte zählten das Drama "Die tödliche Lüge"4) (1956) und die von Rudolf Noelte1) mit Paul Edwin Roth als Heimkehrer Beckmann in Szene gesetzte Adaption "Draußen vor der Tür"4) (1957) nach dem gleichnamigen Drama1)1) von Wolfgang Borchert1), wo sie als Frau Kramer in Erscheinung trat. Unter Noeltes Regie spielte sie auch eine Wirtin in "Irrungen &ä#150; Wirrungen"4) (1966) nach dem gleichnamigen Roman1) von Theodor Fontane1). Hervorzuheben ist die Figur der alten Berta in dem vom WDR produzierten Arbeiterinnen-Portrait "Lohn und Liebe"2) (1974), von Ingo Kratisch1) und Marianne Lüdcke1) ganz im Geiste des frühen "Proletarischen Films"1) in Szene gesetzt. Einen letzten Auftritt hatte sie 1978 unter der Regie von Michael Günther1) als Frau Render in dem preisgekrönten Film "Der Pfingstausflug"1) mit Elisabeth Bergner und Martin Held in den Hauptrollen eines alten Ehepaares → Übersicht TV-Produktionen.
Zudem betätigte sich die Schauspielerin als Sprecherin in der Synchronisation sowie in etlichen Hörspiel-Produktionen. So lieh sie unter anderem Agnes Moorehead1) als Emma Getzel in der Literaturverfilmung "Der Spieler" (1949, "The Great Sinner"), Rochelle Hudson1) als Judys Mutter in dem James Dean-Klassiker "  denn sie wissen nicht, was sie tun"1) (1955, "Rebel Without a Cause") oder Ethel Griffies1) als Vogelkundlerin Mrs. Bundy in dem Hitchcock1)-Thriller "Die Vögel"1) (1963), "The Birds") ihre Stimme → mehr bei synchronkarte.de. Seit den 1950er Jahren wirkte sie in zahlreichen Hörspielen mit, eine Auswahl der bei der ARD Hörspieldatenbank gelisteten Produktionen findet man hier.
 
Lilli Schoenborn starb am 4. Mai 1987 im hohen Alter von 89 Jahren in Berlin (West).
"Die Gestalten der Schoenborn-Anspach hören sich sicherlich gemütlich manchen gewagten Witz an. Sie kann eine keifende Klafte sein, auch grell, puffmutternah – auf dem Teppich muß ich wohl bleiben."*) schrieb der Filmhistoriker und Archivar der "Hochschule für Fernsehen und Film München"1) Ulrich Kurowski (1938 – 2008).
Ihr schriftlicher Nachlass wird Archiv der Berliner "Akademie der Künste"1) verwaltet → Lilli-Schoenborn-Anspach-Sammlung.
Quellen: Wikipedia, cyranos.ch sowie
CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, LG 9*)
*) Wolfgang Jacobsen: "Lili Schoenborn-Anspach – Schauspielerin", in "CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film" ( Lieferung 9, 1987)
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damals-wars-geschichten.de)
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