Willi Stettner, fotografiert von Alexander Binder (1888 – 1929); Quelle: www.cyranos.ch Wilhelm "Willi" Stettner (auch Willy) wurde am 16. Juli 1895 im hessischen Darmstadt1) in eine Künstlerfamilie hineingeboren. Der Sohn des Schauspielers Emil Stettner (1868 – 1953), der viele Jahre am "Deutschen Schauspielhaus"1) in Hamburg wirkte, trat in die Fußstapfen seines Vaters und begann gleich nach dem 1. Weltkrieg eine Karriere am Theater. Zunächst trat er als Tanzbuffo an Bühnen in der deutschen Provinz (unter anderem in Gera1)) auf, zur Spielzeit 1925/26 kam er in die Metropole Berlin und wirkte am "Theater des Westens"1), nahezu zeitgleich spielte er in Hamburg am "Operettenhaus"1) (1925–1927). Dann verlegte sich Stettner auf das Fach des jugendlichen Liebhabers, war erneut in Berlin zu sehen, unter anderem am "Deutschen Künstlertheater"1) (1928/29) und am "Metropol-Theater"1) (1929/30–1931/32). Zur Spielzeit 1932/33 erhielt er ein Engagement an der "Komischen Oper", wurde jedoch nach der so genannten "Machtergreifung"1) der Nationalsozialisten 1933 aufgrund seiner jüdischen Wurzeln entlassen.
Schon früh kam Stettner Kontakt mit der Filmszene in Kontakt und wirkte 1921 in einer Stummfilmproduktion mit, doch erst im frühen Tonfilm übernahm er regelmäßig Aufgaben vor der Kamera. Anfangs waren es musikalische Komödien und Operetten-Adaptionen, in denen Stettner auch mit seinen Gesangskünsten glänzen konnte. 
 
Willi Stettner, fotografiert von Alexander Binder1) (1888 – 1929)
Quelle: cyranos.ch;
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Von Max Reichmann1) wurde er in der musikalischen Komödie "Wie werde ich reich und glücklich?" (1930) neben den Protagonisten Hugo Schrader1)(Kibis) und Ilse Korseck1) (Mary) besetzt, gedreht nach der gleichnamigen Kabarett-Revue2) von Mischa Spoliansky1) (Musik) und Felix Joachimson1) (Text). In der ebenfalls von Reichmann in Szene gesetzten Adaption "Das Land des Lächelns"1) (1930) nach der gleichnamigen Operette1) von Franz Lehár1) mit Star-Tenor Richard Tauber als Prinz Sou Chong übernahm er den Part des Grafen Gustav von Pottenstein, genannt "Gustl". Richard Oswald1) verfilmte eine Episode aus dem Leben des Komponisten Franz Schubert1) unter dem Titel "Schuberts Frühlingstraum"1) (1931) mit dem Tenor Carl Jöken1), Stettner gab den Verlobten der schönen Komtesse Maria Esterhazy (Gretl Theimer), in die sich Schubert verliebt. Bei "Viktoria und ihr Husar"1) (1931) handelte es sich ebenfalls um eine (melodramatische) Operetten-Verfilmung, in der unter der Regie Oswalds Friedel Schuster1) (Gräfin Viktoria) und Iván Petrovich (Husaren-Rittmeister Stefan Koltay) glänzten, Stettner gab Viktorias Bruder, den Grafen Ferry, Else Elster dessen Verlobte, die Japanerin O Lia San, und Opernsänger Michael Bohnen den amerikanischen Botschafter John Cunlight → Operette "Viktoria und ihr Husar"1).
Es folgte die amüsante Geschichte "Die Nacht ohne Pause"1) (1931) nach dem Lustspiel "Der keusche Lebemann" des Autoren-Duos Arnold und Bach1), hier mimte er den Heinz Fellner, der sich um Gertie (Ilse Korseck) bemüht, Tochter des Bonbonfabrikanten Seipold (Max Adalbert), der Gertie jedoch mit seinem Prokuristen Stieglitz (Siegfried Arno) vermählen will → www.cinegraph.de. Nach den Produktionen "Die Vier vom Bob 13" (1932) und "Kitty schwindelt sich ins Glück" (1932) tauchte Stettner in dem ganz auf Hans Albers und Lilian Harvey zugeschnittenen Streifen "Quick"1) (1932) als Kurgast Herr von Pohl, genannt "Dicky" auf, mit Liane Haid und Georg Alexander stand er für "Madame wünscht keine Kinder"1) (1932) vor der Kamera und präsentierte sich in der nach dem Roman "Madame ne veut pas d’enfants" von Clément Vautel (1876 – 1954) realisierten Produktion als Adolf, "eine Begleiterscheinung". Von Regisseur Karel Lamač1) entstand mit "Die Tochter des Regiments" (1933) eine an die Opéra-comique1) "La fille du régiment"1) von Gaetano Donizetti1) (Musik) angelehnte Geschichte, in der er sich neben Protagonistin Anny Ondra als Leutnant William zeigte, bei der Komödie "Tausend für eine Nacht"1) (1933) nach dem Schwank "Stöpsel" von Arnold und Bach führte Max Mack1) Regie. Hier war er als Peter Stengel der Neffe des mit Schuhfabrikant Jakob Lauff (Jako Tiedtke) befreundeten Haberland (Eugen Jensen) bzw. Geliebter der leichtlebigen Tanzsoubrette Ossy Walden (Trude Berliner).
Szenenfoto mit Willi Stettner (links) als Etagenkellner Jean, Rose Barsony als Komponistin Mary von Wollheim und Hans Jaray als deren Cousin Baron André von Wollheim in dem von Stefan Székely nach einem Drehbuch von Hermann Kosterlitz und Géza von Cziffra inszenierten Spielfilm "Ball im Savoy" (1935); Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Urheber/Autor: Unbekannt Quelle: onb.digital; Rechteinhaber/Copyright ÖNB/Wien; Bildarchiv Austria (Inventarnummer/Signatur: Pf 13029:E) Bei der Verwechslungskomödie "Ball im Savoy"1) (1935), sehr frei nach der gleichnamigen Operette1) von Paul Abraham1), handelte es sich um eine ungarisch-österreichische Co-Produktion, in der Stettner als Etagenkellner Jean in Erscheinung trat.

Szenenfoto mit Willi Stettner (links) als Etagenkellner Jean,
Rose Barsony als Komponistin Mary von Wollheim und
Hans Jaray1) als deren Cousin Baron André von Wollheim
in dem von Stefan Székely1) nach einem Drehbuch von
Hermann Kosterlitz1) und Géza von Cziffra1) inszenierten
Spielfilm "Ball im Savoy" (1935)
 
Foto mit freundlicher Genehmigung der
Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB)1)
Urheber/Autor: Unbekannt Quelle: onb.digital
Rechteinhaber/© ÖNB/Wien
Bildarchiv Austria (Inventarnummer/Signatur: Pf 13029:E)

Nach der so genannten "Machtergreifung"1) durch die Nationalsozialisten floh Stettner aus Deutschland und fand zunächst Schutz in den Niederlanden, wo er in Amsterdam1) unter anderem bei dem von Willy Rosen gegründeten "Kabarett der Prominenten" mitwirkte und an der "Stadsschouwburg"1) auf der Bühne stand; um 1934 erfolgte der Ausschluss aus der "Reichstheaterkammer"1) (RTK) und der "Reichsfilmkammer"1) (RFK) mit der Begründung "nichtarisch". Dann ging der Künstler nach Österreich, fand zur Spielzeit  935/36 in Wien am "Theater an der Wien"1) Beschäftigung. Während dieser Zeit lernte er seine Kollegin Hortense Raky1) (1918 – 2006) kennen und lieben. Als die Liaison publik wurde, fiel die junge Österreicherin 1937 bei der deutschen Filmwirtschaft in Ungnade und wurde auf die Boykott-Liste gesetzt. Nach der Annexion Österreichs1) durch Hitler-Deutschland im März 1938 versuchte Stettner gemeinsam mit Raky, die er inzwischen geheiratet hatte, in die Schweiz zu flüchten, was jedoch fehlschlug. Stattdessen gelang ihm die Emigration nach England, wo er auf Richard Tauber traf, mit dem er im August 1939 auf eine Südafrika-Tournee ging. Die Ehe mit Hortense Raky war bereits nach kurzer Zeit geschieden worden, 1939 ehelichte diese ihren Kollegen Karl Paryla (1905 – 1996).
Die Kriegsjahre bzw. die nachfolgende Zeit bis zu seinem Tod verbrachte Stettner in der Schweiz, wo er zwischen 1940 und 1942 zum Ensemble des "Schauspielhauses Zürich"1) gehörte. Unter anderem gestaltete er dort den Obrist in der von Leopold Lindtberg1) inszenierten Uraufführung (19.04.1941)  des Dramas "Mutter Courage und ihre Kinder"1) von Bertolt Brecht1) mit Therese Giehse in der Titelrolle. Ab 1942 war er an dem von dem Volksschauspieler und Komiker Rudolf Bernhard1) kurz zuvor gegründeten "Bernhard-Theater"1) in Zürich engagiert, dem er bis 1957 verbunden blieb und in etlichen Lustspielen das Publikum erfreute. Beispielsweise zeigte er sich 1946 unter anderem mit Rudolf Bernhard in dem Schwank "Die Laus im Pelz" von Friedrich Raff1).
Nach Ende des Krieges spielte Stettner zudem seit 1948 beim "Sommertheater Winterthur"1), trat immer wieder als Gast im "Schauspielhaus Zürich" auf. So sah man ihn unter anderem als Gatte VII–IX  in der von Oskar Wälterlin1) in Szene gesetzten Uraufführung (29.01.1956) der Tragikomödie "Der Besuch der alten Dame"1) von Friedrich Dürrenmatt1), erneut neben Therese Giehse als Protagonistin Claire Zachanassian. Auch in der Uraufführung (24.10.1957) der Neufassung des Dürrenmatt-Stücks "Romulus der Große"1) gehörte Stettner zur Besetzung, Regisseur war erneut Oskar Wälterlin.
Auf der Leinwand erlebte man Stettner nur noch zwei Mal: In der von E. W. Emo1) gedrehten Komödie "Es liegt was in der Luft"1) (1950), eine österreichisch-schweizerische Co-Produktion unter anderem mit Hans Moser, hatte er als Graf Leopold von Schwarzeck, Vater des Parfümeurs Viktor (Walter Wellauer3)) einen kleinen Part, in "Der letzte Mann"1) (1955), dem Remake des gleichnamigen Stummfilmklassikers1) aus dem Jahre 1924 mit Emil Jannings, trat er an der Seite von Hans Albers und Romy Schneider als Friseur Popp auf → Übersicht Filmografie.
 
Willi Stettner starb am 3.  November 1961 im Alter von nur 66 Jahren. Die überwiegenden Quellen weisen Hamburg als Sterbeort aus, allerdings wird in dem Artikel "Der Buffo vom Spielbudenplatz" beim "Hamburger Abendblatt" (03.11.1961) ausgeführt, der Schauspieler und Sänger sei in der Schweiz verstorben.
Quellen: Wikipedia, Kay Weniger1): "Es wird im Leben Dir mehr genommen…"*),
Handbuch des deutschsprachigen Exiltheaters 1933-1945**)
sowie tls.theaterwissenschaft.ch, cyranos.ch
Fotos bei virtual-history.com
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) felix-bloch-erben.de, 3) tls.theaterwissenschaft.ch
*) Kay Weniger: Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben …' Lexikon der aus Deutschland und Österreich emigrierten Filmschaffenden 1933 bis 1945. Eine Gesamtübersicht (ACABUS Verlag, 2011, S. 610
**)  Handbuch des deutschsprachigen Exiltheaters 1933–1945 von Frithjof Trapp, Band 2: Biographisches Lexikon der Theaterkünstler von Frithjof Trapp, Bärbel Schrader, Dieter Wenk, Ingrid Maaß (Teil 2, L–Z; K G Saur, München 1999)
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