Die Schauspielerin Thea Sandten gehört zu den vergessenen Darstellerinnen der Stummfilm-Ära – laut CineGraph*) wurde sie am 30. Juni 1884 als Toni Wally Ansorge in Breslau1) geboren; über den familiären Hintergrund ist derzeit nichts bekannt.
Thea Sandten vor 1929; Urheber: Alexander Binder) (1888–1929); Photochemiekarte K 1720; Quelle: Wikipedia; Lizenz: gemeinfrei Nachweisbar wirkte sie seit Beginn der 1910er Jahre am Berliner "Friedrich-Wilhelmstädtisches Schauspielhaus"1), wo vorwiegend Theaterstücke, aber auch Operetten aufgeführt wurden. Bereits seit dieser Zeit interessierte sich die Mimin für die aufstrebende Kinematographie1), zu ihren ersten Arbeiten vor der Kamera zählte das von Franz Porten1) und Gerhard Dammann1) gedrehte, patriotische Heldenepos "Theodor Körner"1) (1912) mit dem Untertitel "Ein historisches Lebensbild", wo sie an der Seite des den Dichter und Freiheitskämpfer Theodor Körner1) verkörpernden Friedrich Fehér als dessen Verlobte, die österreichische Schauspieler Antonie Adamberger1) (1790 – 1867) in Erscheinung trat. Es folgten zahlreiche tragende Rollen vornehmlich in den Melodramen jener Ära, so mimte sie in der von Urban Gad1) in Szene gesetzten, tragischen Geschichte "Komödianten"1) (1913) an der Seite von dessen legendären (Noch-)Ehefrau Asta Nielsen die Schauspielerin Harriet oder gab die theaterbesessene Filmehefrau des nicht minder berühmten Alexander Moissi in Heinrich Bolten-Baeckers'1) Drama "Kulissenzauber"1) (1915). Als brave, kleine Näherin Lotte, die nach Höherem strebt, zeigte sie sich in "Schicksalswende"1) (1915), spielte in Rührstücken wie "Und das Wissen ist der Tod"1) (1915) oder "Aus dem Buche des Lebens"1) (1915).
   

Thea Sandten vor 1929
Urheber: Alexander Binder1) (1888 – 1929);
Photochemiekarte K 1720
Quelle: Wikipedia; Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier
Bei CineGraph*) wird ausgeführt: "Sandten tritt ihre gesamte Karriere hindurch fast ausschließlich in "Frauenfilmen" auf, in denen das Meistern eines Schicksals oder einer Gefahr durch eine Frau das bestimmende Merkmal ist. In diesen Jahren lebt sie mit dem französischen Filmregisseur Henri Étiévant (1870   1953) zusammen, einem jener Filmpioniere, die in mehreren Ländern des Kontinents aktiv sind und der wiederholt Filme mit ihr inszeniert. So bemühen sich beide um eine Karriere im italienischen Film: Etievant realisiert 1913 in Mailand vier Filme mit Thea Sandten, darunter "Il tenore" und "La vendetta del giusto". Damit ist sie wohl die erste deutsche Filmschauspielerin, die auch im Ausland in tragenden Rollen besetzt wird." Einen ihre größten Erfolge konnte Thea Sandten 1916 mit der Figur der verführerischen Giulietta in dem Stummfilm "Hoffmanns Erzählungen"1) verzeichnen, realisiert von Richard Osweald1) nach Motiven der gleichnamigen Oper1) von Jacques Offenbach1), die wiederum auf einigen Novellen von E. T. A. Hoffmann1) beruht – Erich Kaiser-Titz gab den älteren E. T. A. Hoffmann, Kurt Wolowski1) den jungen Hoffmann.
Eine weitere beachtenswerte Rolle war die der Judith, Tochter des Trödlers Simon (Josef Klein1)), die in dem Streifen "Der Trödler von Prag"1) (1916) heimlich in dessen Gehilfen David (Arthur Bergen) verliebt ist. "Der Trödler von Prag" folgte der unmittelbar zuvor, im Herbst 1915, entstandenen Produktion "Und das Wissen ist der Tod"1), an dem dasselbe Team (Regisseur Walter Schmidthässler1), Hauptdarsteller Arthur Bergen und Sandten) beteiligt gewesen waren. Auch in Otto Ripperts1) Schauergeschichte "Homunculus"1) (1916) mit Olaf Fönss in der Titelrolle des "Homunkulus"1) gehörte sie im 6. und letzen Teil "Das Ende des Homunculus"2) als Magda zur Besetzung, tauchte als Frau von Sawerski in dem Krimi "Der Saratogakoffer"1) (1917) aus der "Harry Higgs"-Reihe1) mit Hans Mierendorff als findigem Gentleman-Detektiv auf und war als Sigrid Komtess Lunden, Braut des Grafen Eric Thoralt (Carl Auen), auch in dem Detektivfilm "Der rätselhafte Blick"1) (1918) aus der populären "Stuart Webbs"1)-Reihe vertreten, in dem Protagonist Stuart Webbs (Ernst Reicher) erneut einen kniffligen Fall zu lösen hatte. Bis Anfang der 1920er Jahre zeigte sich Thea Sandten beispielsweise in dem als "Des Volkstribunen Glück und Ende" untertitelten "Biopic "Ferdinand Lassalle"1) (1918), inszeniert von Rudolf Meinert1) nach dem Roman "Ferdinand Lassalle" von Alfred Schirokauer1) mit Erich Kaiser-Titz als Ferdinand Lassalle1) (im Hauptteil).

Thea Sandten fotografiert von Wilhelm Willinger1) (1879 – 1943)
Photochemiekarte K 1456; Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier

Thea Sandten fotografiert von Wilhelm Willinger (1879–1943); Photochemiekarte K 1456; Lizenz: gemeinfrei
In dem Drama "Kronprinz Rudolf oder: Das Geheimnis von Mayerling" (1919),  das Rolf Randolf1) mit sich selbst als Kronprinz Rudolf1) in Szene setzte, verkörperte sie die Baroness Mary Vrscera1): Erzählt wird die Tragödie auf Schloss Mayerling1), wo der österreichische Thronfolger Rudolf von Österreich-Ungarn in der Nacht vom 29. auf den 30. Januar 1889 gemeinsam mit seiner 17-jährigen Geliebten Mary Vetsera, den Freitod suchte → Wikipedia. Thea Sandten spielte Hauptrollen in dem Zweiteiler "Der Kampf um die Ehe" (1919) oder in dem Streifen "Ein Tropfen schwarzen Blutes" (1921), an letzten Arbeiten vor der Kamera ist der Kurzfilm "Die Vielgeliebte" (1921) zu nennen, den Thea Sandten mit ihrer wenig erfolgreichen Berliner "Tesa-Film GmbH" selbst produzierte. "Bis zum Ende des Jahrzehnts bleibt Sandten der weibliche Star von auf sie zugeschnittenen Melodramen oder Kriminal-Abenteuern. Sie ist die Heldin im Zwielicht, zurückhaltend und attraktiv, eben die wunderschöne, mitunter stolze und standesbewusste Frau …"*)
Nach dem Detektiv-Streifen "Das Licht um Mitternacht" (1922), der von Max Landa mit sich selbst in der Hauptrolle bzw. von dessen "Max Landa-Film GmbH" produziert worden war, verschwand Thea Sandten plötzlich und unerklärlicherweise aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit → Übersicht Stummfilme.
Nach Einschätzung des CineGraph-Autors*) könnte dies private Gründe gehabt haben: Im August 1916 heiratet sie in Berlin-Charlottenburg1) den zwei Jahre jüngeren Alfred Jachmann, die Ehe scheitert und wird im Mai 1920 geschieden. Im Gegensatz zu ihren Filmrollen geht ihre eigene Lebenskrise nicht siegreich aus. Sandten scheint dies sehr mitzunehmen, ihr fehlen Antriebskraft und Freude an der Filmarbeit, sie versinkt offenbar in Depressionen. (…) Thea Sandten lebt weiterhin in Berlin, lange am Kurfürstendamm1), und wird in den Adressbüchern als Toni Jachmann geführt. (…) Später heiratet sie zwei weitere Male: 1931 sowie schließlich 1939 einen Herrn Löwenstein. Offenbar wird sie unter der nationalsozialistischen Herrschaft als der jüdischen Religionsgemeinschaft angehörig behandelt und ist Opfer der Shoah1), denn am 9.12.1942 wird sie aus Berlin in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Nach von "Yad Vashem"1) veröffentlichten Unterlagen (Item ID 3885186) stirbt Thea Sandten als Toni Löwenstein im Januar 1943 im "KZ Auschwitz"1)."*)
Quelle (unter anderem): "CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film"*)
 sowie Wikipedia, cyranos.ch
*) Quelle: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film (Lieferung 56; Autor: Ernst Dirk Holsiepe)
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