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Wenn die Filmemacher schon zu Stummfilm-Zeiten exotisch
aussehende bzw. schwarzafrikanische Statisten benötigten,
bemühte man hierfür nicht Maskenbildner, sondern man griff auf in Deutschland
lebende Afrikaner oder Afro-Deutsche zurück. Beispiele für frühe
Filme, in denen dunkelhäutige Komparsen auftauchten, sind unter
anderem auch die Komödie "Die Austernprinzessin"1) (1919) und
das orientalische Märchen "Sumurum"1) (1920) von Regisseur
Ernst Lubitsch1). Nur selten wurden die Namen
dieser Personen im Vor- bzw. Abspann erwähnt, selbst wenn sie in
späteren Jahren kleinere Sprechrollen hatten. Zu den wenigen farbigen
Schauspielern, die überhaupt namentlich wahrgenommen wurden zählte
neben dem aus Deutsch-Ostafrika stammenden Bayume Mohamed Husen1) (1904 1944) vor
allem Louis Brody, der am 15. Februar 1892 in der damals zur deutschen
Kolonie
Kamerun1) gehörenden Stadt Douala1) als Ludwig M'bebe Mpessa geboren
wurde.
Im Alter von 15 Jahren kam Louis Brody aus dem damaligen deutschen
"Schutzgebiet" Kamerun nach Deutschland und konnte sich bald
als Sänger, Musiker und Tänzer in der Künstlerszene, aber auch als
Ringer etablieren. Einen ersten Leinwandauftritt absolvierte der
damals 23-Jährige in dem heute als verschollen geltenden Krimi
"Das
Gesetz der Mine"1) (1915)
aus der "Joe Deebs"-Reihe1)
mit Max Landa, musste darin einen
"riesenhaften Neger" mimen, der eine Weißen tötet. Auch in
den nachfolgenden, meist abenteuerlichen Produktionen bediente der
athletisch gebaute Mann, der in den Besetzungslisten oft als "Lewis Brody"
geführt wurde, rassistische Stereotype bzw. den Part des hünenhaften, "dämonischen"
Schwarzen, beispielsweise als Diener in dem mehrteiligen
Sensationsstreifen "Die
Herrin der Welt1) (1919)
mit Mia May und
dem Zweiteiler "Das
indische Grabmal"1) (1921)
nach dem Roman von Thea von Harbou1).
Louis Brody fotografiert von Yva1)
(Else Ernestine Neuländer-Simon) (1900 1942)
Quelle: www.cyranos.ch; Angaben zur Lizenz
(gemeinfrei)
siehe
hier
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Auch in Robert
Wienes1), mit Fern
Andra in der Titelrolle gedrehten expressionistischen Spielfilm "Genuine"1)
und dem Untertitel "Die Tragödie eines seltsamen Hauses" (1920),
produziert in Babelsberg1)
von der "Decla-Bioscop AG"1), taucht er als die
"schwarze Gefahr" auf, die "domestiziert" werden muss.
kann man in dem Artikel "Louis Brody in Babelsberg"
bei filmportal.de lesen. Weiter wird ausgeführt: "Genuine" ist sicherlich einer der bedeutendsten
Filme Brodys. Denn in der wichtigen
Nebenrolle, die ihm hier zukommt, spiegelt sich, wie Nagl dargestellt hat, das Spektrum
rassifizierender Zuschreibungen des frühen Weimarer Kinos: Brody wird zugleich sexualisiert und
dämonisiert, die Begegnung der weißen Genuine mit dem "riesigen" schwarzen Mann löste sowohl
sensationalistische Erregung als auch bedrohlichen Schauder aus. Auch der Topos der
"schwarzen Gefahr", die gebändigt werden muss (in dem Sinne spricht der
"Film-Kurier"1) vom "weißen Herz in seinem schwarzen
Busen") und die Metaphorik des Bluts, das nicht vermischt werden soll (entsprechend schleudert Genuine
"entsetzt den Becher von sich") sind charakteristisch
für die Vorstellungswelt des zeitgenössischen Films und ihn umgebende Gesellschaftsordnungen."
Den fremdländischen "Mohr"1) spielte er in
Paul Lenis1)
starbesetztem Stummfilm-Drama "Die
Verschwörung zu Genua"1) (1921) und in
der venezianischen Episode von Fritz Langs1) Meisterwerk "Der
müde Tod"1) (1921), in
dem Sportlerstreifen "Die Boxerbraut"2) (1926) sah man
ihn als "Fighting Bob". Ende der 1920er Jahre nahm Brody für Bühnenauftritte gelegentlich
den Künstlernamen "Brody-Alcolson" an eine Hommage an den amerikanisch-jüdischen Schauspieler
Al Jolson1) (1886 1950), der
mit der Titelrolle in dem ersten abendfüllenden
Tonfilm "The
Jazz Singer"1) (1927, "Der Jazzsänger")
auch international Furore gemacht hatte → Übersicht Stummfilme.
Louis Brody fotografiert von Yva1)
(Else Ernestine Neuländer-Simon) (1900 1942)
Quelle: Wikimedia
Commons; Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)
siehe
hier
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Der Übergang von der Weimarer Republik1) zur Zeit
nach der so genannten "Machtübergreifung"1)
durch das Nazi-Regime bedeutete für Brody erstaunlicherweise keinen Einbruch seiner Karriere im Gegenteil. Die Nationalsozialisten brauchten für ihre Kolonialfilme schwarze Darsteller, so dass
er, obwohl ansonsten in Deutschland benachteiligt, pro Drehtag 100 Reichsmark
verdiente dies entsprach
in etwa dem halben Monatslohn eines Spitzenverdieners.
So tauchte er unter anderem als Hamissi, Aufseher des von Sepp Rist
gespielten deutschen Farmers Peter Hellhoff in der Adaption "Die
Reiter von Deutsch-Ostafrika"1) (1934)
nach dem Roman "Kwa heri" von Marie Luise Droop1) auf, an bekanntesten
ist wohl seine Figur des bösen, dennoch fast kindisch agierenden Häuptlings
Lobenguela1) (1833 1894) in dem bis heute zu den "Vorbehaltsfilmen"1)
zählenden NS-Propagandastreifen "Ohm
Krüger"1) (1941)
mit Emil Jannings als
südafrikanischer Präsident Paulus Kruger1),
genannt "Ohm Krüger". Auch
in anderen Propaganda-Machwerken/Vorbehaltsfilmen jener Jahre kam Brody zum Einsatz,
so mimte er in dem perfiden, antisemitischen Hetzfilm "Jud
Süß"1) (1940) den Diener des
von Heinrich George dargestellten Württembergischen Herzogs
Karl Alexander1)
oder einen Ostafrikanischen Stammeshäuptling in dem Biopic "Carl
Peters"1) (1941)
mit Hans Albers als
Kolonialist und Afrikareisender Carl Peters1)
mit stark ausgeprägter rassistischer Einstellung.
Als Schiffsmatrose Pedro zeigte
er sich in dem Krimi "Dr. Crippen an Bord"1) (1942),
als König Wapunga in dem antibritischen Tendenzfilm "Germanin Die Geschichte einer kolonialen Tat"1) (1943), der
nach Kriegsende von der alliierten Militärzensur mit einem
Aufführungsverbot belegt wurde. Der von Juli 1943 bis Januar 1944 gedrehte
Rühmann-Film "Quax
in Afrika"1) mit Brody als Medizinmann gelangte erst
am 22. Mai 1953 zur Uraufführung.
"Brody gehörte zu den wenigen schwarzen Darstellern, denen auch Sprechrollen zugestanden wurden die meisten
schwarzen Filmkomparsen hatten lediglich dekorativ im Hintergrund herumzustehen, während im
Vordergrund die weißen "Herrenmenschen" ihre Heldentaten vollbrachten. Die Rollen, die Brody zu
spielen hatte, zeigten ihn allerdings stets in untergeordneter Position, mal als Diener oder
Barmann, manchmal auch als Ringer. Auch außerhalb des Films trat Brody gelegentlich als Ringer
auf. Seine vielseitige Begabung und seine großen Sprachkenntnisse sicherten ihm bis zum
Kriegsende seinen Lebensunterhalt und retteten ihm möglicherweise
das Leben."3)
Am 9. März 1938 heiratete Brody die farbige Danzigerin Erika Diek (Erika Ngambi ul Kuo), deren Vater ebenfalls aus Kamerun stammte,
und mit der er Tochter Beryl hatte. In einem Interview schilderte Erika Brody
die damaligen Lebensumstände folgendermaßen: Meinem Mann wurde die deutsche Staatsangehörigkeit damals auch aberkannt.
Da Kamerun1) noch
französische Kolonie war, wandte er sich an das französische Konsulat und erhielt ohne weiteres
die französische Staatsangehörigkeit. Somit wurde ich durch die Heirat französische
Staatsbürgerin. Wir mussten uns jede Woche bei der Polizei melden. In Berlin hatten wir viel
auszustehen. Als ich schwanger war, bekam ich zu hören: "Unser Führer legt keinen Wert auf
solche Kinder." Als unsere Tochter vier Jahre alt war, meldete ich sie im Kindergarten an, ich
arbeitete den Tag über. Nach einer Woche durfte ich sie nicht mehr hinbringen, da den anderen
Kinder nicht zugemutet werden konnte, mit einem "Negerkind" zu spielen. Während des Krieges
hatte mein Mann einen Schauspielvertrag in München. (
) Wir hatten zwei Zugplätze
nebeneinander reserviert, damit das Kind sich zwischendurch schlafen legen konnte. Auf einmal
ging die Abteil-Tür auf, ein SA-Mann erschien in der Tür: "Du Neger mit deinem Bierarsch, mach
mal Platz für die alte Dame!" Ich weiß nicht, woher ich die Kraft nahm, meinen Mann
zurückzuhalten. Er wog immerhin zwei Zentner, der ging auf den SA-Mann los wie ein Tiger. Der
Mann ist sofort verschwunden. Es ist nicht auszudenken, was alles hätte passieren können. Nach
einer Weile sagte mein Mann: "Gnädige Frau, sie können meinen Platz
haben." Sie hat aber abgelehnt.3)
5)
Das Ende des Nationalsozialismus bzw. des 2. Weltkrieges erlebte Brody
in Berlin, setzte dann seine Karriere als Zirkusartist, Jazz-Musiker und Schauspieler
fort. Unter anderem trat er als Sänger und Schlagzeuger der "Mc Allen Band"
in dem Berliner Jazz-Club "Pinguin Bar" in der Bülowstraße1) auf, noch 1950 ging er mit dieser Formation auf Tournee.
Einen letzten kleinen Leinwandauftritt hatte er in der DEFA1)-Produktion bzw. dem
antifaschistischen Abenteuer "Die letzte Heuer"1)
nach dem Roman von Ludwig Turek1), dessen Premiere am 12. April 1951 er nicht mehr
erlebte → Übersicht Tonfilme.
Louis Brody, der seine Popularität als Filmstar politisch nutzte bzw. sich zusammen mit anderen
Schwarzen europaweit in verschiedenen Organisationen für die Gleichberechtigung von Schwarzen
und Weißen einsetzte, starb am 11. Februar 1951 mit nur 58 Jahren in Berlin.
Die letzte Ruhe fand er auf dem im Osten Berlins liegenden "Friedhof Hohenschönhausen"; die Grabstelle existiert heute nicht mehr.
Von dem Filmhistoriker Tobias Nagl stammt die
Veröffentlichung "Von Kamerun nach Babelsberg. Louis Brody und die
schwarze Präsenz im deutschsprachigen Kino vor 1945"
sowie das Buch
"Die unheimliche Maschine. Rasse und Repräsentation im Weimarer Kino" (2009).
Ende Februar bis Mitte März 2014 brachte das "English Theatre"1)
in Berlin-Kreuzberg1) das
von Daniel Brunet inszenierte Stück "Schwarz gemacht" von Alexander Thomas
auf die Bühne, welches durch die Biografie von Louis Brody
inspiriert wurde → nachtkritik.de,
www.etberlin.de
(englisch).
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Filme
Stummfilme / Tonfilme
Filmografie bei der Internet Movie Database
sowie filmportal.de
(Fremde Links: Wikipedia, filmportal.de, Murnau Stiftung) |
Stummfilme
Tonfilme
- 1931: Stürmisch die Nacht
(als ?)
- 1931: Nie
wieder Liebe (Roman "Dover-Calais" von Julius
Berstl; als Koch) → filmportal.de
- 1932: Der
weiße Dämon
(mit Hans
Albers; als Theaterportier) → filmportal.de
- 1932: Peter
Voss, der Millionendieb (nach dem Roman von Ewald
Gerhard Seeliger; mit Willi
Forst; als ?) → filmportal.de
- 1933: Die Blume von Hawaii
(nach der gleichnamigen
Operette von Paul
Abraham; als ?) → filmportal.de
- 1934: Pechmarie
(als Schwarzer)
- 1934: Da
stimmt was nicht / Der Heiratsschwindler (nach dem Schwank
"Da stimmt was nicht" von Franz
Arnold;
als Bräutigam in einer Brautkutsche)
- 1934: Die
Reiter von Deutsch-Ostafrika (nach dem Roman "Kwa heri"
von Marie
Luise Droop; als Hamissi, Aufseher bei Famer
Peter Hellhoff = Sepp
Rist) → filmportal.de
- 1935: Punks kommt aus Amerika
(nach dem Roman von Ludwig
de Wohl; mit Attila
Hörbiger; als Barkeeper)
- 1935: Stützen der Gesellschaft
(nach dem Bühnenstück "Samfundets Støtter" von Henrik
Ibsen; mit Heinrich
George als
Werftbesitzer Konsul Karsten Bernick; als ?) → filmportal.de
- 1937: Das Geheimnis um Betty Bonn
(nach dem Roman "Der Streit um die Betty Bonn" von Friedrich
Lindemann; als Matrose Higgins)
- 1938: In geheimer Mission
(als ?)
- 1938: Sergeant
Berry (mit Hans
Albers als Sergeant Mecki Berry; als ein Mitbewohner von Berry)
→ filmportal.de
- 1938: Der
unmögliche Herr Pitt (von und mit Harry
Piel; als Matrose Hannibal) → filmportal.de
- 1938: Kautschuk
(mit René Deltgen als
Henry Wickham;
als ?) → filmportal.de
- 1939: Wasser
für Canitoga (mit Hans Albers; als Johnny)
→ filmportal.de
- 1939: Kennwort Machin
(nach dem Roman "Herr Borb besitzt unser Vertrauen"
von C.
V. Rock (d. i. Kurt Walter Roecken);
mit Paul
Dahlke als Jürgen Borb, Kassierer der "Dadag",
alias A. Machin; als Hotelportier in New York)
- 1939: Brand im Ozean
(als ?) → filmportal.de
- 1940: Jud
Süß (Vorbehaltsfilm;
mit Ferdinand
Marian als Joseph
Süß Oppenheimer; als schwarzer Diener
des Herzog von Württemberg Karl
Alexander = Heinrich
George) → filmportal.de
- 1941: Blutsbrüderschaft
(Vorbehaltsfilm; als ?) → filmportal.de,
IMDb
- 1941: Carl
Peters (Vorbehaltsfilm; mit Hans
Albers als Kolonialist und Afrikareisender Carl
Peters; als Stammesführer) → filmportal.de
- 1941: Ohm
Krüger (Vorbehaltsfilm; mit Emil
Jannings als Präsident Paulus
Kruger, genannt "Ohm Krüger"; als Häuptling Lobenguela,
zweiter und zugleich letzter König des Matabele-Königreichs
im südlichen Afrika)
→ filmportal.de)
- 1941: Auf
Wiedersehn, Franziska (mit Marianne
Hoppe als Franziska Tiemann; als Portier eines südamerikanischen
Hotels) → filmportal.de
- 1942: Vom Schicksal verweht
(nach dem Theaterstück "Dschungel" von Josef
Maria Frank; Regie: Nunzio Malasomma;
als Eingeborenenhäuptling "Je croi en dieu")
- 1942: Dr.
Crippen an Bord (nach dem Bericht von Walter
Ebert, basierend auf dem realen britischen Kriminalfall um den
amerikanischen
Mörder Dr. Hawley
Crippen; mit Rudolf
Fernau als Dr. Frank Crippen; als Matrose Pedro)
→ filmportal.de,
zauberspiegel-online.de
- 1943: Der
unendliche Weg
(über den Nationalökonom Friedrich
List, dargestellt von Eugen
Klöpfer; als Schwarzer an der Kutsche
von Susan Harper, genannt "Tante Sannah" = Hedwig
Wangel) → filmportal.de
- 1943: Germanin Die Geschichte einer kolonialen Tat
(nach dem Roman von Hellmuth
Unger über die Entwicklung des Suramins
als medizinischen Wirkstoff gegen die Schlafkrankheit;
als König Wapunga) → filmportal.de
- 1943: Münchhausen
(mit Hans
Albers als Baron
Münchhausen; als Obersklave) → filmportal.de,
prisma.de
- 1943: Herr Sanders lebt gefährlich
(mit Paul
Verhoeven als Krimiautor Paul Sanders; als ?)
- 1943/44: Quax
in Afrika (UA: 22.05.1953; nach Motiven der Erzählung
"Quax auf Abwegen" von Hermann
Grote; mit Heinz
Rühmann;
als Medizinmann) → filmportal.de
- 1949: Nächte am Nil
(nach der musikalischen Komödie "Darf man? Darf man nicht?" von Bobby
E. Lüthge; als Film-Ägypter)
- 1950: Schwarzwaldmädel
(nach der gleichnamigen
Operette von Leon Jessel (Musik); mit
Sonja
Ziemann als Schwarzwaldmädel Bärbele
ungenannte Nebenrolle) → filmportal.de
- 1951: Die letzte Heuer
(DEFA-Produktion
nach dem Roman von Ludwig
Turek; ungenannte Nebenrolle)
→ defa-stiftung.de,
IMDb
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