Der Theater- und Stummfilmschauspieler Albert Patry wurde am 1. März 1864 im westpreußischen Elbing1) (heute: Elbląg, Polen) geboren. Gleich nach Abschluss des Gymnasiums wandte er sich der Schauspielerei zu und debütierte 1882 in Jena1). 1883 ging er nach Heidelberg1), im darauffolgenden Jahr nach Guben1) (Niederlausitz), um ab 1885 für drei Jahre in Halle1) (Saale) auf der Bühne zu stehen bzw. dort 1886 das "Stadttheater"1) zu gründen; in Halle glänzte er unter anderem im gleichen Jahr als Octavio Piccolomini in dem Schiller-Drama "Wallenstein"1). 1889 wechselte der Schauspieler nach Berlin an das "Deutsche Theater"1), wirkte dann ab 1892 in Breslau am "Lobe-Theater"1), wohin er dann nach einem kurzen Aufenthalt am Hamburger "Thalia Theater"1) erneut zurückkehrte, um 1896 einem Ruf an das Berliner "Schillertheater"1) zu folgen. Dort war Patry im Fach des "Konversationsliebhabers" und gesetzten Bonvivants aber auch als Regisseur bis 1901 tätig. So inszenierte er unter anderem das Schauspiel "Das Glück im Winkel" von Hermann Sudermann1), der Rezensent des "Berliner Lokal-Anzeigers"1) lobte unter anderem Albert Patry in der Rolle des Freiherrn von Röcknitz mit den Worten "Die in seinem Inneren lodernde, lange zurückgehaltene Leidenschaft brachte er kraftvoll zum Ausdruck." Eine nächste Station wurde in Berlin ab 1901 das "Lessingtheater"1) und auch hier erntete er Lorbeeren für seine schauspielerische Kunst.

Albert Patry auf einer Künstlerkarte um 1900, fotografiert
von Wilhelm Höffert1) (1832 – 1901), Dresden
Quelle: theatermuseum.at; Inv. Nr.: FS_PK201740alt
© KHM-Museumsverband; Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0

Albert Patry auf einer Künstlerkarte um 1900, fotografiert von Wilhelm Höffert (1832–1901), Dresden; Quelle: theatermuseum.at; Inv. Nr.: FS_PK201740alt; Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0
Ludwig Eisenberg1) (1858 – 1910) schreibt in seinem 1903 publizierten Lexikon*): "Patry gehörte zu jenen Bühnenpersonen, die einen fest umrissenen, wenn auch nicht allzu großen Rollenkreis beherrschen, den sie mit zwingender Liebenswürdigkeit ausfüllen. Früher spielte er Heldenväter, bei deren Darstellung er sich Beherrschung auferlegen mußte, die ihn vielleicht manchmal am unbedingten Erfolg hinderte, während er als Bonvivant alles geben kann, was er hat. Besonders Lebemänner stellt er mit größter Glaubwürdigkeit dar, und noch nie hat man bei ihm Konventionelles oder gar Schablonenmäßiges bemerken können. Seine Figuren strotzen von Naturwahrheit und versteht er es durch seine prächtigen Darbietungen sein Publikum auf das Beste und Angenehmste zu erheitern. Neben den zahllosen Helden Moserscher (gemeint ist Gustav von Moser1) (1825–1903) und Blumenthalscher (gemeint ist Oscar Blumenthal (1852–1917) Prägung – müssen unter andern sein "Röcknitz" im "Glück im Winkel" (Rolle des Freiherrn von Röcknitz in Sudermanns "Das Glück im Winkel"), sein alter General in "Satisfaktion" (Schauspiel von Baron Alexander von Roberts (1845–1896)) als ganz vorzügliche Darstellungen besonders genant werden. Liebenswürdige Derbheit kennzeichnet sein Fach am deutlichsten."
Weitere herausragende Rollen waren beispielsweise der Petruchio in der Shakespeare-Komödie "Der Widerspenstigen Zähmung"1), der Konsul Karsten Bernick in dem Ibsen- Drama "Stützen der Gesellschaft"1) und der Protagonist bzw. Badearzt Dr. Thomas Stockmann in dem gesellschaftskritischen Schauspiel "Ein Volksfeind"1), ebenfalls von Ibsen. Später leitete Patry zudem viele Jahre in Berlin die Schauspielschule des "Königlichen Schauspielhauses"1) am Gendarmenmarkt, das im Oktober 1919 in "Preußisches Staatstheater" umbenannt wurde.
Albert Patry war bereits Mitte 50, als er sich für den Film interessierte und 1918 sein Leinwanddebüt unter der Regie von Robert Wuellner1) in dem Streifen "Hinter verschlossenen Türen" gab. Im März 1919 folgte das von Georg Jacoby1) mit Pola Negri und Harry Liedtke in Szene gesetzte Melodram "Das Karussell des Lebens"1), im Juni 1919 war er erneut mit Negri und Liedtke in der tragisch endenden Geschichte "Kreuziget sie!"1) zu sehen und mimte einmal mehr unter der Regie Jacobys als Staatsrat Alexander Hartung den Ehemann von Maria (Negri), der seine Gattin wegen einer angebliche Affäre mit dem Pianisten van der Straaten (Paul Hansen) verstößt → Murnau Stiftung.
Die kommenden fünf Jahre tauchte der Theatermime in rascher Folge in zahlreichen stummen Produktionen, meist Melodramen auf, kam jedoch nie über Nebenrollen hinaus. Zu den Filmen, in denen Patry in Erscheinung trat, zählen beispielsweise der Krimi "Die Pantherbraut"1) (1919) aus der "Joe Deebs"-Reihe1) mit Carl Auen als findigem Detektiv und Patry als Oberpriester der Kali, in dem Drama "Die Tochter des Mehemed"1) (1919) zeigte er sich als ein Minister oder in der Adaption "Die goldene Krone"2) (1920) nach dem Roman von Olga Wohlbrück1) als Großfischhändler Stöven, Vater von  Klaus (Hermann Thimig), der die Wirts-Tochter Marianne (Henny Porten) heiraten soll.

Albert Patry, fotografiert im Fotoatelier "Zander & Labisch"
(Albert Zander u. Siegmund Labisch1) (1863–1942))
Quelle: cyranos.ch; Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier

Albert Patry, fotografiert im Fotoatelier "Zander & Labisch" (Albert Zander u. Siegmund Labisch (1863–1942)); Quelle: www.cyranos.ch; Lizenz: gemeinfrei
Lupu Pick besetzte Patry als Staatsanwalt Brückner, Vater von Sebald (Johannes Riemann), in seinem, die Abschaffung der Todesstrafe thematisierenden Streifen "Misericordia – Tötet nicht mehr!"1) (1920), für Regisseur Adolf Gärtner1) stellte er den Abteilungsleiter am Britischen Museum Prof. Grey in dem Abenteuer "Das Rätsel der Sphinx"3) (1921) dar oder spielte den Polizeidirektor Görensen in dem Krimi "Die goldene Kugel"2) (1921). Auch in Friedrich Wilhelm Murnaus1) Meisterwerk "Der brennende Acker"1) (1922) war er mit einem kleinen Part vertreten, ebenso wie in den ersten beiden Teilen von Arzén von Cserépys1) vierteiligem Historienfilm "Fridericus Rex"1) (1922), wo er an der Seite von Otto Gebühr als Preußenkönig Friedrich II.1) den Hofprediger Müller darstellte. In Max Macks1) Verfilmung "Die Fledermaus"1) (1923) nach den Libretti von Karl Haffner1) und Richard Genée1) zu der gleichnamigen Operette1) von Johann Strauss1) (Musik) machte er als Vater von Rosalinde (Eva May), der Gattin des Gabriel von Eisenstein (Harry Liedtke), eine gute Figur. In dem von Joe May1) mit seiner Ehefrau Mia May sowie Emil Jannings in den Hauptrollen inszenierten, melodramatischen Vierteiler "Tragödie der Liebe"1) (1923) trat er ebenfalls mit einer kleinen Rolle in Erscheinung. Nach einigen Auftritten in 1924 veröffentlichten Produktionen beendete Patry mit dem von Karl Gerhardt1) nach dem Roman von Hugo Landsberger1) alias Hans Land gedrehten Drama "Staatsanwalt Jordan"1) (1926) neben Protagonist Hans Mierendorff seine kurze, wenn auch intensive filmische Karriere → Übersicht Stummfilme.
 
Albert Patry, der eine Zeit lang Vizepräsident der "Deutschen Bühnengenossenschaft"1) war, starb am 26. November 1938 im Alter von 74 Jahren in Berlin. Er war mit seiner Kollegin Maria Reisenhofer (1865 – 1947) verheiratet, mit der zusammen er auch bei "Die goldene Krone" (1920) vor der Kamera stand. Wie aus alten Unterlagen des Berliner Standesamtes hervorgeht, war Patry in erster Ehe mit der Schauspielerin Jenny (Anna) Patry (geb. Behrens, ca. 1865) verheiratet gewesen, die 10 Tage nach der Geburt (20.10.1889) des gemeinsamen Sohnes Fritz Otto Hans am 30. Oktober 1889 verstarb → Eintrag Geburt des Sohnes, Eintrag Tod der Ehefrau.
Die "Neue Zürcher Zeitung" (NZZ) schrieb am 1. Dezember 1938 zum Tod des Schauspielers in seiner Abendausgabe (Nr. 2124): "Nun werden wir uns also nicht mehr in vorgerückter Nachtstunde, nach den Premieren des "Berliner Schauspielhauses" an der Omnibus-Haltestelle treffen. Das war im Lauf der Jahre zum Brauch geworden. Der Referent kannte den Schauspieldirektor Patry seit Jahrzehnten von der Bühne her, während diesem der Referent vermutlich unbekannt war. Gleichwohl hielt er immer im Omnibus Umschau, ob der andere auch mitgekommen sei. Wenn La Rochefoucauld1) es als das Beneidenswerte an der Popularität bezeichnete, von Leuten gekannt zu werden, die man nicht kenne, so mag man es beneidenswerter finden, Leute zu kennen, ohne von ihnen gekannt zu sein. Albert Patry ist schon vor Jahren von der Schaubühne abgetreten und jetzt mit 74 Jahren auch von der Schaubühne des Lebens. Er war ein guter Schauspieler, dem alles Komödienhafte fernlag. Wenn er auftrat, wehte ein frischer Lufthauch über das Brettergerüst. Offiziere, Kapitäne, Gutsbesitzer – das waren die Rollen, zu deren Darstellung er sich durch Erscheinung, Wesensart, Stimmklang am besten eignete. Vielleicht war er kein großer Schauspieler; aber müssen denn alle gleich Talmas4) oder Garricks5) sein? Auch so wird Patry noch lange an der Omnibus-Haltestelle vermißt werden."6)
Quellen (unter anderem*)): Wikipedia, cyranos.ch
*) Ludwig Eisenberg: "Großes biographisches Lexikon der Deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert" (Verlag von Paul List, Leipzig 1903);
Digitalisiert: Albert Patry: S. 751 / S. 752
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) Murnau Stiftung, 3) filmportal.de
4) gemeint ist der französische Schauspieler François Joseph Talma (1763–1826)
5) gemeint ist der englische Schauspieler David Garrick (1717–1779)
6) Quelle: horst-schroeder.com
Lizenz Foto Albert Patry (Urheber "Fotoatelier Zander & Labisch", Berlin): Das Atelier von Albert Zander und Siegmund Labisch († 1942) war 1895 gegründet worden; die inaktive Firma wurde 1939 aus dem Handelsregister gelöscht. Externe Recherche ergab: Labisch wird ab 1938 nicht mehr in den amtlichen Einwohnerverzeichnissen aufgeführt, so dass sein Tod angenommen werden muss; Zander wiederum war laut Aktenlage ab 1899 nicht mehr aktiv am Atelier beteiligt und kommt somit nicht als Urheber dieses Fotos in Frage. Die Schutzdauer (von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers) für das von dieser Datei gezeigte Werk ist nach den Maßstäben des deutschen, des österreichischen und des schweizerischen Urheberrechts abgelaufen. Es ist daher gemeinfrei. (Quelle: Wikipedia)
  
Filme
Filmografie bei der Internet Movie Database, filmportal.de sowie
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(Fremde Links: Wikipedia, filmportal.de, Murnau Stiftung; R = Regie)
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