Die Stummfilm-Darstellerin Sybill Morel (auch Sybil) wurde am 16. Februar 1892 als Bertha Herz in Mannheim1) geboren und besuchte dort ab 1914 die Schauspielschule des "Nationaltheaters"1); zusätzlich nahm sie privaten Unterricht. Ein erstes Engagement führte sie anschließend nach Chemnitz1) an das "Stadttheater", danach wirkte sie in Berlin an den Bühnen von Victor Barnowsky1).
Ende der 1910er Jahre begann Sybill Morel eine intensive Laufbahn beim Film, ihr Leinwanddebüt gab sie in Robert Reinerts1) Aufsehen erregendem Streifen "Opium"1) (1919), wo sie an der Seite von Eduard von Winterstein, Werner Krauss und Conrad Veidt mit der weiblichen Hauptrolle der schönen, rätselhaften Chinesin Sin bzw. Krankenschwester Magdalena ihn Erscheinung trat. So schrieb die "Lichtbild-Bühne1) (Nr. 5) am 1. Februar 1919 unter anderem: "Sybill Morel als das unglückliche Opiummädchen Sin, später als Schwester Magdalena, die ihrem Erretter in fast hündischer Liebe ergeben ist; Werner Krauß als der um seine Liebe betrogene und sich an jedem Europäer dafür rächende Opiumhöhlenbesitzer Nung-Tschang; Conrad Veidt als des Professors Lieblingsschüler – sie alle sind in Maske und Darstellung lebenswahre, trefflich gezeichnete Gestalten, die man so leicht nicht vergessen wird." → filmportal.de

Sybill Morel in den 1920er Jahren
Urheber: Atelier "Becker & Maass", Berlin
(Otto Becker (1849–1892)/Heinrich Maass (1860–1930))
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Sybill Morel in den 1920er Jahren; Urheber: Atelier "Becker & Maass" (1902 – 1938); Quelle: Wikimedia Commons;  Lizenz: gemeinfrei
Es folgten weitere, so genannte "Aufklärungsfilme" wie das von Carl Boese1) inszenierte Melodram "Die Geisha und der Samurai"1) (1919), in dem es um das Thema Morphiumsucht ging, oder der Streifen "Die Geächteten" (1919), der jedoch nach einem Aufführungsverbot erst 1921 unter dem neuen Titel "Der Ritualmord"1) in die Lichtspielhäuser gelangte. Auch "Des Teufels Puppe" (1920) fiel zunächst der Zensur zum Opfer und kam dann 1924 mit dem neuen Titel "Marie d'Amour und ihre Liebhaber" in die Kinos → Zensurentscheidung. Überwiegend waren es die Melodramen, Tragödien und Detektivgeschichten jener Jahre, in denen Sybill Morel meist mit Hauptrollen glänzen konnte. Allein die Titel ließen das Publikum mitunter erahnen, welch dramatische Geschichte zu erwarteten war. So sah man sie unter anderem in der Entführungsgeschichte "Angelo. Das Mysterium des Schlosses" (1920), die auch unter dem Titel "Die Schreckensnacht auf Schloss Drachenegg" veröffentlicht wurde, bei "Die Tragödie eines Großen" (1920) handelte es sich um den ersten, in Deutschland produzierten abendfüllenden "Rembrandt"-Film. Carl de Vogt stellte in dem von Arthur Günsburg1) in Szene gesetzten Werk den berühmten niederländischen Künstler Rembrandt van Rijn1) dar, Sybill Morel die Patriziertochter Saskia van Uylenburgh1), welche Rembrandt am 22. Juni 1634 heiratete.
 
Nach Produktionen wie "Das Geheimnis der Spielhölle von Sebastopol" (1920), "Der Club der Hasardeure" (1921) oder "Was der Totenkopf erzählt" (1921) zeigte sie sich als Gärtnerstochter Ljuba in der von Ludwig Berger1) nach der Novelle von Heinrich Zschokke1) mit Agnes Straub in der Titelrolle realisierten Adaption "Der Roman der Christine von Herre"1) (1921), spielte "die rote Ose", flatterhafte Tochter des Kapitäns Tamen (Rudolf Hofbauer), in dem Drama "Am roten Kliff"2) (1921). Zur Morels Filmografie zählen verschiedene Krimis, beispielsweise "Das Souper um Mitternacht" (1921) mit dem Untertitel "Abenteuer des Detektivs Harry Wills" und Hans Adalbert Schlettow, "Nur eine Nacht" (1922) mit dem von Bruno Eichgrün1) gespielten Detektiv Nick Carter oder der Zweiteiler "Harry Hills Jagd auf den Tod" (1925) aus der "Harry Hill"-Reihe1) mit Valy Arnheim. In dem prominent besetzten Gesellschaftsmelodram "Die Gesunkenen"1) (1926), mit dem Regisseur Rudolf Walther-Fein1) nach dem Roman "Diebe" von Luise Westkirch1) auch das Alkoholproblem in der Arbeiterklasse aufgriff, tauchte sie neben Stars wie Asta Nielsen, William Dieterle und Otto Gebühr als "die schwarze Lotte" auf, gab die wahnsinnige Lady/Pyromanin in "Die Waise von Lowood"1) (1926), gedreht  von Kurt Bernhardt1) nach dem Roman "Jane Eyre"1) von Charlotte Brontë1) mit Evelyn Holt. Eine weitere Literaturverfilmung war das von Holger-Madsen1) nach dem Roman von Karin Michaëlis1) realisierte Drama "Die heilige Lüge"1) (1927), in dem Sybill Morel als die allein lebende, anfangs blinde Frau Lind in Erscheinung trat, deren Kinder nach Übersee ausgewandert sind und dieser vormachen, sie führten ein wunderbares Laben.
  
Mit den nachfolgenden Produktionen rückte die beliebte Schauspielerin in die zweite Reihe und musste sich nun vermehrt mit Nebenrollen zufrieden geben. So gehörte sie als Frau Enke, Mutter der Wilhelmine Enke1) (Dina Gralla), im ersten Teil des den so genannten "Fridericus-Rex-Filmen"1) mit Otto Gebühr als Preußenkönig Friedrich II. 1) zuzurechnenden Historienfilm "Der alte Fritz"1) (1928) zur Besetzung oder mimte – mit knapp 30 Jahren – "Die Alte" in Gerhard Lamprechts1) Sozialdrama "Unter der Laterne"1) (1928). Zu Sybill Morels letzten Arbeiten für den Stummfilm zählten die Aufklärungsfilme "Madame Lu, die Frau für diskrete Beratung"1) (1929), "Engel im Séparée. Mädchen in Gefahr" (1929) und "Kampf ums Leben"3) (1929). Mit dem opulenten Historienfilm "Spielereien einer Kaiserin"1) (1930), gedreht von Wladimir Strijewski1) frei nach dem Drama "Die Spielereien einer Kaiserin"1) von Max Dauthendey1) mit Lil Dagover als russische Zarin Katharina I.1), verabschiedete sich Sybill Morel von ihrem Publikum. Hier zeigte sie sich mit dem kleinen Part der Euphrosinia, Favoritin des Zarewitsch Alexei Petrowitsch1) (Boris de Fast1)), Sohn von Zar Peter I.1) (Dimitri Smirnoff) aus dessen ersten Ehe mit Jewdokija Lopuchina1).4) → Übersicht Stummfilme
 
Sybill Morel stand ab 1919 zehn Jahre lang für rund fünfzig Stummfilme vor der Kamera, auch wenn es sich aus heutiger Sicht um überwiegend Produktionen von untergeordneter filmhistorischer Bedeutung handelt. Wie Wikipedia notiert, war auch Sybill Morel – wie so viele weiblichen Filmstars der damaligen Zeit – ein Motiv für die beliebten Tabakkarten, kleinen Bildern, die Zigarettenschachteln beigelegt waren und als Kaufanreiz dienten. Um so erstaunlicher, das sich kaum Fotomaterial von ihr im Internet finden lässt. Die Mitarbeit in einem Tonfilm blieb ihr versagt, der von Rolf Raffé1) geplante Streifen "Die Bettlerin von Paris" (1932), in dem sie die Titelrolle spielen sollte, kam nicht zustande. "Nach Außenaufnahmen in Paris und einem Innendreh in Berlin wurden die Dreharbeiten abgebrochen, vermutlich aus finanziellen Gründen." vermerkt Wikipedia in dem Artikel zu Rolf Raffé.
Weiterhin wird bei Wikipedia ausgeführt, dass Sybill Morel von 1918 bis 1935 mit Ernst Gotthelft (1890 – 1975) verheiratet war. Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, war er Verwaltungsdirektor und Stellvertreter des Direktors am Berliner "Theater am Schiffbauerdamm"1). Die Schauspielerin mit jüdischen Wurzeln " wurde im so genannten "Dritten Reich" mit einem Auftrittsverbot belegt. Die Nazis deportierten sie am 29. Oktober 1941 mit dem "Transport 3" aus Berlin ins "Ghetto Litzmannstadt"1) (auch "Ghetto Lodsch"). Durch rechtsgültigen Beschluss des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg1) vom 17. Februar 1960 wurde der Zeitpunkt ihres Todes auf das Jahresende 1945 festgelegt. Sie starb jedoch bereits dreieinhalb Jahre zuvor, als sie am 9. Mai 1942 vom "Ghetto Lodz" aus in das nahegelegene "Vernichtungslager Chełmno"1) deportiert und dort am Tag der Ankunft ermordet wurde."5)
Quelle (unter anderem): Wikipedia, cyranos.ch
Foto bei virtual-history.com
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) filmportal.de, 3) stummfilm.at
4) Quelle: "Der Film der Weimarer Republik: Ein Handbuch der zeitgenössischen Kritik 1929" (Hrsg. :‎ De Gruyter, S. 614)
5) Quelle: Wikipedia (Stand 30.08.2021)
Lizenz Foto Sybill Morel (Urheber: Atelier "Becker & Maass" (1902 – 1938)): Dieses Werk ist gemeinfrei, weil seine urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für das Herkunftsland des Werks und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 80 oder weniger Jahren nach dem Tod des Urhebers.
Stummfilme
Filmografie bei der Internet Movie Database, filmportal.de sowie
frühe Stummfilme bei "The German Early Cinema Database"
(Fremde Links: Wikipedia, filmportal.de, cyranos.ch; R = Regie)
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