Filmografie / Hörspiel
Der Schauspieler, Filmregisseur, Autor und Politiker Jaspar von Oertzen erblickte am 2. Januar 1912 als Jaspar Sigismund Albrecht von Oertzen in Schwerin1) das Licht der Welt. Der Spross des alten mecklenburgischen Adelsgeschlechts Oertzen1) wuchs in einem gut situierten Elternhaus auf, der Vater Carl von Oertzen (1878 – 1965) war ein angesehener Landgerichtsrat. Sohn Jaspar verlebte seine Schulzeit in Rostock, studierte anschließend in München an der "Ludwig-Maximilians-Universität"1) Theaterwissenschaften und Kunstgeschichte. Dann entschied er sich für die "Bretter, die die Welt bedeuten", stand in München an den "Kammerspielen"1) sowie in Tübingen, Kassel und diversen Berliner Theatern auf der Bühne.
Rasch war der Film auf den gut aussehenden jungen Mann aufmerksam geworden, sein Leinwanddebüt gab er 1934 mit einer winzigen Rolle in der von Carl Froelich1), nach dem gleichnamigen Schwank1) von August Hinrichs1) in Szene gesetzten, volkstümlichen Komödie "Krach um Jolanthe"2). Doch es sollte noch einige Jahre dauern, bis von Oertzen weitere Aufgaben vor der Kamera erhielt, ab 1938 erlebte man ihn dann regelmäßig in verschiedensten Kinoproduktionen. So konnte er in der Fallada1)-Verfilmung "Altes Herz geht auf die Reise"1) (1938) als Landarzt Dr. Wolters nach vielen Umwegen schließlich die junge Rosemarie Türke (Helga Marold1)), Patenkind des Professor Gotthold Kittguß (Eugen Klöpfer), zum Traualtar führen. Dem Streifen war allerdings kein guter Start beschieden, so notiert filmdients.de: "Nach einem Roman von Hans Fallada inszeniert, stellt der Film den "Blut- und Boden"-Mythos des NS-Staates in Frage. Aus diesem Grund wurde er der NS-Zensurbehörde nicht vorgelegt und verschwand in den Archiven." "Die Premiere fand 1947 in den USA statt, wohin Regisseur Carl Junghans1) 1940 mit "Altes Herz geht auf die Reise in der Tasche" emigriert war. Die deutsche Erstaufführung des Films war am 15. November 1974 im Düsseldorfer "Filmforum"." kann man bei Wikipedia lesen.
Bis Kriegsende trat der Schauspieler in Krimis, Melodramen und Komödien sowie etlichen NS-Propagandastreifen auf, so auch mit der Rolle des Fähnrichs zur See Peter Fischer in dem bis heute zu den "Vorbehaltsfilmen"1) zählenden Abenteuer "Kameraden auf See"1) (1938) und als Preußenprinz Louis Ferdinand1) in Veit Harlans tendenziösem Durchhaltefilm "Kolberg"1) (1945), gedreht nach dem Schauspiel "Colberg" von Paul Heyse1) und der Autobiografie1) von Joachim Nettelbeck1), dargestellt von Heinrich George.
Lichtbild mit Hilde Krahl und Jaspar von Oertzen aus dem Spielfilm "Die barmherzige Lüge" (1939); Quelle: cyranos.ch; Lizenz: gemeinfrei Auch wenn von Oertzen über prägnante Nebenrollen nicht hinaus kam, gehörte er doch zu den Publikumslieblingen jener Jahre, verkörperte meist historische Figuren oder Personen in Uniform. In dem ganz auf Hans Albers zugeschnittenen Historien-Abenteuer "Trenck, der Pandur"1) (1940) trat er als Leutnant Todt in Erscheinung, in Wolfgang Liebeneiners1) Biopic "Bismarck"1) (1940) verlieh er an der Seite von Paul Hartmann als Otto von Bismarck1) dem Preußenprinz Friedrich Karl Nikolaus1) Kontur, war in Veit Harlans propagandistischem Monumentalfilm "Der große König"1) (1942) als kühner Rittmeister Joachim Bernhard von Prittwitz1) zu sehen, der den "Alten Fritz"1) (Otto Gebühr) in der Schlacht bei Kunersdorf1) vor der Gefangennahme bewahrte.
 
Lichtbild mit Hilde Krahl und Jaspar von Oertzen
aus dem Spielfilm "Die barmherzige Lüge"2) (1939)
Quelle: cyranos.ch;
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier
In dem von Josef von Báky1) opulent in Szene gesetzten, starbesetzten Farbfilm-Abenteuer "Münchhausen"1) (1943), das anlässlich des 25 jährigen Firmenjubiläums der UFA mit Hans Albers in der Titelrolle des Baron Münchhausen1) realisiert wurde, war er ebenfalls präsent und mimte den russischen Generalleutnant Graf Sergei Nikolajewitsch Lanskoi1). Für Regisseur Erich Engel1) spielte er den Hauptmann Hartung in dem Spionagestreifen "Die goldene Spinne"1) (1943), für Boleslav Barlog1) den reichen Architekten Martin Lorenz in der Literaturadaption "Junge Herzen"2) (1944) und für Roger von Norman1) den treuen Ehemann Heiner, der in der heiteren Geschichte "Moselfahrt mit Monika"2) (1944) statt seiner verhinderten Gattin Nora (Ruth Buchardt3)) Schwester Monika (Eva Maria Meineke) auf besagten Urlaubstripp mitnimmt und so bei seinem Freund Florian (Peter Martin Urtel1)) für Verwirrung sorgt. Neben "Kolberg" war der Krimi "Der stumme Gast"1) (1945), basierend auf der Novelle "Unterm Birnbaum"1) von Theodor Fontane1), von Oertzens letzte Arbeit für den Film während des Krieges, Wolfgang Liebeneiners Drama "Das Leben geht weiter"1) (1945) blieb unvollendet; das Filmmaterial gilt bis heute als verschollen → Übersicht Kinoproduktionen bis 1945.
 
Nach Ende des 2. Weltkrieges konnte Jaspar von Oertzen Anfang der 1950er Jahre zwar im Filmgeschäft wieder Fuß fassen, doch seine Leinwandauftritte bleiben überschaubar. Zur Filmografie zählen Nebenrollen auch in internationale Produktionen, so die US-amerikanischen Kriegsfilme "The Magic Face"1) (1951, Regie: Frank Tuttle1)) und "Entscheidung vor Morgengrauen"1) (1951, "Decision Before Dawn"; Regie: Anatole Litvak1)), Irving Pichels1) Biopic "Martin Luther"1) (1953) mit Niall MacGinnis1) als Reformator Martin Luther1) und Billy Wilders1) meisterliche Screwball-Komödie "Eins, zwei, drei"1) (1961, "One, two, three"), eine modernisierten Version des Bühnenstück "Egy, kettő, három" von Ferenc Molnár1). In dem von Georg Wilhelm Pabst1) inszenierten, semidokumentarischen Spielfilm "Es geschah am 20. Juli"1) (1955) über das gescheiterte Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 porträtierte von Oertzen den Widerstandskämpfer Oberst Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim1), der noch in der Nacht des 20. Juli 1944 zusammen mit Claus Graf Schenk von Stauffenberg1) (Bernhard Wicki), General der Infanterie Friedrich Olbricht1) (Erik Frey) und Werner von Haeften1) (Til Kiwe) von regimetreuen Militärs überwältigt und auf Veranlassung von Generaloberst Friedrich Fromm1) (Carl Wery) im Hof des "Bendlerblocks"1) standrechtlich erschossen bzw. ermordet wurde. Lediglich ein Mal stand von Oertzen hinter der Kamera und drehte die Komödie "Sommerliebe am Bodensee" (1957; → filmdienst.de) → Übersicht Kinofilme nach 1945.
 
Seit den 1960er Jahren tauchte von Oertzen auf dem Bildschirm in zahlreichen TV-Produktionen auf, spielte neben verschiedenen Fernsehfilmen Episodenrollen in Krimiserien wie "Das Kriminalmuseum", "Die fünfte Kolonne" oder "Die seltsamen Methoden des Franz Josef Wanninger", stand beispielsweise als Preußischer Gesandter auf der Besetzungsliste der Abenteuerserie "Der Kurier der Kaiserin" (1970) oder als weiser Nestor1) in der internationalen Produktion bzw. dem Mehrteiler "Die Odyssee"1) (1968, "L'Odissea"), inszeniet von Franco Rossi1) nach dem Epos "Odyssee"1) von Homer1). In Rossis ebenfalls mehrteiligen Adaption  "Die Äneis" (1971, "Eneide") nach der "Aeneis"1) des Vergil1) erhielt er ebenfalls eine kleine Aufgabe. Eine seiner letzten Arbeiten für das Fernsehen war unter der Regie von Arno Assmann der Part des Chefinspektors Grierson in der Krimikomödie "Ehrlich währt am längsten"4) (1978) → Übersicht TV-Produktionen.
Zudem arbeitete er zeitweise als Synchronsprecher, lieh unter anderem Jack Gwillim1) in "Unser Mann in Rio"1) (1966, "Se tutte le donne del mondo") und Walter Woolf King1) in "Dick und Doof als Salontiroler"1) (1938, "Swiss Miss") seine Stimme → mehr bei synchronkartei.de.
Im Hörspielstudio war er ebenfalls sporadisch zu finden, eine Auswahl der bei der ARD Hörspieldatenbank gelisteten Produktionen findet man hier.
 
Ab den 1970er Jahren betätigte sich von Oertzen auf dem Felde der Politik, konzentrierte sich auf soziale und ökologische Themen, zu denen er sowohl mehrere Vorträge hielt als auch Schriften veröffentlichte. 1971 war er Mitbegründer der deutschlandweit ersten Bürgerinitiative "Rettet das Rotwandgebiet vor der Zerstörung", die erfolgreich gegen die Errichtung eines Skigebiets auf einer naturbelassenen Region bei München kämpfte. Dabei beschäftigte er sich unter anderem mit ethischen Forderungen und Richtlinien für ein ökologisch bewusstes Zeitalter. Zur Münchener Stadtratswahl im Jahr 1978 gründete Oertzen zusammen mit Carl Amery1) eine Wählerinitiative, die die " Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher"1)  (AUD) unterstützte; letztere hatte bei dieser Wahl mit dem Slogan "Erste Umweltschutzpartei" geworben. Zur bayerischen Landtagswahl 1978, die ein halbes Jahr später stattfand, initiierte er erneut eine Wählergemeinschaft, die für das Bündnis "Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher – Die Grünen" warb, das die AUD, die "Grünen Aktion Zukunft"1)  (GAZ) und 21 Bürgerinitiativen gebildet hatten. Oertzen wollte zunächst keiner bestimmten Gruppierung innerhalb der Umweltschutzbewegung beitreten, sondern plädierte für einen Zusammenschluss zu einer gemeinsamen Partei. Im Herbst 1978 nahm er an einem Treffen in Kassel teil, an dem sämtliche Parteien und politische Gruppierungen aus der Ökologiebewegung beteiligt waren. Da er jedoch kein Delegierter einer bestimmten Organisation war, trat er als "Grüne Wahlinitiative München" auf. Ein Jahr später war er Delegierter bei der Gründung der "Sonstigen Politischen Vereinigung Die Grünen" mit, die anlässlich der Europawahl 1979 gebildet wurde und bei der Wahl selber 3,2 Prozent erhalten hatte.5)
Neben Herbert Gruhl1) gehörte von Oertzen dann Mitte Januar 1980 zu den Gründungsmitgliedern der Partei "Die Grünen"1), doch bereits wenige Monate später verließ er im Juli 1980 die Partei wieder. Am 17. und 18. Oktober 1981 wirkte er an der Gründung des bayerischen Landesverbandes der "Ökologisch-Demokratischen Partei"1) (ÖDP) mit, der drei Monate vor dem der Bundespartei stattfand. Dort wurde er als Beisitzer in den Landesvorstand gewählt. Später wurde er Ehrenvorsitzender der Partei, der er bis zu seinem Tod angehörte.5)
 
Bis ins hohe Alter war der einstige Schauspieler politisch sowie als Autor aktiv, veröffentlichte Ende 1991 anlässlich seines bevorstehenden 80. Geburtstages mit der Biografie "Der unsichtbare Rucksack – Erlebte Geschichte in bewegter Zeit von 1914 bis 1945" sein erstes Buch. Weitere Publikationen waren der Gedichtband "Wunderland" (1992) mit dem Untertitel "Gereimtes und Ungereimtes für Erwachsene und Kinder und solche, die es werden wollen", das Buch "Lerne das Glück zu greifen. Über die Kunst zu leben" (1997), der Roman "Möwenschreie – Eine Familie im Sturm der Nazizeit" (2003) und das philosophisch-ökologische Essay "Wodurch sind wir in die ökologische Bedrohung gekommen?" (2004). Ein Jahr später publizierte er seine Kurzgeschichten "Ihr Lächeln verändert die Welt, Madame!. Ein Geschenkbuch" (2005) → www.eco-world.de.

Jaspar von Oertzen, der sich auch als Maler einen Namen machte, lebte zuletzt in Bayrischzell1) sowie in München1), wo er am 22. April 2008 im Alter von 96 Jahren starb. Er war seit Juli 1938 mit der dreizehn Jahre älteren Tänzerin und Choreografin bzw. ehemaligen Leiterin des Kasseler Opernballetts Ellen Petz (geb. 10.03.1899 in Karlsruhe) verheiratet, die bereits am 21. März 1970 im oberbayerischen Rottach-Egern1) verstarb6); die Ehe blieb kinderlos. Ellen Petz war in erster Ehe zwischen 1923 und 1937 mit dem Schauspieler Heinz Max von Cleve1) verheiratet gewesen.
Quelle (unter anderem): Wikipedia
Siehe auch cyranos.ch sowie den Nachruf bei www.welt.de
Ein Foto bei virtual-history.com
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) filmportal.de, 3) cyranos.ch, 4) Die Krimihomepage
5) Quelle: Wikipedia (abgerufen 09.09.2014) mit weitergehenden Quellenangaben
6) Quelle: Ahnentafel der Familie von Lattorff
Lizenz Szenenfoto/Lichtbild aus "Die barmherzige Lüge" (1939): Dieses Bild ist gemeinfrei, da das Urheberrecht abgelaufen und der Autor anonym ist.
Das gilt in der EU und solchen Ländern, in denen das Urheberrecht 70 Jahre nach anonymer Veröffentlichung erlischt.
Filme
Kinofilme / Fernsehen
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de
(Fremde Links: filmportal.de, Wikipedia, Die Krimihomepage, fernsehserien.de)
Kinofilme Fernsehen (Auszug)
Hörspielproduktionen (Auszug)
(Fremde Links: ARD-Hörspieldatenbank (mit Datum der Erstausstrahlung), Wikipedia)
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