Helga Molander auf einer Fotografie von Mac Walten (1872-1944?); Photochemie-Karte Nr. 2988; Quelle: filmstarpostcards.blogspot.de Die heute weitgehend vergessene Schauspielerin Helga Molander wurde am 19. März 1893*) als Ruth Elly Werner in der oberschlesischen Stadt Königshütte1) (heute: Chorzów, Polen) geboren. Die Tochter einer jüdischen Opernsängerin und eines Arztes begann ihre Karriere in Berlin am "Trianon-Theater"1), wandte sich Ende der 1910er Jahre dem Film zu. Zwischen 1918 und 1928 war sie in mehr als fünfzig stummen Produktionen mit Haupt- und prägnanten Nebenrollen präsent, ab Anfang der 1920er Jahre verschiedentlich in von ihrem späteren zweiten Ehemann und langjährigem Lebenspartner, dem Regisseur, Filmproduzenten, Autor und  Philosophieprofessor Max Glass1) (1882 – 1964), realisierten Streifen.
  
Erstmals trat sie in William Kahns1) Drama "Verlorene Töchter" (1918) auf der Leinwand in Erscheinung, wurde in den folgen Jahren von legendären Filmemachern wie Richard Eichberg1), Max Mack1), Rudolf Biebrach, Richard Oswald1) oder Urban Gad1) besetzt. So drehte sie beispielsweise mit Oswald den erstmals die Homosexualität thematisierenden Film "Anders als die Andern"1) (1919) an der Seite von Protagonist Conradt Veidt, stand erneut mit Veidt für den ersten Teil des von Urban Gad nach dem Roman "Christian Wahnschaffe" von Jakob Wassermann1) inszenierten Dramas "Weltbrand"1) (1920) vor der Kamera. Dimitri Buchowetzki1) übertrug ihr die Rolle der Braut des Richard de la Croix (Johannes Riemann), der sich in der Alexandre Dumas1)-Verfilmung "Sappho"1) (1921) in die hemmungslose Lebedame Sappho (Pola Negri) verliebt, die bereits seinen Bruder Andreas (Alfred Abel) in den Wahnsinn trieb.

Helga Molander auf einer Fotografie von Mac Walten2) (1872 – 1944?)
Photochemie-Karte Nr. 2988; Quelle: cyranos.ch
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier

Eine erste Zusammenarbeit mit Max Glass ergab sich bei dem Abenteuer "Der Mann mit der eisernen Maske"1) (1923), gedreht nach dem gleichnamigen Roman von Alexandre Dumas d. Ä. mit Wladimir Gaidarow als französischer König Ludwig XIV.1) bzw. dessen (angeblicher) Zwillingsbruder Bertrand, der "Mann mit der eisernen Maske"1), Albert Bassermann als Kardinal Jules Mazarin1) und ihrem Part der Etienne de Tiffanges. Es sollte ein weiterer von Max Glass inszenierter Film folgen, in der Liebesgeschichte "Bob und Mary"1) (1923) mit dem Untertitel "Eine Fahrt ins Glück" war Helga Molander die weibliche Protagonistin und hatte Anton Edthofer als Partner.
Helga Molander ca. 1920 auf einer Fotografie von Suse Byk (1884–1943); Quelle: Wikimedia Commons; Lizenz: gemeinfrei Nach Drehbüchern von Glass entstanden die Roman-Verfilmung "Der Mann, der sich verkauft"1) (1925; Regie: Hans Steinhoff1)) mit Olaf Fjord,  die von Carl Boese1) in Szene gesetzten Streifen "Wenn Du eine Tante hast" (1925) und "Der Mann ohne Schlaf" (1926, mit Harry Liedtke) sowie unter der Regie vom Jaap Speyer1) der Stummfilm "Die drei Mannequins"1) (1926), wo Helga Molander mit Grit Haid und Elisabeth Pinajeff das hübsche Mannequin-Trio bildete. Das Script zu der von Hans Steinhoff mit Alfred Abel gedrehten psychologischen Studie "Die Tragödie eines Verlorenen"1) (1927), ein Mix aus Drama, Gaunerkomödie und Krimi, stammte ebenfalls aus der Feder von Glass, der auch als Co-Autor bei Karl Grunes1) zweiteiligem, historischem Biopic "Königin Luise"1) (1927/28) mitgewirkt hatte. Hier zeigte sich Helga Molander als Luise von Preußen1), verheiratete Fürstin Radziwiłł, bzw. Cousine der später mit Preußenkönig Friedrich Wilhelm III.1) (Mathias Wieman) vom Volk verehrten Königin Luise1), verkörpert von Mady Christians.
Nach Jaap Speyers Stummfilm "Die Sache mit Schorrsiegel" (1928), der Adaption des gleichnamigen Krimis von Fred Andreas1), verabschiedete sich die 35-jährige Schauspielerin mit der Rolle der Gattin des Herrn van der Wal (Theodor Loos) vom Publikum und beendete nach rund 50 Produktionen aus unbekannten Gründen ihre Leinwandkarriere → Übersicht Stummfilme.
  
 
Helga Molander ca. 1920 auf einer Fotografie
von Suse Byk1) (1884 – 1943)
Quelle: Wikimedia Commons
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier
Mit Beginn des Nazi-Regimes verließ Helga Molander aufgrund ihrer jüdischen Wurzeln Deutschland und ging 1933 ins französische Exil. Wenige Monate vor Ausbruch des 2. Weltkrieges emigrierte sie von Le Havre1) aus zunächst in die USA, wo sie am 23. Mai 1939 in New York eintraf. In Frankreich hatte sie auch wieder Max Glass getroffen, der ebenfalls im Mai 1939 nach Amerika ausreiste. Die Kriegsjahre verbrachten Molander und Glass in Brasilien und in den USA, kehrten erst Ende 1945 nach Europa zurück.
Nach der Scheidung von seiner ersten Ehefrau, der in Wien geborenen Dr. phil. Hélène Münz (1879 – ?), die Glass 1908 geehelicht und mit der er die zwei gemeinsame Söhne Paul (* 1909) und Georges (* 1917) hatte, heiratete das langjährige Paar Glass und Molander im Jahre 1957, nachdem die inzwischen 78-jährige Hélène Münz endlich der offiziellen Trennung zugestimmt hatte.
Nach wenigen gemeinsamen Ehejahren starb Max Glass am 18. Juli 1964 in Paris, Helga Molander überlebte ihn um mehr als zwanzig Jahre und starb, weitgehend von der Öffentlichkeit vergessen, am 27. Juli 1985 im Alter von 92 Jahren in Esher1) (Großbritannien)3).
 
In erster Ehe hatte Helga Molander – vermutlich noch vor Beginn des 1. Weltkrieges – ihren Kollegen, den attraktiven Schauspieler und und Kabarettisten Eduard Eysenck1) (1889 – 1972), geheiratet, mit dem sie unter anderem für den Streifen "Cagliostros Totenhand"1) (1919) vor der Kamera stand. Der gemeinsame Sohn Hans-Jürgen Eysenck1) erblickte am 4. März 1916 in Berlin das Licht der Welt, nur wenige Jahre später sollen sich Molander und Eysenck getrennt haben.
Hans Jürgen Eysenck, der 1934 ins britische Exil floh, machte sich einen Namen als Psychologe, der besonders mit seinen Forschungen zu Unterschieden in der menschlichen Intelligenz und Persönlichkeit bekannt wurde; er starb am 4. September 1997 in London. Molanders Enkel Michael W. Eysenck1) (* 1944) studierte ebenfalls Psychologie und war bis zu seiner Emeritierung als Professor an der "Royal Holloway, University of London"1) tätig.
Quellen (unter anderem)**): Wikipedia, cyranos.ch
*) Geburtsjahr laut Wikipedia und Kay Weniger "Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben …";  filmportal.de sowie Kay Weniger "Zwischen Bühne und Baracke. Lexikon der verfolgten Theater-, Film- und Musikkünstler 1933 bis 1945" (Metropol, Berlin 2008, S. 405) weisen als Geburtsjahr 1896 aus; die Angabe (= 1893) in Kay Wenigers neuerem Werk ist jedoch korrekt.
**) Kay Weniger: Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben … Lexikon der aus Deutschland und Österreich emigrierten Filmschaffenden 1933 bis 1945. Eine Gesamtübersicht. (ACABUS Verlag, Hamburg 2011, S. 595)
Fremde Links: 1) Wikipedia
2) Mac Walten, das ist der Verwandlungskünstler Max Grünthal, der als "Mac Walten" bzw. der "Mann mit dem geheimnisvollen Rock" auftrat. Er verabschiedete sich 1920 von der Bühne, eröffnete in der Berliner Friedrichstraße ein Fotostudio und lichtete viele Artistenkollegen in Originalposen ab. Seine Spur verliert sich im Jahre 1936, nachdem er als Jude vor den Nazis in die Niederlande geflohen war. (Quelle: www.scheinschlag.de)
3) Laut Wikipedia: England und Wales, nationaler Nachlasskalender, Jahr 1985, Eintrag Ruth Glass/Ruth Werner (Quelle: ancestry.com)
Lizenz Foto Helga Molander (Urheber Mac Walten/Suse Byk): Die Schutzdauer (von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers) für das von dieser Datei gezeigte Werk ist nach den Maßstäben des deutschen, des österreichischen und des schweizerischen Urheberrechts abgelaufen. Es ist daher gemeinfrei.
Stummfilme
Filmografie bei der Internet Movie Database, filmportal.de sowie
frühe Stummfilme bei "The German Early Cinema Database"
(Fremde Links: filmportal.de, Wikipedia, cyranos.ch, Murnau Stiftung; R = Regie)
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