Die Operettensängerin und Schauspielerin Emmy Wehlen erblickte am 25. August 1887*) als Emily Wehlen in Mannheim1) (Baden-Württemberg) das Licht der Welt. Bereits als junges Mädchen absolvierte sie ein Gesangsstudium am Konservatorium ihrer Geburtsstadt (heute: "Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim"1)). Erste Engagements erhielt sie an Musiktheatern in Stuttgart, Berlin und München, am Berliner "Thalia-Theater" feierte sie unter anderem Erfolge an der Seite des Humoristen und Couplet-Sängers Arnold Rieck (1876 – 1924), mit dem sie etwa um 1909 die witzigen Duetts "Hallo Liebhaber" und "Ohne Männer" aus der Operette "Doktor Klapperstorch" vortrug, welche noch heute auf Schallplatte erhalten sind. Der Durchbruch zum gefeierten Bühnenstar gelang ihr allerdings wenig später Ausland: 1909 gestaltete sie am Londoner "Daly's Theatre" die Titelrolle der Sonia Glaward (= Hanna Glawari) in der englischen Version der Operette "Die lustige Witwe"1) von Franz Lehár1) sowie bei der Premiere am 25. September 1909 mit der Partie der Tingeltangeltänzerin bzw. vermeintlichen russischen Gräfin Olga Labinska in der Operette "Die Dollarprinzessin"1) von Leo Fall1), welche mit 428 Vorstellungen für Monate zum Dauerbrenner geriet.

Emmy Wehlen 1908 in "Berliner Leben"1) –
Zeitschrift für Schönheit und Kunst (Heft 05, S. 6)
→ online: digital.zlb.de
Urheber: Unbekannter Fotograf der Epoche
Quelle: Wikimedia Commons
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier

Emmy Wehlen 1908 in "Berliner Leben" – Zeitschrift für Schönheit und Kunst (Heft 05, S. 6); Urheber: Unbekannter Fotograf der Epoche; Quelle: Wikimedia Commons; Lizenz: gemeinfrei
Ihre rasante Karriere im Ausland wurde in der Heimat beobachtet, so schrieb unter anderem die "Berliner Illustrirte Zeitung"1) am 14. November 1909: "Emmy Wehlen, die einstige Tanzsängerin des Berliner Thalia-Theaters, hat es in London schnell zu Ruhm und Ehren gebracht. Sie ist klein, zierlich und blond, gehört heute schon zu den meist photographierten, also überall ausgestellten und darum populären Operettensängerinnen, lanciert neue Moden und ist auf dem besten Wege ein "Star" zu werden. Frl. Wehlen tritt gegenwärtig in einem beliebten Londoner Operetten-Theater in der "Dollarprinzessin" auf."
  
Doch nicht nur in London umjubelten die Zuschauer Emmy Wehlen, auch am New Yorker Broadway1) eroberte sie die Herzen der Amerikaner im Sturm: Die Aufführung von "The Dollar Princess" wurde seit Anfang August 1909 am "Knickerbocker Theatre" präsentiert und war mit 288 Vorstellungen seit Beginn ein Publikumsmagnet → Wikipedia (englisch). Anfang Januar 1911 gab sie am "Casino Theatre" die Rosalie in dem heiteren Musical "Marriage à la Carte" von Ivan Caryll (1861–1921; Musik) und C.M.S. McLellan (1865–1916; Text) → Wikipedia (englisch). So schrieb das "Theatre Magazine" im März 1911 unter anderem: A new face and a new force comes to us for the first time in the person of Miss Emmy Wehlen, trained in Germany mainly on the Munich stage, and for a year or so past active on the London stage. She is a blonde, blue-eyed person, with considerable grace and intelligence, who sings and dances well, and has charms that are distinctly individual and consequently new to us. Her best song is "Silly Cock-a-Doodle-Doo", which she dances with Dick (Mr. C. Morton Horne; 1885–1916).
Im darauffolgenden Jahr brillierte Emmy Wehlen zwischen April und September 1912 an dem von Marcus Loew1) übernommenen "New York Theatre" – damals kurzzeitig umbenannt in "Moulin Rouge" – als Witwe Mrs. Guyer in dem von Theater- und Filmproduzent Florenz Ziegfeld Jr.1) auf die Bühne gebrachten Musical "A Winsome Widow", basierend auf der musikalischen Farce "A Trip to Chinatown" (→ Wikipedia (englisch)) von Charles Hale Hoyt (1859 – 1900)  – die musikalische Neubearbeitung bzw. verschiedene Songs stammten von Raymond Hubbell (1879 – 1954), die spätere Hollywood-Diva Mae West gehörte hier ebenfalls zur Besetzung. Zur Spielzeit 1913/14 folgte zunächst in London, dann am New Yorker "Gaiety Theatre" bzw. dem "44th Street Theatre" als Partnerin von George Grossmith Jr. (1874 – 1935), die Rolle der schönen Winifred in "The Girl on the Film" mit der Musik von Walter Kollo1) und Willy Bredschneider, die englischen Texte stammten von Adrian Ross. Es handelte sich um die englischsprachige Version der Kollo/Bredschneider-Posse mit Gesang "Filmzauber"2), uraufgeführt am "Berliner Theater"1) am 19. Oktober 1912 mit der heute vergessenen Lisa Weise3) und dem Österreicher Oskar Sabo. Eine weitere erfolgreiche Broadway-Produktion mit Emmy Wehlen in der weiblichen Hauptrolle war am "Shubert Theatre"1) die musikalische Komödie "To-Night's the Night" (Musik: Paul Rubens (1875–1917)/Text: Paul Rubens und Percy Greenbank (1878–1968) → Wikipedia (englisch)) nach der Farce "Les Dominos roses" von Alfred Delacour (1817 – 1883) und Alfred Hennequin (1842 – 1887), in der sie zwischen dem 24. Dezember 1914 und 27. März 1915 über 110 Mal als June begeisterte. Ein Autor in "Everybody's Magazine" schrieb schon 1911, dass Emmy Wehlen "sehr hübsch, sehr anmutig und außerordentlich klug als Schauspielerin" sei, und gelernt habe, wie man eine natürlich schöne Stimme präsentiere. "Darüber hinaus besitzt sie den unbeschreiblichen Charme einer Persönlichkeit", den das Publikum immer wieder sehen wolle.
Emmy Wehlen, fotografiert von Aimé Dupont (1841–1900) bzw. im "Aimé Dupont Studio"; Quelle: Wikimedia Commons aus der Sammlung "J. Willis Sayre Collection of Theatrical Photographs"; ID: 10654; Lizenz: gemeinfrei Aufgrund der Bühnenerfolge wurde die aufstrebende US-Amerikanische Filmszene, welche immer wieder neue Gesichter suchte, auf den Star Emmy Wehlen aufmerksam: Ab 1915 startete sie bei der "Metro Pictures Corporation"1) eine kurze, intensive Karriere im Stummfilm, trat bis 1920 in 18 Produktionen ausschließlich mit Hauptrollen in Erscheinung. Ihr Debüt gab sie in dem dramatischen Streifen "When a Woman Loves" (1915) und avancierte nun auch auf der Leinwand vor allem in den mitunter kriminalistisch eingefärbten Melodramen und Lustspielen jener Ära zum Publikumsliebling. Zu den heute weitgehend vergessenen Filmen bzw. Rollen zählen die des einfachen Fabrikmädchens Annie Leigh, die in "Sowers and Reapers" (1917) den Millionärssohn Earle Courtney (George Christie; 1873–1949) heiratet und den Intrigen des alten Majors Courtney (Frank Currier; 1857–1928) zum Opfer fällt. Erst nach vielen Jahren finden Earle und Annie wieder zusammen. Ebenfalls 1917 zeigte sie sich mit Louis Wolheim1) und Regisseur S. Rankin Drew (1891 – 1918) als Partner in der Tragikomödie "The Belle of the Season", gedreht nach dem gleichnamigen Gedicht von Ella Wheeler Wilcox1), für Regisseur und Filmpionier Christy Cabanne (1888 – 1950) war sie die Titelheldin in "Miss Robinson Crusoe" (1917), einer dramatischen Geschichte mit humoristischen Sequenzen und zum Schluss überraschendem Ausgang, die als früher Kassenschlager galt.
 
Emmy Wehlen, fotografiert von Aimé Dupont (1841 – 1900)
bzw. im "Aimé Dupont Studio" → Wikipedia (englisch)
Quelle: Wikimedia Commons aus der Sammlung
"J. Willis Sayre Collection of Theatrical Photographs"; ID: 10654;
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier 
Ein weiterer Kinoerfolg wurde das unterhaltsame Lustspiel "Sylvia on a Spree" (1918) von Regisseur Harry L. Franklin (1880 – 1927), in dem sie als behütetes Society-Girl Sylvia Fairponts auftrat, welche nie das "wahre" Leben kennengelernt hat. Vor der Hochzeit bittet sie ihren Verlobten Jack Bradley (Walter Percival) um einen rauschenden, amüsanten Abend (= spree) bzw. ihr die berüchtigte  Kneipe "Beaulieu Inn" zu zeigen. Nach einer turbulenten Nacht mit von Bradley angeheuerten falschen Lebemännern, Tänzerinnen und Polizisten ist Sylvia von den (inszenierten) Ausschweifungen angewidert und weiß nun, dass sie nichts mehr will, als ein ruhiges Leben mit Bradley zu führen.
Als Norma Wood tauchte sie in dem harmlosen Vergnügen "The Amateur Adventuress" (1919) auf, von Henry Otto (1877 – 1952) gedreht nach der gleichnamigen Kurzgeschichte von Thomas Edgelow, und mimte neben Eugene Pallette1) eine vom einfachen Mädchen zum Vamp mutierte Frau. Es folgten noch die Komödien "Fools and Their Money" (1919) und "A Favor to a Friend" (1919) jeweils mit Jack Mulhall1), sowie zuletzt das von Léonce Perret1) in Szene gesetzte Drama "Lifting Shadows" (1920). Hier mimte sie als Vania die in die USA geflüchtete Tochter des russischen Revolutionärs Serge Ostrowski (Rafael Bongini), die den drogenabhängigen Clifford Howard (Stuart Holmes1)) heiratet und diesen während einer handgreiflichen Auseinandersetzung (vermeintlich) erschießt. Der junge Verteidiger Hugh Mason (Wyndham Standing; 1880 – 1963) glaubt jedoch an ihre Unschuld und verliebt sich in die schöne junge Frau, es kommt im Verlaufe der weiteren Handlung zu einer erneut tödlich endenden Konfrontation zwischen Vania und anderen russischen Revolutionären, am Ende siegt die Lieben zwischen Hugh und Vania …; laut einschlägiger Quellen sollen nur drei Stummfilme mit Emmy Wehlen die Jahrzehnte überdauert haben → Übersicht Stummfilme.
  
Nach ihrem letzten Film arbeitete die Künstlerin kurzzeitig wieder als Operettensängerin, wenige Jahre später beendete sie jedoch ihre Karriere und zog sich ins Privatleben zurück. Die erst Anfang 30-Jährige verschwand aus dem öffentlichen Blickfeld, ihr weiterer Lebensweg bleibt im Dunkeln, ebenso wie die genauen Daten ihres Ablebens – der gefeierte Bühnen- und Stummfilmstar Emmy Wehlen starb 1977 im hohen Alter von um die 90 Jahren.
Von Lóegaire Humphrey (L. Egaire Humphrey) stammt das im November 2011 in englischer Sprache herausgegebene Buch "Emmy Wehlen. Edwardian Musical Comedy, Silent Film, Daly's Theatre".
Quellen (unter anderem): Wikipedia, cyranos.ch
Fotos bei der "National Portrait Gallery" (London) sowie Wikimedia Commons
*) Die meisten Quellen weisen als Geburtsjar 1887 aus, Wikipedia 1886 (Stand: 20.102023).
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) felix-bloch-erben.de, 4) cyranos.ch
Lizenz Foto Emmy Wehlen: Dieses Werk ist gemeinfrei, weil seine urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für das Herkunftsland des Werks und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 100 oder weniger Jahren nach dem Tod des Urhebers.
Stummfilme
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie
Wikipedia (englisch)
(Fremde Links: Wikipedia, cyranos.ch
  • 1915: When a Woman Loves (R: ?; als Ruth King) → IMDb mit kurzer Inhaltsangabe (englisch)
  • 1915: Her Reckoning (R: Charles Horan (1886–1928); als Ethel Stratton) → IMDb mit Inhaltsangabe (englisch)
  • 1916: The Master Smiles (Kurzfilm; R:?; als ?) → IMDb mit Inhaltsangabe (englisch)
  • 1916: The Pretenders (R: George D. Baker (1868–1933); als Helen, Tochte des zu Reichtum gekommmenen
    Silas T. Pettengill (Charles Eldridge; 1854–1922)
    ) →  Wikipedia (englisch), Inhaltsangabe (englisch)
  • 1917: Vanity (R: John B. O'Brien (1884–1936); als Phyllis Lord) → IMDb mit Inhaltsangabe (englisch)
  • 1917: Sowers and Reapers (R: George D. Baker (1868–1933); als ehemalige Fabrik-Mädchen Annie Leigh,
    dann Ehefrau des Millionärssohns Earle Courtney (George Christie; 1873–1949)
    ) → Wikipedia (englisch), Inhaltsangabe (englisch)
  • 1917: The Trail of the Shadow (R: Edwin Carewe (1883–1940); als Miriam Monroe)
    →  Wikipedia (englisch), Inhaltsangabe (englisch)
  • 1917: The Belle of the Season (R: Sidney Rankin Drew (1891–1918); als Geraldine Keen) → IMDb
  • 1917: Miss Robinson Crusoe (R: Christy Cabanne (1888–1950); als die reiche und verwöhnte  Pamela Sayre)
     →  Wikipedia (englisch), Inhaltsangabe (englisch)
  • 1917: The Outsider (nach dem Roman "Nobody" von Louis Joseph Vance (1879–1933); R: William C. Dowlan (1882–1947);
    als Verkäuferin Sally Manvers
    ) →  Wikipedia (englisch), Inhaltsangabe (englisch)
  • 1918: The Shell Game (nach der Kurzgeschichte "Good Will and Almond Shells" von Kenneth L. Roberts;
    R: George D. Baker (1868–1933); als Alice Sheldon aliasTochter  Zelda Gray
    )
    →  Wikipedia (englisch), Inhaltsangabe (englisch)
  • 1918: The House of Gold (R: Edwin Carewe (1883–1940); als Pamela, Verlobte von Rechtsanwalt
    Frank Steele (Hugh Thompson; 1887–??), später Ehefrau von Douglas Martin (Joseph Kilgour)
    )
    →  Wikipedia (englisch), Inhaltsangabe (englisch)
  • 1918: His Bonded Wife (R: Charles Brabin; als Doris, Tochter des wohlhabenden Kupfer-Magnaten
    Digby Morse (Frank Currier; 1857–1928), später Ehefrau des nicht gerade begüterten Philip Hazard (Creighton Hale)
    )
    →  Wikipedia (englisch), Inhaltsangabe (englisch)
  • 1918: Sylvia on a Spree (R: Harry L. Franklin (1880–1927); als Sylvia Fairponts)
    → Wikipedia (englisch), Inhaltsangabe (englisch)
  • 1919: The Amateur Adventuress (nach einer Kurzgeschichte von Thomas Edgelow; R: Henry Otto (1877–1952);
    als Norma Wood, Verlobte von George Goodie (Eugene Pallette), später verliebt in Oliver Morley (Allan Sears; 1887–1942)
    )
     → Wikipedia (englisch), Inhaltsangabe (englisch)
  • 1919: Fools and Their Money (nach "The Family Tree" von Emil Forst (1891–1981); R: Herbert Blaché (1882–1953);
    als Louise, Tochter des wohlhabenden William A. Allenby (Emmett King; 1865–1953)
    )
    → Wikipedia (englisch), Inhaltsangabe (englisch)
  • 1919: A Favor to a Friend (R: John Ince (1878–1947); als May Worthington) → Wikipedia (englisch), Inhaltsangabe (englisch)
  • 1920: Lifting Shadows (R: Léonce Perret; als Vania, die nach Amerika geflohene Tochter des des russischen Revolutionärs'
    Serge Ostowski (Rafael Bongini) sowie später Ehefrau des drogensüchtigen Clifford Howard (Stuart Holmes)
    )
     →  Wikipedia (englisch), Inhaltsangabe (englisch)
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