Auch
Leontine Kühnberg reiht sich in die Liste der Stummfilm-Darstellerinnen ein, über die es kaum Informationen gibt,
obwohl sie zu ihrer Zeit eine beliebte Mimin war und mit namhaften
Regisseuren zusammenarbeitete. Die 9. September 1889 in Berlin geborene Künstlerin,
Tochter des jüdischen Kaufmanns Emil Chimberg und dessen Ehefrau Heni, ist seit 1908 als Theaterschauspielerin
nachweisbar. Zeitweilig gehörte sie dem Ensemble des von Max Reinhardt1) geleiteten "Deutschen Theaters"1) an.
|
Noch vor dem 1. Weltkrieg trat sie erstmals auf der Leinwand in Erscheinung und
wirkte als Partnerin von Ludwig Trautmann in dem
Harry Piel-Streifen
"Der schwarze Pierrot" (1913) mit. Laut cyranos.ch
soll sich die Schauspielerin dem neuen Medium Film nicht nur wegen des
leicht zu verdienenden Geldes zugewandt haben, sondern vor allem aus Neugier, sich selber als Künstlerin beobachten zu können, wenn der Film vorgeführt wurde,
um daraus Erfahrungen zu sammeln.
Rasch konnte sich
Leontine Kühnberg in der Stummfilmszene etablieren, Anerkennung brachte ihr die Mitwirkung in zwei
Verfilmungen nach Vorlagen von Hermann Sudermann1) ein: In dem Drama "Die
Geschichte der stillen Mühle"1) (1914)
spielte sie unter der Regie von Richard Oswald1) die junge Gertrud, die
zwischen den beiden Brüdern Johannes (Alfred Abel) und Martin
(Robert Valberg1))
steht. In der von Stummfilm-Pionier Max Mack1) in Szene gesetzten Romanverfilmung "Der
Katzensteg"1) (1915)
überzeugte sie als Dienstmagd Regine, die von Boleslav von Schranden
(Georg Lengbach) gezwungen wird, die französischen Truppen über den
Katzensteg in den Rücken der preußischen Freikorps, die für die
Befreiung Deutschlands von der napoleonischen Knechtschaft kämpfen,
zu führen und dafür von der Dorfgemeinschaft geächtet wird.
Leontine Kühnberg, fotografiert
von Wilhelm Willinger1) (1879 1943)
Quelle: Wikipedia;
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)
siehe hier
|
|
|
|
Die nächsten fünf Jahre stand Leontine Kühnberg regelmäßig vor der Kamera, spielte vor allem in
Melodramen Hauptrollen, deren Titel wie "So
rächt sich die Sonne"1) (1915), "Es gibt nur Eins auf der Welt,
das ewig ist die Liebe" (1917) oder "Die Tragödie der Manja Orsan" (1919) schon
schicksalhafte Geschichten ahnen ließen. Sie mimte Töchter wie in
Harry Piels Science-Fiction-Film "Das
lebende Rätsel"1) (1916) oder junge Ehefrauen wie in
den von Richard Oswald inszenierten Dramen "Seine
letzte Maske"1) (1916)
und "Zirkusblut"1) (1916), der sie
auch im ersten Teil seines vierteiligen Aufklärungs- und Sittenfilms
"Es
werde Licht!"1) (1917) besetzte. In
einer Doppelrolle tauchte sie in Richard Eichbergs1)
Melodram "Die
goldene Mumie"1) (1919) auf, mimte
als Myra Korff die Verlobte
des berühmten Ägyptologen Prof. Mäander (Ferdinand Bonn)
sowie die Lothos, Tochter des ebenfalls von Bonn dargestellten Pharaos. Die "Neue
Kino-Rundschau"1) vom 27. Juli 1918 (S. 8) notierte unter anderem
"Leontine Kühnberg stellt Myra, die holde Lotos, dar. Nicht nur in den
Kleidern des zwanzigsten Jahrhunderts sieht sie reizend aus, sie weiß auch
als Dame aus der Zeit 5000 vor Christi entzückend zu wirken."
Leontine Kühnberg, fotografiert
von Wilhelm Willinger1) (1879 1943)
Quelle: www,cyranos.ch;
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)
siehe hier |
Für Eichberg verkörperte sie die Titelheldin in der Tragödie "Die
letzte Liebesnacht der Inge Tolmein"1) (1918), war für
den für seine "Sensations-Melodramen" bekannte Regisseur die weibliche Protagonistin in den
Produktionen "Der Narr hat sie geküßt" (1918), "Kinder der Landstraße" (1919),
"Die Tragödie der Manja Orsan" (1919) und "Wehrlose Opfer" (1919).
Mit dem ungarischen Regisseur Eugen Illés1)
drehte sie unter anderem die Streifen "Die silberne Fessel" (1920)
sowie "Moral" (1920) nach der Vorlage "Moral. Der Roman
einer Berliner Familie" von Artur Landsberger1), war für Henrik Galeen1)
die titelgebende Figur in dem Stummfilm "Judith Trachtenberg"1) (1920), gedreht nach dem Roman
des österreichischen Schriftstellers Karl Emil Franzos1).
Nach dem Part der Dore Schmidt an der Seite von Tilla Durieux in
der von Heinz Sarnow
nach dem gleichnamigen Roman von Emil Pirchan1)
gedrehten Geschichte um ein Elixier der Unsterblichkeit mit dem Titel "Der zeugende Tod" (1921) sowie der Doppelrolle in
Karlheinz Martins1)
heute als verschollen geltenden fantastisch-expressionistischem
Film "Das Haus zum Mond" (1921) beendete
Leontine Kühnberg vorerst aus unbekannten Gründen ihre
Leinwandkarriere. Lediglich in "Die Heimatlosen" (1924) übernahm
sie unter der Regie von Preben J. Rist1) noch einmal eine tragende Aufgabe in einem
Stummfilme → Übersicht Stummfilme (Auszug).
Leontine Kühnberg, fotografiert
von Wilhelm Willinger1) (1879 1943)
Quelle: www,cyranos.ch;
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)
siehe hier
|
|
Danach verschwand Leontine Kühnberg aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit, ihr weiterer
Lebensweg liegt, ebenso wie ihr Todesdatum, weitgehend im Dunkeln.
Wikipedia (Stand: Juni 2023) notiert: "Zu Jahresbeginn 1921 heiratete sie
in Wien den Kaufmann und Filmproduzenten Ludwig Schwarz, für dessen "Neos-Film GmbH" sie
zuvor dreimal in Hauptrollen vor der Kamera gestanden hatte. Das Ehepaar lebte in den folgenden Jahren in den Berliner Stadtbezirken
Wilmersdorf1) und
Charlottenburg1), wo Ludwig Schwarz eine Großfabrikation
für Strumpfwaren betrieb. 1930 war Leontine Kühnberg Inhaberin des kurzlebigen Verlages
"Buchkultur", den sie gemeinsam mit ihrem Mann betrieb. Über ihr späteres Schicksal
liegen derzeit keine gesicherten Angaben vor. 1970 wurde Leontine Kühnberg beim
Amtsgericht Schöneberg1) für tot erklärt,
wobei als amtlicher Todestag der 31. Dezember 1945 festgelegt wurde. Ihr letzter Aufenthaltsort war vermutlich
Warschau1), sodass von einem gewaltsamen Tod der nach
NS-Rassenlehre1) als
"Volljüdin" geltenden Schauspielerin ausgegangen werden muss möglicherweise im Zusammenhang mit dem
"Warschauer Ghetto"1). Ihr Ehemann
war bereits 1962 für tot erklärt worden.
Der Schriftsteller Ernst Birnbaum1) war ein Cousin Leontine Kühnbergs."
|
|
Quelle (unter anderem): Wikipedia,
cyranos.ch
|
Fremde Links: Wikipedia
Lizenz Foto Leontine Kühnberg (Urheber: Wilhelm Willinger): Diese Bild- oder Mediendatei ist
gemeinfrei, weil ihre
urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für die Europäische
Union, die Vereinigten Staaten, Australien und alle weiteren Staaten mit einer
gesetzlichen Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers.
|
|
Filme (Auszug)
Filmografie bei der Internet Movie Database, filmportal.de
sowie
frühe Stummfilme bei "The
German Early Cinema Database"
(Fremde Links: Wikipedia, cyranos.ch; R = Regie, P = Produktion) |
- 1913: Der schwarze Pierrot
(R/Drehbuch: Harry Piel; mit Ludwig Trautmann;
als ?) → Early Cinema Database
- 1914: Die
Geschichte der stillen Mühle (nach der Vorlage von Hermann
Sudermann; R: Richard
Oswald;
als Gertrud, Ehefrau von Müllersohn Martin Felshammer (Robert
Valberg))
- 19141920: Filme unter der Regie von Eugen Illés
- 1915: Der
Katzensteg
(nach dem Roman von Hermann
Sudermann; R: Max
Mack; als Regine, die Magd) → filmportal.de
- 1915: Ein Erbe wird gesucht
(R: Joseph Delmont;
als Tochter Elise Drachenburg) → Early Cinema Database
- 1915: Pension
Lampel (R: Max
Mack; als ?)
- 1915: So
rächt sich die Sonne
(R: William
Wauer; als Aranka, Tochter von Wirt Matter (Hermann
Vallentin)
und dessen bettlägerigen Frau (Frida
Richard)) → filmportal.de
- 1916: Das
lebende Rätsel (R/Drehbuch: Harry Piel;
als Melya, Tochter von Prof. Mikett (Hermann Vallentin);
Ludwig Trautmann
als der reiche, an notorischer Schlaflosigkeit leidende Olaf Peer)
- 1916: Der grüne Mann von Amsterdam (R: Otto
Rippert; mit Erich Kaiser-Titz
in der Titelrolle; als das Schlossfräulein)
→ Early Cinema Database,
IMDb
- 1916: Seines Bruders Weib (R: ?; mit Nils
Chrisander; als ?) → Early Cinema Database
- 1916: Az ezüst kecske (P: Ungarn; R: Mihály
Kertész (Michael Curtiz); als das Mädchen vom Land Kőris
Piros) → IMDb
- 1917: Der Spion
(R: Heinz
Karl Heiland; mit Ferdinand
Bonn als Spion Anzio; als Else Bohl)
- 19161917: Filme unter der Regie von Richard Oswald
- 1917: Das Verhängnis einer Nacht
(R: Arthur
Wellin; als ?)
- 19171919: Filme unter der Regie von Richard
Eichberg
- 1918: Maria Magdalena
(R:
Preben J. Rist; als Nonne, Ernst
Rückert als Schulreiter Sandor;
Anmerkung: nicht identisch mit dem 1919 veröffentlichten
gleichnamigem
Film (Regie: Otto
Kreisler) mit Thea Rosenquist;
in der Titelrolle
→ IMDb)
→ IMDb,
Early Cinema Database
- 1918: Das Mädchen vom Kaufhaus X
(R: ?; als ?)
- 1920: Im Schuldbuch des Hasses
(R: Rudolf
del Zopp; als ?)
- 1920: Judith Trachtenberg
(nach dem Roman von Karl Emil Franzos;
R: Henrik
Galeen; als die junge Jüdin
Judith Trachtenberg) → 
filmportal.de (Foto)
- 1920: Versiegelte Lippen
(R: Rudolf
del Zopp; als als Hermine, Tochter von Bankier Rottenfels (Gustav
Botz)))
→ Early Cinema Database
- 1920/21: Der zeugende Tod
(nach dem Roman von Emil Pirchan;
R: Heinz
Sarnow; als Dore, Tochter von
Hofrat Schmidt (Albert
Patry))
- 1921: Das Haus zum Mond
(R: Karlheinz
Martin; als Bettina, Ehefrau von Astronom Nathanael (Erich
Pabst)
sowie dessen Tochter Luna)
- 1924: Die Heimatlosen
(R:
Preben J. Rist; als Naja)
|
|