Filmografie / Hörspiel
Werner Krauß (auch Werner Krauss) wurde am 23. Juni 1884 im oberfränkischen Gestungshausen1) (Coburger Land) als Sohn eines Postbeamten geboren; die Familie entstammte einem alten Pastorengeschlecht. Anfangs aufgewachsen bei seinem Großvater, kam er 1887 zu seinen Eltern nach Breslau1). Zunächst sollte er auf Wunsch seiner Eltern Lehrer werden, besuchte er ab 1898 die evangelische Präparandenanstalt1) in Breslau und ab 1901 das Lehrerseminar im oberschlesischen Kreuzberg1) (heute: Kluczbork, Polen).
Doch der junge Krauß hatte andere Pläne, im gleichen Jahr begann er an einer kleinen Wanderbühne des Erzgebirges als Statist und wurde daraufhin vom Unterricht suspendiert. Er hatte beschlossen Schauspieler zu werden und debütierte 1903 am Stadttheater in Guben1), über Magdeburg1), Bromberg1) (1905/06), Aachen1) (1907–1910), Nürnberg1) (1910–1912) und das "Künstlertheater München" (1912/13)  kam er 1913 auf Empfehlung von Alexander Moissi an das von Max Reinhardt1) geleitete "Deutsche Theater"1) in Berlin. Anfangs spielte er nur kleinere Rollen, konnte dann aber als Darsteller des Lindekuh in Frank Wedekinds1) Drama "Musik", des König Claudius in Shakespeares "Hamlet"1) (1913), des Mephisto in Goethes "Faust"1) (1913) oder des Franz Moor in Schillers "Die Räuber"1) (1914) erste Erfolge feiern. Während des 1. Weltkrieges wurde Krauß als Seekadett nach Kiel zum Kriegsdienst berufenen, nach drei Monaten jedoch wieder entlassen. 
Von 1924 bis 1926 gehörte Krauß dem Berliner "Staatstheater"1) an, dessen Ensemblemitglied er dann wieder zwischen 1931 und 1933 war. Ab 1926 bis 1931 wirkte er erneut am "Deutschen Theater" sowie zur Spielzeit 1928/29 am Wiener "Burgtheater"1). Unvergessene Triumphe feierte er unter anderem als Philipp von Spanien1) in dem Schiller-Drama "Don Karlos"1), als Kaiser Rudolf1) in "Ein Bruderzwist in Habsburg"1) von Franz  Grillparzer1), als Shakespeare-Interpret mit seinen Verkörperungen des "Richard III."1), des "Julius Caesar"1) oder des Jago in "Othello"1)

Porträt 1944 anlässlich des 60. Geburtstages von Werner Krauß
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB)1)
Körperschaft: Weltbild; © ÖNB, Wien/Weltbild; Datierung: 23.06.1944
Bildarchiv Austria (Inventarnummer OEGZ/P848/2)

Porträt 1944 anlässlich des 60. Geburtstages von Werner Krauß; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Körperschaft: Weltbild; Copyright ÖNB, Wien/Weltbild; Datierung: 23.06.1944; Bildarchiv Austria (Inventarnummer OEGZ/P848/2)
Bei Wikipedia2) kann man lesen: "Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs stieg Werner Krauß zum bewunderten Theater- und Filmstar auf. Er verkörperte die großen Figuren des Theaters wie "Hamlet"1) oder "Wallenstein"1), seine besondere Spezialität war aber die Darstellung von Finsterlingen wie "Mephisto"1), Franz Moor in "Die Räuber", Jago in "Othello" oder der Shylock" im "Der Kaufmann von Venedig"1). 1922 spielte er in August Strindbergs "Ein Traumspiel"1), den Dekan, den Quarantänemeister, den Kohlenträger, den Polizisten und den Magister. (…) Anfang der 1930er Jahre spielte Werner Krauß am "Deutschen Theater" Berlin in zwei Uraufführungen Rollen, die zu seinen erfolgreichsten wurden: den Schuster Wilhelm Voigt1) in der Uraufführung von "Der Hauptmann von Köpenick"1) im Stück von Carl Zuckmayer1) am "Deutschen Theater" in Berlin (1931, Regie: Heinz Hilpert1)) und den Matthias Clausen in Gerhart Hauptmanns "Vor Sonnenuntergang"1) (Regie: Max Reinhardt). Im September/Oktober 1933 gastierte Krauß mit "Vor Sonnenuntergang" auch in London (in englischer Sprache). An den verschiedensten Bühnen trat Werner Krauß als Bruno Mechelke in Gerhart Hauptmanns "Die Ratten"1) auf und war auch als Babberley in "Charleys Tante"1) zu sehen. Bis 1938 führten ihn Gastspiele regelmäßig nach Amerika, wo er auf New Yorker Bühnen zu sehen war, etwa 1924 in Max Reinhardts Inszenierung von Karl Vollmoellers1) Pantomime "Das Mirakel"1).
Im Januar 1933 trat Krauß ein Engagement am "Burgtheater" in Wien an. Eine seiner ersten Rollen war der Napoleon1) in "Hundert Tage" von Benito Mussolini1) und Giovacchino Forzano1) (den er 1934 auch im Film spielte), woraufhin er vom "Duce" empfangen wurde. Kurz darauf kam es zum Zusammentreffen mit Propagandaminister Joseph Goebbels1), . (...) der ihn zum stellvertretenden Präsidenten der Reichstheaterkammer1) ernannte, er und Hitler etablierten Werner Krauß als wichtigen Kultur-Repräsentanten des NS-Regimes."
Werner Krauß 1942 als Amtsvorsteher Wehrhahn in der Diebeskomödie "Der Biberpelz" von Gerhart Hauptmann; Inszenierung: Jürgen Fehling; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Körperschaft: Scherl Bilderdienst; Copyright ÖNB/Wien; Datierung: 02.12.1942; Bildarchiv Austria (Inventarnummer OEGZ/P848/5) 1937 kam es bei den "Salzburger Festspielen"1) zur letzten Zusammenarbeit mit Regisseur Max Reinhardt, in dessen Inszenierung des "Faust I"1) gestaltete Krauß einmal mehr den Mephisto, die Titelfigur wurde von Ewald Balser dargestellt. Bereits 1920 und 1921 hatte Reinhardt den Charakterdarsteller im "Jedermann"1) an der Seite von Alexander Moissi als den Tod besetzt. Weitere Auftritte in Salzburg hatte Krauß 1937 als Herzog von Alba1) in dem von Heinz Hilpert in Szene gesetzten Goethe-Trauerspiel "Egmont"1) mit unter anderem Elisabeth Flickenschildt (Margarete von Parma1)), Ewald Balser (Graf Egmont) und Theodor Loos (Wilhelm von Oranien1)). 1949 zeigte er sich erneut im "Jedermann" (Regie: Helene Thimig), diesmal als Teufel und "Stimme des Herrn" – den "Jedermann" gab Attila Hörbiger, Judith Holzmeister die Buhlschaft. 1950 erfreute Krauß das Festspielpublikum als Malvolio in der Shakespeare-Komödie "Was ihr wollt"1) (Regie: Josef Gielen), an der Seite unter anderem von Susi Nicoletti (Viola), O. W. Fischer (Orsino), Ewald Balser (Sir Toby) und Josef Meinrad (Sir Andrew Bleichenwang). 1953 konnte man Krauß dann noch einmal als Titelheld in Shakespeares "Julius Caesar"1) bewundern, in der Inszenierung von Josef Gielen brillierten weiterhin unter anderem Fred Liewehr (Octavius Caesar1)), Ernst Deutsch (Marc Anton1)), Franz Ringler (Marcus Lepidus1)), Ewald Balser (Brutus1)), Werner Hinz (Cassius1)) und Kurt Meisel (Casca). 
 
Werner Krauß 1942 als Amtsvorsteher Wehrhahn
in der Diebeskomödie "Der Biberpelz"1) von Gerhart Hauptmann1)
Inszenierung: Jürgen Fehling
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB)1)
Körperschaft: Scherl Bilderdienst; © ÖNB/Wien; Datierung: 02.12.1942
Bildarchiv Austria (Inventarnummer OEGZ/P848/5)
Nach dem Ersten Weltkrieg hatte für Krauß der Aufstieg zum Star bei der aufstrebenden Filmszene begonnen, der Stummfilm war sein ideales Medium, der Tonfilm reduzierte später sein dämonisches Genie. In der populären "Stuart Webbs-Serie"1)  konnte Krauß in der Folge "Die Pagode"1)  (1917) einen ersten großen Leinwanderfolg verbuchen, davor lagen jedoch schon rund fünfzehn Kurzauftritte auf der stummen Leinwand, Auftritte in Streifen wie beispielsweise unter der Regie von Richard Oswald1) als Graf Daperdutto in "Hoffmanns Erzählungen"1) (1916) oder als Provisor Meinert in "Das Tagebuch einer Verlorenen"1) (1918) festigten seinen Status als Filmdarsteller.
International bekannt wurde Krauß dann 1920 mit der Titelrolle in Robert Wienes1) expressionistischem Werk "Das Cabinett des Dr. Caligari"1), das als Meilenstein der Filmgeschichte gilt. Wiene verfilmte das Drehbuch von Hans Janowitz1) und Carl  Mayer1), nachdem es bei Fritz Lang1) auf Ablehnung gestoßen war; das "Cabinett des Dr. Caligari" feierte am 26. Februar 1920 in Berlin Premiere. Schon Monate bevor der Film anlief, hingen Werbeplakate an allen Litfasssäulen. Die Massen warteten neugierig auf den Streifen und wurden nicht enttäuscht: Der ganze Film war in expressionistischen Kulissen aufgenommen worden. Harte Kontraste, gespenstische Schatten und überschminkte, holzschnittartige Gesichter gaben dem Horrorfilm die Alptraum-Atmosphäre einer unwirklichen Welt. Werner Krauß spielt in diesem Film den Dr. Caligari, den Leiter eines Irrenhauses. Dieser bedient sich, so erzählt es ein Insasse der Anstalt, des Somnabulen Cesare (Conrad Veidt), um die Stadt durch Ermordung in Angst und Schrecken zu versetzen. Dr. Caligari verkörpert mit seiner kleinwüchsigen und unheimlich wirkenden Gestalt eine autoritäre Macht2): Auf einem Jahrmarkt stellt Dr. Caligari den Somnambulen Cesare (Conrad Veidt) aus, der den Zuschauern die Zukunft voraussagt. Als ein Student, dem er den baldigen Tod voraussagt, kurz darauf ermordet wird, verdächtigt man Caligari, den hypnotischen Cesare als Mordinstrument missbraucht zu haben. Eine Hetzjagd beginnt und endet tragisch. Schließlich stellt sich die ganze Geschichte als Wahnvorstellung eines Geisteskranken heraus.
In den kommenden Jahren war Krauß in unzähligen, unterschiedlichen Rollen auf der zunächst noch stummen Leinwand präsent, er verkörperte historische Persönlichkeiten oder spielte in Verfilmungen von Theaterstücken häufig den gleichen Part wie auf der Bühne.

Foto: Werner Krauß um 1920
Urheber bzw. Nutzungsrechtinhaber: Alexander Binder1) (1888 – 1929)
Quelle: Wikipedia bzw. Wikimedia Commons; Ross-Karte Nr. 263/2
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier; *) Link: Wikipedia

Werner Krauß um 1920; Urheber bzw. Nutzungsrechtinhaber: Alexander Binder (1888 – 1929); Quelle: Wikipedia bzw. Wikimedia Commons; Ross-Karte Nr. 263/2; Lizenz: Die Schutzdauer (von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers) für das von dieser Datei gezeigte Werk ist nach den Maßstäben des deutschen, des österreichischen und des schweizerischen Urheberrechts abgelaufen. Es ist daher gemeinfrei.
Werner Krauß vor 1929; Urheber bzw. Nutzungsrechtinhaber: Alexander Binder (1888-1929); Quelle: www.cyranos.ch Man erlebte man ihn beispielsweise 1920 als Iwans mutmaßlicher Halbbruder Pawel Smerdjakow in "Die Brüder Karamasoff"1) nach dem gleichnamigen Roman von Fjodor Dostojewski1), im Folgejahr als Robespierre1) an der Seite von Emil Jannings in Dimitri Buchowetzkis1) opulenten Büchner-Adaption "Danton"1), in dem von Richard Oswald in Szene gesetzten Historienstreifen "Lady Hamilton"1) (1921) mit Liane Haid (Lady Emma Hamilton1)) und Conrad Veidt (Lord Horatio Nelson1)) mimte Krauß den Lord William Hamilton. 1922 sah man ihn einmal mehr zusammen mit Protagonist Emil Jannings in Dimitri Buchowetzkis Filmfassung des Shakespeare-Dramas "Othello"1), in dem er als intriganter Jago in Erscheinung trat, spielte die Titelrolle in der lange als verschollen geltenden Lessing-Verfilmung "Nathan, der Weise"1). 1923 sah man ihn als liberalen Hauslehrer Dr. Jüttner, der in der nach dem gleichnamigen Schauspiel1) von Wilhelm Meyer-Förster1) gedrehten Romanze "Alt-Heidelberg"1) dem Erbprinz Karl Heinz von Sachsen-Karlsburg (Paul Hartmann) als "Aufpasser" zur Seite gestellt wird. Krauß machte als Pontius Pilatus1) in Robert Wienes monumentalem Bibelfilm "I.N.R.I."1) (1923) über die die Passion1) Christi mit dem Untertitel "Ein Film der Menschlichkeit" ebenso von sich reden wie als dämonischen Jack the Ripper1) in dem expressionistischen Streifen "Das Wachsfigurenkabinett"1) (1924).
 
Foto: Werner Krauß vor 1929
Urheber bzw. Nutzungsrechtinhaber: Alexander Binder1) (1888 – 1929)
Quelle: www.cyranos.ch; Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier
In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre wirkte Werner Krauß in weiteren wichtigen Meilensteinen der deutschen Stummfilmgeschichte mit. Klassiker wie Georg Wilhelm Pabsts1) Literaturverfilmung "Die freudlose Gasse"1) (1925) mit Krauß als schmierigem Fleischermeister und unter anderem Leinwandlegende Greta Garbo als Grete Rumfort sowie "Geheimnisse einer Seele"1) (1926) sind zu nennen, ebenso wie Friedrich Wilhelm Murnaus1) freien Moliére-Verfilmung "Tartüff"1) (1926) mit Krauß als Herr Orgon und Emil Jannings als Herr Tartüff. Martin Berger1) realisierte mit ihm sowie unter anderem Conrad Veidt und Maly Delschaft den justizkritischen Aufklärungsfilm bzw. das Melodram "Kreuzzug des Weibes"3) (1926), Hans Behrendt1) das Sternheim-Lustspiel "Die Hose"1) (1927), wo er grandios den spießig-biederen Kleinbürger Theobald Maske gab. Oskar Kalbus1) notiert in "Vom Werden deutscher Filmkunst: "Werner Krauß als Sekretär Maske gibt eine unvergeßliche Rolle, nicht in großer Linie durchgearbeitet, sondern lauter Mosaikbilder, zahllose kleine Einzelzüge, die aber diesen Film zum Kammerspiel machen." In Henrik Galeens Horror- und Fantasyfilm "Der Student von Prag"1) (1926), der zweiten Adaption des Schauerromans von Hans Heinz Ewers1) (→ "Der Student von Prag", 1913), zeigte er sich als der geheimnisvolle Wucherer Scapianelli an der Seite von Conrad Veidt (Student Balduin) und auch die Titelrolle in Lupu Picks Biopic "Napoleon auf St. Helena"1) (1929) über das letzte Kapitel im Leben des großen Franzosen Napoleon Bonaparte1) unterstrichen die wichtige Stellung des Theaterschauspielers Krauß im Film → Übersicht Stummfilme (Auszug).

Werner Krauß als Bauer Mathäus Reuther mit "Heinerle"
in dem Stummfilm "Der fidele Bauer"3) von
Franz Seitz sen.1) gedreht nach der Operette von Leo Fall1) ("Fery-Film", 1927)
Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pos-2006-a_0000908) aus
"Vom Werden deutscher Filmkunst/1. Teil: Der stumme Film" von Dr. Oskar Kalbus
(Berlin 1935, S. 131) bzw. Bilder aus dem Sammelwerk Nr. 10
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Unbekannter Fotograf
Quelle: www.deutschefotothek.de; Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017

Werner Krauß als Bauer Mathäus Reuther mit "Heinerle" in dem Stummfilm "Der Fidele Bauer", von Franz Seitz sen. gedreht nach der Operette von Leo Fall ("Fery-Film", 1927); Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pos-2006-a_0000908) aus "Vom Werden deutscher Filmkunst/1. Teil: Der stumme Film" von Dr. Oskar Kalbus (Berlin 1935, S. 131) bzw. Bilder aus dem Sammelwerk Nr. 10; Copyright SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Unbekannter Fotograf; Quelle: www.deutschefotothek.de
In den 1930er Jahren bzw. im Tonfilm tauchte Werner Krauß nur noch selten auf der Leinwand auf. "Als Krauß 1934 zum deutschen Staatsschauspieler1) ernannt wurde, war klar, dass er sich – zumindest künstlerisch – auf das NS-Regime einließ. So gehörte er nach dem Tod des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg1) zu den Unterzeichnern des von Joseph Goebbels1) formulierten Manifests "Aufrufs der Kulturschaffenden"1) zur "Volksabstimmung" über die Zusammenlegung des Reichspräsidenten- und Reichskanzleramts in der Person Adolf Hitlers1).Von 1933 bis 1935 war er stellvertretender Präsident der "Reichstheaterkammer"1). In der Endphase des 2. Weltkriegs nahm ihn Hitler im August 1944 in die "Gottbegnadeten-Liste"1) der wichtigsten Künstler auf, was Krauß vor einem Kriegseinsatz, auch an der Heimatfront, bewahrte."4)
Seinen ersten Tonfilm drehte Krauß mit Regisseur Gustav Ucicky1) und stellte in dessen starbesetztem Historienepos "Yorck"1) (1931) den preußischen Heerführer Ludwig Graf Yorck von Wartenburg1) dar. In Ucickys Drama "Mensch ohne Namen"1) (1932), einer modernisierten Fassung des Romans "Oberst Chabert"1) von Honoré de Balzac1), mimte er den Heinrich Martin, der nach einer Verwundung sein Gedächtnis verloren hat, war der französische Kaiser Napoleon Bonaparte1) in Franz Wenzlers ideologisierendem Historienstreifen "Hundert Tage"1) (1935) oder der Gegenspieler der Titelfigur (Emil Jannings), der Geheimrat Rudolf Virchow1), in Hans Steinhoffs Biopic "Robert Koch, der Bekämpfer des Todes"1) (1939) über den berühmten Mediziner Dr. Robert Koch1). Bis Kriegsende präsentierte sich  Krauß unter anderem als Geheimrat Friedrich August von Holstein1) in "Die Entlassung"1) (1942), gedreht von Wolfgang Liebeneiner1) über den Konflikt zwischen Reichskanzler Otto von Bismarck1) (Emil Jannings) und dem jungen deutschen Kaiser Wilhelm II.1) (Werner  Hinz), der schließlich in der Entlassung Bismarcks mündete, sowie die Titelrolle des Schweizer Arztes und Alchemisten Theophrastus Bombastus von Hohenheim1), der sich seit 1529 "Paracelsus" nannte, in Georg Wilhelm Pabsts1) Filmbiografie "Paracelsus"1) (1943).

Werner Krauß als Geheimrat Rudolf Virchow
in "Robert Koch, der Bekämpfer des Todes" (1939)
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB)1)
Körperschaft: Ungenannt; © ÖNB/Wien; Datierung: 1939
Bildarchiv Austria (Inventarnummer P 843/4)

Werner Krauß als Geheimrat Rudolf Virchow in "Robert Koch, der Bekämpfer des Todes" (1939); Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Körperschaft: Ungenannt; Copyright ÖNB/Wien; Datierung: 1939; Bildarchiv Austria (Inventarnummer P 843/4)
Vor allem aber seine die Mitwirkung in dem unsäglichen antisemitischen NS-Hetzfilm "Jud Süß"1) von Regisseur Veit Harlan über die historische Figur des Joseph Süß Oppenheimer1) (Ferdinand Marian) wurde Krauß schwer angelstet. Hier mimte er als "makaberer Beweis seiner Wandlungsfähigkeit", so filmportal.de, gleich sechs Juden – den Rabbi Loew, den Süß-Sekretär Levy sowie vier weitere kleine Rollen von Juden –  was zu einem zeitweiligen Berufsverbot nach dem 2. Weltkrieg führte. Wikipedia notiert: "In seiner Biografie über Werner Krauß ("Werner Krauß. Schauspieler seiner Zeit. 1884 bis 1959. Die Biographie", 2009) zitiert Wolff A. Greinert Krauß' Erklärung, er habe alle Nebenrollen in "Jud Süß" übernommen, damit verschiedene Darsteller sich nicht im Ausspielen "jüdischer Eigenarten" überböten. Im Spruchkammerverfahren im Zuge der Entnazifizierung1) nach dem Krieg habe Krauß betont, dass er in "Jud Süß" bewusst so sauber wie irgend möglich gespielt habe und das zu mildern versucht habe, was im Drehbuch absichtsvoll boshaft und verhetzend angelegt war. Außerdem habe er befürchtet, im KZ zu landen, wenn er im "Jud Süß" nicht wenigstens eine Rolle gespielt hätte. In der Vergangenheit habe er die NSDAP mehrfach offen brüskiert und Stellung gegen den Nationalsozialismus bezogen." Die Spruchkammer schloss sich dieser Argumentation an, nach drei Verfahren wurde Krauß im Mai 1948 schließlich als "Minderbelasteter" eingestuft und zur Zahlung von 5.000 Mark verurteilt, was zehn Prozent seiner Gage für "Jud Süß" entsprach.
Werner Krauß, fotografiert von Fritz Eschen (1900–1964); Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_e_0050517); Copyright SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Fritz Eschen; Urheber: Fritz Eschen; ohne Datierung; Quelle: www.deutschefotothek.de Nur die Größe seiner Darstellungskunst ließ Krauß, der sich offensichtlich mit dem nationalsozialistischen Regime eingelassen hatte, später wieder als Schauspieler Fuß fassen. Er ging nach Wien, wo er die österreichische Staatsbürgerschaft erhielt, und spielte bis zu seinem Tod fast ausschließlich am "Burgtheater". Erst im Juli 1950 hatte Krauß als "König Lear"1) bei den "Ruhrfestspielen"1) in Recklinghausen einen deutschen Nachkriegsauftritt, bei einer Tournee des "Burgtheaters" mit Krauß in der Titelrolle in dem Ibsen-Drama "John Gabriel Borkmann"1) kam es im Dezember 1950 in Berlin zu einem Skandal: Die Premiere (08.12.1950) am "Theater am Kurfürstendamm"1) konnte trotz heftiger Demonstrationen von Studenten und Teilen der Jüdischen Gemeinde zwar durchgeführt werden, nachdem die Berliner Schutzpolizei die Protestaktion auf dem Kurfürstendamm unter anderem mittels Wasserwerfern auflöste. Am 11. Dezember brach das "Burgtheater" jedoch nach weiteren Protesten das Gastspiel ab → spiegel.de.
1951 erhielt der Mime seine deutsche Staatsbürgerschaft zurück und wurde 1954 mit der Verleihung des "Bundesverdienstkreuzes" endgültig rehabilitiert. 
 
Werner Krauß, fotografiert von Fritz Eschen1) (1900–1964)
Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_e_0050517)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Fritz Eschen
Urheber: Fritz Eschen; ohne Datierung;
Quelle: www.deutschefotothek.de; Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017
Zu seinen großen Nachkriegsrollen auf der Bühne zählten neben dem erwähnten "König Lear" beispielsweise einmal mehr seine herausragende Darstellung des Wilhelm Voigt1) in Zuckmayers "Der Hauptmann von Köpenick"1), sowie seine Hauptrolle des Matthias Clausen in Gerhart Hauptmanns "Vor Sonnenuntergang"1), Figuren mit denen er bereits in den 1930er Jahren auf der Bühne brilliert hatte. Lediglich in drei Kinoproduktionen (ohne einen Kurzfilm) übernahm er noch einmal Aufgaben für den Film, so unter der Regie von Curd Jürgens in dem Krimi "Prämien auf den Tod"3) (1950), in Harald Brauns unkonventionellen Geschichte "Der fallende Stern"1) (1950) und in Hans Deppes Literaturadaption " Sohn ohne Heimat"1) (1955), gedreht nach dem sozialkritischen Heimatroman "Der Sohn der Hagar"1) von Paul Keller1) → Übersicht Tonfilme.   
Obwohl Krauß im Tonfilm einige interessante und für ihn typische Aufgaben erhielt, blieben seine eigentliche Wirkung und Einmaligkeit jedoch auf den Stummfilm beschränkt, wie Emil Jannings gehört er zu den großen, einmaligen deutschen Stummfilmstars.

Werner Krauß mit der Titelrolle in "Der Hauptmann von Köpenick"
von Carl Zuckmayer (Berliner "Schillertheater"1), 1954)
Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pk_0004147_028)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek
Urheber: Abraham Pisarek1) (1901–1983); Datierung: 1954
Quelle: www.deutschefotothek.de;
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017

Werner Krauß in "Der Hauptmann von Köpenick" von Carl Zuckmayer (Berliner Schiller-Theater, 1954); Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pk_0004147_028); Copyright SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek; Urheber: Abraham Pisarek (1901–1983); Datierung: 1954; Quelle: www.deutschefotothek.de
Mit seiner charakterlich facettenreichen Persönlichkeit, war Krauß auch in komplexen Rollen am besten. Er verkörperte alle großen Figuren der Weltliteratur mit quälender Besessenheit und geistiger Aggressivität. Sein Spektrum reichte vom lärmend fidelen Bauern, über heroische Machtphantome und die Lorelei besingende, sentimentale Spießbürger, bis zur krötenhaften Kreatur, die zischelnd über die Szene schleicht. Oft verkörperte er deshalb gleich mehrere Rollen in einem Film. "Über den einsamen Rang des Künstlers Krauß gibt es keine Diskussion. Nur an dem Menschen scheiden sich die Geister", so einmal Hans Söhnker.*)
Verschiedentlich engagierte sich Krauß auch beim Hörspiel, bereits in den späten 1920er Jahren wirkte er in einigen Produktionen der Berliner "Funk-Stunde AG"1) mit sowie in den 1950er Jahren  in verschiedenen anderen Sendungen. Die bei der ARD Hörspieldatenbank gelisteten Stücke findet man hier.
 
Werner Krauß, der drei Mal verheiratet war – zuletzt mit Ehefrau Liselotte – starb am 20. Oktober 1959 nach langem Leiden mit 75 Jahren in Wien und wurde auf dem dortigen Zentralfriedhof1) in einem Ehrengrab (Gruppe 32 C, Nummer 22) bestattet → Foto der Grabstelle bei knerger.de.
In erster Ehe war der Schauspieler seit 1908 bis zu deren Tod im Jahre 1930 mit Paula Saenger verheiratet, der gemeinsame Sohn Egon erblickte 1913 das Licht der Welt. Danach ehelichte er 1931 die bekannte Schauspielerin Maria Bard (1900 – 1944), die Verbindung wurde 1940 geschieden. Aus der 1940 geschlossenen Ehe mit der inzwischen verstorbenen Liselotte Graf ging der 1945 geborene Sohn Gregor hervor; Lieselotte Krauß wurde an der Seite ihres Mannes beigesetzt.
 
Neben seiner Ernennung zum "Staatsschauspieler" (1934) sowie zum Ehrenmitglied des Wiener "Burgtheaters" würdigte man das künstlerische Schaffen von Krauß mit weitere Auszeichnungen, so 1938 mit der "Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft"1), 1954 überreichte man ihm das "Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der BRD"1) sowie im gleichen Jahr am 28. November 1954 den auf Lebenszeit verliehen "Iffland-Ring"1). Er erhielt den Ring jedoch nicht von seinem bereits 1952 verstorbenen vorherigen Träger Albert Bassermann, sondern vom "Kartellverband deutschsprachiger Bühnenangehöriger", da die drei von Bassermann vorgesehenen Erben – Alexander Girardi (1850–1918), Max Pallenberg (1877–1934) und Alexander Moissi (1879–1935) – vor Bassermann gestorben waren; als seinen Nachfolger bestimmte Krauß den österreichischen Kammerschauspieler Josef Meinrad. 1955 konnte er das "Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich"1) entgegennehmen sowie 1959 noch kurz vor seinem Tod den "Ehrenring der Stadt Wien"1).  
Textbausteine des Kurzportraits aus "Lexikon der deutschen Film- und TV-Stars"*)
Siehe auch Wikipedia, cyranos.ch, filmportal.de, deutsche-biographie.de
Fotos bei virtual-history.com
*) "Lexikon der deutschen Film- und TV-Stars" von Adolf Heinzlmeier/Berndt Schulz (Ausgabe 2000, S. 203/204)
Fremde Links: 1)  Wikipedia, 3) filmportal.de
Quellen: 
2)  www.virtualtwilight.de
4) Wikipedia (abgerufen: 18.04.2019)
Lizenz Foto Werner Krauß (Urheber: Alexander Binder): Diese Bild- oder Mediendatei ist gemeinfrei, weil ihre urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für die Europäische Union, die Vereinigten Staaten, Australien und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers.
Lizenz Portrait Werner Krauß (Urheber Hans Rewald): Der Urheber dieses Werks ist 1944 gestorben; es ist daher gemeinfrei, weil seine urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für das Herkunftsland des Werks und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 75 oder weniger Jahren nach dem Tod des Urhebers.
Filme
Stummfilme / Tonfilme
Filmografie bei der Internet Movie Database, filmportal.de sowie
frühe Stummfilme bei The German Early Cinema Database
(Fremde Links: Murnau Stiftung, Wikipedia, filmportal.de, Die Krimihomepage)
 
Portrait des Werner Krauß
von Hans Rewald (1886 – 1944),
veröffentlicht in "Jugend" –
Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben
(Ausgabe Nr. 20/1929, Datum Mai 1929)
Quelle: Wikimedia Commons
von "Heidelberger historische Bestände" (digital)
Angaben zur Lizenz siehe hier
Portrait des Werner Krauß von Hans Rewald (1886 – 1944), veröffentlicht in "Jugend" – Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben (Ausgabe Nr. 20/1929 (Mai 1929)); Quelle: Wikimedia Commons von "Heidelberger historische Bestände" (digital); Lizenz: gemeinfrei
Stummfilme (Auszug) Tonfilme (wenn nicht anders vermerkt: Kinofilme)
Lizenz Standfoto/Szenenfoto aus "Geheimnisse einer Seele" (1926): Dieses Bild ist gemeinfrei, da das Urheberrecht abgelaufen und der Autor anonym ist. Das gilt in der EU und solchen Ländern, in denen das Urheberrecht 70 Jahre nach anonymer Veröffentlichung erlischt.
Hörspielproduktionen (Auszug)
(Fremde Links: ARD-Hörspieldatenbank (mit Datum der Erstausstrahlung), Wikipedia)
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