Josefine Kramer-Glöckner/Josefine Glöckner-Kramer
Josefine Kramer-Glöckner, auch bekannt als Pepi Kramer-Glöckner und Pepi Glöckner-Kramer, erblickte am 17. Januar 1874 in Berlin das Licht der Welt, wurde schon früh vom Theater geprägt. Ihre Mutter war die bekannte Schauspielerin Berta Glöckner1) (1848 – 1916), ihr Vater der populäre Komiker des Wiener "Carltheaters" Josef Matras2) (1832 – 1887), der zur Zeit der Geburt gerade in Berlin gastierte.
Josefine Kramer-Glöckner 1917 in Reitkostüm, mit Hut; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora, 1881–1963); Datierung: 10.02.1917; Quelle/Copyright ÖNB/Wien, Bildarchiv (Inventarnummer 204028-D) Erzogen in einem Internat in Pressburg2) (heute Bratislava, Slowalei) – der Vater starb 1887 mit nur 55 Jahren an den Folgen einer unheilbaren Geisteskrankheit – zog es Tochter Josefine schon früh zur Bühne, bereits knapp 15-jährig sammelte sie erste Erfahrungen auf den " Brettern, die die Welt bedeuten". Ein erstes Engagement trat sie 1888 als "2. Naive" am "Deutschen Theater" in Budapest2) an, danach folgten einige Jahre in Berlin und schließlich ab 1892 das "Deutsche Volkstheater"2) in Wien, wo sie bis zu ihrem Tod ihre künstlerische Heimat fand. Im Mai 1900 (nach anderen Quellen 1897) ehelichte sie ihren Kollegen Leopold Kramer (1869 – 1942) und nannte sich seither Pepi Kramer-Glöckner.
Sie hatte sich zu einer vielseitigen Künstlerin entwickelt, die in klassischen und modernen Schauspielen ebenso Erfolge feierte wie in Operetten und volkstümlichen Stücken, zudem machte sie sich einen Namen als Soubrette und Interpretin von Dialektrollen. Sie wusste in Schauspielen des Dramatikers Ludwig Anzengruber2) zu überzeugen, so beispielsweise 1890 als Tochter Josepha Schalanter in "Das vierte Gebot"2) an der Seite von Rudolf Tyrolt2) (Vater Schalanter), Ludwig Martinelli2) (Sohn Schalanter) und Alexander Girardi (Stolzenthaler) oder später, im vorgerückten Alter, als Mutter Wolfen in dem sozialkritischen Drama "Der Biberpelz"2) von Gerhart Hauptmann2). Unter der Regie ihres Ehemannes zeigte sie sich in diversen Stücken, sie gab Leseabende und trat bei Soireen und Wohltätigkeitsveranstaltungen – mitunter vor Angehörigen des Hofes – mit Chansons und Couplets auf.

Josefine Kramer-Glöckner 1917 in Reitkostüm, mit Hut
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek2) (ÖNB)
Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora2), 1881–1963); Datierung: 10.02.1917
Quelle/© ÖNB/Wien, Bildarchiv (Inventarnummer 204028-D)

Ludwig Eisenberg2) (1858 – 1910) schreibt in seinem 1903 publizierten Lexikon*) zu ihrem Wirken am "Volkstheater": "Die junge Künstlerin fand hier namentlich im österreichischen Lokalstück wie in der Posse reichlich Gelegenheit zu künstlerischer Betätigung, und ihr herzhafter Humor, wie die hervorstechende Begabung für das Parodistische, die Glöckner ganz besonders vorteilhaft auszeichnet, nicht zum Mindesten ihre wohlklingende Stimme, die namentlich im Coupletvortrag zur wirksamsten Geltung kommt, vermehrten von Jahr zu Jahr die Zahl ihrer Verehrer. Die operettenhaften Allüren, die ihr auch in Volkstücken anhafteten, legte sie vollständig ab und schuf eine Reihe fescher, kerngesunder Volkstypen, an denen man seine Freude haben kann. Abgesehen von ihrem sprudelndem Frohsinn, ihrer lustigen Manier, versetzt sie ihr Publikum durch ihre oft drollig und fein nuancierten Lieder, namentlich aber mit ihren Chansons in französischer, englischer und deutscher Sprache, in die behaglichste und angenehmste Stimmung. Glöckner, die sich allgemeiner Sympathien erfreut, erweist auch am Vorlesetisch (das erste Mal öffentlich am 27. April 1897) mit der Wiedergabe von Novellen und Gedichten der verschiedensten Färbung – hochdeutsch und Dialekt – sowie als ausgezeichnete Beherrscherin der französischen Sprache ihr anerkennenswertes Charakterisierungstalent."
Kurz nach dem 1. Weltkrieg übernahm Ehemann Leopold Kramer 1918 für knapp zehn Jahre (bis 1927) die Direktion des "Deutschen Volkstheaters" in Prag, was für Pepi Kramer-Glöckner zahlreiche Gastspielreisen in die Tschechoslowakei zur Folge hatte. Ende der 1920er Jahre gehörte sie beispielsweise am Wiener "Raimund Theater"2) als Frau Peachum zur Besetzung der österreichischen Erstaufführung des berühmten Stücks "Die Dreigroschenoper"2) (1929) von Bertolt Brecht2) und Kurt Weill2) (Musik) – inszeniert von Karlheinz Martin2) gestaltete unter anderem Harald Paulsen – wie schon bei der Berliner Uraufführung am 31.08.1928 – den Macheath (Mackie Messer), Kurt von Lessen2) den Bettlerkönig Peachum, Barbara Hohenberg die Polly und Julius Brandt2) den Tiger Brown → "Arbeiter-Zeitung" (10.3.1929, S. 5/6)
Unter der Regie von Max Reinhardt2) zeigte sie sich seit der Premiere am 31. Oktober 1928 am "Theater in der Josefstadt"2) in "Der lebende Leichnam" von Leo Tolstoi als Anna Pawlowna, Mutter von Fedjas (Gustav Waldau) Frau Lisas (Vlanak Pechy/Helene Thimig) → josefstadt.org sowie Foto bei theatermuseum.at.
 
Ab 1917 wirkte sie neben der Arbeit am Theater auch in einigen Stummfilmen mit, was jedoch eher eine Randerscheinung blieb. Erst ab Mitte der 1930er Jahre stand Pepi Kramer-Glöckner regelmäßig vor der Kamera und übernahm Nebenrollen in österreichischen und deutschen Kinoproduktionen. 

Josefine Kramer-Glöckner 1917 in einem Kleid mit Pelzstola und Toque
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek2) (ÖNB)
Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora2), 1881–1963); Datierung: 10.02.1917
Quelle/© ÖNB/Wien, Bildarchiv (Inventarnummer 204029-D)

Josefine Kramer-Glöckner 1917 in einem Kleid mit Pelzstola und Toque; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora, 1881–1963); Datierung: 10.02.1917; Quelle/Copyright ÖNB/Wien, Bildarchiv (Inventarnummer 204029-D)
Josefine Kramer-Glöckner 1925, veröffentlicht in "Der Humorist. Zeitschrift für Theater- und Kunstwelt" (23.10.1925, S. 5); Urheber unbekannt; online: "Österreichische Nationalbibliothek"; Quelle: Wikimedia Commons; Lizenz: gemeinfrei Sie mimte Wirtschafterinnen wie in den Dramen "Mutterliebe"2) (1939) und "Operette"2) (1940), Dienstmädchen wie in dem Krimi "Ich bin Sebastian Ott"2) (1939), Bäuerinnen wie in dem Drama "Ein Leben lang"2) (1940) oder Zimmerfrauen wie in dem Melodram "Gabriele Dambrone"2) (1943). Während der Nazi-Diktatur konnte Pepi Kramer-Glöckner ihrer schauspielerischen Tätigkeit nicht ungehindert nachgehen, ihr Ehemann Leopold Kramer wurde 1938 wegen seiner jüdischen Abstammung mit einem Arbeitsverbot belegt, sie selbst aus der "Reichstheaterkammer"2) ausgeschlossen, was de facto ein Berufsverbot bedeutete. Erst durch die Intervention von Käthe Dorsch erhielt sie 1939 eine Sondergenehmigung und war zur der Spielzeit 1941/1942 am "Wiener Stadttheater"2) engagiert. Leopold Kramer konnte nur knapp einer Deportation entgehen, war aber zur Passivität verdammt; vier Jahre später starb er am 29. Oktober 1942 im Alter von 73 Jahren an den Folgen eines Magendurchbruchs.

 
Josefine Kramer-Glöckner 1925, veröffentlicht in
"Der Humorist. Zeitschrift für Theater- und Kunstwelt"2) (23.10.1925, S. 5)
Urheber unbekannt; → online "Österreichische Nationalbibliothek"
Quelle: Wikimedia Commons; Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier
Auch nach dem 2. Weltkrieg blieb die Schauspielerin auf der Leinwand präsent, trat unter anderem als Köchin Katharina in dem ganz auf Hauptdarstellerin Paula Wessely zugeschnittenen Melodram "Cordula"2) (1950) in Erscheinung, gedreht von Gustav Ucicky2) nach dem epischen Gedicht "Kirbisch" von Anton Wildgans2). In Ernst Marischkas2) Verwechslungslustspiel "Zwei in einem Auto"2) (1951) spielte sie die Großmutter von Lisa Krüger (Johanna Matz), die nach allerlei Turbulenzen in dem Rennfahrer Georg Schmittlein (Wolf Albach-Retty) ihr Glück findet.
Zu den letzten Auftritten der inzwischen knapp 80-Jährigen zählten Franz Antels2) k. u. k.-Romanze"Kaiserwalzer"2) (1953) mit Winnie Markus und Rudolf Prack, in Eduard von Borsodys2) Musikfilm "Hab' ich nur Deine Liebe"2) (1953) mit Johannes Heesters als Komponist Franz von Suppè2) und Gretl Schörg2) als dessen spätere zweite Ehefrau, die Sängern Sophie Strasser2), zeigte sie sich als Köchin Berta, in "Die fünf Karnickel"2) (1953) nach dem gleichnamigen Schwank von Julius Pohl3) als Großmutter Walburga Klopps → Übersicht Tonfilme.
Noch im hohen Alter stand sie auf der Bühne, so am "Wiener "Theater in der Josefstadt" unter der Regie von Rudolf Steinboeck2) als Frau Button in dem Stück "Gute Reise" (Premiere: 21.01.1952; → josefstadt.org) des Briten H. M. Harwood (1874 – 1959) an der Seite von Johannes Heesters als Frank Button. Eine letzte Rolle hatte sie Ende August 1952 am Wiener "Volktheater"2) in dem  Anzengruber-Schauspiel "Das vierte Gebot"2) – diesmal als Großmutter Herwig.

Die Volksschauspielerin und Soubrette Pepi Kramer-Glöckner starb am 9. März 1954 – wenige Wochen nach ihrem 80. Geburtstag – in Wien. Die letzte Ruhe fand sie auf dem dortigen "Ober Sankt Veiter Friedhof"2) (Gruppe C, Reihe 22, Nr. 6) im 13. Wiener Gemeindebezirk Hietzing2) an der Seite ihrer Mutter Berta († 10.12.1916) und ihres Gatten Leopold Kramer († 29.10.1942) → Foto der Grabstelle bei knerger.de.
Seit 1955 erinnert die "Kramer-Glöckner-Straße" in Wien-Hietzing an die beliebte Künstlerin.
Quellen (unter anderem*)): Wikipedia, cyranos.ch, www.1133.at, geschichtewiki.wien.gv.at
*) Ludwig Eisenberg: Großes biographisches Lexikon der Deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert (Verlag von Paul List, Leipzig 1903); Digitalisiert: Josephine Glöckner: S. 331
Fremde Links: 1) www.wien.gv.at, 2) Wikipedia, 3) wilhelm-koehler-verlag.de
Lizenz Zeichnung Josefine Kramer-Glöckner (Urheber: unbekannt): Dieses Bild ist gemeinfrei, weil der Künstler unbekannt und in der Quelle nicht erwähnt ist.
       
Filme
Stummfilme / Tonfilme
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de
(Fremde Links: Wikipedia, whoswho.de, filmportal.de, Murnau Stiftung, wilhelm-koehler-verlag.de)
Stummfilme (Auszug)  → www.earlycinema.uni-koeln.de
  • 1917: Komtesse Stallmagd (als ?)
  • 1917: Der Todeskuss (R: Carl Schönfeld; als ?) → IMDb
  • 1917: Träume sind Schäume oder "Zu Höherem geboren" (R: Franz Osten; als ?)
  • 1917: Eine Verzwickte Geschichte (R: Carl Heinz Wolff; als ?) → IMDb
  • 1926: Modche a Rézi (nach dem Roman "Die Geschichten von Modche und Resi und anderen lieben Leuten"
    ("Modche a Rézi ") von Vojtech Rakous: Regie: Premysl Prazský (1893–1964); als Rezi Korefová
    ) → IMDb
  • 1928: Dyckerpotts Erben (nach dem Theaterstück von Robert Grötzsch; Regie: Hans Behrendt; als ?)
Tonfilme
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