1889 wurde Weisse an das neu gegründete "Deutsche
Volkstheater"2) in
Wien berufen, Ludwig Eisenberg2)
(1858 1910) schreibt in seinem 1903 publizierten Lexikon*):
Gleich in der Eröffnungsvorstellung sprach er den von Ferdinand von Saar2) verfaßten Prolog und
erschien als König Karl1) in der "Bluthochzeit" zum ersten Mal als
Schauspieler vor dem Wiener Publikum (Anm.: gemeint ist "Die Bluthochzeit, oder, Die
Bartholomäusnacht"2)
von Albert
Lindner2)). Seit dieser Zeit ist Weiße
ununterbrochen Mitglied dieses Theaters, an dem er sich als feinfühliger
Charakteristiker und musterhafter Sprecher bald eine erste Stellung schuf, die
er bis zum heutigen Tag in höchst anerkennenswerter Weise ausfüllt. Seinen
ersten, großen nachhaltigen Erfolg errang er an dieser Bühne mit der
Darstellung des Staatsanwaltes Tschuku in der "Hochzeit von Valeni" (Anm-:
"Die Hochzeit von
Valeni" von Ludwig Ganghofer2) und Marco Brocinér2)3)).
Seit diesem Abend zählt man ihn zu den besten Wiener Charakterschauspielern.
Weiße verwendet viel Fleiß auf das gesprochene Wort, wie er überhaupt der
Deutlichkeit des Vortrages, der seinen Nuancierung und der markanten
Sprechweise sorgfältigste Aufmerksamkeit widmet: und ebenso wie seine Sprache
ist auch seine Darstellungsweise anschaulich, prägnant, charakteristisch.
Seine ganz außerordentlich vornehme Art zu spielen, weist ihm auch das Fach
des "pčres nobles" zu, in welchem ihm seine Würde, von seiner
hohen, distinguierten Gestalt besonders unterstützt, vortrefflich zu statten
kommt. Aber: nicht nur im modernen Stück (auf deutschem Boden wie im Pariser
Salon) hat er eine Anzahl wirkungsvollster Kabinettstücke herausgearbeitet
(Napoléon2) in "Sans-Gęne"
(Anm.: Komödie "Madame Sans-Gęne" von Victorien Sardou2), basierend auf dem Leben von Catherine Lefčbvre2)),
Baron Hofäcker in "Fastnacht" (Anm.: von Richard Jaffé;
18611920), Holger in "Über
unsere Kraft" (Anm.: Drama "Over Ćvne. Fřrste Stykke"
von Bjřrnstjerne Bjřrnson2)),
Dr. Rank2) in "Nora"2) etc.), auch im klassischen
Drama, insoweit dieses am "Deutschen
Volkstheater" gepflegt wird, stellt Weiße seinen Mann, und sind sein Geßler
(→ "Wilhelm
Tell"2)), Riccaut de la Marliničre
(→ "Minna
von Barnhelm"2)), Shylock
(→ "Der
Kaufmann von Venedig"2)), Rudolf von
Habsburg2) (→ "König
Ottokars Glück und Ende") etc. festgemeißelte Charaktergestalten, ehern in der Haltung
und doch fein durchseelt. Im März 1902 trat Weiße als Mitdirektor in die
Leitung des "Deutschen Volkstheaters".*)
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Nach dem Tod von Emmerich Bukovics4)
(* 1844) am 4. Juli 1905 war Weisse bis 1916 allein für die Direktion des "Deutschen Volkstheaters"
zuständig, setzte sich für die Aufführung von zeitgenössischen Dramatikern wie Gerhart Hauptmann2),
George Bernard Shaw2),
Arthur Schnitzler2) oder
Frank Wedekind2) ein und gehörte schon bald zu den prägenden Größen
der Wiener Theaterszene. Zudem baute er mit Schauspielern wie Max Pallenberg,
Josefine Glöckner,
Anton Edthofer,
Hans Homma,
Ida Wüst,
Jakob Feldhammer2)
oder Wilhelm Klitsch auch den klassischen Teil des Spielplans weiter aus.
Am 15. Mai 1907 kam es zur Wiener Erstaufführung der Oper "Salome"2) von
Richard Strauss2) in einem
Gastspiel aus Breslau, von Johann Nestroy2) wurden sechs Stücke neu inszeniert, von
Ferdinand Raimund2) jedoch keines.
Fotos: Adolf Weisse 1911 als Wallenstein2)
in der Schiller-Trilogie "Wallenstein"2)
Fotos mit freundlicher Genehmigung der
Österreichischen
Nationalbibliothek2) (ÖNB)
Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora2), 18811963);
Datierung: 25.09.1911
Quelle/© ÖNB/Wien, Bildarchiv |
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Inventarnummer 203534-D |
Inventarnummer 203535-D |
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Ab 1920 trat der inzwischen 65-jährige vermögende Mime kurzeitig im Film in
Erscheinung, zeigte sich erstmals im November 1920 in der von Alexander Korda
nach dem Roman "The
Prince and the Pauper"2) von Mark Twain2) in Szene gesetzten Adaption "Prinz und Bettelknabe"2)
auf der Leinwand und mimte neben dem kleinen Protagonisten Tibor Lubinszky2) den Lordkanzler.
Richard Oswald2) besetzte
Weisse als
jüdischen Hehler Fagin2)
in dem Streifen "Die Geheimnisse von London" (1920) mit dem
Untertitel "Die Tragödie eines Kindes", gedreht frei nach dem berühmten
Roman "Oliver Twist"2)
von Charles Dickens2)
erneut mit Tibor Lubinszky. Es folgten prägnante Rollen unter anderem in den von
Friedrich Fehér
mit Ehefrau Magda Sonja inszenierten Produktionen "Die Geburt des Antichrist"2) (1922)
nach der Erzählung von Leo Perutz2) und "Der Sohn des
Galeerensträflings" (1923), für Hans Homma
verkörperte er an der Seite von Grit Haid den Herzog von Clermont in dem Streifen "Die Marquise von Clermont" (1922),
basierend auf einer Vorlage von Honoré de Balzac2). Erneut mit Alexander Korda drehte Weisse
den Stummfilm "Jedermanns
Weib" (1924) und übernahm neben Kordas damaligen Ehefrau
María Corda in der Rolle der Blumenverkäuferin Theres Huber den eher kleinen Part eines Dieners. Als
Michael Kertész2)
(= Michael Curtiz) das Drama "Harun al Raschid"2) (1924) auf die Leinwand bannte, gab
Weisse den alten Sonderling und auch in Kertész'
Monumentalfilm "Die Sklavenkönigin"2) (1924)
gehörte der Mime zur Besetzung
und schlüpfe in die Maske des Pharao
Menapta. Entstanden war der lange als verschollen geltende Streifen nach dem Roman
"The Moon of Israel" von Henry Rider Haggard1), welcher wiederum auf der biblischen Geschichte vom
Auszug aus Ägypten2)
basierte und in dem Maria Cotda als das jüdische
Sklavenmädchen Merapi, "The Moon of Israel",
in Erscheinung trat. Inspiriert worden war Kertész auch "durch die
"Ägyptomanie", die weltweit seit dem ersten Fund eines ungeplünderten Pharaonengrabes, jenem des ägyptischen Pharaos
Tutenchamun2), herrschte. Hauptdarstellerin war dieses Mal nicht die Frau des Regisseurs, wie es
in den meisten vorangegangenen Filmen von Michael Kertész der Fall war. Da
Lucy Doraine (1898 1989) mittlerweile von ihm geschieden war,
bekam mit María Corda ausgerechnet die Frau seines
ebenfalls aus Ungarn stammenden "Konkurrenten" Alexander Korda, der in diesen Jahren für die
konkurrierende "Vita-Film"2) gleichfalls Monumentalfilme in Wien inszenierte, die Hauptrolle
zugesprochen." notiert Wikipedia.
Letztmalig stand Weisse für die österreichisch-französische
Produktion bzw. das Historiendrama "Salammbô"2) (1924) vor der
Kamera, welches in Deutschland auch unter dem Titel "Der Kampf um Karthago"
gezeigt wurde. In dieser Verfilmung des Romans "Salammbô"2)
von Gustave Flaubert2) gab Weisse neben der die Titelheldin
verkörpernden Jeanne de Balzac (1891 1930) den
Scharabahim → Übersicht Stummfilme.
Nach seiner letzten Arbeit für den Film zog sich der Künstler ins
Privatleben zurück und verfasste unter anderem seine Memoiren.
Der Schauspieler und Theaterintendant Adolf Weisse starb am 17. Juli 1933
im Alter von 78 Jahren in
Wien2); die letzte Ruhe fand er auf dem dortigen "Zentralfriedhof"2) (Israelitische Abteilung,
(Tor 4, Gruppe 9A, Reihe 2, Nr. 6))
→ Foto der Grabstelle bei Wikimedia Commons.
Sein Sohn Hans Weisse (1892 1940),
der unter anderem bei Heinrich Schenker2)
(1868 1935) studierte, wurde Komponist bzw.
Musikpädagoge → schenkerdocumentsonline.org
(in englisch). |
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